Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360386/3/WEI/ER/Ba

Linz, 03.12.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter: Dr. Weiß, Beisitzerin: Dr. Lukas) über die Berufung des K S, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G S, M, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 30. August 2013, Zl. Pol96-813-1-2011-Bu, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 52 Abs 1 Z 5 Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II.     Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

Straferkenntnis

 

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

Sie haben am 3.9.2011 ab 11.10 Uhr im W T in S, N, gegen eine Duldungs - oder Mitwirkungspflicht nach,§ 50 Abs; 4 des Glücksspiel­gesetzes verstoßen, indem Sie als Arbeitnehmer der Firma T G - HandelsgesmbH mit dem Sitz in W, B und in Ihrer Funktion als Filialleiter des zuvor angeführten Ws in diesem Lokal Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten haben und anlässlich der dort stattgefundenen Kontrolle den Organen der öffentlichen Aufsicht (Organe der Abgabenbehörde) die geforderten Auskünfte zu den Glücksspieleinrichtungen nicht erteilt haben.

 

Durch diesen Tatvorwurf erachtete die belangte Behörde den § 52 Abs 1 Z 5 Glücksspielgesetz als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung über den Bw eine Geldstrafe von 3.000 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 46 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden dem Bw 10 % der Geldstrafe vorgeschrieben.

 

1.2. Zur Begründung führt die Belangte Behörde wie folgt aus:

 

„Die ihnen umseits zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist durch die vorliegende Anzeige des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom 06.09.2011, Zahl: 041/74125/20/2011, insbesondere durch die von den Kontrollorganen getroffenen Feststellungen sowie durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren als erwiesen anzunehmen.

 

Ihr strafbares Verhalten wurde Ihnen mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30.07.2012 nachweislich zur Kenntnis gebracht. Darin wurden Sie aufgefordert, sich entweder anlässlich der Einvernahme bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn innerhalb von 14 Tagen mündlich oder schriftlich bis zu diesem Zeitpunkt zu rechtfertigen. Gleichzeitig wurden Sie darauf hingewiesen, dass das Strafverfahren ohne Ihre weitere Anhörung fortgeführt wird, wenn Sie von der Möglichkeit, sich zu rechtfertigen, nicht Gebrauch machen.

 

Die Tatsache, dass Sie sich bis zur Erlassung des Straferkenntnisses nicht gerechtfertigt haben, wertet die Behörde gemäß § 45 Abs. 2 AVG 1991 (§ 24 VStG 1991) als Beweis dafür, dass Sie dem Sachverhalt nichts entgegen zu halten haben.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Glücksspielgesetz begeht eine Veraltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer unter anderem gegen eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 verstößt.

 

Wie sich aus der zum Tatzeitpunkt geltenden Bestimmung des § 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz ergibt, haben Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereit halten, der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren.

 

Laut vorliegender Anzeige wurde am 03.09.2011 ab ca. 11:10 Uhr von Organen der Abgabenbehörde in dem von der Fa. T G - HandelsgesmbH mit dem Sitz in W, B, betriebenen Lokal ‘W T’ in S, N, eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durchgeführt. Dabei wurden jedenfalls sieben Glücksspielautomaten betriebsbereit und eingeschalten vorgefunden. Nach den durchgeführten Erhebungen habe der Verdacht bestanden, dass mit den Geräten durch das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden sei. Von den Kontrollorganen wurden daher sämtliche vorgefundenen Glücksspielautomaten zum Zwecke der Sicherung des Verfalles vorläufig beschlagnahmt.

 

Dem Akteninhalt zufolge waren Sie zum Kontrollzeitpunkt Arbeitnehmer der Fa. T

G - HandelsgesmbH und als Filialleiter des T Ws in S eingesetzt. So waren Sie unter anderem auch für den Bereich der Glücksspiele organisatorisch verantwortlich.

 

Sie haben demnach Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten und wären als einzig anwesender Dienstnehmer des Lokalbetreibers zur Auskunftsleistung verpflichtet gewesen. Aufgrund einer schriftlichen Dienstanweisung, die Sie von Ihrem Arbeitgeber erhalten haben, haben Sie allerdings die Gewährung von Auskünften verweigert und damit als Auskunftspflichtiger gegen Ihre gesetzlich verankerte Mitwirkungspflicht verstoßen.

 

Es war somit aufgrund der bestehenden Sach- und Rechtslage spruchgemäß zu entscheiden, wobei auf die Bestimmungen des § 19 VStG 1991 Bedacht genommen wurde. Da Sie Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse trotz Aufforderung nicht bekannt gegeben haben, wurde bei der Bemessung der Strafe von der Ihnen mitgeteilten Schätzung (1500,-- Euro monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) ausgegangen. Bei einem vorgegebenem Strafrahmen von bis zu 22.000 Euro erscheint das ausgesprochene Strafausmaß dem Unrechtsgehalt der Übertretung angepasst und schuldangemessen. Strafmildernd wurde hiebei Ihre verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit sowie der Umstand gewertet, dass Sie die Gewährung von Auskünften aufgrund einer schriftlichen Dienstanweisung Ihres Arbeitgebers verweigert haben. Straferschwerende Umstände lagen keine vor. Da im vorliegenden Fall dem Zweck der Strafdrohung nicht unbeträchtlich zuwider gehandelt worden ist (die Ermittlungen der Finanzpolizei wurden dadurch erheblich erschwert bzw. sogar verhindert), erscheint eine entsprechend strenge Bestrafung geboten.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.“

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtsfreundlich für den Bw per Telefax vom 6. September 2013 eingebrachte rechtzeitige Berufung vom 5. September 2013.

