Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730774/6/SR/JO

Linz, 12.12.2013

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Armenien, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. September 2013, GZ.: Sich40-37709, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines auf zehn Jahre befristeten Einreiseverbots für den gesamten Schengen-Raum nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 9. Dezember 2013 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs 1a, 52, 53, 65b und 67 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 144/2013).

 

 

Entscheidungsgründe

 

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. September 2013, GZ.: Sich40-37709, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 52 Abs.1 und 53 Abs.1 iVm. Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf zehn Jahre befristeten Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen. Weiters wurde gemäß § 55 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Durchsetzbarkeit dieses Bescheides festgelegt.

 

Nach Feststellung des relevanten Sachverhaltes und Wiedergabe der einschlägigen Normen hat die belangte Behörde folgende Erwägungen angestellt:

 

Faktum ist, dass Sie sich derzeit illegal hier im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalten. Dies deshalb, weil mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20.12.2011, ZI E13 244.295-0/2008-35E, die Beschwerden gemäß §§ 7 u 8 AsylG 97 iVm. § 75 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen worden sind. Seit diesem Zeitpunkt halten Sie sich illegal hier im Bundesgebiet der Republik Österreich auf.

 

Faktum ist weiters, dass bei Ihnen der § 64 FPG 2005 - Aufenthaltsverfestigung - explizit nicht zur Anwendung kommt, da Sie nicht im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels sind. Dies bedeutet, dass die hs. Fremdenpolizeibehörde diesbezüglich keine Prüfung vorzunehmen hat. Die hs. Fremdenpolizeibehörde hat jedoch bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot sehr wohl Ihren Art. 8 EMRK zu prüfen, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot zulässig ist.

 

Auf die Vielzahl der Anzeigen der einzelnen PI's wegen Verdachts des Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz sowie gewerbsmäßiger Diebstahl wird verwiesen, ebenso auf die zahlreichen rechtskräftigen verwaltungsrechtlichen Bestrafungen.

 

[......]

 

In der Zeit zwischen August 2003 bis dato sind Sie insgesamt 11 mal an die zuständigen Gerichte wegen Eigentumsdelikte, gewerbsmäßigem Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, Fälschung besonders geschützter Urkunden, nach dem Suchtmittelgesetz, etc. angezeigt worden. Somit steht außer Streit, dass Sie nicht gewillt sind, Ihr persönliches Verhalten dahingehend zu ändern, damit von ihnen keine gegenwärtige, tatsächliche, enorme und hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit mehr ausgehe. Ihre kriminelle Energie ist derart hoch, dass noch immer von Ihnen eine hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, ihre letzte Straftat - Fälschung besonders geschützter Urkunden - haben Sie 2006 begangen. Am 08.07.2013 wurden Sie von der Polizeiinspektion X wegen des Verdacht des Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz erneut angezeigt:

 

11) PI X für

BH Linz-Land (DVR: 0069388)

08.07.2013    B6/15168/2013/623 OZ 1

933a PAR 27 SUCHTMITTELGESETZ (BIS 31.12.1997 PAR 15, 16 SGG)

Tatzeit: 01.01.2003 bis 31.12.2010

Tatort: PI X

 

Ihr persönlich gesetztes Verhalten zeigt eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichende schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Umso mehr ist die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit von enormer Bedeutung um weitere strafbare Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz zu verhindern. In Ihrer schriftlichen Stellungnahme haben Sie weiters angegeben, dass an Hepatitis C leiden und gesundheitlich sehr angeschlagen sind. Sie haben dazu einen Ambulanzbrief des Allgemein öffentlichen Krankenhause X beigelegt. Im Ambulanzbrief wird die Diagnose „Chronische Hepatitis G (PGR positiv) Genotyp 3a, angeführt.

