Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253539/15/Py/Hu

Linz, 04.12.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Finanzamtes Grieskirchen Wels, Dragonerstraße 31, 4601 Wels, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. August 2013, SV96-555-2012, mit dem das gegen Herrn x, vertreten durch x, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. Oktober 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt abgeändert:

 

"Herr x, Gewerbeinhaber des Gewerbebetriebes am Standort x, hat zu verantworten, dass der bosnische Staatsangehörige Herr x, geb. am x, in der Zeit vom 18. bis 20. Juli 2012 auf einer Baustelle in Wilhering gegen Entgelt in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit als Dienstnehmer beschäftigt wurde, ohne dass dieser vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherter Dienstnehmer angemeldet wurde.

 

Herr x hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 111 in Verbindung mit § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl.Nr. 189/1955 idgF.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Herrn x eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 56 Stunden, verhängt."

 

 

II. Herr x hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. August 2013, AZ.: SV96-555+556-2012, wurde das gegen Herrn x eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachts der Beschäftigung des bosnischen Staatsangehörigen Herrn x, geb. am x, als Dienstnehmer gegen Entgelt in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, ohne diesen vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet zu haben, gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

In der Begründung bringt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen vor, dass vom zuständigen Krankenversicherungsträger ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhält­nis nicht festgestellt wurde und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren daher eingestellt wird.

 

2. Gegen diesen – dem Finanzamt Grieskirchen Wels als am Verfahren beteiligte Organpartei nachweislich am 20. August 2013 zugestellten – Einstellungsbescheid hat das Finanzamt Grieskirchen Wels am 3. September 2013 – und somit rechtzeitig – Berufung erhoben. Darin bringt das Finanzamt Grieskirchen Wels vor, dass seitens der belangten Behörde kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde, sondern lediglich aufgrund einer Auskunft der Gebietskrankenkassa die Einstellung des Verfahrens verfügt wurde. Die Auskunft der Krankenkasse vom 19.8.2013, wonach kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, wird von der Finanzbehörde nicht geteilt. Auch für den Fall, dass von der Durchführung eines Beitragszuschlagsverfahrens gemäß § 113 ASVG Abstand genommen wird, kann dies keinesfalls als Vorfrage für die angezeigte Übertretung herangezogen werden.

 

Inhaltlich bringt die Organpartei in ihrer Berufung vor, dass aufgrund der Angaben des Herrn x in der mit ihm am 8. August 2012 aufgenommenen Niederschrift von einer persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit auszugehen ist, weshalb die Fortführung des Strafverfahrens und der Ausspruch einer entsprechenden Bestrafung beantragt wird.

 

3. Mit Schreiben vom 5. September 2013 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. Oktober 2013. An dieser nahmen der Beschuldigte mit seinem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der berufungswerbenden Organpartei und ein Vertreter der belangten Behörde teil. Als Zeugen wurden Herr x und x einvernommen. Aufgrund des sachlichen Zusammenhangs wurde die Verhandlung gemeinsam mit der im Verfahren zu VwSen-253540 anberaumten Berufungsverhandlung durchgeführt (vgl. § 51e Abs.7 VStG).