 

Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass eine Auskunftsverweigerung nicht vorliege, da er keine Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten habe, sondern bloß in einem Beschäftigungsverhältnis zum Veranstalter stehe. Die belangte Behörde habe zudem nicht festgestellt, inwiefern der Bw gegen eine angebliche Auskunftspflicht verstoßen habe, zumal nicht nachvollziehbar sei, welche Auskünfte vom Bw gefordert worden seien.

Ferner hätte der Bw allenfalls nur als Beschuldigter einvernommen werden dürfen.

 

Der Bw beantragt daher, der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

2. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 12. September 2013 die Berufung und ihren Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.2. Die tatsächlichen Umstände der Anlastung hat der Bw nicht bestritten. Zum erstbehördlich festgestellten Sachverhalt ergibt sich aus dem zur gegenständlichen Kontrolle verfassten Aktenvermerk der Finanzpolizei vom 5. September 2011 ergänzend, dass sämtliche Geräte mit Ausnahme des Geräts mit der FA-Nummer 4, bei welchem der Banknoteneinzug defekt war, betriebsbereit aufgestellt und voll funktionsfähig waren. Dies wurde durch Testspiele durch die Organe der Abgabenbehörde bestätigt. Hinsichtlich jedes einzelnen Geräts lag für die Finanzpolizei ein hinreichend begründeter Verdacht eines fortgesetzten Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes vor. Bei verdeckten Vorerhebungen am 31. August 2011 im W T hatten zwei Ermittlungsbeamte der Finanzpolizei bereits verbotene Ausspielungen an den Glücksspieleinrichtungen und eine Auszahlung an einen Spieler beobachtet.

 

Nach der Anzeigedarstellung verweigerte der Bw als „Filialleiter“ des Ws T, der lt. aktenkundigem Versicherungsdatenauszug nur als Arbeiter bei der Fa. T G mbH gemeldet war, die Gewährung von Auskünften und legte eine schriftliche Dienstanweisung des Arbeitgebers vor.

 

In der undatiert vom Geschäftsführer G als „Betriebsführer“ und vom Bw unterfertigten Dienstanweisung wird die Anweisung erteilt, betriebsfremden Personen, auch Behördenvertretern, gegenüber keinerlei Angaben oder Aussagen über Betriebsabläufe abzugeben. Bei Zuwiderhandlung wird die fristlose Entlassung angedroht. Im Fall des Erscheinens von Organen der SOKO oder der KIAB (nunmehr Finanzpolizei) habe er unverzüglich den Betriebsführer fernmündlich zu verständigen und die Organe aufzufordern, bis zu dessen Eintreffen innezuhalten.

 

Auf ein Aussageverweigerungsrecht auf Grund der Dienstanweisung nach Bestimmungen der StPO und des AVG bzw VStG wird weiter hingewiesen. Der Arbeitnehmer könne nicht zum Verzicht gezwungen werden und insbesondere deswegen nicht festgenommen werden.

 

Aus der Anzeige vom 6. September 2011 gegen den Bw ergibt sich, dass dieser bei der Kontrolle am 3. September 2011 um 11:10 Uhr als einzig anwesende Auskunftsperson im Lokal W T in S, N, angetroffen wurde. Er habe angegeben, Filialleiter des Lokals zu sein. Er war unstrittig mit der Betreuung der Glücksspielgeräte beauftragt.

 

3.3. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch eine Kammer zu entscheiden.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989 in der zur Tatzeit geltenden Fassung – BGBl I 50/2012 (in der Folge: GSpG) sind für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs 1 VStG zuständig. Nach § 27 VStG ist im vorliegenden Fall auch die örtliche Zuständigkeit als gegeben anzunehmen.

 

Gemäß § 50 Abs 4 GSpG in der damals geltenden Fassung – die Novellierung dieser Bestimmung durch das Bundesgesetz BGBl I 112/2012 war auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden – sind die Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG und die im § 50 Abs 2 und 3 leg.cit. genannten Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach § 50 Abs 1 GSpG, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs 3 GSpG) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 5 GSpG in der zur Tatzeit geltenden Fassung BGBl I 111/2010 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen, wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 GSpG vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 GSpG oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG verstößt.

 

Gemäß § 31 Abs 1 VStG beträgt die Verjährungsfrist für Verfolgungshandlungen ein Jahr.

 

4.2. § 50 Abs 4 GSpG normiert eine "umfassende" Mitwirkungs- und Duldungspflicht, welche sich an verschiedene Adressaten richtet. Im Grunde soll diese Mitwirkungs- und Duldungspflicht die Effizienz der Kontrolle im Rahmen des GSpG steigern (vgl grundlegend EBRV 658 BlgNR 24. GP, 3) und zur Gewinnung der notwendigen Informationen zur Durchführung der Überwachungsaufgaben im Rahmen des GSpG führen, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG erforderlich ist (vgl dazu § 50 Abs 4 1. Satz GSpG).

 

Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung wird eine erste Grenze der Duldungs- und Mitwirkungspflicht ersichtlich. Diese Pflichten erstrecken sich nur auf den Bereich der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Liegt hingegen der Verdacht – welcher im Kern des Begriffes notwendig ein begründeter, d.h. auf Tatsachen zurückzuführender, ist (siehe zum retrospektiv diagnostischen Element des Verdachtsbegriffes im Rahmen der abduktiven Entdeckung und Bewertung von Hypothesen Schulz, Normiertes Misstrauen, 224 ff, 312 ff und 528 f) – auf den Verstoß gegen das GSpG vor, so endet die Duldungs- und Mitwirkungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich nicht mehr um die Durchführung von Überwachungsaufgaben zum Zwecke (arg.: "erforderlich") der Einhaltung des GSpG, sondern zum Zwecke der Tataufklärung und Ermittlung wegen eines angenommenen Verstoßes gegen das GSpG.

