Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531372/9/BMa/HK

Linz, 25.11.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der L Baugesellschaft mbH, vertreten durch J L, vom 23. Juli 2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 9. Juli 2013, Ge20-313-2012/WIM, mit dem das Ansuchen der L Baugesellschaft mbH um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch Aufstellung von Maschinen zur Zerkleinerung von Holzabfällen und Baurestmassen aus Holz auf Grundstück Nr. X, X, KG B, Marktgemeinde B zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

 

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als der bekämpfte Bescheid aufgehoben wird; im Übrigen wird dem Ansuchen um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch Aufstellung von Maschinen zur Zerkleinerung von Holzabfällen und Baurestmassen aus Holz auf Grundstück Nr. X, X, KG B, Marktgemeinde B, vom 9. Juli 2013 keine Folge gegeben.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013; § 77 Abs.3 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 202/2013

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 9. Juli 2013 Ge20-313-2012/WIM, wurde der Antrag der L Baugesellschaft mbH, A, B, auf Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch Aufstellung von Maschinen zur Zerkleinerung von Holzabfällen und Baurestmassen aus Holz auf Gst. Nr. X, X, KG B, Marktgemeinde B, auf der Rechtsgrundlage des § 13 Abs.3 AVG zurückgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Bw sei einem Verbesserungsauftrag hinsichtlich der geforderten Projektergänzungen nicht nachgekommen. Dem Ansuchen der Bw vom 23. Mai 2013 auf Ausstellung eines negativen Bescheides habe nicht entsprochen werden können, weil aufgrund der erforderlichen Zurückweisung des Antrages eine inhaltliche Begründung nicht habe erfolgen können.

 

1.2. Dagegen wurde fristgerecht von der L Bau Gesellschaft mbH (im Folgenden: Bw) innerhalb offener Frist Berufung erhoben und darin im Wesentlichen vorgebracht, unter Bezug auf die Aussagen des Amtssachverständigen im Schreiben UBAT-805091/1-2013 vom 12. Mai 2013 seien nach der Definition des Standes der Technik gemäß § 71a GewO sehr wohl auch Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen.

Dieselaggregate mit den geforderten Emissionswerten seien am Markt derzeit nicht erhältlich. Die Ausrüstung eines solchen Aggregats mit einer Abgasreinigungsanlage wäre laut Aussage einer Fachfirma mit einer Leistungseinbuße von einem Drittel und Kosten von 30.000 bis 35.000 Euro verbunden. Die Kosten für die Abgasreinigung würden damit ähnlich hoch liegen wie die Kosten des Geräts selbst und würden damit der Definition des Standes der Technik widersprechen.

Die Berufung verweist auf eine Aussage von Professor DI. Dr. K. P. Judmann, Präsident des Sachverständigen-Verbandes für Wien/NÖ und Burgenland, zur Definition des Standes der Technik, die in der Festschrift „100 Jahre Hauptverband der Gerichtssachverständigen“ ersichtlich ist, wonach man darunter den aktuellen Wissensstand und die darauf basierenden technischen Möglichkeiten zur Lösung einer Aufgabenstellung verstehe. Dazu müssten diese technischen Möglichkeiten mit wirtschaftlich zweckmäßigen Mitteln auf gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik umsetzbar sein.

Die Berufung folgert daraus für den konkreten Fall, die geforderten Emissionswerte seien weder mit zweckmäßigen Mitteln erreichbar, noch würden diese Umsetzungen auf gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik basieren.

Die geforderten Emissionswerte seien nicht der tatsächliche Stand der Technik. Der Sachverständige beziehe sich bei der Beurteilung des Stands der Technik auf die technischen Grundlagen des BMWFJ für die Beurteilung von Stationärmotoren (Ausgabe 2001 mit Ergänzungen 2010 bzw. 2012).