 

Hiezu führt die hs. Fremdenpolizeibehörde an, dass in Armenien medizinische Leistungen vorhanden sind. Dabei kommt es jedoch nicht an, ob in Ihrem Heimatstaat die medizinische Versorgung besser oder schlechter ist, sondern es kommt nur darauf an, ob eine medizinische Behandlung in Ihrem Fall möglich ist. Dies ist der Fall. Weiters wird deutlich angeführt, dass Ihr Gesundheitszustand bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot keine Rolle spielen. Diese Umstände wären erst bei einer Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat - Armenien - entsprechend zu berücksichtigen.

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessensabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegenstehen:

 

Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert. Weiters sind zur Beurteilung die Bindung zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung als maßgebend zu betrachten. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40-447/98; 05.09.2000, Fall Solomon, Apl. 44.328/98; 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).

 

Ihr Privat- und Familienleben:

 

Sie reisten am 22.04.2003 illegal mit einem LKW und ohne Besitz von nationalen Reisedokumenten zu sein, in das Bundesgebiet von Österreich ein.

Sie halten sich somit seit 22.04.2003 in Österreich auf. Sie haben somit den Großteil Ihres Lebens, nämlich 27 Jahre, in Armenien verbracht. Sie sind mit der Landessprache in Armenien vertraut.


Ihre Gattin X, geb. X und ihre beiden Kinder X, geb. X und X, geb. X, alle armenische Staatsbürger, reisten am 19.11.2003 illegal per LKW und ohne im Besitz von nationalen Reisedokumenten zu sein, nach Österreich ein. Sowohl Sie als auch Ihre Gattin und Ihre Kinder sind damals sogenannte "Asylsuchende" gewesen.

 

Sie sind also im Alter von 27 Jahren nach Österreich gekommen. Wie bereits erwähnt sind Sie volljährig. Sie sind seit Ihrem Aufenthalt in Österreich keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Sie befinden sich nach wie vor in der Grundversorgung des Landes Oberösterreich. Sie besitzen keine eigene Wohnung, kein eigenes Einkommen und keine eigene Krankenversicherung. Sie haben am 17.06.2011 erfolgreich die Deutschprüfung Niveau A 2 abgelegt. Es wurde ein Arbeitsvertrag der ha. Behörde vorgelegt,-allerdings entsprach dieser nicht den Bestimmungen des § 936 ABGB. Aus den Akten sind keine Hinweise vorhangen, dass Sie sich sozial integriert haben. Trotz des langen Aufenthaltes ist es Ihnen offenbar nicht gelungen, sich wirtschaftlich und beruflich hier in Österreich zu integrieren. Sie haben weder eine berufliche Fort- und Ausbildung gemacht, sowie fehlt völlig die soziale Integration bei ihnen. Eine sprachliche Integration besteht jedenfalls. Bis dato haben Sie diesbezüglich bei der hs. Fremdenpolizeibehörde keine Unterlagen, Angaben oder Dokumente eingebracht.

Ihre Mutter, X, geb. X ist ebenfalls nach negativem Abschluss des Asylverfahrens hier in Österreich illegal aufhältig.

Zweifelsohne bestehen auch für Sie starke familiäre Anknüpfungspunkte durch Ihre Gattin und Ihre beiden Kinder in Österreich. Dennoch muss Ihr strafbares Verhalten, Berücksichtigung finden, weshalb Ihr Familienleben entsprechend zu relativieren ist. Da Sie dieses Verhalten aus freien Stücken gesetzt haben und mit den daraus resultierenden Konsequenzen bereits bei der Begehung der strafbaren Verhaltens hätten rechnen müssen, kann kein Berufen auf Ihr Familienleben iSd Art 8 EMRK nicht zum Erfolg führen.

Aufgrund der technischen Kommunikationsmitteln sind sowohl Sie in der Lage zu Ihrer Frau und den Kindern einen entsprechenden und intensiven Kontakt zu halten.

 

Betreffend der Vielzahl Ihrer rechtskräftigen Bestrafungen und rechtskräftigen Verurteilungen wird verwiesen.

