Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101896/7/Fra/Ka

Linz, 01.08.1994

VwSen-101896/7/Fra/Ka Linz, am 1. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Dipl.-Ing. W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14. März 1994, Zl.

VerkR3/4506/1991/Be/J, betreffend Übertretung des § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960, nach der am 6. Juni 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld mit der Maßgabe abgewiesen, daß im angefochtenen Spruch der Halbsatz beginnend mit "obwohl" wie folgt zu lauten hat: ".....

obwohl in diesem Bereich aufgrund des Vorschriftszeichens "Überholen verboten" mit der Zusatztafel gemäß § 54 Abs.5 lit.i StVO 1960 das Überholen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen, ausgenommen Zugmaschinen, Motorkarren und selbstfahrende Arbeitsmaschinen, verboten ist." Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) herabgesetzt wird.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz ermäßigt sich auf 50 S. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 44a und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 2. November 1991 um 14.10 Uhr auf der B 122, Voralpenstraße, bei Strkm.63,80 in Heiligenkreuz im Gemeindegebiet von Sattledt den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt und ein mehrspuriges Kraftfahrzeug, nämlich einen PKW mit Anhänger überholt hat, obwohl in diesem Bereich das Überholen - ausgenommen von Traktoren aufgrund des Vorschriftszeichens "Überholen verboten" mit der Zusatztafel "ausgenommen Traktoren" verboten ist.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Kostenbeitrages in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

I.2. Dagegen richtet sich die fristgerecht bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Diese legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch eines seiner Mitglieder entscheidet (§ 51c VStG).

Beweis wurde aufgenommen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 6. Juni 1994.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Beschuldigte bestreitet die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung und beantragt die Einstellung des gegenständlichen Verfahrens. Er begründet sein Rechtsmittel damit, daß er zur Tatzeit einen Traktor (Zugmaschine mit Anhänger) überholt habe und niemals einen PKW der Marke "Mercedes" mit Anhänger. Er habe auch keinen gesehen. Die gegenständlichen Überholverbotstafeln tragen weiße Täfelchen mit dem Hinweis: "Zugmaschinen frei!" Demzufolge dürfte er den Traktor mit Anhänger überholen und habe daher keine Gesetzesübertretung begangen. Schon am 27. November 1992 in Wels (Bezirkshauptmannschaft) und am 29. Mai 1992 bei der Bundespolizeidirektion Salzburg habe er vom Überholen eines Traktors mit Anhänger gesprochen und eine genaue Beschreibung des Traktors, des Lenkers sowie des Anhängers gegeben (Traktor, altes Baujahr, geringe PS, kleine Type; Anhänger neu, vierrädrig, aber kurz und niedrig, mit schöner grünlackierter Bordwand, ca. 30 cm bis 40 cm hoch). Dies könne er und sein neben ihm damals mitfahrender Sohn unter Eid bringen. Weiters verweise er auf die Widersprüchlichkeit der Strafverfügung vom 2.4.1992 (BH Wels-Land) und dem nunmehrigen Straferkenntnis der BH Wels-Land.

Demgegenüber hat der bei der Berufungsverhandlung als Zeuge einvernommene Meldungsleger Bez.Insp. K, Gendarmerieposten Sattledt, angegeben, von seinem Standort bei Str.km.63,80 eindeutig wahrgenommen zu haben, daß der Beschuldigte mit dem von ihm gelenkten PKW einen in der gleichen Richtung fahrenden PKW links überholt hat, weshalb er diesem Fahrzeuglenker nachfuhr. Beim Gasthaus H im Ortsgebiet von Sattledt konnte er das Fahrzeug einholen, überholte es, hielt den Lenker mittels Anhaltestab an und wollte über diesen wegen der Mißachtung des Überholverbotes ein Organmandat von 500 S verhängen. Der Lenker (es handelte sich um den Berufungswerber) erklärte sich auch vorerst bereit, diese Strafe bezahlen zu wollen. Als sich sein Beifahrer in die Amtshandlung einmengte, nahm jedoch der Meldungsleger aufgrund des Erregungszustandes des Berufungswerbers von der Verhängung eines Organmandates Abstand und setzte diesen von der Erstattung der Anzeige in Kenntnis.

Der Berufungswerber blieb im Rahmen der Berufungsverhandlung bei seiner Rechtfertigung, gab auch an, daß der Traktor mit Anhänger von einem Güterweg rechts gekommen sei und meinte vorerst auch, daß die Amtshandlung gar nicht der Meldungsleger selbst, sondern ein von diesem per Funk herbeigerufener Kollege durchführte, konzedierte jedoch in der Folge, daß es doch der Meldungsleger war, der ihn mit dem Dienstfahrzeug einholte und sodann die Amtshandlung allein durchführte.