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Beschuldigte betreibt am Standort x, die Firma "x". Für eine Baustelle in Wilhering, auf der die Firma des Beschuldigten Trockenbauarbeiten durchzuführen hatte, vereinbarte der Beschuldigte mit Herrn x, geb. x, dass dieser die Verspachtelung der bereits davor montierten abgehängten Mineralfaserdecken und Schürzen durchführt. Herr x war seit 9. Juli 2012 Inhaber einer Gewerbeberechtigung mit dem Wortlaut "Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten" und trat mit Herrn x in Verbindung und fragte, ob dieser etwas zu Spachteln für ihn habe. Dies wurde von Herrn x bejaht und er forderte ihn auf, auf die Baustelle zu kommen. Ein schriftlicher Werkvertrag wurde nicht geschlossen. Herr x wies Herrn x auf der Baustelle vor Ort an, wo dieser seine Arbeit durchzuführen hat. Zunächst führte der Beschuldigte selbst noch Montagearbeiten durch, Zug um Zug nach Fertigstellung wurde daraufhin die Verspachtelungsarbeit von Herrn x gemeinsam mit seinem Bruder x durchgeführt, zu Beginn brachte Herr x noch einen weiteren Arbeiter mit. Herr x berechnete auf der Baustelle die Anzahl der Stunden, die er für die Verspachtelung benötigen wird, aufgrund dieser Berechnung wurde ein Pauschalentgelt vereinbart. Haftungsvereinbarungen gab es nicht, der Beschuldigte kontrollierte zeitnahe die Ausführungen durch Herrn x und wies ihn gegebenenfalls vor Ort zu Nacharbeiten an. Das für die Arbeiten erforderliche Spachtelwerkzeug brachte Herr x selbst zur Baustelle mit, Steighilfen und das erforderliche Material befanden sich bereits auf der Baustelle. Herr x war auf der Baustelle in Wilhering in der Zeit vom 18. bis 20. Juli 2012 als Verspachtler beschäftigt. Im Anschluss legte er dem Beschuldigten für das Projekt „x“ eine Rechnung für 18 Stunden Regiearbeit zu je 25 Euro, insgesamt somit 450 Euro. Eine Anmeldung vor Arbeitsantritt des Herrn x bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse in der Pflichtversicherung wurde vom Beschuldigten nicht durchgeführt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 11. Oktober 2013. Zunächst ist festzuhalten, dass in der mündlichen Berufungsverhandlung sowohl der Beschuldigte als auch die einvernommenen Zeugen x und x teilweise sehr widersprüchliche Aussagen, insbesondere hinsichtlich der jeweils auf den einzelnen Baustellen anwesenden Arbeiter, gaben. Abweichende Aussagen wurden auch hinsichtlich der Anreisen zur Baustelle gemacht. Die Angaben des Herrn x, er sei gemeinsam mit dem Beschuldigten zur Baustelle in Wilhering gefahren, finden aufgrund dieser Widersprüche mangels ausreichendem Beweisergebnis daher keinen Eingang in die nunmehrigen Sachverhaltsfeststellungen. Vielmehr war es wahrscheinlich so, dass immer dann, wenn auch der Bruder des Herrn x zur Baustelle anreiste, die beiden Brüder in dessen Fahrzeug auf die Baustelle fuhren.

 

Unbestritten ist hingegen, dass schriftliche Vereinbarungen nicht getroffen wurden und der Beschuldigte Herrn x auf der Baustelle vor Ort seine Tätigkeit zuwies. Dabei wurde nach Angaben des Beschuldigten Zug um Zug gearbeitet, zunächst wurden von ihm die Montagen durchgeführt und diese dann anschließend von Herrn x verspachtelt. Der Beschuldigte bestätigte zudem, dass er die Arbeitsausführungen des Herrn x laufend kontrollierte und allfällige Ausbesserungen unmittelbar in Auftrag gab. Auch das Vorliegen einer Haftungsvereinbarung konnte vom Beschuldigten nicht glaubwürdig nachgewiesen werden. Unbestritten ist auch, dass zwar Kleinwerkzeug wie Spachteln von Herrn x beigestellt wurde, nicht jedoch größeres Werkzeug wie Leitern sowie das erforderliche Material. Herr x gab auch glaubwürdig an, dass dem Beschuldigten immer bewusst war, welche Arbeitskapazitäten er noch frei hat und ihn diesbezüglich jeweils zu verschiedenen Baustellen schickte, bei denen dann vor Ort die entsprechenden Preisvereinbarungen getroffen wurden.

 

Insgesamt stellen sich für das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates die Aussagen des Zeugen x, wie er sie zunächst anlässlich der mit ihm am 8. August 2012 aufgenommenen Niederschrift mit der Finanzpolizei machte, als grundsätzlich glaubwürdig und nachvollziehbar dar. In den wesentlichen Punkten bestätigte Herr x diese Angaben auch in seiner Aussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 11. Oktober 2013. Der Beschuldigte bestätigte in seiner Aussage zudem, dass hinsichtlich der Baustelle in Wilhering aufgrund der geschätzten Arbeitsstunden ein Pauschalentgelt vereinbart war, weshalb er die letztlich von Herrn x gelegte Rechnung, die einen Stundensatz aufwies, auch akzeptierte, da sich der geforderte Betrag in der am Arbeitsaufwand orientierten Entlohnung bewegte.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 4 Abs.2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonderes die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs.2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer, den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs.3 ASVG).

