Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101897/8/Weg/Ri

Linz, 05.07.1994

VwSen-101897/8/Weg/Ri Linz, am 5. Juli 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 1. Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des F gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. März 1994, VerkR96-218-1994-Sch, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird F o l g e gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 15.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen verhängt, weil dieser am 17. November 1993 gegen 2.10 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der B148 aus Richtung Ort im Innkreis kommend in Richtung Altheim bis zur Straßenkreuzung bei Kilometer 10,0 und in weiterer Folge durch das Ortsgebiet von Moosham bis nach Altheim, in der Brucknergasse, Höhe der Einfahrt zum Parkplatz hinter dem Haus Marktplatz 27 gelenkt hat und sich am 17. November 1993 um 2.30 Uhr in Altheim, Brucknergasse, auf Höhe der Einfahrt zum Parkplatz hinter dem Haus Marktplatz Nr. 27 gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, einem Gendarmeriebeamten, geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl auf Grund von Alkoholsierungsmerkmalen vermutet werden konnte, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.500 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen wendet der Berufungswerber sinngemäß ein, er sei zwar - wie sich später herausstellte - von einem Gendarmeriebeamten zum Alkotest aufgefordert worden. Dieser Gendarmeriebeamte war aber auf Grund seiner äußeren Erscheinung nicht erkennbar, zumal er keine Uniform trug sondern Zivilkleidung und er sich weder durch die Vorweisung eines Dienstausweises noch sonst einwandfrei in Dienst gestellt hat. Es sei also wegen der fehlenden "Indienststellung" die Funktion als Organ der Straßenaufsicht nicht vorgelegen, weshalb keine Berechtigung bestand, ihn zum Alkotest aufzufordern.

3. Infolge des ausdrücklichen Verzichtes auf eine Berufungsverhandlung wurde Beweis aufgenommen durch Einsicht in den Akt, hier insbesondere in die Anzeige vom 7. Jänner 1994 und die niederschriftlich aufgenommene Zeugenvernehmung des Anzeigers Insp. M vom 23. Februar 1994.

Dabei fällt auf, daß sich der Vorfall bereits am 17.

November 1993 zugetragen hat, während die Anzeige erst am 7. Jänner 1994 erstattet wurde. Über die Hintergründe dieser Verzögerung enthält der Akt keinen Hinweis.

Entsprechend der Anzeige hat M, von Beruf Gendarmeriebeamter, in seiner Freizeit mit seinem PKW, den er neben der B148 bei Kilometer 4,4 geparkt hatte, um 2.10 Uhr des 17. November 1993 einen PKW aus Richtung Ort im Innkreis auf sich zufahren gesehen. Dieser PKW hat H passiert, hielt nach kurzer Entfernung an und fuhr wieder zum Abstellort bei Kilometer 4,4 zurück und leuchtete mit dem Fernlicht in den abgestellten PKW, in welchem H saß. Nach ca. 4 Minuten fuhr dann H mit seinem PKW vom Abstellort in Richtung Straßenkreuzung, worauf es in der Folge zu mehrfachen Behinderungen durch den Beschuldigten kam. Diese mehrfachen Behinderungen stellen ebenfalls Verwaltungsübertretungen dar und sind aus diesem Verfahren ausgeklammert. Bei Straßenkilometer 10,0 der B148, also nach ca. 5,6 Kilometer, hielt H sein Fahrzeug an und deutete dem nach rechts blinkenden Beschuldigten, daß er anhalten sollte. Dabei kam es zwischen den beiden zu einer Diskussion, wobei H anführte, er sei Gendarmeriebeamter. Dabei hat H auch erklärt, er werde den Beschuldigten auf Grund dessen Fahrweise zur Anzeige bringen. In der Folge trafen sich beide vor dem Gendarmeriegebäude in Altheim, wobei in der letzten Phase der Beschuldigte dem Privatfahrzeug des in Zivilkleidung befindlichen Gendarmeriebeamten folgte. Da nun eindeutige Anzeigen einer Alkoholisierung feststellbar gewesen seien, habe Haslehner als vorbeugende Zwangsmaßnahme durch das halb geöffnete Fenster greifen und den Fahrzeugschlüssel abziehen wollen. Außerdem wurde L zur Vornahme eines Alkotestes aufgefordert. Diesen verweigerte er jedoch, startete sein Fahrzeug und fuhr weg.

Nach den Angaben in der Anzeige erfolgte die Indienststellung des Beamten bei Kilometer 10,0 der Altheimer Bundesstraße, wo der sich als Gendarmeriebeamter ausgebende Anzeiger dem Beschuldigten erklärte, daß gegen ihn Anzeige erstattet werde.

In der Anzeige selbst ist nicht angeführt, welche Alkoholisierungssymptome H festgestellt hat. Es ist in der Anzeige auch nicht aufgezeigt, daß der Beschuldigte bei der angeblichen Indienststellung dem sich als Gendarmeriebeamten ausgebenden H folgen sollte.