 

Deutlich führt die hs. Fremdenpolizeibehörde an, dass Sie sich Ihres unsicheren Aufenthaltes nachweislich auch bewusst gewesen sind, wenn Sie nicht umgehend ihr persönliches Verhalten hier in Österreich ändern. Am 02.08.2007 wurde aufgrund der zahlreichen Verurteilungen von der ha. Behörde ein unbefristetes Rückkehrverbot, ZI Sich40-37709, erlassen. Auch diese Maßnahme hat nichts dazu beitragen, dass Sie Ihr persönlich gesetztes Verhalten geändert hätten. Ganz im Gegenteil, Sie habe Ihre kriminelle Energie im hohen Maße völlig unbeschwert ausgelebt. Sie sind bis dato auch nicht in der Lage den Unrechtsgehalt Ihres Verhaltens tatsächlich einzusehen. Aus diesem Grund setzen Sie Ihre kriminellen Aktivitäten einfach weiter fort. Auch Haftstrafen haben Sie weder hindern noch bewegen können lhr persönlich gesetztes Verhalten zu ändern. lhr persönliches Verhalten zeigt somit deutlich, dass Sie kein Interesse haben, die österreichische Rechtsordnung zu akzeptieren und nach diesen Ihr Leben zu gestalten. Aus diesem Grund sind Sie auch eine steigende potentielle Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Sie wollen unter allen Umstanden Ihre gesetzten kriminellen Ziele verfolgen und diese Ziele auch erreichen. Ihnen ist es dabei völlig egal, ob Sie durch ihr persönlich gesetztes Verhalten andere erheblich an der körperlichen Unversehrtheit sowie am Eigentum durch gewerbsmäßigen Diebstahl, welche Grundinteressen der. Gesellschaft darstellen, gefährden. Von der ha. Fremdenpolizeibehörde wird weiters aufgezeigt, dass Sie immer wieder die gleichen Straftaten begehen.

 

In Anbetracht der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und des großen öffentlichen Interesses an deren Bekämpfung der öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit als auch anderer im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen - insbesondere des Schutzes der Gesundheit, gelangt die hs. Fremdenpolizeibehörde zur Überzeugung, dass der Eingriff in Ihr Privat- und Familienleben dringend geboten und zulässig ist.

 

Wegen der bei Suchtgiftdelikten bestehenden großen Wiederholungsgefahr ist die Unvorhersehbarkeit des Wegfalls der für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch ihren Aufenthalt im Bundesgebiet gegeben. Die Erlas­sung einer Rückkehrentscheidung mit einem 10jährigen Einreiseverbot für den Schengenraum ist daher gerechtfertigt.

 

Ein rigoroses Vorgehen gegen Suchtgiftdelikte, ganz gleich in welcher Form ist schon deshalb dringend geboten, da der immer größer werdende Konsum von Suchtgiften zu verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft führt. Außerdem nimmt die mit dem Genuss von Suchtgiften einhergehende Suchtgiftkriminalität bereits Dimensionen an, die zu einer eklatanten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führen. Nicht zuletzt deshalb bezeichnet der EuGH Suchtgifte als "Geißel der Menschheit".

 

In die gleiche Kerbe schlägt auch der OGH (vgl. u.a. Urteil vom 17.04.1995, Z112 Os 31, 32/95-8), wenn er ausführt, dass die Suchtgiftkriminalität bereits mit besorgniserregenden Wachstumsraten immer mehr zu einem gesellschaftlichen Destabilisierungsfaktor ausufert, dessen wirksame Bekämpfung gerade aus der Sicht seiner grenzüberschreitenden Intensivierung auf immer größere Schwierigkeiten stößt. Das notorischen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Belastungen und Risken, die mit Suchtmittelmissbrauch regelmäßig verbunden sind, hinreichend Anlass zu konsequenter Wahrnehmung der verfügbaren Abwehrmöglichkeiten bieten, bedarf ebenso wenig einer weiterreichenden Erörterung wie die Abhängigkeit der präventiven Wirksamkeit strafrechtlicher Sanktionen vom Gewicht ihrer Täterbelastungen und ihrem Bekanntheitsgrad in potenziellen Täterkreisen.

