Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720358/3/Sr/WU

Linz, 30.12.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der X, geboren am X, Staatsangehörige von Rumänien, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 4. November 2013, 1074801/FRB, betreffend eine Ausweisung der Berufungswerberin nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 4. November 2013, 1074801/FRB, wurde gegen die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 66 Abs. 1 und 70 Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG jeweils in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, die Ausweisung angeordnet und ihr ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt Folgendes aus:

 

Sie halten sich laut eigenen Angaben seit 19.3.2010 bis dato ohne Unterbrechung im österreichischen Bundesgebiet an ihrem in X gelegenen Hauptwohnsitz auf.

 

Am 12.04.2010 stellten Sie beim Magistrat der Stadt Linz einen Antrag auf Ausstellung einer Dokumentation „Anmeldebescheinigung", über welchen der Magistrat der Landeshauptstadt Linz nicht binnen gesetzlich festgelegter Entscheidungsfrist entschieden hat.

 

Aus diesem Grunde brachten Sie am 30.01.2012 einen Devolutionsantrag gem. § 73 AVG ein.

 

Die Zuständigkeit zur Entscheidung ging somit in weiterer Folge an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde - das Bundesministerium für Inneres (BMI) - über.

 

Mit Schreiben des BMI vom 08.05.2012 , GZ : 161.256/9-III/4/12 wurden Sie im verfahrensgegenständlichen Antragsverfahren nach dem NAG 2005 aufgefordert-unter Zitierung der in diesem Verfahren im Wesentlichen zur Anwendung gelangenden Gesetzesstellen - Urkunden vorzulegen und wurde Ihnen im Wesentlichen vorgehalten , dass Sie nach Aktenlage Bezieherin einer rumänischen Pension in Höhe von monatlich umgerechnet ca. € 161,21 (732,80 LEU ) sind, was sowohl den oberösterreichischen Mindeststandard für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (€ 594,40), als auch (wenn Sie mit Ihrem Ehegatten im selben Haushalt leben , gemeinsam mit dem Einkommen Ihres Ehegatten, welches nach Aktenlage ca. € 152,68 (694 LEU) betragen dürfte) den Ausgleichszulagenrichtsatz (Familienrichtsatz 2012: € 1221,68) weit unterschreitet.

 

Hier stellte das BMI fest, dass zum Zeitpunkt der Zustellung dieses Schreibens noch nicht von einem Ihnen unionsrechtlich zukommenden Aufenthaltsrecht für Österreich auszugehen ist und Ihnen ein solches derzeit auch nicht bescheinigt werden dürfte.

 

Dieses Schreiben ist Ihnen bekannt.

 

Auf Grund dieses Schreibens des BMI gaben Sie mit Schriftsatz vom 10.07.2012 eine Stellungnahme ab - welche Ihnen bekannt ist - und legten diesem Kopien der Reisepässe von Ihnen und Ihrem Gatten , Nachweise über den bestehenden

Krankenversicherungsschutz, Kopie der Heiratsurkunde und eine Kopie der Geburtsurkunde Ihrer Tochter X bei. Hier führten Sie auch aus, dass Sie und Ihr Ehemann bei Ihrem Schwiegersohn in dessen Eigentumswohnung in X wohnen würden. Mit den nötigen finanziellen Mitteln zur Erhaltung des Lebensunterhaltes würden Sie von Ihrem Schwiegersohn und Ihrer Tochter unterstützt.

 

Sie und Ihr Ehegatte X würden Ihre Tochter und Ihren Schwiegersohn bei der Obsorge deren Sohnes unterstützen.

 

Mit Schreiben des BMI vom 27.07.2012 wurde nun die zuständige Fremdenpolizeibehörde-ehemals Bundespolizeidirektion Linz-jetzt Landespolizeidirektion Oberösterreich, gem. § 55 Abs.3 NAG 2005 hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst. Lt. BMI wurden Sie diesbezüglich in Kenntnis gesetzt und Ihnen auch mitgeteilt, warum das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht bei Ihnen als EWR - Bürger nicht besteht.

 

Das BMI stützte seine Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass Sie entgegen § 53 Abs.2 Zi 2 und 5 NAG 2005 weder Nachweise über ausreichende Existenzmittel, noch einen Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung durch Ihre Tochter oder Ihren Schwiegersohn vorlegten und dass sich aus Ihren Angaben , die nötigen finanziellen Mittel für den Lebensunterhalt von Ihrer Tochter und Ihrem Schwiegersohn zu erhalten , noch kein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung (Zuzählung ausreichender finanzieller Mittel, rechtlich verteidigbare Unterkunftgewährung) ergibt.

Mit Schreiben der Behörde vom 11.09.2012 wurde Ihnen mitgeteilt, dass die Behörde beabsichtige , gegen Sie eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in Form einer Ausweisung gem. § 66 Abs.1 i.V.m. Abs.2 FPG 2005 , gestützt auf § 55 Abs.3 NAG 2005 i.d.g.F. zu erlassen und wurden Sie aufgefordert, dazu binnen 3 - wöchiger Frist dazu Stellung zu nehmen und Ihre Privat - und Familienverhältnisse anher bekanntzugeben.

 

In Ihrer Stellungnahme vom 4.10.2012 gaben Sie, nach Wiederholung des Sachverhaltes aus Ihrer Sicht, dazu wie folgt an:

 

2. Rechtliche Erwägungen

Im Folgenden soll zunächst angerissen werden, weshalb

a)  die Voraussetzungen für einen Aufenthalt von über drei Monaten erfüllt, und

b)  die Verfügung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht zulässig ist.

 

2.1. Aufenthaltsrecht

Gemäß § 53 Abs. 1 Z. 5 NAG ist für die Dokumentation des Aufenthaltsrechts auf unionsrechtlicher Grundlage gem. § 52 Abs. 1 Z.3 leg. cit, ausschließlich ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung erforderlich.