 

Diese Auslegung korreliert jedenfalls betreffend die Mitwirkungspflicht in den überwiegenden Fallkonstellationen mit den Vorgaben des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips "nemo tenetur se ipsum accusare", nach dem der Gesetzgeber keine Regelung treffen darf, die eine im Verdacht einer strafbaren Handlung stehende Person verpflichtet, Beweise gegen sich selbst zu liefern (dazu mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 786).

 

Darüber hinaus ist aus dem Wortlaut abzuleiten, dass die Duldungs- und Mitwirkungspflicht nicht nur ad personam durch die Anwendbarkeit des Selbstbezichtigungsverbotes begrenzt ist, sondern dass das Entstehen der Verdachtslage auch generell die Zäsur darstellt.

 

Ist somit aus der objektiven Sichtweise ex ante eine Verdachtslage auf einen Verstoß gegen das Glücksspielgesetz gegeben, so endet zumindest die Mitwirkungspflicht (siehe zur vorzunehmenden Art der Abgrenzung in ähnlichen Konstellationen Lienbacher, Ist staatsanwaltliches Handeln ein zulässiger Kontrollgegenstand, in Lienbacher/Wielinger, Jahrbuch Öffentliches Recht 2010, 73 f). Denn es geht dann nicht mehr nur um die Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben zur Kontrolle der Einhaltung des Glücksspielgesetzes, sondern um strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen im Hinblick auf den Verdacht einer Übertretung des Glücksspielgesetzes.

 

Selbst wenn man im bloßen Einschreiten von Organen der öffentlichen Aufsicht (auch Organe der Abgabenbehörden bzw Finanzpolizei), deren Verhalten als Hilfsorgane der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde zuzurechnen ist, noch keinen formalen Beginn eines Strafverfahrens im Sinne des § 31 VStG (arg. noch keine Verfolgungshandlung) erkennen wollte, vermag dies am oben dargelegten, verfassungsrechtlich gebotenen Interpretationsergebnis, das nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs aus der materiellen Bedeutung des Anklageprinzips nach Art 90 Abs 2 B-VG folgt und daher auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt (vgl mN Mayer, B-VG4 [2007] Art 90 B‑VG Anm III), sachlich nichts zu ändern. Es liegt auf der Hand, dass das bloße Abstellen auf behördliche Verfolgungshandlungen und ein Ausblenden des Verfolgungsverhaltens von Hilfsorganen nur ein der Aushöhlung und Umgehung dienender Formalismus wäre, der dem Wesensgehalt des verfassungsrechtlichen Selbstbezichtigungsverbots und der Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 EMRK diametral zuwiderliefe. Denn wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Strafverfahren wegen verbotenen Glücksspiels wäre eine strafbeschwerte Mitwirkungspflicht an einer zum Zwecke der Strafverfolgung durchgeführten Glücksspielkontrolle unverhältnismäßig und dem Kerngehalt der Garantie eines fairen Verfahrens widersprechend (vgl dazu eingehend mN Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 [2012] 456 ff Rz 123).

 

4.3. Vor diesem Hintergrund ist nun aus der Zusammenschau des Akteninhalts, insbesondere der Anzeige der Finanzpolizei, der Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme der Geräte sowie dem Aktenvermerk zur Kontrolle, und aus dem Umstand, dass in Oberösterreich auch das kleine Glücksspiel immer verboten war (weshalb keine Übergangsfristen gemäß § 60 Abs 25 GSpG in Betracht kommen) zu erkennen, dass für das Einschreiten der Finanzpolizei im gegenständlichen Fall der Verdacht von Eingriffen in das Glücksspielmonopol und damit von Übertretungen der Strafbestimmung des § 52 GSpG im Vordergrund stand.

 

So wird in der Anzeige der Finanzpolizei vom 6. September 2011 zur Tathandlung des Bw festgehalten, dass er "die geforderten Auskünfte zu den Glücksspielgeräten bzw. sonstigen Eingriffsgegenständen" nicht erteilt habe, obwohl er mit der Betreuung der Glücksspielgeräte beauftragt und als zur Auskunft verpflichtete Person anzusehen gewesen sei. In der Anzeige gegen den Geschäftsführer G wird dieser gemäß § 7 VStG als Bestimmungstäter bezeichnet.

 

Zudem ist im Aktenvermerk der Finanzpolizei vom 5. September 2011 über die durchgeführte Kontrolle am 3. September 2011 im Lokal „W T“ vermerkt, dass von den acht im Lokal vorgefundenen Geräten mit Walzenspielen sämtliche Geräte mit Ausnahme des Geräts mit der FA-Nummer 4, dessen Banknoteneinzug defekt gewesen sei, betriebsbereit aufgestellt und voll funktionsfähig vorgefunden wurden. Der Verdacht auf verbotene Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz bestand schon deshalb von vornherein, weil bereits am 31. August 2011 im Zuge verdeckter Ermittlungen von Beamten 2 Testspiele durchgeführt und die gegenständlichen „Glückspieleinrichtungen“ sowie eine Auszahlung an einen Spieler beobachtet wurden. Schon zu Beginn der Kontrolle lag damit offenkundig die oben beschriebene Verdachtslage vor und endete bei verfassungskonformer Auslegung die Mitwirkungspflicht gemäß dem § 50 Abs 4 GSpG.

 

Die im Aktenvermerk dokumentierten Testspiele an den Geräten bestätigten den Verdacht der Finanzpolizei und dienten offenkundig dem Ziel der strafrechtlichen Aufklärung (= Strafverfolgung). So wird im Aktenvermerk ausdrücklich festgehalten, dass hinsichtlich jedes einzelnen Geräts "ein hinreichend begründeter Verdacht eines fortgesetzten Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes" vorliege und mit den Glücksspieleinrichtungen fortgesetzt gegen Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen worden sei.