 

Gemäß § 539a Abs.2 ASVG können durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

 

5.2. Der Beschuldigte bringt vor, dass Herr x in der Zeit vom 18. bis 20. Juli 2012 auf der Baustelle in Wilhering nicht als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wurde, sondern dass dieser in Erbringung einer Werkvertragsleistung tätig war. Anhand der gemäß § 539a Abs.1 ASVG für die Beurteilung des Sachverhalts nach der nach ASVG erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise aufgrund des wahren wirtschaftlichen Gehalts und nicht der äußeren Erscheinungsform des Sachverhalts kann diesen Rechtfertigungsangaben seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates jedoch nicht gefolgt werden.

 

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine sich in geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers ist auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essentiell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrags. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. VwGH vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003).

 

Aufgrund des wahren wirtschaftlichen Gehalts der von Herrn x ausgeführten Verspachtelungsarbeiten hat dieser letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponiert und sich – wie dies bei unselbstständigen Arbeitskräften in sozialtypischer Weise der Fall ist – in die betriebliche Organisation seines Auftraggebers eingefügt, ohne über eine nennenswerte eigene unternehmerische Struktur und betriebliche Mittel zu verfügen. Ein Abhängigkeitsverhältnis ist dort anzunehmen, wo keine unternehmerische Eigeninitiative und kein unternehmerisches Erfolgsrisiko getragen wird. Dabei ist es unerheblich, ob die Tätigkeit im Rahmen eines "Betriebes" im gewerberechtlichen Sinn erbracht wird. Wie das Beweisverfahren ergeben hat, wurde vom Beschuldigten eine über die Kontrolle zwecks Abnahme von fertigen Arbeitsabschnitten hinausgehende begleitende Kontrolle durchgeführt. Auch verwendete Herr x kein eigenes Material und stellte selbst nur Kleinwerkzeug, wie sie Handwerker üblicherweise bei sich führen, bei. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei derartigen Tätigkeiten, wie sie von Herrn x im gegenständlichen Fall erbracht wurde, nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten (vgl. VwGH vom 18.5.2010, Zl. 2009/09/0002-5).

 

Im Fall des Vorliegens einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ändert auch die Innehabung eines Gewerbescheins nichts am Eintritt der Pflichtversicherung nach § 4 Abs.1 Z1 iVm Abs.2 ASVG (vgl. VwGH vom 18.1.2012, Zl. 2009/08/0145). Die wirtschaftliche Abhängigkeit findet ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel. Zur Frage der "wesentlichen Betriebsmittel" hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Betriebsmittel grundsätzlich dann für eine Tätigkeit wesentlich sein wird, wenn es sich nicht bloß um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt und wenn es der freie Dienstnehmer entweder durch Aufnahme in das Betriebsvermögen der Schaffung einer unternehmerischen Struktur gewidmet hat oder wenn es seiner Art nach von vornherein in erster Linie der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist. Das Vorliegen solcher wesentlicher Betriebsmittel konnte bei Herrn x nicht nachgewiesen werden, vielmehr fehlte ihm offenbar sogar ein eigenes Fahrzeug, um zu den Baustellen zu gelangen. Die persönliche Abhängigkeit findet ihren Ausdruck in erster Linie in der Weisungsgebundenheit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten, wobei Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverhalten in der Realität des Arbeitslebens nicht immer erwartet werden können, weil sich schon bei einer geringen Qualifikation des Arbeitenden ein gewisser eigener fachlicher Entscheidungsbereich findet, der sich mit steigender Qualifikation entsprechend erweitert. Das Fehlen von Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren spricht daher für sich genommen nicht gegen eine Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit. Herrn x wurde vom Beschuldigten vor Ort die Arbeit zugeteilt und wurde dieser hinsichtlich seiner Ausführungen laufend kontrolliert. Im Erkenntnis vom 11. Juli 2012, Zl. 2012/08/0121, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Innehabung von Gewerbescheinen für Tätigkeiten, die – wie die hier zur Rede stehenden Spachtelarbeiten – keine besondere Qualifikation erfordern und üblicherweise auch von abhängigen Beschäftigten erbracht werden, durch Personen, die ohne eigene wesentliche Betriebsmittel am Wirtschaftsleben teilnehmen und im Grund nur über ihre eigene Arbeitskraft disponieren, einen verbreiteten Missbrauch der Gewerbeordnung darstellen, der einerseits der Verschleierung abhängiger Beschäftigungsverhältnisse dient und andererseits oft Tätigkeiten betrifft, bei denen nicht auszuschließen ist, dass es sich um "gegen Stunden- oder Taglohn oder gegen Werkentgelt zu leistende Verrichtungen einfacher Art" handelt, die gemäß § 2 Abs.1 Z8 GewO 1994 von der Gewerbeordnung ausgenommen sind (vgl. zum Fall eines Gewerbescheines für das "Verspachteln von Gipskartonplatten" VwGH vom 21. Dezember 2011, Zl. 2010/08/0129). Der Umstand, dass aufgrund der aus der Innehabung von Gewerbescheinen entstehenden Mitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer gemäß § 2 Abs.1 Z1 GSVG Beiträge an einen anderen Sozialversicherungsträger als die Gebietskrankenkassa geleistet wurden, schließt eine Pflichtversicherung nach § 4 Abs.1 Z1 iVm Abs.2 ASVG nicht aus.

