Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253532/9/Wg

Linz, 16.12.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr Land vom 18.7.2013, SV96-25/16-2012, wegen Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), zu Recht erkannt:

I.            Der Berufung wird stattgegeben. Das bekämpfte Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gem § 45 Abs 1 VStG eingestellt.

II.         Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 19, 24, 51, 51c und 51e Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wendet sich gegen das infolge einer Kontrolle des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 18. Juli 2013, GZ SV96-25/16-2012 (Pkt 1.6.). Die belangte Behörde verpflichtete den Bw darin als § 7b Abs 1 Z 4 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) bezeichneten Beauftragten der x wegen Übertretungen des AVRAG zur Zahlung eines Gesamtbetrages in der Höhe von 59.950 Euro.

 

1. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

1.1. Die x hat ihren Sitz in x. Sie entsandte mit 1. April 2012 mehrere Arbeitnehmer zur Erfüllung eines Auftragsverhältnisses mit der x mit Sitz in x nach Österreich. Ort der Beschäftigung war x. Täglich waren  ca. 130 Personen für die Firma x im Rahmen dieses Projektes tätig. Es gab Dienstnehmer, die bei der Firma x angestellt waren, sowie Personen, die mit der Firma x einen „Freelancer-Vertrag“ abgeschlossen hatten (Niederschrift vom 30. Juli 2012 über die Einvernahme der x, Beilage Strafantrag).

1.2. Der  Bw  war gegenüber den entsendeten Arbeitnehmern x weisungsberechtigt. Er war Handlungsbevollmächtigter der x, aber zu keinem Zeitpunkt Geschäftsführer (Vorbringen Berufungsschriftsatz Seite 2/10, Seite 2/4 der Stellungnahme vom 25.11.2013 ).

1.3. Am 30. Juli 2012 führte das Team Finanzpolizei des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr in x, x, eine Kontrolle nach den Bestimmungen des § 12 AVOG (unter anderem AuslBG, Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz, § 89 Abs. 3 Einkommensteuergesetz) durch. Bei dieser Amtshandlung wurden auch Dienstnehmer der Firma x kontrolliert. Im Zuge der Kontrolle stellten die Erhebungsorgane fest, dass durch die Firma x keine Meldung der Entsendung an die zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen -kurz ZKO- erfolgt war. Demnach konnte auch keine Abschrift dieser Meldung am Arbeits(Einsatz)ort bereitgehalten werden. Des Weiteren konnten weder durch die Dienstnehmer noch durch die Verantwortlichen vor Ort Unterlagen über die Anmeldungen der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EWG) Nummer 1408/71, Sozialversicherungsdokument A1 nach Verordnung (EG) Nummer 883/04) vorgelegt werden (Strafantrag des Finanzamtes vom 6.9.2012).

1.4.  Die Entsendungsmeldungen iSd AVRAG wurden noch am 30.7.2012 als Folge der  Kontrolle durch das Finanzamt vorgenommen. Die Entsendungsmeldungen weisen den Bw als „beauftragte Person (Weisungsberechtigt gegenüber den entsandten Arbeitnehmern)“ aus. Diese Meldungen wurden nicht in Papierform vorgenommen, sondern von Frau x, der Personalreferentin der x, mittels elektronischem Formular online vorgenommen und diese Meldungen lediglich abgespeichert. Der Bw war in diesen Vorgang nicht eingebunden und wurde darüber weder informiert, noch stimmte er der Abgabe der Meldungen zu. Frau x war es auch, die den Bw als Beauftragten in die Meldung aufnahm. Grund dafür war die auf dem Formular enthaltene Erklärung über die Funktion des Beauftragten: „Weisungsberechtigt gegenüber der entsandten Arbeitnehmerin/dem entsandten Arbeitnehmer“. Dies trifft auf den Bw zu: Dieser ist hinsichtlich der auszuführenden Tätigkeiten tatsächlich weisungsberechtigt, weswegen Frau x ihn als Beauftragten angab. Zu keiner Zeit beabsichtigten sie oder ein Vertreter der x den Bw durch die Aufnahme in die Meldung zu einem im Verwaltungsstrafverfahren verantwortlichen Beauftragten zu machen. (Seite 2/4 der Stellungnahme vom 25.11.2013)

1.5. Das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr erstattete in weiterer Folge mit Strafantrag vom 6. September 2012, FA-GZ 051/10008/26/2012, Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land (im Folgenden: belangte Behörde). Im Strafantrag wird ausgeführt, der Bw habe „als Arbeitgeber bzw. verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher bzw verantwortlich Beauftragter (§ 9 VStG)/Beauftragter (Abs 1 Z 4)“ die erforderlichen Unterlagen gemäß § 7b Abs. 5 an der genannten Arbeitsstelle am 30. Juli 2012 nicht bereitgehalten, weshalb der Tatbestand des § 7b Abs. 9 Z 2 AVRAG erfüllt sei. Im Strafantrag werden 109 näher genannte Personen aufgelistet.

