Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253384/21/Py/Hu

Linz, 17.12.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Jänner 2013, GZ: SV96-423-2010/Gr, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Aufhebung des im ersten Rechtsgang ergangenen h. Erkenntnisses  vom 26. März 2013 durch den Verwaltungsgerichtshof und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. November 2013, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Jänner 2013, GZ: SV96-423-2010/Gr, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 9 VStG iVm § 18 Abs.12 iVm § 28 Abs.1 Z5 lit.b Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 36 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Außenvertretungsbefugter der x mit Sitz in x, gemäß § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma zumindest am 2.11.2010 den kroatischen Staatsangehörigen x, geb. x, als Arbeiter, der von der Firma x mit Sitz in D-x, somit einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes, zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wurde, auf der Baustelle x in x, beschäftigte, obwohl weder § 18 Abs. 12 Z. 1 oder 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 erfüllt und auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde.

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr bei einer Kontrolle am 2.11.2010 um 11:15 Uhr auf der oa. Baustelle, bei der oa. Person bei Trockenausbauarbeiten betreten wurde, festgestellt."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass dem Beschuldigten der gegenständliche Sachverhalt aufgrund der Feststellungen der Organe des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr am 2.11.2010 zur Last gelegt wird. Dass Herr x tatsächlich zur besagten Zeit auf der Baustelle tätig war, wurde nicht bestritten, weshalb der objektive Tatbestand als erfüllt anzusehen ist. Mit der Verantwortung des Bw, Herr x habe ihn auf der Baustelle vertreten und die Bescheinigungen persönlich kontrolliert, eine lückenlose Kontrolle sei aber bei der Größe der Baustelle nicht möglich, könne sich der Beschuldigte nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung entbinden. Auch die Tatsache, dass bereits wenige Monate zuvor eine einschlägige Übertretung festgestellt wurde, spricht nicht für das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems.

 

Abschließend führt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung maßgeblichen Gründe aus.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung. Darin bringt der Bw vor, dass er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht begangen hat. Der kontrollierte Arbeitnehmer, Herr x, war zu keinem Zeitpunkt bei der x beschäftigt. Weitergehende Kontrollen als die bereits durchgeführten würden eine wirtschaftliche Bautätigkeit unmöglich machen. Dazu wird nochmals auf das vorgelegte Schreiben der x verwiesen.

 

Des Weiteren führt der Bw das Maßnahmen- und Kontrollsystem der Baustelle an und beantragt die zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn x.

 

3. Mit Schreiben vom 31. Jänner 2013 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. November 2013, an der der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr teilnahmen. Als Zeugen wurden Herr x sowie Herr x einvernommen. Aufgrund des sachlichen Zusammenhangs der den Verfahren zugrundeliegenden Verwaltungsübertretungen wurde die Verhandlung gemeinsam mit der im Verfahren zu VwSen-253380 anberaumten Berufungsverhandlung durchgeführt (§ 51e Abs.7 VStG).

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz in x (in der Folge: Firma x).

 

Im Jahr 2010 errichtete die Firma x in x, auf der Baustelle "x" ein Einkaufszentrum. Mit der Durchführung von Trockenbauleistungen wurde die Firma x mit Sitz in D-x (in der Folge: Firma x) beauftragt.  

 

Anlässlich einer Kontrolle der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durch die Finanzpolizei des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr am 2. November 2010 auf der Baustelle "x" wurde der kroatische Staatsangehörige Herr x, geb. am x, gemeinsam mit Herrn x, einem Arbeitnehmer der Firma x, bei Arbeiten in der oberen Verkaufsebene angetroffen. Sowohl Herr x, als auch ein weiterer auf der Baustelle tätiger Mitarbeiter der Firma x trugen Arbeitskleidung mit dem Aufdruck der Firma x. Dies war bei Herrn x nicht der Fall, er trug verschmutzte Arbeitskleidung und führte einen Maßstab mit Aufdruck der Firma x bei sich. Beide Arbeiter der Firma x gaben gegenüber den Kontrollbeamten an, dass sie Herrn x nicht kennen, ihn nur gebeten hätten, kurz zu helfen und keine Informationen über Beschäftiger oder Bezahlung des Herrn x machen könnten. Herr x selbst gab gegenüber den Kontrollbeamten an, dass er am Kontrolltag von einem Bekannten zur Baustelle gefahren wurde und ihm ein Herr x vorgestellt wurde, der ihm gesagt habe, er solle mit Gips zu arbeiten beginnen. Er habe sich ziellos auf der Baustelle aufgehalten und sei von Herrn x, der seine Sprache spreche, gefragt worden, ob er ihm helfe, was er auch für rund 10 Minuten gemacht habe. Auch der Geschäftsführer der Firma x, Herr x, gab gegenüber den Kontrollbeamten am Abend des Kontrolltages telefonisch an, dass ihm der angetroffene dritte Arbeiter völlig unbekannt ist.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 15. November 2013. Der Zeuge x schilderte nachvollziehbar und glaubwürdig seine Wahrnehmungen anlässlich der Kontrolle vom 2. November 2010. Er bestätigte jedoch auch, dass sowohl die beiden vor Ort tätigen Arbeiter der Firma x, als auch deren Geschäftsführer, Herr x, ausdrücklich bestritten, dass Herr x am 2. November 2010 auf der gegenständlichen Baustelle von der Firma x beschäftigt wurde. Gegen dieses Vorbringen spricht zwar der Umstand, dass Herr x einen Meterstab mit dem Aufdruck der Firma x mit sich führte und bei Arbeiten angetroffen wurde, es konnte jedoch nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass diese Tätigkeit nicht nur freiwillig, kurzfristig und unentgeltlich als Unterstützung für seine Landsleute durchgeführt wurde. Diesbezüglich wird insbesondere auf die übereinstimmenden Aussagen aller auf der Baustelle dazu befragten Personen verwiesen.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragenen Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Vom Bw wird nicht bestritten, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durch die Firma x verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist.

 

5.2. Gemäß § 18 Abs.12 Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 (AuslBG), BGBl.Nr. 218/1975 idF BGBl.I 135/2009, ist für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

 

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs.1 Z1 bis 3 und Abs.2 des Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl.Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

 

Die zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs.3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistung in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs.3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.

 

Gemäß § 28 Abs.1 Z5 lit.b AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 18 Abs.12 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, in Anspruch nimmt, obwohl § 18 Abs.1 Z1 oder 2 nicht erfüllt ist und – im Fall der lit.b – auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde, und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis 50.000 Euro.

 

Im gegenständlichen Beweisverfahren konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, dass am Kontrolltag tatsächlich ein dem Regelungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unterliegendes Beschäftigungsverhältnis des kroatischen Staatsangehörigen Herrn x zur Firma x vorlag. Vielmehr bleiben nach Durchführung des Beweisverfahrens Zweifel an der Täterschaft des Bw. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bw spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

 

6. Aufgrund der Aufhebung der verhängten Strafe und der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Dr. Andrea Panny

 

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