 

Der EuGH hat zur Frage, welche Anforderungen an einen derartigen Nachweis gestellt werden können, in der Rs. C-1/05 Yunying Jia gegen Migrationsverk ausgeführt ... dass unter "Unterhalt (gewährt)" zu verstehen ist, dass das Familienmitglied eines in einem anderen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 43 EG niedergelassenen Gemeinschaftsangehörigen der materiellen Unterstützung dieses

Gemeinschaftsangehörigen oder dessen Ehegatten bedarf, um seine Grundbedürfnisse in seinem Herkunftsstaat in dem Zeitpunkt zu decken, in dem er beantragt, dem Gemeinschaftsangehörigen zu folgen. Art 6 Buchst, b dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass der Nachweis des Unterhaltsbedarfs mit jedem geeigneten Mittel geführt werden kann...

 

Die Notwendigkeit der Unterstützung ergibt sich aus der Pensionshöhe der Einschreiter, welche das für eine Armutsdefinition international übliche Maß von 60% des Durchschnittseinkommens nicht erreicht. Damit ist die Unterhaltsgewährung durch Tochter bzw. Schwiegersohn erforderlich und wurde dies —was immer das BMI an früheren Beweismittelvorlagen als nicht ausreichend angesehen hat — nunmehr in hinreichender Form belegt. Dies steht im Einklang mit Art. 7 Abs. 1 lit. c zweiter Spiegelstrich, wo selbst für den Fall mit den umfangreichsten Urkundsanforderungen, dass ein alleinstehender Unionsbürger zum Zweck eines „privaten Aufenthalts" entsprechende Nachweise vorlegt, als Maximalanforderung normiert ist, dass dieser (Hervorhebung durch den Verfasser) ... der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen .

 

Die angefügte Erklärung, dass die Einschreiter und ihre Unterhalt leistenden Familienangehörigen keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen werden, um den Unterhaltsbedarf der Einschreiterinnen in Österreich zu decken, erfüllt diese Anforderungen -es ist in sich logisch, dass eine Erklärung, keine Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu werden, eine fortgesetzte Unterhaltsleistung in ausreichender Höhe beinhaltet. Der Schwiegersohn der Einschreiterinnen hält seine in verschiedenster Form abgegebener Erklärung aufrecht, den unionsrechtlich erforderlichen Unterhalt für die Einschreiterinnen zu leisten. Eine bestimmte Form darf hierbei genauso wenig verlangt werden wie der Nachweis einer bestimmten Unterhaltshöhe - auch dies ist unionsrechtlich unzulässig, denn Art, 8 Abs. 3 dritter Spiegelstrich Richtlinie 2004/38/EG normiert (Hervorhebung durch den Verfasser):

 

Für die Ausstellung der Anmeldebescheinigung dürfen die Mitgliedstaaten nur Folgendes verlangen:

-von einem Unionsbürger, auf den Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c) Anwendung findet, nur die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses, einer Bescheinigung über die Einschreibung bei einer anerkannten Einrichtung und über den umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie einer Erklärung oder eines gleichwertigen Mittels nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c). Die Mitgliedstaaten dürfen nicht verlangen, dass sich diese Erklärung auf einen bestimmten Existenzmittelbetrag bezieht.

 

Diese Voraussetzungen sind erfüllt bzw. wird die Behörde aufgefordert, ihre Anforderungen, die jenseits der unionsrechtlichen Vorgaben für erforderlich hält, unter Angabe der Rechtsgrundlage schriftlich bekannt zu geben.

 

2.2. Fehlen der Voraussetzungen für die Beendigung des Aufenthalts

§ 66 Abs. 1 FPG 2005 idF BGBl. 38/2011 sieht vor, dass gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörigen eine Ausweisung nur unter besonderen Bedingungen erlassen werden kann:

 

EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige sind dann auszuweisen, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das Niederlassungsrecht fehlt.

 

Eine Ausweisung wäre also nur aus Gründen des § 55 Abs. 3 NAG zulässig, wobei die Nachweise nach § 53 Abs. 2 auch (allenfalls nunmehr) erbracht wurden.

 

Überdies ist auf Art. 15 der Richtlinie 2004/38/EG zu verweisen:

 

Artikel 15 Verfahrensgarantien

(1) Die Verfahren der Artikel 30 und 31 finden sinngemäß auf jede Entscheidung

Anwendung, die die Freizügigkeit von Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen beschränkt und nicht aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit erlassen wird.

 

Damit ist eine von der Niederlassungsbehörde offensichtlich angenommene Rechtsgrundlage für eine Aufenthaltsbeendigung - bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten -jedenfalls an Kapitel VI der Richtlinie. 2004/38/EG zu messen, demzufolge wirtschaftliche Gründe unzulässig sind:

 

Artikel 27 Allgemeine Grundsätze

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung. Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.

 

Auf die Verpflichtung der Befassung eines unabhängigen Gerichtes (UVS Oberösterreich) sei überdies verwiesen.

 

Hinsichtlich der Abwägung gern. § 66 Abs. 2 FPG darf aus Gründen der verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht heraus nochmals zusammengefasst werden, dass die Einschreiterinnen 63 bzw. 68 Jahre alt sind und ihren Unterhalt als Pensionisten nur mit Unterstützung von Tochter und Schwiegersohn abdecken können, sie hier in die Familie integriert sind und auch ihr Enkelkind beaufsichtigen, intensive familiäre Bindungen in RUMÄNIEN logischerweise nicht (mehr) bestehen - die Tochter lebt in ÖSTERREICH, Eltern sind längst verstorben - und verschiedene weitere Integrationsschritte wie der Besuch von Sprachkursen oder eine intensive Teilnahme am Gemeindeleben der rumänisch orthodoxen Kirche in Salzburg besteht, wo sie unter anderem zum Erzpriester X ein enges Freundschaftsverhältnis pflegen und etwa an Pilgerreisen teilnehmen (zuletzt im März 2012 nach Israel).

 

Es wird abschließend beantragt

- Das gegenständliche Verfahren einzustellen, und

- Die Unterlassung der Ausweisung gern. § 66 FPG gern. 55 Abs. 4 NAG der Niederlassungsbehörde mitzuteilen.