Auch nach den dortigen Ausführungen (insbesondere S. 4 letzter Absatz und S. 7 vorletzter Absatz der Ergänzungen von 2012) seien allerdings erst ab 2014 Selbstzündungsmotoren mit entsprechender Technologie (Stufe IV) zur Einhaltung der Werte nach Tab. 1 verfügbar. Bis dahin sei eine Einzelfallbeurteilung nach den jeweils gültigen Grenzwerten der sogenannten MOT-Verordnung (Verordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Emission von gasförmigen Schadstoffen und luftverunreinigenden Partikeln aus Verbrennungsmotoren für mobile Maschinen und Geräte, BGBl. II Nr. 136/2005 idF BGBl. II Nr. 378/2012) vorzunehmen.

Diese Verordnung regle, welche Emissionsgrenzwerte einzuhalten seien, damit ein Gerät in Verkehr gebracht werden dürfe. Wenn das gegenständliche Gerät also die Anforderungen nach der MOT-V einhalte und rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sei, entspreche es auch dem Stand der Technik.

 

Gemäß den Umfragen der Bw und Auskünften von namhaften Motorproduzenten/ - Herstellern wie Caterpiller/Volvo/Mercedes seien diese abgasarmen Motoren auf dem Markt in ganz Europa nicht erhältlich. Das vor Ort eingesetzte mobile Stromaggregat (ist nicht stationär) könne jederzeit entfernt werden. Dieses mobile Stromaggregat diene nur solange für die Stromerzeugung, bis die Versuche abgeschlossen seien. Bei effektiver Produktionsaufnahme durch den Refiner sei ohnedies ein direkter Stromanschluss bei der Energie AG angedacht.

 

1.3. Abschließend wurde beantragt, der Berufung stattzugeben, weil ein Stromaggregat mit den geforderten Emissionswerten auf dem Markt nicht erhältlich sei, auf dem Betriebsgrundstück, wo der Refiner betrieben werden solle, derzeit kein (ausreichender) Stromanschluss bestehe und die Kosten für den Anschluss in einer Pilotphase unverhältnismäßig hoch wären, die geforderten Emissionswerte auf gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik zur Zeit nicht umsetzbar seien, es momentan keinen Motorhersteller gebe, der diese geforderten Abgaswerte erfüllen könne. Es wurde um vorübergehende Genehmigung des mobilen Stromaggregats bis zur Einführung des schadstoffarmen Stromaggregats mit Ende 2015 ersucht oder bis zur Produktionsaufnahme und Marktreife des Produkts.

 

2.1. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat die Berufung gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat  zur Entscheidung vorgelegt.

 

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und zusätzliche Erhebungen getätigt, deren Ergebnis allen Parteien zur Kenntnis gebracht wurde. Ihnen wurde die Möglichkeit eingeräumt, dazu Stellung zu nehmen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender rechtlich relevante Sachverhalt wird festgestellt:

 

Mit Ansuchen vom 27. November 2012 hat die L Bau Gesellschaft mbH, B, A, um die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage durch Aufstellung von Maschinen zur Zerkleinerung von Holzabfällen und Baurestmassen aus Holz im Standort B/Grst. Nr. X, X, X, KG X, angesucht.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde unter anderem auch ein Sachverständiger für Luftreinhaltung beigezogen.

In seiner Stellungnahme vom 12. März 2013, UBAT-805091/1-2013-Nb/Fm, hat der Amtssachverständige für Luftreinhaltung des Amts der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik, mitgeteilt, dass die übermittelten Projektunterlagen für eine abschließende Beurteilung im Genehmigungsverfahren noch nicht ausreichend seien und bei Beibehaltung des im Projekt vorgesehenen Dieselstromaggregates eine positive Beurteilung nicht in Aussicht gestellt werden könne.

 

Unter anderem wurde ausgeführt:

Aus den Projektsunterlagen geht hervor, dass im gegenständlichen Fall unter anderem zur Strom­erzeugung vor Ort ein mobiles Dieselstromaggregat (also praktisch stationär) eingesetzt werden soll. Nach den Ausführungen im Projekt ist das vorgesehene Dieselstromaggregat lediglich in der Lage, die Abgaswerte entsprechend den Grenzwertempfehlungen für Stationärmotoren (Technische Grundlage für die Beurteilung von Emissionen aus Stationärmotoren BMWA 2001) Tabelle 6.1. zu erfüllen.