 

5.3. Zudem ist festzuhalten, dass der Unabhängige Verwaltungssenat nach § 38 AVG die Vorfrage, ob der vom Beschuldigten nicht zur Sozialversicherung gemeldete Herr x in der konkreten Tätigkeit der Pflichtversicherung unterlag, selbst zu beurteilen hat oder – sofern ein diesbezügliches Feststellungsverfahren bereits anhängig gewesen wäre oder gleichzeitig anhängig gemacht worden wäre - das Strafverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage auch hätte aussetzen können. Durch die Beurteilung der Vorfrage der Pflichtversicherung in einem Verwaltungsstrafverfahren wird diese Frage zwar für die konkrete Sache beantwortet, nicht aber mit Bindungswirkung für das Hauptfrageverfahren – die Feststellung der Pflichtversicherung – entschieden. Der Unabhängige Verwaltungssenat war daher gehalten, selbst über das Vorliegen einer der Pflichtversicherung unterliegenden Tätigkeit zu entscheiden. Die Auskunft der Oö. GKK im E-mail vom 18. August 2013 stellt daher keine die Verwaltungsstrafbehörde bindende Entscheidung dar (vgl. VwGH v. 16.3.2011, Zl. 2008/08/0040).

 

Da Herr x in der Zeit vom 18. bis 20. Juli 2012 vom Beschuldigten in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt wurde und nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet wurde, ist der objektive Sachverhalt der dem Beschuldigten im Spruch zur Last gelegten Verwaltungsübertretung als erfüllt zu werten.

 

6. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Da auch zum Tatbestand der dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 111 iVm § 33 ASVG weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich auch bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs.1 VStG (vgl. VwGH vom 16.2.2011, Zl. 2011/08/0004). Es ist dem Beschuldigten im Verfahren nicht gelungen darzulegen, dass ihn an der Übertretung ein Verschulden trifft. Das Vorlegen von Gewerbescheinen ist ebenso wie die Ausstellung von Rechnungen nicht geeignet darzutun, dass er der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht nachgekommen ist. Mit diesem Vorbringen konnte er jedenfalls nicht glaubhaft machen, dass ihn im Sinn des § 5 Abs.1 VStG an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft.

 

7. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung ist anzuführen, dass als Milderungsgrund die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschuldigten zu werten ist. Im Hinblick auf die Dauer der Beschäftigung ohne Anmeldung zur Sozialversicherung im Ausmaß von drei Tagen ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe gerechtfertigt und ausreichend, um den Beschuldigten die Unrechtmäßigkeit seines Handels eindringlich vor Augen zu führen und ihn zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Aufgrund der Erstmaligkeit der dem Bw angelasteten Übertretung der Bestimmungen des ASVG sowie seines geringfügigen Verschuldens und der besonderen Tatumstände im gegenständlichen Fall konnte von der gesetzlichen Möglichkeit einer Herabsetzung der Mindeststrafe auf 365 Euro Gebrauch gemacht werden. Eine Anwendung des § 20 VStG scheidet jedoch ebenso wie ein Vorgehen nach § 45 Abs.1 Z4 VStG aus, da das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten nicht erheblich hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück blieb.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

8. Im Erkenntnis vom 19. Mai 1993, Zl. 93/09/0031, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass dem Beschuldigten in einem aufgrund der Berufung des Landesarbeitsamts ergangenen Bescheides (welchen Inhalts auch immer) keine Kosten im Sinn der §§ 64 und 65 VStG auferlegt werden können. Im Hinblick auf diese Rechtsprechung war daher im gegenständlichen Fall auszusprechen, dass vom Beschuldigten keine Verfahrenskosten zu tragen sind.

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

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