 

Beilage:

Erklärung vorn 28.9.2012 von X , geb.X, wohnhaft in 402X

 

„Ich, X, erkläre, dass ich meinen Schwiegereltern X, geb. am X, wohnhaft in X, und X, geb. am X, wohnhaft in X, Unterhalt geleistet habe und dies weiterhin im gebotenen Umfang tun werde, sodass sie keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen müssen. Ebenfalls wird ihnen ein Wohnrecht auf unbestimmte Zeit, jedenfalls aber bis 2016, unwiderruflich eingeräumt."

 

Nach Darstellung der Rechtslage stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest:

 

Aus der Aktenlage ergab sich im Wesentlichen, dass Sie und ihr Ehemann mit der gemeinsamen Tochter, Frau X, X geb., rumänische StA., Ihrem Schwiegersohn, Herrn X, X geb., österreichischer StA., sowie mit einem Enkel gemeinsam in 40X, einer dem Schwiegersohn gehörenden Eigentumswohnung, leben. Sie und Ihr Ehegatte beziehen aus Rumänien jeweils eine Pension in der Höhe von ca. 732,80 LEU, was ungefähr € 161,21 entspricht und von ca. 694 LEU, also etwa € 152,68.

Sie beide haben in Österreich Anspruch auf Sachleistungen in der Krankenversicherung nach österreichischen Rechtsvorschriften.

 

Wie zuvor bereits dargelegt:

 

Gemäß § 51 Abs. 1 Z 2 NAG sind EWR-Bürger auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen , so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 3 NAG sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (.§§ 51 und 53a) sind, auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird.

 

Gemäß § 53 Abs. 1 NAG haben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.

Gemäß § 53 Abs. 2 Z 2 und 5 NAG sind zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen: (2.) nach § 51 Abs. 1 Zi 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz; (5.) nach § 52 Abs. 1 Zi 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächlichen Unterhaltsgewährung;

 

Sie fallen unter keine andere Bestimmung gemäß §§ 51 und 52 NAG.

 

Sie haben nun entgegen § 53 Abs. 2 Ziffern 2 und 5 NAG weder Nachweise über ausreichende Existenzmittel, noch einen ausreichenden Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung durch ihre Tochter oder Ihren Schwiegersohn vorgelegt; dies trotz o.a. nachweislich an sie ergangener, schriftlicher Aufforderung durch die Behörde. Wenn Ihr Schwiegersohn nämlich mit Erklärung vom 28.09.2012 angibt, Unterhalt geleistet zu haben und dies weiterhin im gebotenen Umfang tun werde , sodass sie keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen müssen und Ihnen ein Wohnrecht auf unbestimmte Zeit, jedenfalls aber bis 2016, unwiderruflich einräumt, so ergibt sich daraus noch kein ausreichender Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung und sind daraus für Sie keine einklagbaren, rechtlich verteidigbaren Ansprüche ableitbar.

 

Einerseits müsste die Erklärung nämlich an Sie adressiert und Ihnen auch ausgehändigt worden sei, andererseits ist sie inhaltlich betreffend Umfang und Rechtswirkungen ungenau und schwammig formuliert, sowie betreffend das Wohnrecht, dezidiert mit Jedenfalls bis 2016" zeitlich begrenzt.

Selbst wenn als nachgewiesen angenommen werden dürfte, dass Sie und Ihr Ehemann gemeinsam, als Gäste im selben Haushalt mit Ihrer Tochter und dem Schwiegersohn lebend, zusammen rumänische Pensionen im Gegenwert von ca. € 313,89 (€ 152,68 + € 161,21) regelmäßig erhalten, würde hierdurch sowohl der oberösterreichische Mindeststandard für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ( aktuell; € 611,00) als auch der Ausgleichszulagenrichtsatz (Familienrichtsatz aktuell: € 1255,89 ) weit unterschritten.

 

Hier ist festzuhalten , dass es sich hier lediglich um einen Orientierungsmaßstab handeln kann , da Art.8 Abs.4 der Richtlinie 2004/38/EG den Mitgliedstaaten verbietet, feste Beträge für die Existenzmittel festzulegen , sondern es müsse die persönliche Situation des Betroffenen berücksichtigt werden.

Der Betrag darf in keinem Fall über dem Schwellenbetrag liegen, unter dem der Aufnahmestaat seinen Staatsangehörigen Sozialhilfe (z.B. bedarfsorientierte Mindestsicherung) gewährt.

 

Das Bestehen einer bisher ex lege jemals unionsrechtlich begründeten Berechtigung zum Aufenthalt für mehr als drei Monate konnte daher im vorliegenden Fall mangels ausreichend geführter Nachweise .nicht festgestellt werden.

 

Nachdem Sie sich laut eigenen Meldeangaben seit 19.3.2010 bis dato ohne Unterbrechung im österreichischen Bundesgebiet an ihrem in X gelegenen Hauptwohnsitz aufhalten, kein Arbeitnehmer oder Selbstständiger in Österreich sind , nicht über ausreichende Existenzmittel wie oben dargelegt verfügen und auch sonst keinerlei Voraussetzungen für das Bestehen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes bei Ihnen bestehen , ist der Tatbestand des § 66 Abs.1 FPG im Grunde erfüllt. Das heißt, Ihnen kam nach Ablauf der ersten drei Monate Ihres Aufenthaltes in Österreich noch nie ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu.

 

Dass Sie in Österreich über gewisse soziale Anknüpfungspunkte, bezw. familiäre und private Beziehungen verfügen, kam im Verfahren hervor und wurde bei der Entscheidungsfindung auch entsprechend gewürdigt.

 

Berücksichtigt wurde bei der Entscheidung aber auch, dass Sie praktisch Ihr ganzes bisheriges Leben mit Ihrem Ehepartner in Ihrem Heimatstaat verbracht haben und sich, nunmehr als Pensionisten mit gesichertem regelmäßigen Einkommen, seit relativ kurzer Zeit in Österreich aufhalten und dass kein Familienleben im engeren Sinn in Österreich besteht, welches (mit Ihrem Ehepartner im Sinne einer Kernfamilie) nicht auch im Heimatland bestehen kann.