 

Mittlerweile wurde die Technische Grundlage durch die Fortschreitung des Standes der Technik (Ergänzungspapier 2010 und 2012) angepasst. Aus fachlicher Sicht sind Grenzwertempfehlungen in den Ergänzungen zur Technischen Grundlage (2010 und 2012) als Richtlinie für den Stand der Technik maßgeblich. Die in diesen Ergänzungspapieren veröffentlichten Grenzwertempfehlungen (Tabelle 1) werden vom derzeit im Projekt vorgesehenen Dieselaggregat hinsichtlich des Schad­stoffparameters NOx nicht erreicht. Die Grenzwertempfehlungen gemäß Ergänzungspapier Emissionen aus Stationärmotoren können unter folgendem Link

http://www.bmwfi.gv.at/Unternehmen/gewerbetechnik/Seiten/Beurteilungsqrundlagen.aspx

auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend (bmwfj) abgerufen werden.

 

Aus fachlicher Sicht kann aus oben genannten Gründen eine positive Beurteilung bei Beibehaltung des im Projekt vorgesehenen Dieselstromaggregates nicht in Aussicht gestellt werden.“

 

Mit Schreiben des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 14. März 2013 wurde der Bw die angeführte gutachtliche Stellungnahme aus Sicht der Luftreinhaltung übermittelt und sie wurde aufgefordert, die noch ausständigen Unterlagen bzw. Projektergänzungen/Projektänderungen binnen einer festgesetzten Frist vorzulegen.

Sollte dem Verbesserungsauftrag nicht frist- oder formgerecht entsprochen werden, werde das Ansuchen um gewerbebehördliche Genehmigung gemäß § 13 Abs.3 AVG zurückzuweisen sein.

Mit Schreiben vom 26. März 2013 wurden 3 zusätzliche Projektausfertigungen samt Ergänzung von der Bw vorgelegt.

 

Mit Schreiben vom 15. Mai 2013 hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land unter Hinweis auf das Schreiben vom 14. März 2013, Ge20-313-2012/Wim, die Bw nochmals darauf hingewiesen, dass die vorgelegten Projektunterlagen aus der Sicht der Luftreinhaltung für eine abschließende positive Beurteilung im Genehmigungsverfahren nicht ausreichen würden.

 

Daraufhin hat die Bw mit Schreiben vom 23. Mai 2013 um Ausstellung eines negativen Bescheids mit der Begründung zu hoher Emissionen aus dem geplanten Dieselstromaggregat ersucht.

 

Am 9. Juli 2013 erging der nunmehr bekämpfte Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land, Ge20-313-2012/WIM.

 

Nach Vorlage der Berufung samt des angeschlossenen Verwaltungsaktes wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat ergänzende Erhebungen durchgeführt.

Aufgrund von vorgegebenen Beweisthemen wurde von einem Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik, der von jenem, der im erstinstanzlichen Verfahren bestellt wurde, unterschiedlich ist, mit Schreiben vom 3. Oktober 2013, UBAT-805091/1-2013-Um/L, folgende gutachtliche Stellungnahme abgegeben:

 

Nach Durchsicht der übermittelten Unterlagen wird aus Sicht der Luftreinhaltung zur gestellten Frage ‚Ist das im Projekt enthaltene mobile Dieselstromaggregat ein Gerät, das die Voraus­setzungen, wie Sie im Schreiben vom 12.März 2013 vom Amtssachverständigen für Luftrein­haltung, Ing. J N, zitierte wurden – ‚Technische Grundlage von Emissionen aus 'Stationärmotoren, BMWA 2001"- nach dem derzeitigen Stand der Technik einzuhalten hat,‘ mit­geteilt, dass aus fachlicher Sicht bei Stationärmotoren zur Stromerzeugung die ‚Technische Grundlage von Emissionen aus Stationärmotoren, BMWA 2001‘ mit dem Ergänzungspapier aus 2012 zur Emissionsbegrenzung sowie für Wartungsmaßnahmen udgl. -nach dem Stand der Technik- anzuwenden ist.