 

Damit steht fest, dass für das Einschreiten der Finanzpolizei im gegenständlichen Fall a priori der Verdacht von Eingriffen in das Glücksspielmonopol und damit von Übertretungen der Strafbestimmung des § 52 GSpG im Vordergrund stand.

 

Da aber schon auf Grund des Wortlauts des § 50 Abs 4 1. Satz GSpG die Mitwirkungspflicht bei Bestehen eines begründeten Verdachts auf einen Verstoß gegen das GSpG endet und ein solcher – wie sich aus den im Verwaltungsakt einliegenden Unterlagen der Finanzpolizei zur gegenständlichen Kontrolle zweifelsfrei ergibt – bereits vor der Kontrolle vorgelegen und den Grund für die Kontrolle gebildet hatte, scheidet gegenständlich sowohl für den Bw als auch für den Geschäftsführer der veranstaltenden Gesellschaft eine Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG bei verfassungskonformer Auslegung aus, zumal beide als der Strafverfolgung unterworfene Beschuldigte anzusehen sind (dazu näher im Folgenden).

 

4.4. Dass der Geschäftsführer der das Lokal „W T“ betreibenden und dort Glücksspiele veranstaltenden Gesellschaft dafür strafrechtlich verantwortlich und bei einer der Strafverfolgung dienenden Glücksspielkontrolle daher von vorherein als Beschuldigter anzusehen ist, erscheint selbstverständlich und bedarf keiner weiteren Begründung.

 

Aber auch der mit der Gerätebetreuung beauftragte Filialleiter eines Lokals, in dem Glücksspieleinrichtungen für Spieler entgegen dem Glücksspielgesetz bereitgehalten und Ausspielungen durchgeführt werden, ist in dieser Funktion als Beitragstäter gemäß § 7 2. Fall VStG iVm § 52 Abs 1 Z 1 GSpG  zu qualifizieren, weil er zur Verwirklichung des Tatbestands der Veranstaltung, der Organisation, des unternehmerischen Zugänglichmachens oder der unternehmerischen Beteiligung an verbotenen Ausspielungen im Sinne des GSpG beiträgt bzw die Begehung dieser Tatbilder erleichtert.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 31. August 2008, Zl. 2008/17/0033, ausgeführt hat, liegt die durch § 7 VStG unter Strafe gestellte Beihilfe vor,

wenn durch das Verhalten einem anderen die Haupttat ermöglicht oder erleichtert wird (vgl. z.B. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Anm. 4 zu § 7 VStG, 1271, oder Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht3, 401). Unter Beihilfe im Sinne des § 7 VStG wird nach der hg. Rechtsprechung die vorsätzliche Unterstützung des tatbestandsmäßigen rechtswidrigen Verhaltens eines anderen verstanden, ohne dass dabei Ausführungshandlungen gesetzt werden; die Tätigkeit des Gehilfen besteht somit in einem ursächlichen Beitrag zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen, der auf jede andere Weise als durch unmittelbare Täterschaft erbracht werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. Februar 1990, Zl. 89/04/0184, und die dort zitierte Vorjudikatur, sowie vom 15. September 1992, Zl. 91/04/0033).“

 

Der Bw ist als Filialleiter eines Ws, in dem rechtswidrig Glücksspiele angeboten werden, und somit als der für die zur Betreuung der Glücksspielgeräte Beauftragte im Sinne der zitierten Judikatur jedenfalls als Beitragstäter zu einer möglicherweise vorliegenden Verwaltungsstraftat nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zu qualifizieren.

 

Der für die Strafbarkeit als Beitragstäter nach dieser Rechtsprechung erforderliche Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Beitragstäters und der Tat des Haupttäters ist im Beschwerdefall durch die Betreuung der Glücksspielgeräte eindeutig gegeben.

 

Die Beitragstäterschaft gemäß § 7 VStG setzt vorsätzliche Tatbegehung voraus, wofür bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt (vgl. VwGH 25. März 2010, Zl. 2007/09/0268). Ein solcher ist bereits dann gegeben, wenn der Täter den tatbestandsmäßigen Erfolg zwar nicht bezweckt, seinen Eintritt auch nicht als gewiss voraussieht, ihn aber für möglich hält und sich mit ihm abfindet (vgl VwGH 25.03.1992, Zl. 91/03/0009; VwGH 20.09.1999, Zl. 98/10/0006).

 

Der festgestellte Sachverhalt rechtfertigt den Schluss, dass der Filialleiter zumindest mit dolus eventualis gehandelt hat, zumal ihm die Spielabläufe der gegenständlichen Glücksspielgeräte bekannt waren und er dadurch Verstöße gegen die Rechtsordnung für möglich gehalten und sich damit abgefunden haben muss. Auch die Dienstanweisung, wonach dem Filialleiter verboten ist „Angaben oder Aussagen über Betriebsabläufe abzugeben“ und die darin enthaltenen Erläuterungen zum Aussageverweigerungsrecht gemäß StPO und AVG bzw VStG, konnte für ihn nur dann sinnvoll erscheinen, wenn die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Raum steht.

 

Mangels Mitwirkungspflicht an der eigenen Strafverfolgung entsprechend dem rechtsstaatlichen Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare“ wurde durch die Verweigerung der Mitwirkung keine mit Strafe bedrohte Handlung gesetzt. Denn die Mitwirkungspflicht kann sich nur auf die Kontrolle der Einhaltung des Glücksspielgesetzes im Vorfeld eines konkreten Verdachts, der zum Anlass für die Verfolgung und Aufklärung von Straftaten herangezogen wird, beziehen.