 

Eine besondere Schutzwürdigkeit Ihres Familien- ,bezw. Privatlebens in Österreich konnte die Behörde nicht feststellen, besteht doch die Möglichkeit, dass Sie Ihre volljährige Tochter, Ihren Schwiegersohn und Enkel im bedingungsfreien zeitlichen Rahmen von drei Monaten in Österreich besuchen oder von diesen in Ihrem Heimatstaat besucht werden. Überdies besteht auch die Möglichkeit zusätzlich über Telefon und Internet allenfalls gewünschten Kontakt aufrecht zu erhalten.

Auf Grund Ihrer „Lebensgeschichte" in Österreich kann die Behörde keine Integration Ihrer Person in die österr. Gesellschaft erkennen, ein (kurze) Tätigkeit in einer Pfarre und eine Pilgerreise nach Israel sind dazu mit Sicherheit nicht ausreichend.

Dass intensive Bindungen zu Ihrem Heimatland bestehen müssen, ergibt schon alleine die Tatsache, dass Sie praktisch Ihr ganzes, langes Leben in Rumänien verbracht haben und das Land auch nicht damals gemeinsam mit Ihrer leiblichen Tochter, die jetzt in Österreich lebt und verheiratet ist, verlassen haben.

In Sinne von § 66 Abs.2 FPG 2005 kann gesagt werden, dass Ihr Alter, Ihr Gesundheitszustand (gesundheitliche Probleme werden nicht behauptet), Ihre familiäre und wirtschaftliche Lage (Sie würden mit Ihrem Ehepartner in Rumänien leben und eine an die dortigen Lebenshaltungskosten und Umstände angepasste Pension beziehen) nicht gegen die Ausweisung sprechen.

Abschließend ist hier festzuhalten , dass alleine durch die Erklärung Ihres Schwiegersohnes, Ihnen und Ihrer Ehegattin , ein Wohnrecht - jedenfalls bis 2016 - einräumen zu wollen , für die Behörde erkennbar ist, dass hier jedenfalls versucht wird , die Voraussetzungen für das Daueraufenthaltsrecht gem. § 53a NAG zu erlangen.

 

Aus dieser Erklärung läßt sich , wie bereits zuvor erläutert , ersehen, dass Ihnen , ohne weiteres , das zur Zeit faktische Wohnrecht entzogen werden könnte , ohne dass für Sie die Möglichkeit besteht, dies auch einzuklagen.

 

Es ist daher festzustellen, dass die Ausweisung nicht nur zur Erreichung der in Art, 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und somit im Licht des § 61 Abs. 1 FPG zulässig ist, sondern auch unter Beachtung der Bestimmungen des § 61 Abs. 2 FPG und § 66 Abs.2 FPG.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

2.1. Gegen diesen am 6. November 2013 zugestellten Bescheid richtet sich die durch den Vertreter der Bw eingebrachte rechtzeitige Berufung vom 15. November 2013.

 

Darin stellt die Bw eingangs die Anträge, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Begründend führt die Bw Folgendes aus:

I. Sachverhalt

Die Berufungswerber (BW) reisten am 19.03.2010 ins österreichische Bundesgebiet ein und nahmen Hauptwohnsitz bei ihrer volljährigen X (geb. X, StA Rumänien), dem Schwiegersohn X (geb. X, StA. Österreich) und dem Enkelsohn. Am 12.04.2010 beantragten die BW die Erteilung einer Anmeldebescheinigung. Mangels Entscheidung darüber brachten die BW am 30.01.2012 einen Devolutionsantrag beim hierzu zuständigen Bundesministerium für Inneres ein. Eine Ausstellung einer Anmeldebescheinigung ist schließlich nicht erfolgt. Die BW selbst erhielten eine Pension aus Rumänien iHv umgerechnet gemeinsam rund € 314.- und würden über einen in Österreich leistungspflichten Krankenversicherungsschutz verfügen, bei der volljährigen Tochter und dem Schwiegersohn in einem gemeinsamen Haushalt leben und  durch diese versorgt werden, jedoch gebe es keinen Nachweis über die „tatsächliche Unterhaltsgewährung". Aufgrund dessen wurde die zuständige Fremdenpolizeibehörde mit einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst.

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich als zuständige fremdenpolizeiliche Behörde teilte in weiterer Folge mittels Schreiben vom 11.09.2012 den BW mit, dass mangels Vorliegens der Voraussetzungen zur Ausstellung einer Anmeldebescheinigung die Erlassung einer Ausweisung beabsichtigt wäre. Daraufhin wurde am 04.10.2012 eine Stellungnahme bei der zuständigen fremdenpolizeilichen Behörde eingebracht. Gleichzeitig wurde eine gerichtlich beglaubigte Erklärung des X betreffend die Einräumung eines Wohnrechts auf unbestimmte Zeit, jedenfalls aber bis 2016 sowie die fortlaufende Unterhaltsgewährung an die Schwiegereltern. Im Übrigen wurde in dieser Stellungnahme in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass die Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen unzulässig ist und es wurde beantragt, das Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen einzustellen und diese Unterlassung der Niederlassungsbehörde mitzuteilen.

Mittels Bescheiden vom 04.11.2013, dem bevollmächtigten Vertreter zugestellt am 06.11.2013, wurde gegen die BW die gegenständlich angefochtenen Ausweisungen gem. § 66 Abs 1 FPG erlassen und von Amts wegen gem. § 70 Abs 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt. Begründend wurde in diesen Bescheiden ausgeführt, dass mangels gesicherter Unterhaltsmittel und aufgrund der Befristung der Einräumung des Wohnrechts kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht erteilt werden könne. Die familiären Bindungen seien vernachlässigbar, da keine Bindungen zur Kernfamilie in Österreich bestünden und die Kontakte zur in Österreich lebenden Tochter allenfalls über Telefon. und Internet aufrechterhalten werden können. Die Bindungen zu Rumänien wären jedenfalls intensiver als jene zu Österreich, weswegen eine Ausweisung zulässig wäre.