 

Zur zweiten Frage bzw. ‚Sind Geräte, die dem geforderten Stand der Technik entsprechen, in Österreich erhältlich bzw. ist eine Umsetzung des geforderten Stands der Technik realisierbar‘ wird aus fachlicher Sicht festgehalten, dass aus den in der letzten Zeit durchgeführten gewerb­lichen Genehmigungsverfahren sowie Rücksprachen mit Firmen bekannt ist, dass momentan keine Dieselaggregate am österreichischen Markt erhältlich sind, die ohne eine weitere Abgasnachbehandlung (wie z.B. eine SCR), die in oben genannter ‚Technischen Grundlage‘ enthaltenen Grenzwerte gesichert unterschreiten können. Hierzu wird auf die Fußnote der Tabelle 1 der TG hingewiesen, welche (für eine Einsatzdauer von >50 h/Jahr) anführt: ‚Für Anlagen mit konstanter Drehzahl strengere Grenzwerte gegenüber MOT-V (dort nur bis Stufe IIIA begrenzt) analog der US-EPA, da im stationären Einsatz kein Platz-/Gewichtsproblem für Abgas­nachbehandlungseinrichtungen besteht und bei weitgehend konstantem Betrieb eine einfachere Optimierung einer SCR-Anlage möglich ist als bei variablem Last-/Drehzahlbetrieb‘. Aus fachlicher Sicht wird dazu angemerkt, dass eine SCR zur Emissionsreduktion bereits bei LKWs sowie bei landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen eingesetzt wird und dem Stand der Technik entspricht (die Frage der Wirtschaftlichkeit kann aus technischer Sicht jedoch nicht beantwortet werden).“

 

Diese Stellungnahme wurde allen Parteien zur Kenntnis gebracht. Daraufhin hat das Arbeitsinspektorat Wels mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 folgende allgemeine Ansicht mitgeteilt:

 

Grundsätzlich sind für alle Arbeitsmittel (‚alte‘ und ‚neue‘) die Bestimmungen der Arbeitsmittelverordnung über die Aufstellung, Prüfung, Information und Unterweisung, Erprobung, Benutzung und Verwendung, Einstell-, Wartungs-, Reinigungsarbeiten und Störungsbeseitigung zu beachten.

 

‚Neue‘ Arbeitsmittel entsprechen den Prinzipien der im Anhang A der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) genannten Vorschriften. Da bei diesen Arbeitsmitteln der Inverkehrbringer für die Einhaltung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen garantiert und dies durch das Anbringen des CE-Zeichens zum Ausdruck bringt, sind die Beschaffenheitsanforderungen (4. Abschnitt der AM-VO) nicht anzuwenden. Die mitgelieferte Betriebsanleitung ist jedenfalls einzuhalten.

‚Alte‘ Arbeitsmittel sind alle nicht ‚neuen‘ Arbeitsmittel. Für diese waren die im Anhang A der Arbeitsmittelverordnung genannten Vorschriften nicht anzuwenden, weil sie vorher in Verkehr gebracht wurden. Zu den ‚alten‘ Arbeitsmitteln zählen aber auch jene, für die keine Vorschriften für das in Verkehr bringen existieren (z.B. Leitern, Silos). Für diese sind die Beschaffenheitsanforderungen (4. Abschnitt der AM-VO) anzuwenden.

 

Viele Produkte, die im Europäischen Wirtschaftsraum auf den Markt kommen, müssen das CE-Zeichen tragen. Es sind in erster Linie technische Produkte wie beispielsweise Maschinen, Persönliche Schutzausrüstungen, aber auch Spielzeug.