 

2. Gegen den vorliegenden Bescheid hat der rechtsfreundlich vertretene Bw innerhalb offener Frist rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben.

 

Die Rechtsvertreterin beantragt u.a. die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und bringt begründend vor:

 

Ich erhebe mein gesamtes bisheriges Vorbringen zum integrierenden Bestandteil dieses Berufungsschriftsatzes und hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung eine inhaltlich anders lautende Entscheidung ergehen müssen.

 

Die entscheidende Behörde stützt die Begründung des Rückkehrverbotes darauf, dass der Beschwerdeführer in der Zeit zwischen August 2003 bis dato, insgesamt 11 Mai an die zuständigen Gerichte wegen Eigentumsdelikten, gewerbsmäßigem Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, Fälschung besonders geschützter Urkunden, nach dem Suchtmitteigesetz etc. angezeigt wurde. Es stehe somit außer Streit, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt wäre, sein persönliches Verhalten dahingehend zu ändern, dass von ihm keine gegenwärtige, tatsächlich, enorme und hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit mehr ausgehe. Die kriminelle Energie des Berufungswerbers sei derart hoch, dass noch immer eine hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen würde. Die letzte Straftat, Fälschung besonders geschützter Urkunden, wäre 2006 begangen worden. Am 8.7.2013 wäre der Berufungswerber erneut von der Polizeiinspektion X wegen des Verdachts des Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz angezeigt worden. Es sei dabei verwiesen auf Seite 12 Punkt 11. des Bescheides.

 

Diese Anzeige ist für den Berufungswerber nicht nachvollziehbar. Die Tatzeit bezieht sich auf einem Zeitraum von 1.1.2003 bis 31.12.2010, Tatort PI X. Es sei hingewiesen, dass der Berufungswerber seit gut 2 Jahren „clean" ist und sich regelmäßigen Harnkontrollen unterzieht. Er hat eine Entziehungskur gemacht und ist er seit 2 Jahren von seiner Drogenabhängigkeit losgekommen und hat er keine Suchtmittel mehr konsumiert. Der Inhalt der Anzeige bei der Polizeiinspektion X ist daher nicht nachvollziehbar.

 

Wie bereits in der Stellungnahme ausgeführt ist der Gesundheitszustand des Beru­fungswerbers schlecht und ist er derzeit in Österreich in ständiger ärztlicher Behandlung. Seine Familie, sprich seine Frau, X, geb. X und die beiden Kinder X, geb. X und X, geb. X, stehen ihm in der schwierigen gesundheitlichen Situation bei und könnten sich alle Familienangehörigen trotz der bekannten zahlreichen strafrechtlichen und verwaltungsstrafrechtlichen Vorfälle in Österreich ein Leben ohne den Vater bzw. Gatten hier kaum vorstellen. Die Gattin und die beiden Kinder haben von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mittlerweile den Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus erhalten und sind zum dauerhaften Aufenthalt in Österreich legitimiert.

 

Entgegen der Annahme der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ist dem Berufungswerber doch eine soziale Integration gelungen. Die Familie X ist in ihrem näheren örtlichen sozialen Umfeld bestens bekannt und geschätzt und betrifft dies nicht nur die Kinder und die Gattin, sondern auch den Berufungswerber X.

 

Ein wesentlicher Aspekt in der gegenständlichen Entscheidung ist die Beachtung und Begründung, ob im gegenständlichen Fall das Kindeswohl geprüft wurde. X und auch der ältere Sohn X sind ihr ganzes Leben im Familienverband zusammen mit dem Vater X aufgewachsen und wäre es für die Kinder, insbesondere für X, ein massiver Einschnitt in ihr bisheriges Leben, wenn nun eine Trennung vom Vater erfolgen müsste. Dazu kommt die Sorge der Familie, wo der Berufungswerber in Armenien unterkommen würde, wie er seinen Lebensunterhalt dort erbringen könnte und insbesondere wie die medizinische Absicherung und Behandlung ohne finanziellen Rückhalt erfolgen würde. All dies sind wesentliche und sichere Belastungsfaktoren, welche die Familie derzeit intensiv beschäftigen.