Gegen diese Bescheide richtet sich die gegenständliche Berufung.

 

II.      Rechtliche Beurteilung

a. Mangelhaftigkeit des Verfahrens

 

Die erstinstanzliche Behörde hat im konkreten Fall nur unzureichend ermittelt und kam so zum rechtswidrigen Ergebnis, dass die BW mangels gesicherten Unterhalts auszuweisen wären. In erster Linie stützt sich die erstinstanzliche Behörde auf die bereits mangelhaften Ermittlungsergebnisse des Bundesministeriums für Inneres, ohne selbständig im Ausweisungsverfahren weitere Ermittlungen anzustellen und anfällige Weitere Informationen, allenfalls durch persönliche Befragung einzuholen.

Daher sollen an dieser Stelle kurz die finanziellen und familiären Verhältnisse geschildert werden: Die BW leben bekanntermaßen seit dem 19.03.2010 in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrer volljährigen Tochter, deren Ehemann und deren gemeinsamen minderjährigen Kind. Sämtliche Familienmitglieder leben in einer Eigentumswohnung, weswegen hierdurch keine weiteren Kosten anfallen. Der Schwiegersohn der BW, Herr X verdient monatlich aufgrund der Anstellung bei der X zwischen netto € 3000.- und € 4000.- Die Tochter der BW, Frau X ist nunmehr nach der Geburt des zweiten Sohnes vor rund vier Monaten wiederum in Karenz und erhält Kinderbetreuungsgeld iHv € 624.- und absolviert derzeit ein Lehramtsstudium an der katholisch pädagogischen Hochschule KPH in X. Die BW selbst verfügen über eine rumänische Pension iHv umgerechnet rund € 161.- bzw. € 152.- Die tatsächliche Unterhaltsgewährung erfolgt durch die gemeinsame Haushaltsführung und die faktische Mitversorgung der BW durch die Familie der volljährigen Tochter. Dass das Einkommen ausreicht ergibt sich daraus, dass das gesamte Familieneinkommen erwiesenermaßen die Richtsätze des § 293 ASVG (im konkreten Fall: € 2770,26.-) übersteigt.

Überdies wird nachweislich auch ein Wohnrecht eingeräumt, zunächst bloß' faktisch, danach auf Verlangen der Behörde auch ausdrücklich schriftlich durch Notariatsakt, Dieses Wohnrecht wurde unbefristet und unwiderruflich eingeräumt, jedenfalls aber bis zum Jahr 2016. In diesem Notariatsakt wurde überdies auch die bisherige und künftige Gewährung des Unterhalts dokumentiert. Über einen in Österreich geltenden Versicherungsschutz verfügen die BW ebenfalls.

Ein unbefristeter Rechtsanspruch auf die Gewährung des Unterhalts und der Unterkunft ist nicht erforderlich, wie in Punkt IIb. der Berufung ausgeführt wird.

Des weiteren vermeint die erstinstanzliche Behörde, dass durch die angebliche Befristung der Einräumung des Wohnrechts versucht würde, ein europarechtliches Daueraufenthaltsrecht zu erlangen - wobei hier offenkundig die Inanspruchnahme eines gesetzlich zustehenden Rechts als besonders verwerflich erachtet wird. Dafür, dass die Tochter der BW tatsächlich beabsichtigt, ihre Eltern im Jahr 2016, wo diese dann 72 bzw. 67 Jahre alt sein werden, aus der Wohnung zu werfen, gibt es keinerlei wie auch immer geartete Hinweise. Der konkrete rechtliche Zusammenhang zwischen der vermeintlichen Befristung (obwohl ausdrücklich das Wort „unbefristet" im Notariatsakt vorkommt) der Wohnrechtsgewährung und der Dokumentation eines europarechtlichen Daueraufenthalts ist im Übrigen auch weder durch die erstinstanzliche Behörde begründet, noch sonst offenkundig. Denn selbst wenn die BW nicht mit ihrer Tochter und deren Familie in einem gemeinsamen Haushalt leben, besteht, sofern der Unterhalt - allenfalls durch Unterhaltsleistungen durch die Tochter und deren Ehemann - gesichert ist, jedenfalls weiterhin ein Aufenthaltsrecht in. Österreich.

All das war der erstinstanzlichen Behörde teils bekannt, teils wurden die wesentlichen Sachverhalte, nämlich die exakte Höhe des Einkommens in Folge des mangelhaften Verfahrens nicht vollständig erhoben.

 

b. Rechtswidrigkeit des Inhalts

 

Die erstinstanzliche Behörde verkennt in mehrfacher Hinsicht die Rechtslage und geht so, überdies gestützt auf mangelhafte Ermittlungen zum Sachverhalt, von der Zulässigkeit der Ausweisung aus. Auf die rechtlichen Ausführungen der Stellungnahme vom 04.10.2012 geht die erstinstanzliche Behörde überdies in keinster Weise ein.

Die erstinstanzliche Behörde begründet in erster Linie - fälschlicherweise – die Erforderlichkeit der Ausweisung mit dem nicht sichergestellten Lebensunterhalt. Tatsächlich verfügt die Familie insgesamt jedoch über ein ausreichendes Einkommen. Insgesamt benötigt nach den Richtsätzen des § 293 ASVG die Familie für zwei Ehepaare und zwei minderjährige Kinder in einem gemeinsamen Haushalt ein monatliches Einkommen iHv € 2770,26.- Die BW haben ein gemeinsames Einkommen über ihre rumänische Pension iHv rund € 313,89.-, die Tochter erhält derzeit Kinderbetreuungsgeld iHv € 624.- der Schwiegersohn durch seine Fixanstellung bei der X im Monat durchschnittlich netto rund € 3500.-, zusätzlich durch selbständige Lehrätigkeit an der Fachhochschule Wels zwischen € 1000.- und € 4000.- jährlich. Die Familie lebt.in einer Eigentumswohnung, in Folge deren Finanzierung derzeit noch Kreditraten von monatlich € 500.- zurückgezahlt werden müssen. Damit liegt trotz Kreditbelastungen das hier maßgebliche Haushaltseinkommen weit über den Richtsätzen des ASVG, die allerdings weit über den europarechtlichen finanziellen Erfordernissen liegen, wobei hier auch gar kein fester Betrag verlangt werden darf.

