Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101838/3/Bi/Fb

Linz, 17.05.1994

VwSen-101838/3/Bi/Fb Linz, am 17. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer unter dem Vorsitz Dris. Fragner sowie durch Dr. Weiß als Beisitzer und Mag. Bissenberger als Berichterin über die Berufung des G, vom 28. Februar 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 14. Februar 1994, VerkR12.704/1993-SJ, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Die Wortfolge "... mit Recht vermutet werden konnte, daß ..." im Spruch entfällt ebenso wie das Wort "vermutlich" im letzten Halbsatz.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz den Betrag von 2.800 S (20 % der verhängten Geldstrafe) als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG, §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.2 StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.2 und Abs.2a StVO 1960 eine Geldstrafe von 14.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 280 Stunden verhängt, weil er am 28. August 1993 um 5.22 Uhr im Gemeindegebiet Heiligenberg auf der Schaunberger Bezirksstraße bei Strkm 4,6 die von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht aufgrund der festgestellten Alkoholisierungssymptome berechtigt verlangte Alkomatentestprobe verweigert habe, zumal mit Recht vermutet werden habe können, daß aufgrund der festgestellten Symptome wie deutlicher Alkoholgeruch, Rötung der Bindehäute, schwankender Gang, undeutliche Sprache vermutet werden habe können, daß er kurz nach 4.30 Uhr des 28. August 1993 den PKW auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, zuletzt auf der Schaunberger Bezirksstraße bis zum Anhalteort, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenersatz von 1.400 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ohne Berufungsvorentscheidung vorgelegt wurde. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige, aus drei Mitgliedern bestehende Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich, weil in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe in den Morgenstunden des 28. August 1993 in einem PKW im Gemeindegebiet Heiligenberg neben der Bezirksstraße bzw am Waldesrand geschlafen, wobei sich im PKW noch ein Freund befunden habe. Plötzlich hätten zwei Gendarmeriebeamte des Postens Waizenkirchen die unverschlossene Wagentür geöffnet, sie aufgeweckt und über einen allfälligen Alkoholkonsum in der abgelaufenen Nacht befragt und hätten ihn schließlich zum Alkotest aufgefordert. Er habe diesen verweigert, weil er diese Maßnahme für nicht gerechtfertigt gehalten habe.

Die Erstinstanz sei von der Gesetzmäßigkeit dieser Maßnahmen der Gendarmerie überzeugt, obwohl der Gesetzgeber zweifelsfrei im § 5 Abs.2a StVO von einem gegenwärtigen bzw zukünftigen Handeln spreche. Der Bescheid bringe zum Ausdruck, daß § 5 Abs.2 StVO auch auf ein Handeln, das in der Vergangenheit gelegen sei, herangezogen werden könne und sage, daß nur entscheidend sei, ob die vermutete Alkoholbeeinträchtigung beim Lenken des Kraftfahrzeuges auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gegeben gewesen sei. Dazu werde auf zahlreiche Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen; allerdings werde keine einzige zitiert und aus der ihm zur Verfügung stehenden Judikatur könne eine solche auch nicht entnommen werden. Im Erkenntnis betreffend seine Maßnahmenbeschwerde gehe der unabhängige Verwaltungs senat auf den vorgebrachten Begriff der tätigen Reue insofern ein, als dies allenfalls im Straf- bzw Führerscheinentzugsverfahren von Bedeutung sein könne. Jeder Rechtsstaat habe in Strafgesetzen das Instrumentarium der rechtzeitigen tätigen Reue bzw Selbstanzeige, die zu Straffreiheit führe.

Er beantrage daher die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses, da eine Bestrafung nach § 99 Abs.1b nur bei Vorliegen der im § 5 StVO gegebenen Voraussetzungen denkmöglich sei.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

4.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt:

Der Rechtsmittelwerber besuchte in der Nacht vom 27. auf den 28. August 1993 in Eschenau/H. ein Zeltfest und lenkte gegen 4.30 Uhr den PKW O-4.799 auf der Schaunberger Bezirksstraße 1214 in Richtung Waizenkirchen, wobei sich im PKW noch ein Freund, der Zeuge Wolfgang Petermandl, befand. Bei km 4,6 zwischen Irrenedt und Maiden im Gemeindegebiet Heiligenberg stellte der Rechtsmittelwerber den PKW in einer Grundstückseinfahrt ab, legte sich auf den Rücksitz und schlief dort, bis er um 5.22 Uhr von den beiden Gendarmeriebeamten GI F und RI S geweckt wurde. Den beiden Beamten war der mit eingeschalteten Scheinwerfern abgestellte PKW mit den beiden schlafenden Personen darin aufgefallen, sodaß sie beschlossen, eine sicherheits- und verkehrsüberwachungsdienstliche Überprüfung durchzuführen.

Im Verlauf des Gesprächs stellten beide Beamte beim Rechtsmittelwerber, der laut seinen eigenen und den Angaben seines Beifahrers den PKW bis dorthin gelenkt hatte, Alkoholisierungssymptome, nämlich deutlichen Alkoholgeruch der Atemluft, gerötete Augenbindehäute, einen schwankenden Gang und eine undeutliche Sprache fest, wobei der Rechtsmittelwerber angab, beim Zeltfest seit 22.00 Uhr des Vorabends ca 4 Halbe Bier und 3 gespritzte Weißwein getrunken zu haben. Er wurde daraufhin von GI F aufgefordert, einen Alkotest mittels Alkomat durchzuführen, den er jedoch mit der Begründung verweigerte, er habe eine zu große Menge Alkohol konsumiert.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Verwaltungsübertretung begeht und zu bestrafen ist, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Gemäß § 5 Abs.2 leg.cit. sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

GI Faltyn ist zur Durchführung von Alkomatuntersuchungen speziell geschult und seitens der Erstinstanz ermächtigt.