Grundsätzlich sind Geräte, die dem geforderten Stand der Technik entsprechen, in Österreich erhältlich bzw. ist eine Umsetzung des geforderten Stands der Technik realisierbar.“

 

Von der Bw wurde keine Stellungnahme abgegeben, sodass aufgrund der Aktenlage zu entscheiden war.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt. 

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.3.1. Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.    das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.    die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.    die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.    die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.    eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

 

Gemäß § 77 Abs.3 1. Satz hat die Behörde Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik (§ 71a) zu begrenzen...

 

Gemäß § 71a ist der Stand der Technik im Sinne dieses Bundesgesetzes der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen, Bau- oder Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere jene vergleichbaren Verfahren, Einrichtungen, Bau- oder Betriebsweisen heranzuziehen, welche am wirksamsten zur Errichtung eines allgemeinen hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt sind. Weiter sind unter Beachtung der sich aus einer bestimmten Maßnahme ergebenden Kosten und ihres Nutzens und des Grundsatzes der Vorsorge und der Vorbeugung im Allgemeinen wie auch im Einzelfall die Kriterien der Anlage 6 zu diesem Bundesgesetz zu berücksichtigen.

 

3.3.2. Die Frage, welcher Stand der Technik im konkreten Fall zur Anwendung kommt, wurde von beiden befragten Sachverständigen übereinstimmend dargelegt, wonach die „technische Grundlage von Emissionen aus Stationärmotoren, BMWA 2001“ mit dem Ergänzungspapier aus 2012 zur Emissionsbegrenzung sowie für Wartungsmaßnahmen udgl. anzuwenden ist.

 

Die Berufung verweist nur auf ein Zitat in einer Festschrift zum 100jährigen Bestehen des Hauptverbands der Gerichtssachverständigen und führt weiters aus, dass erst ab 2014 Selbstzündungsmotoren mit entsprechender Technologie zur Einhaltung der entsprechenden Werte verfügbar seien. Bis dahin sei eine Einzelfallbeurteilung vorzunehmen. Wenn das gegenständliche Gerät die Anforderungen nach der MOT-V einhalte und rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sei, entspreche es auch dem Stand der Technik.

 

Damit und mit dem Hinweis, dass nach Auskünften von namhaften Motorproduzenten abgasarme Motoren auf dem ganzen Markt in Europa nicht erhältlich seien, ist die Berufung den Sachverständigenäußerungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Auch irrt die Berufung, wenn sie vermeint, die Forderung eines bestimmten Stands der Technik sei nur zulässig, wenn dieser für den Betrieb wirtschaftlich sei. Denn der Stand der Technik ist nicht unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit des beantragten Projekts zu definieren. Vielmehr werden im Bereich von stationären Motoren von Sachverständigen oder Fachgremien erarbeitete, technische Standards festgesetzt, ohne dass darauf abzustellen ist, ob der geltende Standard bei einer Neugenehmigung einer Betriebsanlage dem Konsenswerber wirtschaftlich sinnvoll erscheint.

Dem geltenden  Stand der Technik ist bereits eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit unter Beachtung des geforderten Schutzniveaus immanent.

 

Aus der gutachtlichen Stellungnahme vom 3. Oktober 2013, UBAT-805091/3-2013-Om/L, ist ersichtlich, dass Dieselaggregate, die am österreichischen Markt erhältlich sind, eine weitere Abgasnachbehandlung (wie z.B. eine SCR) benötigen, zur Unterschreitung der einzuhaltenden Grenzwerte. Dazu wurde aus fachlicher Sicht angemerkt, dass eine SCR zur Emissionsreduktion bereits bei LKW sowie bei landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen eingesetzt wird und dem Stand der Technik entspricht.

 

Entgegen dem Berufungsvorbringen ist der projektgemäß stationär betriebene Motor nicht nach der MOT-V zu beurteilen, ist dieser doch gar nicht unter den Anwendungsbereich des Anhang I Z 1. dieser Verordnung subsumierbar.