 

Es ist der gefertigten Vertreterin ein Anliegen, die große Gefährlichkeit der Drogendelikte und der Drogensucht im allgemeinen hier in keinster Weise zu bagatellisieren, jedoch muss bei der Beurteilung des gegenständlichen Falles wohl Berücksichtigung finden, dass Drogensucht auch eine Krankheit ist und Beschaffungskriminalität in vielen Fällen einhergeht.

 

Der Berufungswerber X ist immerhin seit 2 Jahren von der Sucht los­gekommen, er führt regelmäßige Hahnkontrollen durch und werden entsprechende Nachweise darüber noch vorgelegt.

 

3.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 2. Oktober 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat am 9. Dezember 2013 eine öffentliche Verhandlung durchgeführt und hiezu die Verfahrensparteien geladen. Die belangte Behörde ist entschuldigt ferngeblieben.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw, ein armensicher Staatsangehöriger, ist am 22. April 2003 ohne im Besitz eines nationalen Reisedokumentes zu sein, illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist.

 

Der unter der Zl 03 11.748 gestellte Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag) wurde mit Bescheid des Bundesasylamt vom 21. Oktober 2003 gemäß §§ 7 u 8 AsylG 1997 abgewiesen.

 

Am 19. Dezember 2013 sind die Gattin, X, geb. X, und die gemeinsamen mj. Kinder, X, geb. X, und X, geb. X, ebenfalls illegal und ohne im Besitz eines nationalen Reisedokumentes zu sein, in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist und haben beim Bundesasylamt Asylerstreckungsanträge gestellt. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. Jänner 2004 unter den Zlen 03 35.882, 03 35.885 u. 03 35.886, wurden die Asylerstreckungsanträge gemäß §§ 10 u 11 AsylG 1997 abgewiesen.

 

Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 20. Dezember 2011 als unbegründet abgewiesen.

 

Der Bw hält sich seit diesem Zeitpunkt nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Am 27. Jänner 2012 haben der Bw gemeinsam mit seiner Familie quotenfreie Erstanträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiss-Rot Karte plus" gemäß § 41a Abs. 9 NAG gestellt.

 

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat in der begründeten Stellungnahme gemäß § 44b Abs 2 NAG fremdenpolizeiliche Maßnahmen gegen den Bw für zulässig und gegen die Gattin und die beiden gemeinsamen Kinder für unzulässig erklärt.

 

Der Bw wurde wie folgt rechtskräftig verurteilt:

 

·         LG Linz, Zl 33 Hv 117/20004H, vom 23. August 2004, wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z4, 129 Abs. 1 u 130 (2.3.4. Fall), 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate Freiheitsstrafe bedingt auf 3 Jahre. 6 Monate unbedingt.

·         LG Linz, Zl 33 Hv 179/2004A, vom 25. November 2004, wegen §§ 278 Abs. 1, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Abs. 1, 130 (2.3.4. Fall) StGB, Freiheitsstrafe 9 Monate.

·         BG Traun, ZI 3 U 379/2006K vom 13. November 2006 wegen § 224A StGB, Freiheitsstrafe 2 Monate.

 

Auf Grund dieser Verurteilungen hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 2. August 2007, ZI Sich40-37709, ein unbefristetes Rückkehrverbot gegen den Bw erlassen. Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Im Zeitraum 2009 bis Mai 2011 wurden gegen den Bw 8 Straferkenntnisse wegen Übertretungen der StVO und des FSG verhängt. Die Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen und der Bw hat die Geldstrafen bezahlt.

