Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101964/7/Fra/Ka

Linz, 12.07.1994

VwSen-101964/7/Fra/Ka Linz, am 12. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des J , gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 24. März 1994, AZ.VU/P/881/93 L, betreffend Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z3 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die BPD Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 17.

März 1993 gegen 11.30 Uhr in Linz, auf der Unionstraße, aus Richtung Hanuschstraße kommend, zur Kreuzung Wienerstraße Unionstraße - Hamerlingstraße, diese in gerader Richtung überquerend als Lenker des Kombi, beim Fahren hinter einem Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten hat, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Kostenbeitrages in Höhe von 10 % der verhängten Strafe (80 S) verpflichtet.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht durch die ausgewiesenen Vertreter des Beschuldigten bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Diese sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch eines seiner Mitglieder entscheidet (§ 51c VStG).

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.1 VStG abgesehen werden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Um dem Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, genügt es nicht, die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat auf den reinen Wortlaut der Gesetzesvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu beschränken. Der oben zitierten Bestimmung kann nicht abgeleitet werden, daß es bei der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat trotz mehrerer unter einen einzigen Tatbestand subsumierbarer Verhaltensweisen genügt, die verba legalia der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften anzuführen (vgl. VwGH 18.11.1983, 83/02/0128). Der O.ö. Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß es im gegenständlichen Fall zur Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a VStG bedurft hätte, in den Schuldspruch die vom Beschuldigten gefahrene Geschwindigkeit und den von ihm zum vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehaltenen Abstand in den Schuldspruch aufzunehmen, denn es genügt nicht, durch die Bescheidbegründung die Umschreibung der im Spruch als erwiesen angenommenen Tat hinsichtlich der einzelnen Sachverhaltselemente zu ersetzen oder zu ergänzen (vgl.

neben vielen anderen VwGH 13.1.1982, 81/03/0203).

Der unabhängige Verwaltungssenat ist im Rahmen seiner ihm gemäß § 66 Abs.4 iVm § 24 VStG zustehenden Befugnisse, berechtigt, einen fehlerhaften Schuldspruchbewahrung der Identität der Tat zu ergänzen, sofern eine taugliche und rechtzeitige Verfolgungshandlung vorliegt. Bei der Prüfung der Aktenlage ergab sich jedoch, daß während der Verfolgungsverjährungsfrist eine taugliche Verfolgungshandlung nicht ergangen ist. Die Verfolgungsverjährungsfrist begann mit dem Einlangen von der Benachrichtigung von der Beendigung des Strafverfahrens durch das Bezirksgericht Linz. Diese Nachricht ist am 10.8.1993 bei der BPD Linz eingelangt; die Verfolgungsverjährungsfrist endete somit am 10.2.1994. Die Strafverfügung vom 22.9.1993 ist als Verfolgungshandlung nicht tauglich, da sich diese ebenfalls bei der Tatumschreibung auf die verba legalia beschränkt. Als weitere Verfolgungshandlungen gelten die Zeugeneinvernahmen vom 17.12.1993 samt Ladungen und die Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten vom 20.1.1994. Da bei diesen Einvernahmen sämtliche wesentliche Tatbestandsmerkmale erörtert worden wären, geht aus dem Akt nicht hervor. Als taugliche Verfolgungshandlung wäre grundsätzlich die Akteneinsichtnahme durch den Rechtsvertreter des Beschuldigten vom 13.1.1994 zu werten, zumal davon ausgegangen werden kann, daß bei dieser Akteneinsichtnahme dem Rechtsvertreter sämtliche relevanten Tatbestandsmerkmale zur Kenntnis gebracht wurden. Im konkreten Fall ist jedoch diese Akteneinsichtnahme ebenfalls nicht als taugliche Verfolgungsverjährung zu werten, zumal aus einem weiteren Aktenvermerk des erstinstanzlichen Sachbearbeiters, Herrn Mag. H, vom 20.1.1994, hervorgeht, daß der Beschuldigte erklärt habe, anwaltlich nicht vertreten zu sein. Das angefochtene Straferkenntnis ist bereits außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ergangen. Es ist daher dem O.ö.

Verwaltungssenat mangels Setzung einer rechtzeitigen tauglichen Verfolgungshandlung und des dadurch bewirkten Eintrittes der Verfolgungsverjährung verwehrt, eine entsprechende Spruchergänzung vorzunehmen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Ergänzend sei jedoch bemerkt, daß aufgrund der Angaben des Beschuldigten selbst (siehe Niederschrift vom 17.3.1993 der BPD Linz, Verkehrsabteilung, Verkehrsunfallkommando, Nietzschestraße 35, Zl. VU-881-P/93) seine Geschwindigkeit ca. 30 bis 40 km/h und sein Abstand zum letzten Fahrzeug der Kolonne, als diese plötzlich zum Stillstand kam, noch ca. 4 bis 5 m betragen hat. Würde man nun zugunsten des Beschuldigten eine Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h und einen Abstand von 5 m zum letzten Fahrzeug annehmen, so könnte von einem dem § 18 Abs.1 StVO 1960 entsprechenden Sicherheitsabstand nicht gesprochen werden, zumal als Sicherheitsabstand mindestens der Reaktionsweg einzuhalten ist, der in Metern 3/10 der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h beträgt (vgl VwGH 21.9.1984, 84/02/0198). Der einzuhaltende Sicherheitsabstand hätte somit mindestens 9 m betragen müssen. Nicht Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 18 Abs.1 StVO 1960 ist der Eintritt eines Verkehrsunfalles (vgl. VwGH 1. Juli 1987, 87/03/0012).

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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