Selbst der Bezug der Ausgleichszulage, wenn Tochter und Schwiegersohn den BW keinen Unterhalt gewähren würden, würde keinen Missbrauch der Rechte darstellen sondern würde dies nach der Judikatur des EuGH bloß eine Inanspruchnahme zustehender Rechte darstellen. Ich zitiere hierzu aus dem Urteil des EuGH zur Rechtssache C-140/12 PVA gegen Brey:

Das Unionsrecht, wie es sich insbesondere aus den Art 7 Abs. 1 Buchst, b, 8 Abs. 4 und 24 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90ß64/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG ergibt, ist dahin auszulegen, dass es einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, wonach selbst in der Zeit nach einem dreimonatigen Aufenthalt die Gewährung einer Leistung wie der Ausgleichszulage nach § 292 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in der durch das Budgetbegleitgesetz 2011 mit Geltung ab dem 1. Januar 2011 geänderten Fassung an einen wirtschaftlich nicht aktiven Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats unter allen Umständen und automatisch aufgrund der Tatsache ausgeschlossen ist, dass dieser, obwohl ihm eine Anmeldebescheinigung ausgestellt wurde, die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt für mehr als drei Monate im Hoheitsgebiet des ersten Staates deshalb nicht erfüllt, weil dieses Aufenthaltsrecht davon abhängt, dass dieser Staatsangehörige über ausreichende Existenzmittel verfügt, um diese Leistung nicht beantragen zu müssen.

 

Eine Ausweisung wäre also nur aus Gründen des § 55 Abs. 3 NAG zulässig, wobei die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2

                      einerseits von der Behörde nach dem NAG zu prüfen sind,

                      andererseits diese Nachweise auch erbracht wurden.

 

Überdies ist auf Art. 15 der Richtlinie 2004/38/EG zu verweisen:

 

Artikel 15 Verfahrensgarantien

(1) Die Verfahren der Artikel 30 und 31 finden sinngemäß auf jede Entscheidung Anwendung, die die Freizügigkeit von Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen beschränkt und nicht aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit erlassen wird.

 

Damit ist eine allenfalls angenommene Rechtsgrundlage für eine Aufenthaltsbeendigung - bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten - jedenfalls Kapitel VI der Richtlinie heranzuziehen, demzufolge wirtschaftliche Gründe unzulässig sind:

 

Artikel 2 7 Allgemeine Grundsätze

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.

 

Worin eine allenfalls andere Gefährdung der öffentlichen Ordnung bestehen soll, ist nicht dargelegt worden. Diese wäre gem. Art. 27 Abs. 2 leg.cit. am persönlichen, gegenwärtigen Verhalten zu messen. Der einwandfreie Leumund der BW ist selbst von der belangten Behörde festgestellt worden.

 

Selbst für den Fall, dass die BW oder andere Angehörige Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen, ist damit gem. Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG eine Ausweisung nicht automatisch zulässig, sondern sind die näheren Umstände zu prüfen. Eine „nicht unangemessene" Inanspruchnahme wäre überdies gem. Art. 14 Abs. 1 leg.cit. unschädlich.

 

c. Schutz des Privat- und Familienlebens

 

Es soll weiters auf die rezente Rechtsprechung des EGMR, des VfGH und VwGH zur Abwägung zwischen subjektiven Rechten auf Familienleben und einem abstrakten staatlichen Interesse, also den Abs. 1 und 2 des Art. 8 EMRK eingegangen werden.

Wenn die Behörde dem NAG entnehmen möchte, dass ein Recht aus Familiennachzug direkt aus Art. 8 EMRK nicht unmittelbar- folgen mag, so ist besonders auf die jüngste Entwicklung der Rechtsprechung des EGMR in der Causa RODRIGUES DA SILVA AND HOOGKAMER v. THE NETHERLANDS zu verweisen, in der das staatliche Interesse an Zuwanderungsbeschränkungen gegenüber dem individuellen Anspruch auf Familienleben als nachrangig bezeichnet wurde (Rz. 44).

Der EuGH hat der auch vom BMI gelegentlich ventilierten Ansicht auf Basis des Schlussantrags in der RS. C-l/05 (Rz.72), aus der Richtlinie 2004/38/EG würde etwa im Gegensatz zur Richtlinie 2003/86/EG keine unmittelbare Anwendung der EMRK ableitbar sein, weil diese in den Erwägungsgründen nicht explizit genannt werde, in der Rechtssache C-105/ 03 eine eindeutige Absage erteilt und festgestellt, dass gem. Art. 6 Abs. 2 EU-V die EMRK vom 4.11.1950 auf die Anwendung europarechtlicher Normen anzuwenden ist.

Die Kriterien des Art. 8 EMRK, der bei Verweigerung dieses Rechts verletzt würde, sollen hier nur insoweit ausgeführt werden, also die ältere Judikatur des EGMR als bekannt angenommen werden kann. Im Urteil zu. BOULTIF vs. SWITZERLAND, in dem unbeschadet des Vorhandenseins von Familienangehörigen (Rz. 20) die Möglichkeit eines gemeinsamen Familienlebens im Herkunftsstaat des Drittstaats-Ehegatten verworfen wurde (Rz. 53) und eine Verletzung von Art. 8 EMRK festgestellt wurde (Rz. 56), hat der EGMR selbst bei Vorliegen von Rechtsverletzungen durch den Drittstaats-Ehepartner acht Kriterien definiert, nach denen die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Aufenthaltsbeendigung stattfinden muss. Gleiches muss auch für im selben Haushalt lebende Eltern einer volljährigen Person gelten, die allesamt vom Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben. Im gegenständlichen Fall werden die Voraussetzungen für eine Ausweisung schon deshalb nicht erfüllt, weil die BW eben nicht mehrfach strafbare Handlungen begangen haben und dafür verurteilt wurde, sondern nach ihrer Pensionierung in Österreich mit ihrer Tochter und deren Ehegatten und minderjährigen Kindern einen gemeinsamen Haushalt gegründet haben.