 

Schon aus diesen Gründen steht im Ergebnis fest, dass weder der Filialleiter als Haupttäter des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG, noch der Geschäftsführer durch die Dienstanweisung eine Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG verletzt haben kann.

 

4.5. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine Umschreibung der Tat bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, Zl. 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Spruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, Zl. 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, Zl. 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, Zl. 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

 

4.6.1. Die Bestimmung des § 50 Abs 4 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr.54/2010 verpflichtet verschiedene Adressaten, nämlich Veranstalter und Anbieter von Glücksspielen und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, unmittelbar zur Mitwirkung. Zu diesen Varianten unmittelbarer Täterschaft kann jeweils eine Beteiligungssituation hinzutreten. Beispielsweise ist denkbar, dass der Veranstalter oder Anbieter von Glücksspielen dazu beiträgt oder anstiftet, dass eine bereithaltende Person der Mitwirkungspflicht nicht nachkommt. Weiters ist zu bedenken, dass eine juristische Person als Veranstalter bzw Anbieter in Frage kommt und wiederum ein außenvertretungsbefugtes Organ (zB Geschäftsführer) im Rahmen des § 9 VStG verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang haftet das außenvertretungsbefugte Organ wiederum in zwei Varianten. Entweder setzt das Organ selbst in zurechenbarer Weise ein rechtswidriges Verhalten für die juristische Person oder das außenvertretungsbefugte Organ muss sich ein rechtswidriges Verhalten von Mitarbeitern als Organisationsverschulden zurechnen lassen.

 

Da nun die Art der Täterschaft einer Verwaltungsübertretung nach dem § 50 Abs 4 iVm § 52 Abs 1 Z 5 GSpG in vielen Erscheinungsformen möglich ist, hat im Spruch des Straferkenntnisses eine genaue Aus- und Anführung zur Täterschaft und Beteiligung iSd § 7 VStG zu erfolgen, um dem Beschuldigten eine entsprechende Verteidigung zu ermöglichen. Erfolgt diese Differenzierung und Konkretisierung nicht, so ist der Spruch des Straferkenntnisses nicht iSd Anforderungen nach § 44a Z 1 VStG bestimmt und unverwechselbar und daher mit Rechtswidrigkeit behaftet. So hat beispielsweise der Verwaltungsgerichtshof zur Beteiligungsform der Beihilfe klargestellt, dass im Spruch sowohl die Tatumstände zu konkretisieren sind, welche eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zur verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglicht, als auch jenes konkrete Verhalten darzustellen ist, durch welches der Tatbestand der Beihilfe verwirklicht wird (vgl VwSlg 13112 A/1990 und VwSlg 13224 A/1990).

 

4.6.2. Vor dem Hintergrund der verschiedenen Tatbegehungsformen hat die belangte Behörde eine differenzierte und konkretisierte Fassung des Tatvorwurfes vorzunehmen. Dabei können sich weitgehend mit dem Gesetzeswortlaut deckende Formulierungen der Strafbehörde für die Bestimmtheit iSd § 44a Z 1 VStG nicht genügen. Durch die substanzlose Verwendung der verba legalia wird nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs noch keine Konkretisierung im Sinne der Anforderungen des § 44a Z 1 VStG vorgenommen. Denn es reicht nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung von Tatzeit und Tatort wiederzugeben, sondern die Tat ist entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Diese einzelfallbezogene Konkretisierung des Spruches iSd § 44a Z 1 VStG ist einerseits deshalb erforderlich, damit der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und andererseits um den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl VwGH 18.10.2011, Zl. 2011/02/0281 unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) und damit der Gefahr einer allfälligen Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl speziell für Übertretungen nach dem GSpG VwGH 12.3.2010, Zl. 2010/17/0017).

 

4.6.3. Im konkreten Fall wird dem Bw im Spruch des Straferkenntnisses die Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG als unmittelbarer Täter vorgeworfen, weil er als Filialleiter des Ws T Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten habe und anlässlich der zum genannten Zeitpunkt stattgefundenen Kontrolle den Organen der öffentlichen Aufsicht „die geforderten Auskünfte zu den Glücksspieleinrichtungen nicht erteilt“ habe, wodurch er § 52 Abs 1 Z 5 GSpG verletzt habe. Diese Tatanlastung ist einerseits nicht gesetzeskonform und andererseits unzureichend, weil es an der erforderlichen Konkretisierung mangelt.

 

Es handelt sich um eine bloße Leerformel, die nur eine teilweise Wiederholung des Gesetzeswortlautes darstellt und nicht geeignet ist, dem Bw eine individuelle Tat unverwechselbar vorzuwerfen. Genau betrachtet enthält der Spruch keine Substanz und damit auch keinen "echten" Tatvorwurf. Bestätigt wird dies aus dem Akteninhalt bzw der Anzeige des Finanzamtes. Darin findet sich lediglich der Hinweis, dass die "geforderten" Auskünfte zu erteilen gewesen wären. Welche das konkret gewesen und welche Fragen vergeblich gestellt worden wären, wird nicht angesprochen. Ein Erhebungsergebnis ist zu diesem Tatvorwurf nicht vorzufinden.