 

In den Jahren 2006 bis 2011 (Februar 2011) gelangte der Bw nach dem SMG sechsmal zu Anzeige. Kein einziger Fall führte zu einer Verurteilung. Eine weitere Anzeige erfolgte am 8. Juli 2013 im Zuge einer Zeugenaussage. Der Tatzeitraum erstreckte sich dabei vom 1. Jänner 2003 bis 31. Dezember 2010. Als Tatort wurde die PI X festgehalten. Bis dato erfolgte diesbezüglich keine Verurteilung. Bedeutsam ist auch, dass der Bw am 1. Jänner 2003 nicht in Österreich aufhältig war. Die Einreise erfolgte erst am 22. April 2003.

 

In Österreich ist der Bw keiner Beschäftigung nachgegangen. Im Umfeld der Kirchengemeinde hat er soziale Dienste geleistet. Der Bw spricht die deutsche Sprache sehr gut. Zahlreiche Freunde/Bekannte/Mitglieder der Kirchengemeinde haben positive Empfehlungsschreiben erstattet. Die Deutschprüfung auf dem Niveau A 2 hat er erfolgreich bestanden (hohe Punktezahl).

 

Seit ca. zwei Jahren, nach einem „kalten Entzug“ hat der Bw keine Suchtmittel mehr konsumiert. Auf Grund einer akuten Hepatitis C Erkrankung ist der Bw seit Monaten in ärztlicher Behandlung, der Heilungserfolg ist derzeit vielversprechend und ständige Kontrollen sind notwendig.

 

3.4. Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig. In der öffentlichen Verhandlung hat der Bw einen äußerst glaubwürdigen Eindruck erweckt. Die bekundete Reue war stimmig und passte zum Verhalten des Bw. Positiv fügte sich auch die Bezahlung der Geldstrafen in das Gesamtbild. Nachvollziehbar war auch die Begründung, warum es zum Eigenkonsum der Suchtmittel und der Verwaltungsübertretungen gekommen ist.

 

3.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 52 Abs. 1 ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

Gemäß § 53 Abs. 1 wird mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

4.2. Dass der Bw Drittstaatsangehöriger und im Sinne des § 52 FPG zumindest seit 27. Dezember 2011 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist, bedarf auf Grund der unstrittigen Feststellungen und des Beweisergebnisses keiner weiteren Begründung.

 

Es ist daher grundsätzlich eine Rückkehrentscheidung gegen ihn zu erlassen und diese mit einem Einreiseverbot zu verbinden. Wie aus der Berufungsschrift zu erkennen ist, erachtet der Bw die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes ausschließlich aus Gründen des Privat- und Familienlebens für unzulässig.

 

4.2.1. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots stellen unzweifelhaft einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw dar. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen gilt es daher zunächst, die Zulässigkeit dieses Eingriffs dem Grunde nach zu prüfen. Dabei ist auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG 2005 Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.2.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.3.1. Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um massiven Gefährdungen des öffentlichen Interesses effektiv begegnen zu können. Zweifelsohne liegt die Verhinderung von strafbaren Handlungen und der Schutz der Rechte Dritter im öffentlichen Interesse und sind massive Gefährdungen dieses Interesses durch das Ergreifen geeigneter Maßnahmen zu verhindern.

 

4.3.1.1. Während des Asylverfahrens hielt sich der Bw in der Zeit von November 2003 bis Dezember 2011 auf Grund asylrechtlicher Bestimmungen rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Seiner Gattin und den beiden Kindern kam während dieses Zeitabschnittes ebenfalls ein Aufenthaltsrecht zu.

 

Unmittelbar nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens haben sowohl der Bw als auch seine Familie versucht, den Aufenthalt in Österreich wiederum zu legalisieren, indem sie Anträge nach dem NAG gestellt haben.