1.6. Die belangte Behörde leitete dazu ein Verwaltungsstrafverfahren ein und verhängte mit Straferkenntnis vom 18. Juli 2013, GZ SV 96-25/16-2012 wegen der Übertretung des § 7b Abs. 9 iVm Abs. 5 Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz betreffend 107 näher genannter Personen Geldstrafen von jeweils € 500, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 48 Stunden gemäß § 7b Abs. 9 AVRAG. Als zu zahlender Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) wird ein Betrag von € 59.950 angegeben. Im Spruch dieses Straferkenntnisses wird unter namentlicher Nennung von 107 Personen ausgeführt : „Sie haben als der in § 7b Abs  1 Z 4 AVRAG bezeichneter Beauftragter Ihres Unternehmens mit Sitz in x zumindest am 30. Juli 2012 Uhr folgende Dienstnehmer als Arbeitnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit für Arbeiten in x beschäftigt, ohne dass ein Nachweis über die Sozialversicherung der Arbeitnehmer (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EWG) Nummer 1408/71, Sozialversicherungsdokument A1 nach Verordnung (EG) Nummer 883/04) oder eine Abschrift dieser Meldung gemäß den § 7b Abs 3 und 4 AVRAG am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitgehalten wurde. ... Diese Tat wird Ihnen als § 7 b Abs 1 Z 4 AVRAG bezeichneter Beauftragter Ihrer Firma mit Sitz in x angelastet.“

1.7. Dagegen richtet sich die Berufung vom 5. August 2013. Der Berufungswerber stellt darin die Anträge, die mit dem angefochtenen Bescheid verhängte Bestrafung aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen; in eventu: nach § 21 VStG vorzugehen und von der Verhängung einer Strafe abzusehen; in eventu: das Verfahren hinsichtlich der x endgültig einzustellen; in eventu: die verhängte Strafe innerhalb des Strafrahmens von € 500-€ 5000 Schuld-und tatangemessen zu reduzieren. Zusammengefasst bringt der Bw begründend vor, er sei lediglich Handlungsbevollmächtigter und im Tatzeitpunkt nicht verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gewesen. Die Meldungen nach AVRAG seien erst am 30. Juli 2012 infolge der Kontrolle abgegeben wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sich weder bei der Gesellschaft noch für den Berufungswerber die Frage nach der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gestellt. Auch im Innenverhältnis sei der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung keinesfalls zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden. Die Strafdrohungen des § 7b AVRAG würden sich alternativ gegen den Arbeitgeber oder den verantwortlichen Beauftragten richten. Da im Zeitpunkt der von der Behörde unterstellten Tatbestandsverwirklichung überhaupt kein Verantwortlicher Beauftragter bestellt gewesen sei, hätte die erstinstanzliche Behörde das Verfahren gegen den Arbeitgeber führen können und müssen. Weiters gehe die erstinstanzliche Behörde fälschlicherweise davon aus, dass es sich bei allen 107 nach Österreich entsendeten Personen um Arbeitnehmer der x gehandelt habe. Es seien bloß 91 Entsendete tatsächlich als Arbeitnehmer zu beurteilen. Bei den übrigen Fällen handle sich um x, die selbstständig tätig würden. Diese Personen seien keine Arbeitnehmer der x gewesen. Für diese Personen sei schon mangels Arbeitnehmereigenschaft keine Meldung nach Paragraph 7b AVRAG notwendig gewesen. Im gegenständlichen Fall seien die Arbeitnehmer gesetzeskonform zur Sozialversicherung angemeldet gewesen und seien keine verschleierten Rechtsverstöße begangen worden. Nach der Tat habe sich der Berufungswerber bzw die x um alsbaldige Meldung der Entsendung und Vorlage aller wesentlichen Dokumente bemüht. Die Voraussetzungen des § 21 VStG sei damit erfüllt. Es würde ein nicht vorwerfbarer Verbotsirrtum vorliegen, zumal sowohl der Berufungswerber als auch die Gesellschaft hinsichtlich des Vorliegens von restriktiven Gesetzen einem in Anbetracht der unionsrechtlichen Grundfreiheiten nicht vorwerfbaren Verbotsirrtum unterliegen würden. Zudem sei in der Aufforderung zur Rechtfertigung dem Berufungswerber zur Last gelegt worden, die Tat hinsichtlich 107 namentlich aufgezählter Personen begangen zu haben. Die Strafe sei für 109 Arbeitnehmer ausgesprochen wurden und sei daher zu hoch. Es handle sich um ein Betriebsdelikt, so dass die Strafe unabhängig von der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer nur einmal innerhalb des Strafrahmens zu verhängen sei.