 

Die gemäß § 50 Abs 5 2. Satz GSpG verpflichteten Personen haben u.a. den Organen der öffentlichen Aufsicht "umfassende" Auskünfte zu erteilen, "umfassende" Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren. Aus der gesetzlichen Fassung dieser Mitwirkungspflichten ist dem Grunde nach zu erkennen, dass die von der belangten Behörde vorgeworfene "Tat" nicht mit Strafe gemäß § 52 Abs 1 Z 5 iVm § 50 Abs 4 GSpG bedroht wird, da ein wesentlicher Unterschied zwischen den "geforderten" und den "umfassenden" Auskünften besteht. § 50 Abs 4 GSpG statuiert die Pflicht zur umfassenden Auskunftserteilung allein an die Behörde und die Organe der öffentlichen Aufsicht, welche die Einhaltung des Glücksspielgesetzes kontrollieren. Auf der Überwachung der Einhaltung des Glücksspielgesetzes liegt im Sinne des § 50 Abs 4 1. Satz GSpG (arg. "zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben") der Bezug der umfassenden Auskunftserteilung.

 

Mit anderen Worten: Es sind jene umfassenden Auskünfte zu erteilen, die erforderlich sind, um die Überwachung der Einhaltung des Glücksspielgesetzes zu ermöglichen. Diese Zielrichtung lässt sich aus einem Kausalzusammenhang mit der Aufgabenerfüllung ableiten, wogegen sich das "Geforderte" lediglich aus der Existenz einer entsprechenden Frage bzw Forderung determiniert. Letzteres wird jedoch vom Gesetz nicht mit Strafe bedroht. Auch insofern ist daher der Spruch des Bescheides der belangten Behörde verfehlt und mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

4.6.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Juni 2012, Zl. 2012/17/0114, unter der im § 50 Abs 4 GSpG genannten "Person, die Glücksspieleinrichtungen bereit hält," auch jemanden verstanden, der de facto für die Bereithaltung sorgt und ausdrücklich keine rechtlich-organisatorische Beziehung dieser Person zur Glücksspieleinrichtung vorausgesetzt. Die Auskunftspflicht nach § 50 Abs 4 GSpG treffe nicht nur den Betreiber des Glücksspielapparats, der in einer großen Zahl der Fälle nicht im Lokal anwesend sein werde, sondern auch diejenigen Personen, die faktisch für die Verfügbarkeit des Apparats sorgen. Dabei habe sich die Abgrenzung, welche Angestellten von der Auskunftspflicht erfasst sind, nach dem Aufgabenbereich des Angestellten zu richten. Ein Mitarbeiter, der sich als für das Lokal verantwortlich bezeichnet, gehöre jedenfalls zum Kreis der auskunftspflichtigen Personen, weil er damit auch im Rahmen seiner Befugnisse für die Umsetzung der betriebsintern bestehenden Anordnungen zuständig sei, ob und welche Apparate für Dritte im Lokal verfügbar sind.

 

Aus diesen Aussagen des zitierten Judikats ist weiter denknotwendig abzuleiten, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs begrifflich das "Bereithalten von Glücksspieleinrichtungen" vom Aufgabenbereich eines Mitarbeiters und seinen betriebsinternen Befugnissen abhängt und eine Korrelation zu der damit verbundenen Mitwirkungspflicht besteht. Denn die Pflicht, "umfassend Auskünfte zu erteilen", muss im Rahmen der tatsächlichen Möglichkeiten einer Person je nach ihren Aufgaben und Befugnissen angenommen werden, widrigenfalls man dem Gesetzgeber unterstellen würde, dass er in unsachlicher Weise Mitwirkungspflichten vorgesehen hätte, deren Erfüllung manchen Personen von ihrer betriebsinternen Verwendung her schon tatsächlich gar nicht möglich wäre. Der Umfang der Mitwirkungspflichten darf nicht als absolute Größe gesehen werden. Vielmehr muss er differenziert nach den Aufgaben und Befugnissen des jeweiligen Mitarbeiters eines Veranstalters oder Anbieters interpretiert werden. Die Pflicht, umfassend Auskünfte zu erteilen, kann demnach je nach den faktischen Aufgaben und Befugnissen eines Angestellten eine verschiedene sein. Gehören etwa zum Aufgabenbereich einer Person überhaupt nur untergeordnete oder nicht einschlägige Tätigkeiten wie beispielsweise Reinigungsarbeiten, bloßes Lichteinschalten oder das Ausschenken von Getränken, dann liegt allein darin noch kein Sorgen für die Verfügbarkeit einer Glücksspieleinrichtung, weshalb ein "Bereithalten" begrifflich ausscheidet und keine Auskunftspflicht besteht.

 

Aus der dargestellten Rechtslage im Sinne des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs folgt weiter, dass zur Mitwirkungspflicht des § 50 Abs 4 GSpG im Fall von "Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten," deren Aufgabenbereich und Befugnisse im Betrieb des Veranstalters oder Anbieters als für die Subsumtion relevante Umstände anzusehen und festzustellen sind. Die diesbezügliche betriebsinterne Funktion des Mitarbeiters, dem die Auskunfts- bzw Mitwirkungspflicht zugeordnet wird, betrifft daher ein wesentliches Element des Tatbestandes und bedarf gemäß § 44a Z 1 VStG entsprechend den Gegebenheiten des Einzelfalles einer Konkretisierung und Individualisierung im Spruch.

 

Im vorliegenden Fall bezieht sich der Vorwurf gegen den Bw auf seine Dienstnehmerfunktion als „Filialleiter“ des W T, weil er sich laut Anzeige selbst so vorgestellt und damit seine Funktion als Lokalverantwortlicher offengelegt hatte. Im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gehört er damit zum Kreis der auskunftspflichtigen Personen, weil er im Rahmen seiner Befugnisse für die Umsetzung der betriebsintern bestehenden Anordnungen zuständig ist, ob und welche Apparate für Dritte im Lokal verfügbar sind. Allerdings kann mangels Angabe von konkret verlangten Auskünften nicht beurteilt werden, welche für die Überwachung der Einhaltung des Glücksspielgesetzes erforderlichen Auskünfte der „Filialleiter“ im Rahmen seiner Befugnisse als Lokalverantwortlicher hätte erteilen müssen und inwiefern er daher gegen seine Auskunftspflicht verstoßen hat. Damit fehlt es an der erforderlichen Konkretisierung durch Sachverhaltselemente, die die vorgenommene Subsumtion erst nachvollziehbar erscheinen ließe. Weder aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses, noch aus dem Akteninhalt (insb den Anzeigen der Abgabenbehörde) geht etwas zur Verdeutlichung hervor.