Erst anläßlich der niederschriftlichen Vernehmung vor der Behörde führt H aus, daß er die Alkoholisierung des Beschuldigten wegen dessen Alkoholgeruchs vermutet habe. Zur Indienststellung führt er zeugenschaftlich befragt aus, daß ihn der Beschuldigte fragte, ob er ein "Kieberer" sei, worauf er geantwortet habe: Ja, er sei Gendarmeriebeamter und werde ihn als solcher wegen dieser Fahrweise anzeigen.

Durch diese Äußerung habe er sich - so Haslehner - in Dienst gestellt. Nicht in der Anzeige, sondern in der Niederschrift, führt Haslehner desweiteren an, er habe schon bei Kilometer 10,0 den Beschuldigten aufgefordert, ihm zwecks Fortführung der Amtshandlung zum Gendarmerieposten Altheim zu folgen. Dieser Aufforderung sei jedoch der Genannte nicht nachgekommen.

Es steht fest, daß sich der in Zivilkleidung mit seinem Privat-PKW zu nächtlicher Stunde unterwegs befindliche Gendarmeriebeamte H einerseits nicht auswies und andererseits auch keinen Versuch machte, seine Eigenschaft als Straßenaufsichtsorgan etwa dadurch zu unterstreichen, daß er anläßlich des Zusammentreffens vor dem Posten Altheim den Beschuldigten aufgefordert hätte, ihm auf das Wachzimmer, zu dem er einen Schlüssel hatte, zu folgen, um damit zu dokumentieren, daß er tatsächlich ein sich in Dienst gestellter Gendarmeriebeamter war.

4. Über diesen Sachverhalt hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 besteht die Berechtigung zur Aufforderung zum Alkotest und vice versa die Verpflichtung hiezu nur dann, wenn diese Aufforderung von einem Organ der Straßenaufsicht ausgesprochen wurde.

Eine Judikatur zur Frage der Indienststellung iSd § 5 Abs.2 StVO 1960 ist nicht vorliegend, jedoch eine solche zu § 97 StVO 1960. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 1989, 87/02/0144, ist die Indienststellung eines Gendarmeriebeamten gegeben, wenn dieser sich die Uniform anzieht und in der Folge einen Verkehrsunfall aufnimmt. Dieses Aktes (nämlich Anziehen der Uniform) bedarf es nach einem anderen Erkenntnis allerdings nicht. Eines besonderen Formalaktes oder einer besonderen Formel bedarf es ebenso nicht, es genügt die Wahrnehmbarkeit, daß der Beamte auf Grund seiner dienstlichen Stellung tätig wird.

Diese Wahrnehmbarkeit war aber im gegenständichen Fall nicht gegeben oder zumindest nicht zweifelsfrei gegeben. Die Bemerkung einer Privatperson, sie sei Gendarmeriebeamter und werde als solcher Anzeige erstatten, reicht nicht aus, sich (für den Betroffenen) zweifelsfrei in Dienst zu stellen. Es ist dies eine Berufsbezeichnung, die im übrigen für den Beschuldigten in dieser Situation nicht verifizierbar war.

Es ist auf Grund des Verhaltens des Berufungswerbers (der Anzeiger und er haben sich nach der ersten Anhaltung aus den Augen verloren und trotzdem folgte der Berufungswerber dem Gendarmeriebeamten) eher anzunehmen, daß er die Aussage des Gendarmeriebeamten nicht für bare Münze hielt, ansonsten er sich - falls er wirklich alkoholisiert gewesen sein sollte nach den Wahrscheinlichkeiten des täglichen Lebens wohl eher nicht auf die neuerliche Verfolgung des Privat-PKWs des Anzeigers eingelassen hätte. Vor dem Gendarmerieposten in Altheim ist hinsichtlich einer allfälligen Indienststellung keine wie immer geartete Bemerkung gemacht worden, vor allem nicht, daß die sich vorher als Gendarmeriebeamte ausgebende Zivilperson nunmehr ein sich in Dienst gestellt habendes Straßenaufsichtsorgan sei.

Die an § 5 Abs.2 und § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 geknüpften Rechtsfolgen sind derart gravierender Natur, daß Grundvoraussetzung für die Berechtigung der Aufforderung zum Alkotest und umgekehrt die Verpflichtung zur Befolgung desselben sein muß, daß dieses Organ der Straßenaufsicht eindeutig und objektiv als solches erkennbar ist.

Da hinsichtlich der Erkennbarkeit und Wahrnehmbarkeit des in Zivilkleidung und in einem Zivilfahrzeug aufgetretenen Anzeigers als Organ der Straßenaufsicht zumindest Zweifel bestehen, war iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG der Berufung Folge zu geben und das Verfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Der Vorsitzende der 1. Kammer:

Dr. Guschlbauer

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