1.8. Die belangte Behörde legte die Berufung samt Verfahrensakt dem UVS zur Entscheidung vor.

1.9. Der Bw führte mit ergänzender Eingabe vom 25.11.2013 aus, er habe erst im Zusammenhang mit der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens erfahren, dass er von der belangten Behörde als verantwortliche Person angesehen werden.

1.10. Der UVS befasst die belangte Behörde und das Finanzamt mit der Eingabe des Bw vom 25.11.2013 und kündigte an, der Berufung stattzugeben. Weder die belangte Behörde noch das Finanzamt gaben dazu eine Stellungnahme ab.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu Pkt 1.5. bis 1.10. beschränken sich auf eine Wiedergabe des Verfahrensablaufes und des Parteivorbringens.

2.2. Die Feststellungen Pkt 1.1. bis 1.4. ergeben sich unstrittig aus dem Verfahrensakt und dem Vorbringen des Bw (s. die in Klammer jeweils angegebenen Beweismittel). Die Frage, ob sich daraus eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Bw ableiten lässt, ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu behandeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Da der bekämpfte Bescheid zu beheben ist, war gem § 51e Abs 2 Z 1 VStG keine mündliche Verhandlung erforderlich.

3.2. Die maßgebenden Rechtsvorschriften ergeben sich aus folgenden gesetzlichen Bestimmungen:

§7b Abs 1, 3, 4, 5 und 9 Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz (AVRAG) lautet:

(1) Ein Arbeitnehmer, der von einem Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, hat unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf

        1. zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektivvertragliche Entgelt, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebührt;

        2. bezahlten Urlaub nach § 2 UrlG, sofern das Urlaubsausmaß nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates geringer ist; nach Beendigung der Entsendung behält dieser Arbeitnehmer den der Dauer der Entsendung entsprechenden aliquoten Teil der Differenz zwischen dem nach österreichischem Recht höheren Urlaubsanspruch und dem Urlaubsanspruch, der ihm nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates zusteht; ausgenommen von dieser Urlaubsregelung sind Arbeitnehmer, für die die Urlaubsregelung des BUAG gilt;

        3. die Einhaltung der kollektivvertraglich festgelegten Arbeitszeitregelungen;

        4. Bereithaltung der Aufzeichnung im Sinne der Richtlinie des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (91/533/EWG) in Österreich durch den Arbeitgeber oder den mit der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers gegenüber den entsandten Arbeitnehmern Beauftragten.

 (3) Arbeitgeber im Sinne des Abs. 1 haben die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und eine Abschrift der Meldung dem im Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein Arbeitnehmer entsandt wird, diesem auszuhändigen. Sofern dies technisch möglich ist, hat die Meldung elektronisch zu erfolgen. In Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu erledigenden Aufträgen ist die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme zu erstatten. Hat der Arbeitgeber dem Beauftragten oder dem Arbeitnehmer vor Arbeitsaufnahme keine Abschrift der Meldung ausgehändigt, so hat der Beauftragte oder der Arbeitnehmer eine Meldung nach dem 1. Satz und Abs. 4 unverzüglich mit der Arbeitsaufnahme zu erstatten. Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat eine Abschrift der Meldung an den zuständigen Krankenversicherungsträger (§§ 26 und 30 ASVG) elektronisch zu übermitteln.