 

Der Gattin des Bw und seinen beiden Kindern kommt nunmehr ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG zu. Dagegen hält sich der Bw unstrittig nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

4.3.1.2. Im Zuge des Aufenthaltsverfahrens gab die Landespolizeidirektion Oberösterreich am 21. August 2013 eine begründete Stellungnahme gemäß       § 44b Abs. 2 NAG ab.

 

Betreffend die Gattin des Bw und seiner Kinder hielt die LPD Oberösterreich fest, dass „das Interesse an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im konkreten Fall die in Art. 8 EMRK angeführten Interessen überwiegen“ und, abstellend auf die Dauer des Asylverfahrens, ein Organisationsverschulden des Staates erkennbar ist. Die fremdenpolizeilichen Maßnahmen erweisen sich daher im Sinne des Art. 8 EMRK auf Dauer als unzulässig.

Zur familiären Situation des Bw hat die LPD Oberösterreich festgestellt, dass starke Anknüpfungspunkte zu seiner Familie bestehen, das strafbare Verhalten des Bw aber „das Familienleben entsprechend relativiere“.

 

Unverständlicherweise geht die LPD Oberösterreich in der Folge davon aus, dass sich die armenische Familie gemeinsam in „Georgien“ niederlassen könne und diese, als „armenische Staatsbürger“ über ein „Aufenthaltsrecht in Georgien“ verfügen würden.

 

Abschließend wird dem Bw auf Grund der langen Aufenthaltsdauer und des Organisationsverschulden des Staates „ein nicht unerhebliches Maß an Integration“ zugebilligt. Die gravierenden rechtskräftigen Verurteilungen und die „Suchtgiftkriminalität“ würden zur Zulässigkeit fremdenpolizeilicher Maßnahmen führen.

 

Zu Recht ist die LPD Oberösterreich in der angesprochenen Stellungnahme von einem intensiv geführten Familienleben des Bw ausgegangen. Diese Einschätzung und Beurteilung hat sich in der öffentlichen Verhandlung bestätigt. Bedingt durch seinen Aufenthaltsstatus kann der Bw keinen finanziellen Beitrag zum Unterhalt der Familie leisten. Er übernimmt jedoch Aufgaben im Haushalt und der Kindererziehung und trägt so seinen Teil bei.

 

4.3.1.3. Die Integration ist der Aufenthaltsdauer entsprechend hoch und umfassend. Auch wenn der Aufenthalt des Bw – bedingt durch das lange Asylverfahren – zwar rechtmäßig aber überwiegend unsicher war, ist der Bw nachhaltig in das öffentliche Leben eingebunden und hat überwiegend seine Arbeitskraft im sozialen und kirchlichen Umfeld eingebracht. Zahlreiche Schreiben weisen auf eine gute Eingliederung in die Gesellschaft hin. Die Deutschkenntnisse des Bw sind als sehr gut zu beurteilen und wurden in der öffentlichen Verhandlung entsprechend belegt.

 

4.3.1.4. Im Hinblick darauf, dass der Bw bis zu seinem 27. Lebensjahr in seinem Herkunftsstaat gelebt, die gesamte Schulausbildung dort genossen und ein Studium beinahe abgeschlossen hat, was für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht unwesentlich ist, da er in diesen Lebensjahren in der Lage war, die Kultur und gesellschaftlichen Gepflogenheiten seiner Heimat kennenzulernen, wäre eine Reintegration grundsätzlich nicht undenkbar. Ein alleiniger Neustart im Herkunftsstaat würde für den Bw dennoch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein. Unbestritten leben keine Verwandten mehre im Herkunftsstaat. Den Grundbesitz hat der Bw nachträglich veräußert, um in Österreich die Verwaltungsstrafen bezahlen zu können.

 

Entgegen der Ansicht der Behörde ist der Gesundheitszustand des Bw in jedem Stadium des fremdenpolizeilichen Verfahrens zu würdigen und entsprechend zu beachten (siehe § 13 Abs. 2 FPG).