Aus dem im Rahmen der Amtshandlung geführten Gespräch war zweifelsfrei zu entnehmen, daß der Rechtsmittelwerber dieser Umstand wurde nie bestritten -, den PKW vom Zeltfest in Eschenau bis Strkm 4,6 der Schaunberger Bezirksstraße 1214, sohin auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, gelenkt hat, wobei dieser nicht nur auffällige Alkoholisierungssymptome aufwies, sondern auch zugestand, beim Zeltfest bis 4.30 Uhr eine größere Menge Alkohol konsumiert zu haben. Die Vermutung, er könnte sich beim Lenken des Fahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand befunden haben, ist daher nachvollziehbar.

Entgegen dem Vorbringen des Rechtsmittelwerbers vertritt der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Judikatur die Rechtsauffassung, daß eine Aufforderung zur Atemalkoholuntersuchung nach dem Lenken des Fahrzeuges so lange möglich ist, als noch praktische Ergebnisse davon zu erwarten sind (vgl. Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, 92/02/0317, Erkenntnis vom 30. April 1992, 92/02/0128, uva).

Die Vermutung, daß sich der Fahrzeuglenker in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat, ist durch ein Zugeständnis, kurze Zeit vor Antritt der Fahrt Alkohol konsumiert zu haben, dann gerechtfertigt, wenn dieses Zugeständnis im Zeitpunkt der Amtshandlung dem Straßenaufsichtsorgan gegenüber erfolgte (vgl VwGH vom 21. Jänner 1987, 86/03/0173).

Daß der Alkotest einige Zeit nach Beendigung des Lenkens des Fahrzeuges verlangt werden kann, auch wenn der auffordernde Meldungsleger das Lenken selbst nicht beobachtet hat, ergibt sich ua aus dem Erkenntnis des VwGH vom 12. September 1986, 85/18/0147.

Die Voraussetzungen für die Aufforderung zum Alkotest waren im gegenständlichen Fall zweifellos gegeben, wobei aus dem im Akt befindlichen Lichtbild ersehen werden kann, daß der PKW neben der Bezirksstraße auf einer von dort zugänglichen Wiesenzufahrt abgestellt war. Für die Qualifikation einer Straße als solche mit öffentlichem Verkehr kommt es nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, sondern nur darauf, ob die Straße von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 31. Oktober 1990, 90/02/0123). Daß die Schaunberger Bezirksstraße eine solche mit öffentlichem Verkehr iSd § 1 Abs.1 StVO 1960 ist, steht wohl außer Zweifel.

Zusammenfassend gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß die Aufforderung des Meldungslegers zum Alkotest gerechtfertigt war, wobei kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß der Rechtsmittelwerber die Durchführung des Tests gerechtfertigt verweigert haben könnte. Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Die Änderung der Spruchformulierung ist gesetzlich begründet.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die von der Erstinstanz verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entspricht, wobei die wirtschaftlichen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers berücksichtigt wurden (Arbeitslosenunterstützung 7.500 S netto monatlich, keine Sorgepflichten, kein Vermögen). Erschwerend waren vor allem zwei einschlägige Vormerkungen aus den Jahren 1989 und 1990, die noch nicht getilgt sind.

Mildernd war kein Umstand. Die Tatsache, daß der Rechtsmittelwerber von sich aus vom Lenken des PKW Abstand genommen hat, nachdem ihm offensichtlich zu Bewußtsein gekommen war, daß er sich nicht in fahrtüchtigem Zustand befand, wäre allenfalls mildernd im Hinblick auf eine eventuelle Übertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 zu berücksichtigen gewesen, jedoch wurde dem Rechtsmittelwerber nie der Vorwurf des Lenkens eines Fahrzeuges in alkohol beeinträchtigtem Zustand gemacht - die Atemalkoholuntersuchung hätte ja eben diese Frage klären sollen. Eine Übertretung gemäß §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen schon gegeben, wenn das Fahrzeug nur in Betrieb genommen bzw solches versucht wird. Die Länge der Fahrstrecke bzw aus welchem Grund die Fahrt schließlich beendet wird, ist im Hinblick auf die Beurteilung eines Verhaltens als Verweigerung des Alkotests irrelevant und vermag auch den Unrechts- und Schuldgehalt dieser Übertretung nicht zu beeinflussen.

Auch sonstige im § 34 StGB angeführte Milderungsgründe waren nicht gegeben.

In Anbetracht seiner wirtschaftlichen Verhältnisse steht es dem Rechtsmittelwerber frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Geldstrafe in Raten zu bezahlen, anzusuchen.

Die verhängte Strafe liegt noch im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.1 leg.cit. sieht Geldstrafen von 8.000 S bis 50.000 S vor), wobei eine Herabsetzung aus general-, jedoch vor allem spezialpräventiven Gründen nicht in Erwägung zu ziehen war.

Der unabhängige Verwaltungssenat kann unter Abwägung dieser Umstände nicht finden, daß die Erstinstanz den ihr zustehenden Ermessensspielraum bei der Strafbemessung überschritten hätte. Offensichtlich ist dem Rechtsmittelwerber nur durch die Verhängung höherer Geldstrafen vor Augen zu führen, daß Alkoholdelikte zu den schwerwiegendsten Übertretungen der Straßenverkehrsordnung gehören und daß es angebracht wäre, seine Einstellung im Hinblick darauf grundlegend zu überdenken.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Kostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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