(4) Die Meldung nach Abs. 3 hat folgende Angaben zu enthalten:

        1. Name und Anschrift des Arbeitgebers,

        2. Name des im Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten,

        3. Name und Anschrift des inländischen Auftraggebers (Generalunternehmers),

        4. die Namen, Geburtsdaten und Sozialversicherungsnummern sowie die Staatsangehörigkeit der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer,

        5. Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung in Österreich,

        6. die Höhe des dem einzelnen Arbeitnehmer gebührenden Entgelts,

        7. Ort der Beschäftigung in Österreich (auch andere Einsatzorte in Österreich),

        8. die Art der Tätigkeit und Verwendung des Arbeitnehmers,

        9. sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung,

      10. sofern die entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung.

(5) Arbeitgeber im Sinne des Abs. 1 oder in Abs. 1 Z 4 bezeichnete Beauftragte oder der Arbeitnehmer (Abs. 3) haben, sofern für den entsandten Arbeitnehmer in Österreich keine Sozialversicherungspflicht besteht, Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs. 3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitzuhalten. Sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, ist auch die Genehmigung bereitzuhalten.

 (9) Wer als Arbeitgeber oder als in Abs. 1 Z 4 bezeichneter Beauftragter

        1. die Meldung nach Abs. 3 nicht rechtzeitig erstattet oder

        2. die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 nicht bereithält,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen.

3.3. Nach Auffassung der Berufungsbehörde kommt prinzipiell die Bestrafung des Beauftragten in Betracht, da die Strafnorm des § 7b Abs 9 AVRAG, wonach der Arbeitgeber oder der in Abs 1 Z 4 leg cit bezeichnete Beauftragte verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist, in Verbindung mit den Gesetzesmaterialien, dahingehend auszulegen ist, dass im Falle einer Namhaftmachung eines Beauftragen dieser anstelle des Arbeitgebers und nicht neben diesem haftet. In den Erläuterungen der Regierungsvorlage (1076 Blg. XXIV) findet sich nämlich nachstehender Satz: Wurde ein Beauftragter nach § 7b Abs 1 Z 4 bestellt, so trifft diesen die Verpflichtung. Die gegenständlichen Regelungen sind somit offensichtlich nach dem Vorbild der einschlägigen Bestimmungen des § 9 VStG konzipiert, wonach im Falle der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten dieser anstelle des Arbeitgebers verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich zeichnet. Eine einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung dieser neu geschaffenen Bestimmung existiert zwar bislang noch nicht, jedoch wird diese Rechtsauffassung der Berufungsbehörde auch von der herrschenden Lehre geteilt. Adressat der Anordnungen gemäß § 7b AVRAG ist grundsätzlich der Arbeitgeber. Wenn sich dieser jedoch eines gegenüber dem entsandten Arbeitnehmer weisungsberechtigten Beauftragten im Sinne des § 7b Abs 1 Z 4 AVRAG bedient hat, so trifft diesen die Verpflichtung. Ein solcher Beauftragter wird daher in der Regel für den nach § 7b Abs 1 Z 4 AVRAG abgegrenzten Bereich als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 VStG zu qualifizieren sein (vgl. dazu den Berufungsbescheid des UVS Steiermark vom 15. März 2013, Zl30.15-35/2012, 35.15-7/2012)

3.4. Im vorliegenden Fall ist dem Bw dahingehend Recht zu geben, dass es am erforderlichen Zustimmungsnachweis mangelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 Abs 2 VStG ist die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten nämlich nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein aus der Zeit vor der Begehung der Übertretung stammender Zustimmungsnachweis eines verantwortlichen Beauftragten einlangt - z.B. in Gestalt einer Bestellungsurkunde oder einer Zeugenaussage (unter anderem VwGH 23.05.2005, Zl. 2004/06/0013; 22.12.1997, Zl. 97/10/0189; u.v.a). Die im Akt aufliegende Meldung gemäß § 7b Abs 3 und 4 AVRAG kann nicht als derartiger Zustimmungsnachweis gelten, da sie keine Unterschrift des Bw trägt und nur firmenseitig gefertigt wurde (Pkt 1.4.). Allein der Umstand, dass der Unternehmer einen Mitarbeiter mit der Ausübung des Weisungsrechts beauftragt, reicht für den Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht aus. Ansonsten hätte bspw bereits ein Polier oder Vorarbeiter anstelle des Unternehmers für die Verwaltungsübertretung einzustehen, was den vom VwGH zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit entwickelten Grundsätzen widersprechen würde.

3.5. Der Bw trifft mangels wirksamen Bestellungsvorganges für die im bekämpften Straferkenntnis angelasteten Verwaltungsübertretungen – anstelle des Unternehmers – keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit.

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

 

 

 

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