Die erstinstanzliche Behörde unterliegt mit der Ansicht, dass in Österreich „kein Familienleben im engeren Sinn" bestehen würde, das nicht auch in Rumänien bestehen könne, wie auch mit den Ausführungen zur Aufrechterhaltung des Familienlebens mit der Tochter einen gravierenden Rechtsirrtum.

Es ist nämlich nicht bloß die Beziehung zwischen Eltern und minderjährigen Kindern unter Art 8 EMRK zu subsumieren, sondern auch jene zwischen nahen Verwandten, so etwas zwischen Eltern und volljährigen Kindern, Enkeln und Großeltern. Hier kann es allerdings erforderlich sein, die Intensität der familiären Bindungen zu prüfen. Der EGMR verlangt in dem Zusammenhang das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht. Dies liegt im konkreten Fair durch den nunmehr seit beinahe vier Jahre bestehenden gemeinsamen Haushalt jedenfalls vor. Die BW leben aber nicht bloß „als Gäste" bei ihrer Tochter, sondern sind ein integraler Bestandteil des Familiengefüges: Die Tochter hat nunmehr zwei Kinder, davon der jüngere Sohn rund vier Monate alt, und absolviert ein Lehramtsstudium an der katholisch pädagogischen Hochschule KPH in X. Die BW kümmern sich daher im Alltag um die Kinder, im Gegenzug werden sie von der Tochter und dem Schwiegersohn finanziell mitversorgt. Dass dieser Unterhalt durch die Tochter und den Schwiegersohn tatsächlich gewährt wird ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass es den BW trotz bescheidener eigener Pension möglich war, ohne die Inanspruchnahme von sozialen Leistungen in Österreich über einen nicht unerheblichen Zeitraum zu leben.

Der Verweis auf die Möglichkeit der Aufrechterhaltung des „allenfalls gewünschten Familienlebens" durch Telefon, Internet und wechselseitige Besuche ist auf die aktuelle Entscheidung des VfGH vom 25.02.2013, U2241/12 zu verweisen und daraus wie folgt zu zitieren:

Nicht nachvollziehbar ist schließlich für den Verfassungsgerichtshof, wie der Asylgerichtshof zu der Ansicht kommt, dass der Beschwerdeführer die Beziehung zu seinem Sohn vorübergehend "im Wege moderner Medien (Internet, Skype, Telefon,...)" in der Russischen Föderation fortsetzen könne. Dementgegen ist die Annahme lebensfremd, dass die üblichen Kommunikationsvorgänge im Zusammenhang der Beziehung zwischen einem Vater und einem etwa einjährigen Kind, nämlich vor allem körperliche Nähe und nonverbale Interaktion, durch elektronische Medien ersetzt werden können.

Der Asylgerichtshof hat daher bei der Abwägung zwischen dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung seines Familienlebens und dem öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung rechtlich unzulässige Bewertungskriterien herangezogen, gebotene Kriterien außer acht gelassen, und andere wieder falsch gewichtet; er hat insgesamt die besondere Schwere des Eingriffs nicht ausreichend berücksichtigt. Dadurch hat der Asylgerichtshof das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Beschwerdeführers auf Achtung seines Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK verletzt.

Wenn auch hier die Beziehung zwischen Eltern und der erwachsenen Tochter vorliegt, so ist dennoch deren besonderes Naheverhältnis, das alters- und gesundheitsbedingt zunehmend in ein Abhängigkeitsverhältnis mündet, zu beachten. Da aber im konkreten Fall nicht eine Ausweisung von Drittstaatsangehörigen, sondern von EU-Bürgern erlassen wurde, sind diese strengen Maßstäbe wie oben bereits ausgeführt ohnehin nicht anwendbar und damit ist auch der Verweis auf eine Möglichkeit zur Aufrechterhaltung des Kontakts durch Besuche bzw. elektronische Medien und Telefon im Rahmen der Güterabwägung unzulässig. Überdies wäre auch die Intensität des Familienlebens im derzeitigen Ausmaß, in dem. nämlich auch die BW selbst ein integraler Bestandteil eines funktionierenden generationenübergreifenden Haushalts sind und einen wichtigen Beitrag zur Pflege und Erziehung der Enkelkinder leisten, faktisch nicht möglich. Die Bedürfnisse der Enkelkinder nach einer adäquaten Bereuung sowie der berechtigte Wunsch der Kindeseltern, diese Betreuung familienintern zu organisieren, nicht zuletzt um auch einer Beschäftigung bzw. einem Studium, nachgehen zu können, ist durch das Unionsrecht geschützt.

Insgesamt ergibt sich daraus eine Unzulässigkeit der Ausweisungsentscheidung.

 

Der Berufung wurden Einkommensnachweise des Herrn X beigelegt.

 

3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 20. November 2013 den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor.

 

3.1. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 nahm der Vertreter folgende Ergänzung vor:

 

Anlässlich des Rechtsmittels der Berufung wurde auf der Seite 3 des Schriftsatzes vorgebracht, dass durch einen Notariatsakt vom Hrn. X Wohnrecht eingeräumt und Unterhalt geleistet wurde und weiterhin wird.

 

Diese Angabe ist insofern unpräzise, als dass Hr. X, wie bereits auf der Seite 2 des nämlichen Schriftsatzes zu Punkt „I. Sachverhalt“ vorgebracht, dies in Form einer gerichtlich beglaubigten Erklärung vorgenommen hat. Diese Erklärung wurde der Landespolizeidirektion Oberösterreich am 04.10.2012 vorgelegt.