 

4.7. Für die belangte Behörde war der Bw als einzig anwesender Dienstnehmer zur Auskunftsleistung verpflichtet. Er habe gegen die gesetzlich verankerte Mitwirkungspflicht auf Grund einer Dienstanweisung verstoßen. Der Dienstanweisung wird dabei keine weitere Bedeutung beigemessen. Diese einfache Sichtweise der belangten Behörde trifft bei näherer Betrachtung der rechtlich relevanten Zusammenhänge nicht zu.

 

4.7.1. Die belangte Behörde geht offenbar ganz selbstverständlich davon aus, dass die gegenständliche Dienstanweisung, keine Auskünfte über Betriebsabläufe an betriebsfremde Personen abzugeben, allumfassend zu verstehen sei und damit auch jegliche Angaben über die spielbereit für Interessenten aufgestellten Geräte im Lokal erfasse. Diese Ansicht ist nicht überzeugend, zumal der Hinweis auf Betriebsabläufe eher auf interne Verhältnisse abzustellen scheint, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind oder zumindest in deren Nahbereich liegen und deshalb nicht leichtfertig zum Schaden des Unternehmens preisgegeben werden und sollen.

 

Aus der aktenkundigen Dienstanweisung geht nämlich hervor, dass der „Betriebsführer“ (gemeint: der Geschäftsführer) zu verständigen und die Kontrollorgane aufzufordern seien, bis zu dessen Eintreffen innezuhalten. Dem liegt offenbar die – in dieser Allgemeinheit vom Verwaltungsgerichtshof später nicht geteilte (vgl oben unter 4.6.4.) - Rechtsmeinung zugrunde, dass nur das Vertretungsorgan der juristischen Person bzw der „Betriebsführer“ für betriebliche Auskünfte zur Verfügung stehen müsse und nicht irgendwelche im Lokal anwesende Personen wie Bedienungspersonal etc. zur Auskunft nach dem Glücksspielgesetz verpflichtet wären. Die Beurteilung der Verletzung von Betriebsgeheimnissen sollte offenbar dem „Betriebsführer“ vorbehalten bleiben, weshalb dem auch nur als einfachen Arbeiter gemeldeten „Filialleiter“ die Auskunftserteilung über Betriebsabläufe untersagt und bei Bruch der Verschwiegenheit die Entlassung angedroht wurde. Auf eine Verständigung und Herbeiholung des „Betriebsführers“ haben sich die Kontrollorgane aber offenbar nicht eingelassen.

 

In weiterer Folge wird auf das Aussageverweigerungsrecht eines Zeugen nach § 49 Abs 1 Z 1 AVG auf Grund der Dienstanweisung hingewiesen. Der Dienstnehmer könnte durch Auskünfte die Dienstanweisung verletzen und sich selbst einen unmittelbaren bedeutenden Vermögensnachteil (Verlust des Arbeitsplatzes) zufügen oder der Gefahr aussetzen, sich selbst zu belasten. Der Dienstgeber kann aber auch zur Inanspruchnahme dieses Aussageverweigerungsrechts über Fragen auffordern, die der Dienstnehmer nicht beantworten könnte, ohne ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu offenbaren, um einen nicht absehbaren Schaden zu vermeiden. Die aktenkundige Dienstanweisung kann sich demnach auch auf das im Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsstrafverfahren (§ 24 VStG iVm § 49 Abs 1 Z 2 AVG) ohne gesetzliche Einschränkung eingeräumte Recht von - als Zeugen für die Behörde in Betracht kommenden - Dienstnehmern zur Aussageverweigerung für den Fall der Offenbarung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen stützen und diese verpflichten, sich im Rahmen eines solchen Verfahrens ihres Aussageverweigerungsrechtes zu bedienen. Da aus verfassungsrechtlicher Sicht, wie oben in den Punkten 4.2. und 4.3. näher dargelegt wurde, die Mitwirkungspflichten auf die Überwachung der Einhaltung des Glücksspielmonopols im Vorfeld der Strafverfolgung zu beschränken sind und nicht der Umgehung des Selbstbezichtigungsverbotes oder von Aussageverweigerungsrechten dienen dürfen, fehlt es an dem von der belangten Behörde sinngemäß unterstellten Rechtswidrigkeitszusammenhang.

 

Die Anweisung eines Geschäftsherrn an sein Personal, im Verwaltungsverfahren oder Verwaltungsstrafverfahren eine Auskunft über Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zu verweigern, um Schaden durch die Preisgabe eines solchen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses zu vermeiden, erscheint dem Oö. Verwaltungssenat grundsätzlich als rechtmäßig und jedenfalls insoweit zulässig und unbedenklich, als es im Einzelfall tatsächlich um den Schutz eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses geht. Begrifflich handelt es sich bei so einem Geheimnis im Wesentlichen um Tatsachen, die unternehmensbezogene kommerzielle oder betriebstechnische Verhältnisse betreffen und nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind (näher zum Begriff Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 [1992] § 122 Rz 4; Lewisch in WK2 [2008] § 122 StGB Rz 9 ff).

