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des Landes Oberösterreich
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VwSen-101559/16/Weg/Ri

Linz, 10.11.1994

VwSen-101559/16/Weg/Ri Linz, am 10. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung der Barbara T i c k e r t vom 4. Oktober 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d.Krems vom 23. September 1993, VerkR96/1208/1993/Bi/Hu, nach der am 14. September 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß das Faktum 1 zu lauten hat:"...Beim Zeichen 'Halt' des Verkehrspostens (Arme waren gemäß § 37 Abs.6 StVO 1960 gesenkt) nicht vor dem Verkehrsposten angehalten hatten....." II. Neben dem Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz hat die Berufungswerberin als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 160 S (20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51i ind § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 37 Abs.3 iVm § 37 Abs.6 StVO 1960 und 2.) § 17 Abs.3 StVO 1960 Geldstrafen von jeweils 400 S und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 12 Stunden verhängt, weil diese am 26. Februar 1993 um 7.28 Uhr den PKW, Datsun Cherry, Kennzeichen O-545.665, auf der Bahnhofstraße, Kreuzung Dr. Schauer-Straße, im Ortsgebiet von Wels in westliche Richtung gelenkt hat, wobei sie 1.) beim Zeichen Halt des Verkehrspostens (Arme gemäß § 37 Abs.6 StVO 1960 gesenkt) nicht vor der Kreuzung angehalten hat und 2.) an einem Fahrzeug, welches vor einem Schutzweg angehalten hatte, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, vorbeigefahren ist.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 80 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen wendet die Berufungswerberin unter Hinweis auf Ihre Einspruchsangaben vom 9. April 1993 in ihrer rechtzeitigen Berufung vom 4. Oktober 1993 sinngemäß ein, daß sie die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht begangen habe. Sie sei weder an einem Verkehrsposten, der den Schutzweg im Sinne des § 37 Abs.3 iVm Abs.6 abgesperrt haben soll, vorbeigefahren und sei auch an keinem Fahrzeug, welches vor einem Schutzweg angehalten gehabt haben soll, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, vorbeigefahren. Die Berufungswerberin beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses bzw. die Durchführung eines Lokalaugenscheines.

3. In Befolgung des Antrages der Berufungswerberin wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung mit einem Lokalaugenschein anberaumt und am 14. September 1994 durchgeführt. Anläßlich dieser Verhandlung, zu der ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschienen ist, wurde einerseits die Berufungswerberin und andererseits der den konkreten Sachverhalt beobachtet habende Zeuge Bez.Insp.

Hans Peter Anzengruber einvernommen.

Die Berufungswerberin führte aus, sie sei im Zeitraum um den 26. Februar 1993 insgesamt an zehn verschiedenen Tagen an der Tatörtlichkeit vorbeigefahren. Sie hätte nämlich zehn ärztliche Termine zu befolgen gehabt, wobei die gegenständliche Fahrt anläßlich des achten Arzttermines stattgefunden habe. Sie sei immer etwa um die selbe Uhrzeit gefahren, weil der Arzttermin auch immer um die selbe Zeit gewesen sei. Sie habe damals zwar einen Polizisten gesehen, dieser sei jedoch nicht auf der Fahrbahn gestanden, sondern auf dem Gehsteig und zwar - in ihrer Fahrtrichtung gesehen auf der linken Seite, also gegenüber dem Bahnhof Wels. Sie habe den Schutzweg überquert, weil keine Fußgänger diesen überqueren wollten und weil auch dieser Polizist den Schutzweg nicht abgesperrt habe. Es seien zu diesem Zeitpunkt auch keine anderen Fahrzeuge im Bereich des Schutzweges gestanden, sodaß sie auch an keinem vor einem Schutzweg anhaltenden Fahrzeug vorbeigefahren sein könne.

Sie sei mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h gefahren und habe nach dem Passieren der folgenden Kreuzung noch in den Rückspiegel geblickt und dabei feststellen können, daß keine weiteren Fahrzeuge zu sehen gewesen sind und auch keine Fußgänger. Sie habe bei diesem Blick in den Rückspiegel bemerkt, daß der Polizist ihr nachschaue. Die Fahrbahn sei damals nicht schneebedeckt gewesen. Es müsse sich also um einen Irrtum des Polizisten oder um eine Verwechslung handeln.

