Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101872/13/Kei/Shn

Linz, 28.04.1995

VwSen-101872/13/Kei/Shn Linz, am 28. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des E, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 8. März 1994, Zl.VerkR3/4781/1993/Ei, Spruchpunkte b) (Übertretung der Straßenverkehrsordnung StVO) und c) (Übertretung des Kraftfahrgesetzes - KFG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. April 1995 zu Recht:

I: Der Berufung wird im Hinblick auf den Spruchpunkt b) in bezug auf die Schuld und auf die Strafe keine Folge gegeben. Im Hinblick auf den Spruchpunkt c) wird der Berufung stattgegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II: Der Berufungswerber hat im Hinblick auf den Spruchpunkt b) als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, ds 60 S, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Im Hinblick auf den Spruchpunkt c) sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, 51e, § 64 Abs.1 und 2 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber ua Strafen in den Höhen von ... b) 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) und c) 200 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, weil er "am 10. November 1993 um 00.15 Uhr den PKW auf der B 120 Scharnsteiner Straße im "(richtig: "in") "Gmunden, vom" (richtig: "von") "Baumgarten kommend, in Richtung Stadtzentrum gelenkt" habe und ... "b) bei km 4,100 der Bundesstraße den Gehsteig von seinem Beginn beim sogenannten 'Koasabauern' bis zum seinerzeit verunfallten PKW auf eine Länge von 25 m befahren" habe, wobei "c) die behördlichen Eintragungen, die Unterschrift und Stempel im Führerschein unkenntlich geworden" seien, "sodaß der Führerschein aus rechtlicher Sicht als ungültig anzusehen" gewesen sei.

Dadurch habe er Übertretungen - zu b) des § 8 Abs.4 StVO und zu c) des § 71 Abs.3 KFG - begangen, weshalb er - zu b) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO und zu c) gemäß § 134 Abs.1 KFG - zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 12. März 1994 (Samstag) zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 28. März 1994 (Montag) der Post zur Beförderung übergeben und fristgerecht (§ 33 Abs.2 AVG iVm § 24 VStG) erhoben wurde.

3. Da im angefochtenen Bescheid, die Spruchpunkte b) und c) betreffend, weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, hatte der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 8. April 1994, Zl.VerkR3/4781/1993/Ei, Einsicht genommen und am 4. April 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Berufungswerber hat am 10. November 1993 um ca 00.15 Uhr auf der B 120 (Scharnsteiner Straße) in Gmunden, von Baumgarten kommend, in Richtung Stadtzentrum den PKW gelenkt. Bei km 4,100 hat sich kurz vor der oa Zeit ein Verkehrsunfall mit Sach- und ohne Personenschaden ereignet. Die Gendarmeriebeamten Gruppeninspektor Helmut Gruber und Revierinspektor Valerian Apuchtin befanden sich an der Unfallstelle, in deren Bereich auch ein Gendarmeriefahrzeug abgestellt war. Der Berufungswerber hielt bei der Unfallstelle von sich aus an (er wurde nicht angehalten) und wollte seine Hilfe anbieten. Dabei fuhr er unmittelbar hinter dem am - von ihm aus gesehen - rechten Fahrbahnrand abgestellten Gendarmeriefahrzeug rechts ran und befuhr den Gehsteig auf einer Strecke von 25 Metern. Er hielt sein Fahrzeug knapp hinter dem ebenfalls rechts und teilweise am Gehsteig abgestellten verunfallten und beschädigten Fahrzeug an.

Im Zuge einer Kontrolle der Fahrzeugpapiere des Berufungswerbers wurde festgestellt, daß behördliche Eintragungen, die Unterschrift und Stempel im Führerschein unkenntlich gewesen seien.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 8 Abs.4 StVO ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahrstreifen, Radwegen und Geh- und Radwegen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern, verboten. Dieses Verbot gilt nicht für das Überqueren von Gehsteigen, Gehwegen, Radwegen, Radfahrstreifen und Geh- und Radwegen mit Fahrzeugen auf den hiefür vorgesehenen Stellen sowie für Arbeitsfahrten mit Fahrzeugen oder Arbeitsmaschinen, die nicht mehr als 800 kg Gesamtgewicht haben und für die Schneeräumung, die Bestreuung, die Reinigung oder Pflege verwendet werden.

Gemäß § 99 Abs.3 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer (lit.a) als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 2 oder 4 zu bestrafen ist.