Insoweit nun die Versionen des Meldungslegers einerseits und des Berufungswerbers andererseits kontroversiell sind, folgt der unabhängige Verwaltungssenat aus folgenden Gründen den Darstellungen des Meldungslegers: Vorerst ist festzustellen, daß dem Meldungsleger als einem geschulten Straßenaufsichtsorgan grundsätzlich die objektive Feststellung und Wiedergabe eines Sachverhaltes wie dem gegenständlichen zumutbar ist. Beim Ortsaugenschein konnte festgestellt werden, daß in dem Bereich, wo der Meldungsleger Außendienst versah, die Wahrnehmung des gegenständlichen Sachverhaltes auch möglich ist. Die Aussagen des Meldungslegers bei der Berufungsverhandlung sind auch mit seinen ursprünglichen Angaben in Einklang zu bringen. Insoweit dem Meldungsleger Details nicht mehr erinnerlich waren, tut dies seiner Glaubwürdigkeit keinen Abbruch, zumal der Vorfall bereits 2 1/2 Jahre zurückliegt.

Es ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, daß der Meldungsleger lt. seinen Darlegungen an der besagten Stelle aufgrund ihrer Gefährlichkeit oftmals Außendienst versieht und immer wieder diesbezüglich Anzeigen zu schreiben hat.

Was die Argumentation und das Verhalten des Beschuldigten anlangt, so ist vorerst festzuhalten, daß dieser bei der Amtshandlung ursprünglich bereit war, den von ihm verlangten Organmandatsbetrag zu bezahlen. Aufgrund der Lebenserfahrung kann davon ausgegangen werden, daß ein Fahrzeuglenker, welcher sich zu Unrecht einer Gesetzesübertretung beschuldigt fühlt, im allgemeinen nicht geneigt ist, für das ihm zur Last gelegte Verhalten, Strafe zu bezahlen. Im konkreten Fall hatte der O.ö. Verwaltungssenat bei der Berufungsverhandlung den Eindruck gewonnen, daß es sich beim Berufungswerber um einen Staatsbürger handelt, der selbstbewußt seine Rechtsposition vertritt. Es verwundert daher, daß er bei der Amtshandlung mit dem Meldungsleger vorerst die Organstrafverfügung bezahlen wollte, wenn er die ihm zur Last gelegte Übertretung - wie er im Verfahren behauptet - nicht gesetzt hat. Der Berufungswerber hat sich bei der Amtshandlung dahin gerechtfertigt, das entsprechende Vorschriftszeichen "Überholen verboten" übersehen zu haben.

Erstmals in der Einvernahme am 1.6.1992 bei der BPD Salzburg ist von einem Überholen eines Traktors mit Anhänger die Rede. Der Berufungswerber konzediert, sich diese Strecke nochmals angesehen zu haben und dabei die in Rede stehende Zusatztafel bemerkt zu haben. In seinem Rechtsmittel gegen das angefochtene Straferkenntnis führt er nun detailliert aus, welchen Traktor er überholt hat und kann sich sogar an die Höhe der Bordwand genau erinnern. Nun ist es mit den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht in Einklang zu bringen, daß sich ein Fahrzeuglenker nach so langer Zeit an derartige Details erinnern kann, ohne vorher darüber etwas erwähnt zu haben. Bei der Beweiswürdigung ist weiters der Umstand zu bedenken, daß der Meldungsleger seine Aussagen unter Wahrheitspflicht tätigte, bei deren Verletzung er mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hat, der Berufungswerber hingegen sich doch so verantworten kann, wie es für ihn am günstigsten erscheint, ohne daß er deshalb Rechtsnachteile zu befürchten hätte. Hinzu kommt der Umstand, daß der Berufungswerber in seinem Rechtsmittel angedeutet hat, daß auch sein Sohn an Eidesstatt erklären könne, daß seine Version den Tatsachen entspreche. Er hatte jedoch den Namen und die Anschrift seines Sohnes nicht bekanntgegeben. Der Sohn ist auch zur Berufungsverhandlung nicht erschienen und es wurde auch dem unabhängigen Verwaltungssenat keine Stellungnahme des Sohnes - obwohl angedeutet - übermittelt.

Zusammenfassend kam daher der unabhängige Verwaltungssenat aufgrund der oben dargelegten Erwägungen zur Auffassung, daß die dem Berufungswerber zur Last gelegte Übertretung eindeutig als erwiesen festzustellen ist. Die Spruchmodifizierung erfolgte zur präziseren Anpassung unter den inkriminierten Tatbestand.

Was die Strafe anlangt, so war ausschlaggebend für die Herabsetzung vor allem der Milderungsgrund der absoluten verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers. Dies hat die Erstbehörde nicht berücksichtigt. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist die nunmehr verhängte Strafe tat- und schuldangemessen. Sie beträgt 5 % des gesetzlichen Strafrahmens und es bedarf wohl keiner näheren Erörterung, daß die Strafe in dieser Höhe dem Berufungswerber auch im Hinblick auf seine sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse zumutbar ist, wobei der O.ö. Verwaltungssenat entgegen der Annahme der Erstbehörde von einer monatlichen Pension in Höhe von 27.000 S, Vermögenslosigkeit und Nichtvorhandensein von Sorgepflichten (siehe Vernehmung des Beschuldigten vom 1.6.1992) ausgeht.

II. Der Kostenausspruch ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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