Zu diesen Ausführungen im Zuge der mündlichen Verhandlung ist zu bemerken, daß diese nur zum Teil mit den Ausführungen im Einspruch vom 9. April 1993 übereinstimmen. In diesem Einspruch hat die Berufungswerberin angeführt, daß ein Polizist am linken Fahrbahnrand gestanden sei, um Kindern das Betreten der Fahrbahn zu verwehren. In der Aussage bei der mündlichen Verhandlung dagegen führt die Berufungswerberin aus, es hätten überhaupt keine Fußgänger den Schutzweg überquert bzw. überqueren wollen.

Der zeugenschaftlich vernommene Meldungsleger führt aus, er sei am gegenständlichen Tag mit der Überwachung des Schutzweges vor dem Hauptbahnhof beauftragt gewesen. Um diese Zeit kämen vor allem Schüler mit den verschiedenen Zügen an und überqueren daraufhin den Schutzweg vom Bahnhof weg und nicht zum Bahnhof hin. Er sei keinesfalls auf der linken Seite der Fahrbahn gestanden sondern etwa in der Mitte, um den vom Bahnhof kommenden Schülern, die zuerst die rechte Fahrbahnseite zu überqueren hätten, eben ein gefahrloses Überqueren zu ermöglichen. Es hätten zum Tatzeitpunkt etwa 30 Fußgänger den Schutzweg überquert. Er habe zuerst die Arme quer zu beiden Fahrtrichtungen gehalten und in der Folge (nachdem nämlich sowohl auf der rechten Fahrbahnseite als auch auf der linken Fahrbahnseite je ein Fahrzeug angehalten hat) die Arme gesenkt, jedoch weiterhin mit Brust und Rücken zu den Fahrtrichtungen gestanden. Schon am Ende des Querungsmanövers durch die Fußgänger - er wollte die Sperre gerade aufheben - sei dann ein Fahrzeuglenker einerseits an ihm und anderseits an einem Fahrzeug, daß angehalten hatte, um eben den Fußgängern das Überqueren zu ermöglichen, vorbeigefahren. Die Heranfahrt dieses PKW-Lenkers habe er deshalb nicht wahrnehmen können, weil er mit dem Rücken zur Fahrtrichtung stand. Der PKW-Lenker habe beim Überqueren des Schutzweges keine Personen gefährdet und sei die Fahrgeschwindigkeit minimal (ca. 20 km/h gewesen).

Ein Anhalten dieses PKW-Lenkers sei nicht mehr möglich gewesen, er habe jedoch das Kennzeichen notiert. Er habe nicht erkennen können, ob der Lenker männlich oder weiblich gewesen sei. Die Fahrbahn sei damals mit Schnee bedeckt gewesen.

Das Vorbeifahren der PKW-Lenkerin einerseits am angehalten habenden Fahrzeug auf der Bahnhofseite, als auch an jenem Fahrzeug, das auf der gegenüberliegenden Seite angehalten hat, sei deswegen problemlos gewesen, weil die Abstände zum Schutzweg relativ groß gewesen seien, wobei insbesondere das Fahrzeug, das gegenüber dem Bahnhof angehalten hat wegen der dort befindlichen folgenden Kreuzung ca. 30 m bis 40 m vor dem Schutzweg angehalten habe.

Der anschließende Lokalaugenschein ergab, daß der vom Meldungsleger dargestellte Sachverhalt sich in dieser Form durchaus zugetragen haben könnte.

Bei der Gegenüberstellung und Bewertung der divergierenden Aussagen war jenen des Meldungslegers beizutreten.

Dies aus folgenden Gründen: Der Meldungsleger ist ein seit 12 Jahren mit der Verkehrsüberwachung befaßtes Aufsichtsorgan und als solches zweifelsohne so routiniert, daß er derart einfache Verkehrsvorgänge einwandfrei in der Lage zu beobachten ist. Dies trifft auch auf die Kennzeichenablesung zu. Der Meldungsleger hat in völliger Übereinstimmung zur Anzeige und zur Zeugenaussage vor der ersten Instanz den Vorfall geschildert und es ist für die erkennende Behörde kein Grund ersichtlich, warum er falsch aussagen sollte und sich damit strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen würde.