Gemäß § 71 Abs.3 KFG ist ein Führerschein ungültig, wenn die behördlichen Eintragungen, Unterschriften oder Stempel unkenntlich geworden sind, das Lichtbild fehlt oder den Besitzer nicht mehr einwandfrei erkennen läßt oder Beschädigungen oder Merkmale seine Vollständigkeit, Einheit oder Echtheit in Frage stellen. Der Besitzer des ungültig gewordenen Führerscheines hat unverzüglich die Ausstellung eines neuen Führerscheines oder die Vornahme der erforderlichen Ergänzungen zu beantragen.

Gemäß § 134 Abs.1 erster Satz KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt.

4.2.1. Der in Punkt 3 angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen auf Grund der Ausführungen des Berufungswerbers und des Zeugen Gruppeninspektor G in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem O.ö.

Verwaltungssenat.

4.2.2. Zum Spruchpunkt b) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Hinsichtlich der Frage, ob der Berufungswerber den Gehsteig auf einer Strecke von - wie der Zeuge Gruppeninspektor G ausgeführt hat - 25 Metern oder - wie er selbst ausgeführt hat - 10 Metern befahren hat, wird den Ausführungen des Zeugen G Glauben geschenkt. Dies deshalb, weil dieser Zeuge einen glaubwürdigeren Eindruck gemacht hat und auch vor dem Hintergrund der Tatsache, daß er - im Unterschied zum Berufungswerber - der Wahrheitspflicht (§§ 49 und 50 AVG iVm § 24 VStG) unterliegt.

Im gegenständlichen Zusammenhang wurde der objektive Tatbestand des § 8 Abs.4 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO verwirklicht. Im Hinblick auf die subjektive Tatseite ist festzuhalten, daß ein Verschulden des Berufungswerbers vorliegt. Dieses wird - vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 5 VStG - als Fahrlässigkeit qualifiziert.

Da drei verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen aufscheinen, liegt nicht der Milderungsgrund des § 34 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG vor. Milderungsgründe sind nicht zutage getreten.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde - wie der Berufungswerber in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bekanntgegeben hat ausgegangen von folgenden Grundlagen: monatliches Einkommen 40.000 S brutto, Sorgepflichten für zwei Kinder, verheiratet (die Gattin bezieht kein Einkommen).

Die Höhe der Geldstrafe im Ausmaß von 300 S liegt deutlich im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist insgesamt - auch unter Berücksichtigung des Ausmaßes des Verschuldens und der Aspekte der Spezial- und Generalprävention - angemessen.

4.2.3. Zum Spruchpunkt c) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Dem Berufungswerber wurde - vor dem Hintergrund des klaren Wortlautes der Bestimmung des 2. Satzes des § 71 Abs.3 KFG durch die belangte Behörde nicht vorgeworfen, daß er nicht unverzüglich die Ausstellung eines neuen Führerscheines oder die Vornahme der erforderlichen Ergänzungen beantragt habe.

Diesbezüglich ist eine taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt worden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in den Erkenntnissen vom 19. Oktober 1978, 1664/75 Slg.9664A (verstärkter Senat) und vom 19. September 1984, Slg.11525A und in vielen anderen Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht, daß eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung unterbricht, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente bezogen hat. Das oa Manko konnte durch den O.ö. Verwaltungssenat wegen der eingetretenen Verfolgungsverjährung (§ 32 Abs.2 VStG, § 31 VStG) nicht nachgeholt und der Spruchpunkt c) des angefochtenen Straferkenntnisses nicht berichtigt werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Im gegenständlichen Zusammenhang wird auch auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 1978, Zl.1791/77 und vom 13. März 1979, Zl.en 3489 und 3490/78, hingewiesen, in denen zum Ausdruck gebracht wurde:

"In Anbetracht des Wortlautes des Abs.3 ist es erforderlich, im Detail festzustellen, welche behördlichen Eintragungen, Unterschriften oder Stempel unkenntlich geworden sind. Daß nämlich nicht jede Unkenntlichkeit (Unleserlichkeit) den Tatbestand erfüllt, ergibt sich aus dem weiteren Gesetzeswortlaut, daß nur solche Beschädigungen oder Merkmale die Ungültigkeit bewirken, die die Vollständigkeit, Einheit oder Echtheit des Führerscheines in Frage stellen." 4.3. Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß (Spruchpunkte I und II) zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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