 

4.7.2. Die gegenständliche Dienstanweisung hat offenbar zur Rechtsfrage der Auskunftspflicht bzw auch zum verpflichteten Personenkreis eine zu enge, vom Verwaltungsgerichthof später nicht geteilte Rechtsansicht vertreten. Deswegen kann sie aber noch nicht zur Gänze als rechtswidrig und unbeachtlich angesehen werden. Soweit im Einzelfall ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis tatsächlich verletzt werden kann, ist der Dienstgeber berechtigt, vom Dienstnehmer Verschwiegenheit bei sonstigen dienstrechtlichen und schadenersatzrechtlichen Konsequenzen zu verlangen, zumal auch der Gesetzgeber für diesen Fall im Verwaltungsverfahren ein unbeschränktes Aussageverweigerungsrecht des Zeugen im § 49 Abs 1 Z 2 AVG vorgesehen hat. § 50 Abs 4 GSpG vermag daran bei Beachtung der anerkannten rechtsstaatlichen Grundsätze nichts zu ändern.

 

Die Auskunftspflichten nach dem § 50 Abs 4 GSpG können einerseits bei verfassungskonformer Interpretation im Rahmen der Verfolgung eines konkreten Verdachts der Durchführung verbotener Glücksspiele keinen Bestand haben (vgl oben Punkte 4.2. u 4.3.). Sie dürfen andererseits auch nicht der Umgehung von Zeugnisverweigerungsrechten im förmlichen Strafverfahren dienen, weil eine solche Beweisgewinnung dem Gebot des fair trial des Art 6 EMRK klar widerspräche. Was der Behörde im förmlichen Strafverfahren verboten ist, kann nicht im Rahmen einer Kontrolle durch die Finanzpolizei erlaubt sein und als zulässige Beweisaufnahme gelten.

 

4.7.3. Im Ergebnis ist dem Bw dem Grunde nach zuzubilligen, dass ihm die unverzügliche Entlassung und auch eine Schadenersatzpflicht drohte, wenn er weisungswidrig ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis durch "die geforderten Auskünfte zu den Glücksspieleinrichtungen" verletzte. In diesem Bewusstsein befand er sich subjektiv jedenfalls in einer schuldrelevanten Notstandssituation. Es ging für ihn dabei nicht nur um die in der Judikatur als nicht ausreichend angesehene bloß allgemeine Befürchtung wirtschaftlicher Nachteile (dazu mwN Wessely in N. Raschauer/W. Wessely [Hrsg], Kommentar zum VStG, Rz 8 zu § 6), sondern um den konkreten Verlust des Arbeitsplatzes mit weiteren arbeitsrechtlichen und schadenersatzrechtlichen Folgen.

 

Von dem als einfachem Dienstnehmer völlig überforderten Bw war nicht zu erwarten, dass er die im gegenständlichen Zusammenhang ziemlich komplexe Sach- und Rechtslage aus eigenem zuverlässig beurteilen und sein Verhalten danach einrichten konnte. Er musste sich in der bei der Kontrolle ergebenden Pflichtenkollision aus seiner Perspektive primär an der erteilten schriftlichen Dienstanweisung orientieren und konnte ohne weitere Klarstellungen und Erläuterungen darüber, ob durch verlangte Auskünfte Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse betroffen sind, nicht darauf vertrauen, dass "die geforderten Auskünfte" der Organe der Finanzpolizei auch berechtigt wären.

 

In der Anzeige des Finanzamtes wird nur allgemein auf die Pflicht, umfassend Auskünfte zu erteilen, verwiesen. Welche konkreten Auskünfte anlässlich der gegenständlichen Kontrolle der Finanzpolizei zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben erforderlich erschienen und auch tatsächlich vom Bw verlangt wurden, geht aus dem gesamten Akteninhalt nicht einmal ansatzweise hervor. Es kann somit nicht beurteilt werden, ob die nach der Anzeige des Finanzamtes "geforderten Auskünfte" ein geschütztes Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis betrafen oder nicht. Angesichts eines nur ganz unbestimmten Auskunftsverlangens der Organe der Finanzpolizei durfte der Bw nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats im Zweifel davon ausgehen, dass durch seine Mitwirkung die unmittelbar drohende Verletzung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses im Raum stand, in welcher Situation er nur die Möglichkeit hatte, unter Hinweis auf die Dienstanweisung und seine Gehorsamspflicht als Dienstnehmer "die geforderten Auskünfte zu den Glücksspieleinrichtungen" zu verweigern. Da ihm bei lebensnaher Betrachtung kein anderes Verhalten zumutbar war, muss er auch als entschuldigt angesehen werden.

 

4.8. Die belangte Behörde weder im angefochtenen Straferkenntnis, noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung, noch sonst nach der Aktenlage eine geeignete Anlastung mit einem entsprechend den Umständen des Einzelfalles konkretisieren Tatvorwurf erhoben, der die Identität der Tat mit ausreichender Bestimmtheit formuliert und unverwechselbar erscheint. Mangels einer ausreichenden behördlichen Verfolgungshandlung ist nach Ablauf der Jahresfrist des § 52 Abs 5 GSpG (nunmehr § 31 Abs 1 VStG) auch längst die Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Dem unabhängigen Verwaltungssenat war es außerdem als Berufungsbehörde, die gemäß dem § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG bei ihrer Entscheidungsbefugnis auf den Gegenstand des Spruches des Straferkenntnisses beschränkt ist, verwehrt, eine ganz neue Anlastung vorzunehmen und dabei wesentliche Tatmerkmale auszutauschen.

 

 

5. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis schon im Hinblick auf wesentliche Spruchmängel und aus den dargelegten anderen Gründen mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Dr. G r o f

 

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