Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101892/7/Weg/Ri

Linz, 09.12.1994

VwSen-101892/7/Weg/Ri Linz, am 9. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des Mag. P vom 28. März 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, vom 28.

März 1994, VerkR96/3173/1993, nach der am 6. Dezember 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z.1, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als im Wege des § 29a VStG zuständig gewordene Behörde hat mit mündlich verkündetem Straferkenntnis vom 28. März 1994, VerkR96/3173/1993, über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden verhängt, weil dieser am 14. Oktober 1993, um 9.30 Uhr, auf der Rohrbacher Bundesstraße Nr.127 bei Straßenkilometer 7,100 in Klingberg, Gemeinde Puchenau, mit dem PKW ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet ist, links überholt hat. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 50 S in Vorschreibung gebracht.

2. Begründet wird dieses Straferkenntnis im wesentlichen damit, daß der angelastete Tatbestand durch die dienstliche Wahrnehmung eines Gendarmeriebeamten erwiesen sei. Mit einer Bestrafung sei vorzugehen gewesen, weil nach den Umständen der Tat eine vorsätzliche Handlungsweise zu unterstellen sei, somit das Verschulden nicht als geringfügig bezeichnet werden könne. Ansonsten enthält das Straferkenntnis keine nähere Begründung.

3. Der Berufungswerber wendet unter Hinweis auf seine bisherigen Einspruchsangaben ein, es sei unrichtig, daß er im Bereiche des Vorschriftszeichens "Überholen verboten" überholt habe. Es sei lediglich der Fahrstreifenwechsel im Bereiche des Überholverbotes durchgeführt worden, wobei sich aber dieser Fahrstreifenwechsel eher dadurch ergeben habe, daß wegen des am Tatort befindlichen Baustellenbereiches eine unklare Bodenmarkierungssituation bestanden habe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Berufungswerbers sowie durch Vernehmung des Zeugen Rev.Insp. J anläßlich der mündlichen Verhandlung am 6. Dezember 1994, zu der ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschienen ist.

Auf Grund der angeführten Beweismittel ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Die Anzeige vom 17. Oktober 1993 wurde nicht von jenem Straßenaufsichtsorgan verfaßt, welches die Verkehrssituation beobachten konnte, sondern von einem anderen Gendarmeriebeamten, der jedoch selbst keine Wahrnehmungen über diesen Vorfall gemacht hat. Die von Bez. Insp. Z verfaßte Anzeige basiert auf einer mündlichen Mitteilung des Rev. Insp. Rauscher. Rev. Insp. R bekam die gegenständliche Anzeige niemals zu Gesicht. Es handelt sich also um eine Anzeige, die von einem Dritten mündlich mitgeteilt wurde. Daß es dabei zu Mißverständnissen und zu Fehlerquellen kommen kann, liegt auf der Hand.

Der zeugenschaftlich vernommene Rev. Insp. R konnte über manche Details auf Grund des langen Zeitablaufes naturgemäß keine verläßlichen Angaben mehr machen. So blieb der Standort des Gendarmeriebeamten unklar, desweiteren die genaue Situierung des Verkehrszeichens "Ende von Überholverboten und Geschwindigkeitsbegrenzungen" sowie die Anzahl der vom Beschuldigten überholten Fahrzeuge. Anläßlich der zeugenschaftlichen Vernehmung des Rev.Insp. R am 7. März 1994 wurde protokolliert, daß ein PKW innerhalb des Überholverbotsbereiches überholt worden sei. Anläßlich der mündlichen Verhandlung sprach der Zeuge davon, daß es sich eher um zwei PKW's gehandelt habe. Dabei habe der Berufungswerber knapp vor Ende des Überholverbotes das unmittelbar vor ihm fahrende Fahrzeug überholt, den diese Kolonne anführenden PKW jedoch erst später. Dies stellt einen gewissen Widerspruch zur Zeugenaussage vom 7. März 1994 dar. Hinsichtlich der Geschwindigkeiten, die vom überholten und vom überholenden Fahrzeug gefahren wurden, steht fest, daß eine Geschwindigkeitsüberschreitung durch den Beschuldigten allenfalls auf den letzten 20 m der Überholverbots- und Geschwindigkeitsbegrenzungsstrecke stattgefunden haben kann. Vor dem Überholmanöver fuhr nämlich die gesamte Fahrzeugkolonne gemessene 28 km/h, nach der 30 km/h Beschränkung fuhr der Beschuldigte weniger als 70 km/h. Der Abstand zwischen den einzelnen Fahrzeugen betrug im Baustellenbereich ca. 8 m - 10 m. Es müßte sich das angelastete Überholmanöver auf Grund der Situierung des Endes des Überholverbotes auf den letzten 20 m der Überholverbotsstrecke zugetragen haben. Dazu wäre es nötig gewesen, den Sicherheitsabstand von ca. 10 m aufzuholen.

Dies erscheint bei einem Beschleunigungsvermögen eines R11 selbst ohne Zuhilfenahme eines straßenverkehrstechnischen Sachverständigen schwer möglich. Es ist nämlich bei der Verringerung dieses Sicherheitsabstandes in diesen 20 m davon auszugehen, daß auch das überholte Fahrzeug die Geschwindigkeit zumindest beibehielt. Es kann also nach überschlagsmäßiger Durchrechnung dieser Verkehrssituation das Ende des Aufschließvorganges und somit der Beginn des Überholmanövers erst am Ende der Überholverbotsstrecke gewesen sein.

Es ist dem Berufungswerber lediglich anzulasten, den linken Fahrstreifen im Überholverbotsbereich benutzt zu haben. Dies stellt jedoch keine nach § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 zu ahndende Verwaltungsübertretung dar, weil unter Überholen lediglich das seitliche Vorbeibewegen zu verstehen ist.

Dies deckt sich auch mit der Aussage des Beschuldigten, einem Religions- und Lateinlehrer, der verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist und seit 17 Jahren unfallfrei und straffrei PKW's lenkt. Die Aussage des Beschuldigten kann im konkreten Fall nicht mit dem Hinweis, "ein Beschuldigter könne sich in jede Richtung verteidigen" abgetan werden.

Ein Lokalaugenschein war wegen der nunmehr völlig veränderten Situation im Tatortbereich nicht opportun.

Aus obgenannten Gründen wird demnach nicht als erwiesen angenommen, daß sich der Berufungswerber innerhalb des Überholverbotsbereiches an einem anderen PKW seitlich vorbeibewegte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Nachdem - wie ausgeführt - das dem Beschuldigten zur Last gelegte Überholmanöver nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit als erwiesen angenommen werden kann, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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