Der Berufungswerberin, einer 66-jährigen Dame, wird in diesem Zusammenhang keineswegs unterstellt, die Unwahrheit gesagt zu haben. Es wird eher angenommen, daß sie die gegenständliche Fahrt nicht mehr in Erinnerung hatte, sondern der von ihr geschilderte Vorfall bei einer der neun anderen Fahrten stattgefunden hat. Eine derartige Verwechslung ist umso leichter möglich, je später eine Konfrontation mit dem Sachverhalt erfolgt. Die erste Konfrontation mit dem angelasteten Sachverhalt erfolgte später als ein Monat nach der Tat, sodaß ein Irrtum bzw. eine Verwechslung mit einer der neun anderen Fahrten nicht nur möglich sondern in Anbetracht der Schilderungen des Meldungslegers auch wahrscheinlich ist.

Es wird also jener Sachverhalt als erwiesen angenommen, den das zeugenschaftlich vernommene Straßenaufsichtsorgan geschildert hat, ohne jedoch der Berufungswerberin vorzuhalten, bewußt die Unwahrheit gesagt zu haben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 1:

Hält ein auf der Fahrbahn stehender Verkehrsposten beide Arme quer zu beiden Fahrtrichtungen, so gilt dies als Zeichen für "Halt" für den Verkehr in diesen Fahrtrichtungen. Bei diesen Zeichen haben die Lenker der in diesen Fahrtrichtungen fahrenden Fahrzeuge vor dem Verkehrsposten, wenn das Zeichen jedoch auf einer Kreuzung gegeben wird, vor der Kreuzung anzuhalten (§ 37 Abs.3 StVO 1960).

Gemäß § 37 Abs.6 StVO 1960 darf ein Verkehrsposten, nachdem er die Armzeichen gemäß Abs.3 gegeben hat, die Arme wieder senken. In diesem Fall sind die senkrecht zur Brust und zum Rücken des Verkehrspostens verlaufenden Fahrtrichtungen gesperrt.

Der als erwiesen angenommene Sachverhalt läßt sich unschwer unter die eben zitierten gesetzlichen Bestimmungen subsumieren, allerdings mit der Maßgabe, daß der Berufungswerberin nicht angelastet werden kann, vor der Kreuzung nicht angehalten zu haben, sondern vor dem Verkehrsposten. Der Verkehrsposten wollte nämlich mit seiner Zeichengebung keinesfalls die Kreuzung sperren, sondern lediglich den Schutzweg. Diese Spruchkonkretisierung ist im gegenständlichen Fall zulässig, weil innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist, nämlich beispielsweise anläßlich der zeugenschaftlichen Vernehmung des Bez. Insp. Anzengruber am 12. Mai 1993, der Sachverhalt in der nunmehr konkretisierten Form geschildert wurde.

Zum Faktum 2:

Gemäß § 17 Abs. 3 StVO 1960 ist das Vorbeifahren an Fahrzeugen, die vor einem Schutzweg anhalten, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, verboten.

Auf Grund des oben angeführten und als erwiesen angenommenen Sachverhaltes steht fest, daß die Berufungswerberin der eben zitierten Vorschrift zuwider gehandelt hat.

Es sind sohin hinsichtlich der objektiven Tatbilder beide Verwaltungsübertretungen gesetzt worden. Auch die subjektive Tatseite war als gegeben anzunehmen, zumal keine Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgründe vorliegen.

Sowohl die Verletzung des § 37 Abs.3 iVm Abs.6 StVO 1960 als auch die des § 17 Abs.3 StVO 1960 stellt eine nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 zu ahndende Verwaltungsübertretung dar. Die gesetzlich vorgesehene Geldstrafe beträgt für jede der beiden Übertretungen bis zu 10.000 S.

Die verhängten Geldstrafen von jeweils 400 S liegen im untersten Bereich des Strafrahmens und es ist darin von der Bezirksverwaltungsbehörde bereits ausreichend berücksichtigt worden, daß die Berufungswerberin keine Fußgänger gefährdet hat. Der Milderungsgrund der Unbescholtenheit kommt der Berufungswerberin nicht zugute, da aus dem Jahre 1992 eine verkehrsrechtliche Vormerkung aufscheint. Im übrigen wird hinsichtlich der Strafbemessung den Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses beigetreten.

5. Die Kostenentscheidung ist eine gesetzlich (§ 64 Abs.1 und Abs.2 VStG) vorgeschriebene Folge der gegenständlichen Entscheidung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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