 

Der Umstand, dass bei der Einräumung der Rechte nicht die Rechtsform des Notariatsaktes gewählt wurde, vermag jedoch an der Rechtsposition der Bw nichts zu ändern.

 

Der EuGH hat zur Frage, welche Anforderungen an einen derartigen Nachweis gestellt werden können, in der Rs. C-1/05 Yunying Jia gegen Migrationsverk ausgeführt:

 

... das unter „Unterhalt [gewährt] zu verstehen ist, dass das Familienmitglied eines in einem anderen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 43 EG niedergelassenen Gemeinschaftsangehörigen der materiellen Unterstützung dieses Gemeinschaftsangehörigen oder dessen Ehegatten bedarf, um seine Grundbedürfnisse in seinem Herkunftsstaat in dem Zeitpunkt zu decken, in dem er beantragt, dem Gemeinschaftsangehörigen zu folgen. Art. 6 Buchst. b dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass der Nachweis des Unterhaltsbedarfs mit jedem geeigneten Mittel geführt werden kann ...

 

Dies ist im Einklang mit Art. 7 Abs. 1 lit. c zweiter Spiegelstrich der Richtlinie 2004/38/EG, wo selbst für den Fall mit den umfangreichsten Urkundsanforderungen, dass ein alleinstehender Unionsbürger zum Zweck eines „privaten Aufenthalts“ entsprechende Nachweise vorlegt, als Maximalforderung normiert ist, dass dieser

 

... der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen

 

Somit erfüllt die Erklärung des Hrn. X diese Anforderungen, sodass die Bw zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind und einer Ausweisung keinen Raum mehr bietet.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie das og. ergänzende Schreiben des Vertreters.

 

3.3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d AVG).

 

3.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1., 2. und 3.1. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

Unstrittig ist die Bw EWR-Bürgerin. Ebenso ist unbestritten, dass die Bw über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügt, bei der Tochter und dem Schwiegersohn Unterkunft genommen hat, ihr derzeit Unterkunft und ausreichende Existenzmittel zur Verfügung gestellt werden und sie derzeit weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nimmt. Die Tochter der Bw ist in Karenz und der Schwiegersohn verdient zwischen 3.000,-- und knapp 4.000,-- Euro netto im Monat. Die Bw erhält 152,-- Euro netto pro Monat an Pension.

 

Die Bw hat mehrere Einkommensnachweise und eine beglaubigte Erklärung des Schwiegersohns vorgelegt.

 

Die vorgelegten Beweismittel werden von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen, jedoch als nicht ausreichende Nachweise gewertet.

 

3.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 66 Abs. 1 FPG können EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

 

Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden (Abs. 2), hat die Behörde insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

 

4.1.2. Gemäß § 55 Abs. 1 NAG kommt EWR-Bürgern und ihren Angehörigen das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 3 NAG sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (.§§ 51 und 53a) sind, auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird.

 

Gemäß § 53 Abs. 1 NAG haben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 Z 2 und 5 NAG sind zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen:

[...]

(2.) nach § 51 Abs. 1 Zi 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz;

[...]

(5.) nach § 52 Abs. 1 Zi 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächlichen Unterhaltsgewährung;

 

4.2. Im Hinblick auf fehlende Nachweise gemäß der §§ 51 und 52 NAG hat das BMI mit Schreiben vom 27. Juli 2012 die Prüfung einer Ausweisung gemäß § 66 FPG angerecht.

 

Die Bw hat mit Schreiben vom 4. Oktober 2012 die tatsächliche Unterhaltsgewährung dargestellt und mittels gerichtlich beglaubigter Erklärung vom 28. September 2012 nachgewiesen.

 

Ohne weitere Ermittlungen wurde die Bw mittels Bescheid vom 4. November 2013 ausgewiesen.

 

4.3.1. Da die Bw über keine ausreichenden eigenen Existenzmittel verfügt, kann sie ihr Aufenthaltsrecht nicht auf § 51 Abs. 1 Z. 2 NAG stützten.

 

4.3.2. Unbestritten ist die Bw Angehörige und Verwandte eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers (Tochter) und hat ein gütiges Reisedokument inne.

 

Nach § 52 Abs. 1 Z. 3 NAG kommt der Bw ein Aufenthaltsrecht zu, wenn ihr tatsächlich Unterhalt gewährt wird. Gemäß § 53 Abs. 2 Z. 5 NAG ist die tatsächliche Unterhaltsgewährung nachzuweisen.

 

Wie dem Vorlageakt zu entnehmen ist, wird der Bw bereits seit ihrer Einreise im März 2010 und auch derzeit tatsächlich Unterhalt in Form von Unterkunft und Bestreitung der notwendigen Lebensbedürfnisse gewährt. Die Bw hat Nachweis geführt durch Vorlage einer gerichtlich beglaubigten Erklärung und Darstellung der bisherigen und derzeitigen Lebenssituation. Während ihres Aufenthaltes hat sie weder Sozialhilfeleistungen noch eine Ausgleichszulage in Anspruch genommen. Das Vorbringen wird von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen, jedoch wird die vorgelegte Erklärung für nicht ausreichend erachtet.

 

4.3.3. Da der Bw derzeit im Sinne des § 52 Abs. 1 Z. 3 NAG tatsächlich Unterhalt gewährt wird, sie über ein gültiges Reisedokument verfügt, ist die Bw gemäß     § 52 NAG als aufenthaltsberechtigt anzusehen.

 

Solange die Bw die in § 52 NAG genannten Voraussetzungen erfüllt, kommt ihr ein Aufenthaltsrecht nach § 52 NAG zu (§ 55 NAG).

 

4.4. Da die Voraussetzungen für eine Ausweisung der Bw gemäß § 66 Abs 1 FPG iVm. § 55 Abs. 3 NAG nicht vorliegen, war der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

H I N W E I S

 

1. Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 18,20 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneide

 

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