 

4.3.1.5. Die rechtskräftigen Verurteilungen sind unbestritten. Die letzte Verurteilung wegen Eigentumsdelikten erfolgte Ende 2004 und die Verurteilung wegen des Verstoßes gegen § 224A erging Ende 2006. Die Verstöße gegen das SMG (Eigengebrauch) gelangten zwar zur Anzeige, führten jedoch in keinem einzigen Fall zu einer Verurteilung.

 

4.3.1.6. Unbestritten liegt ein sehr intensives und inniges Familienleben vor. Der lange, überwiegend unsichere Aufenthalt ist auf ein Organisationsverschulden des Staates zurückzuführen.

 

4.3.2. Bei der Interessensabwägung hat die belangte Behörde auf die starken familiären Anknüpfungspunkte verwiesen und dargelegt, dass den weiteren Familienmitgliedern ein Aufenthaltsrecht in Österreich zukommt.

 

Zu Recht hat die belangte Behörde dem Bw seine Verstöße gegen die Rechtsordnung vorgehalten und in die Abwägung einbezogen. Dem Grunde nach treffen die Überlegungen und Ausführungen zur besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität zu. Im vorliegenden Fall hat sie sich aber verstärkt mit allgemein gehalten Aussagen begnügt und eine individuelle Bezugnahme unterlassen.

 

Wie dem festgestellten Sachverhalt zu entnehmen ist, wurde der Bw nach der Erlassung des Rückkehrverbotes im August 2007 kein weiteres Mal mehr verurteilt. Die letzte Verurteilung stammt aus dem Jahr 2006. Von einem folgenden „völlig unbeschwerten Ausleben der kriminellen Energie in hohem Maße“ kann daher nicht gesprochen werden. Ebenso wenig ist erkennbar, dass das Haftübel keine Besserung des Bw gebracht habe. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Der Bw hat in der öffentlichen Verhandlung seine Taten zutiefst bereut und sich in den letzten Jahren (abgesehen vom nicht rechtmäßigen Aufenthalt) rechtskonform verhalten.

 

Die Anzeigen nach dem SMG haben sich zutreffend in der Prognoseerstellung niederzuschlagen. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des EGMR und der Höchstgerichte ist im Falle einer Verurteilung nicht auf das Urteil sondern auf die Tathandlungen und die besonderen Umstände des Falles abzustellen. Hier haben die Tathandlungen nicht einmal zu einer Verurteilung gereicht. Mit seinen Verstößen gegen das SMG hat der Bw in erster Linie sich und seine Gesundheit geschädigt und gefährdet. Schon aus diesem Grund war den behördlichen Ausführungen nicht in dieser Schärfe zu folgen. Die Verwaltungsübertretungen sind schwerwiegend, jedoch im Zusammenhang mit der Suchtmittelabhängigkeit des Bw zu sehen.

 

In der öffentlichen Verhandlung hat der Bw glaubwürdig zu erkennen gegeben, dass er auf bestem Weg ist, sein Suchtmittelproblem in den Griff zu bekommen. Nach seinem „kalten Entzug“ ist es seit ca. 2 Jahren zu keinem weiteren Verstoß gegen das SMG gekommen und es wurde auch keine Anzeige – diesen Zeitraum betreffend – erstattet.

 

Zusammenfassend ist zu erkennen, dass der Bw durch die aktenkundigen Verurteilungen geläutert wurde und seit der Suchtmittelabstinenz in den letzten beiden Jahren auch kein verwaltungsstrafwürdiges Verhalten mehr gesetzt hat.

 

Da die öffentlichen Interessen auf Grund der Läuterung des Bw nicht überwiegen, kann sich der Bw somit erfolgreich auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

4.4. Da die drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind, war spruchgemäß festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

 

5. Von einer Übersetzung gemäß § 59 Abs. 1 FPG konnte aufgrund der sehr guten Deutschkenntnisse des Bw abgesehen werden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

1. Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 37,70 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

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