 

3.3.3. § 77 Abs.3 GewO normiert neben den in § 77 Abs.1 angeführten Kriterien eine Begrenzung von Emissionen von Luftschadstoffen zum vorsorglichen Umweltschutz.

 

Da das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ein projektbezogenes Verfahren ist und somit ausschließlich das eingereichte Projekt Gegenstand der behördlichen Entscheidung sein kann, berechtigt § 77 Abs.3 GewO die Behörde nicht dazu, unter Berufung auf dem Stand der Technik projektändernde Auflagen vorzuschreiben (Gruber-Paliege-Barfuß, GewO7 § 77 Anm. 101 (Stand 16.10.2012, rdb.at)

 

Kann durch bestimmte geeignete Auflagen, bei denen der Aufbau des Projekts im Wesentlichen gewahrt bleibt, eine Begrenzung von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik nicht erreicht werden, so ist dies dem Genehmigungswerber bekanntzugeben und, falls er sein Projekt nicht entsprechend ändert, die Genehmigung zu versagen (ebendort).

 

Die belangte Behörde hat unter Hinweis auf die Stellungnahme des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung vom 12. März 2013, UBAT-80591/1-2013-Nb/Fm, der Bw mitgeteilt, dass die vorgelegten Projektunterlagen nicht ausreichend sind. Aus der vorzitierten Stellungnahme des Sachverständigen ist auch ersichtlich, dass eine positive Beurteilung bei Beibehaltung des im Projekt vorgesehenen Dieselstromaggregats nicht in Aussicht gestellt werden kann.

 

Dass die Berufungswerberin das konkrete von ihr vorgelegte Betriebsanlagenprojekt beurteilt haben wollte und eine Sachentscheidung angestrebt hat, ist aus dem Schreiben vom 23. Mai 2013 ersichtlich.

 

Die belangte Behörde hat damit korrekterweise nicht weiter ein Genehmigungsverfahrung zur Vorschreibung von Auflagen betrieben, sondern über die Angelegenheit entschieden.

Dennoch war der Spruch des bekämpften Erkenntnisses aufzuheben, hat die belangte Behörde doch nur in formeller Weise, nämlich mit Zurückweisung des Antrags entschieden, nicht jedoch darauf abgestellt, dass das konkrete beantragte Projekt, weil es den Kriterien der Luftreinhaltung (§ 77 Abs.3 GewO) nicht entspricht, nicht genehmigungsfähig war. Aus diesem Grund hätte die belangte Behörde mit einer materiellen Entscheidung den Antrag abweisen müssen.

 

3.3.4. Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, außer in dem in Absatz 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, ... in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Weil das vom Unabhängigen Verwaltungssenat ergänzte Ermittlungsverfahren ergeben hat, dass das beantragte mobile Dieselstromaggregat ohne weitere Abgasnachbehandlung nicht dem Stand der Technik im Sinne des § 77 Abs.3 GewO iVm § 71a GewO entspricht, und die Bw innerhalb offener Frist außer den bereits in der Berufung angeführten, nicht näher belegten  Behauptungen auch keine entsprechenden Gegenbeweise dargelegt hat, war der Antrag auf Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage vom 27.11.2012 abzuweisen.

 

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

1. Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

2. Im Verfahren sind Kosten in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann

 

 

 

 

VwSen-531372/9/BMa/HK vom 25. November 2013

 

Rechtssatz

 

Erkenntnis

 

§ 71a GewO; § 77 Abs. 3 GewO

 

Der Stand der Technik bemisst sich nicht anhand der Wirtschaftlichkeit des beantragten Projekts; in Bezug auf stationäre Motoren werden vielmehr von Sachverständigen oder Fachgremien erarbeitete technische Standards festgesetzt, ohne dass darauf abzustellen ist, ob der geltende Standard bei einer Neugenehmigung einer Betriebsanlage dem Konsenswerber wirtschaftlich sinnvoll erscheint. Dem geltenden Stand der Technik ist eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit unter Beachtung des geforderten Schutzniveaus bereits immanent.