Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101979/7/Sch/Rd

Linz, 13.07.1994

VwSen-101979/7/Sch/Rd Linz, am 13. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des C T vom 19. Mai 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Mai 1994, VerkR-96/13265/1993-Hu, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 16. Mai 1994, VerkR-96/13265/1993-Hu, über Herrn C, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 14. Mai 1993 um 16.50 Uhr im Gemeindegebiet von Leonding auf der Leondinger Bezirksstraße in Richtung Leonding zur Kreuzung mit der Kremstalbundesstraße B 139 den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt und dabei bei rotem Licht der Verkehrsampel das Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 100 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Gemäß § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 StVO 1960 haben die Lenker von Fahrzeugen bei rotem Licht a) wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie; b) wenn ein Schutzweg ohne Haltelinie vorhanden ist, vor dem Schutzweg; c) wenn eine Kreuzung ohne Schutzweg und ohne Haltelinie vorhanden ist, vor der Kreuzung; d) ansonsten vor dem Lichtzeichen anzuhalten.

Im vorliegenden Fall wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, an der näher umschriebenen Örtlichkeit nicht vor der Haltelinie angehalten zu haben. Die Erstbehörde hat im Rahmen des von ihr abgeführten Verwaltungsstrafverfahrens keine Erhebungen dahingehend durchgeführt, ob die in Rede stehende Haltelinie verordnet ist oder nicht. Dies wurde von der Berufungsbehörde nachgeholt, wobei zutage kam, daß diese Haltelinie nicht verordnet ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom 28. September 1989, G 52 - 54, 80/89, § 55 Abs.8 StVO 1960 aufgehoben. Begründend hat der Verfassungsgerichtshof ua folgendes ausgeführt:

"Bodenmarkierungen bilden ähnlich den Verkehrszeichen Symbole, mit deren Hilfe von der StVO 1960 vorgesehene Gebote oder Verbote ausgedrückt werden sollen. Insoweit § 55 Abs.8 StVO 1960 dazu ermächtigt, mit Hilfe von Bodenmarkierungen die gleichen Rechtswirkungen wie mit Hilfe förmlicher Verordnungen herbeizuführen, aber gleichzeitig ausschließt, daß diese Bodenmarkierungen als Kundmachungen von Verordnungen in Erscheinung treten, ist § 55 Abs.8 StVO 1960 mit Art. 18 Abs.2 und Art. 139 B-VG unvereinbar und als verfassungswidrig aufzuheben." Aus diesem Erkenntnis (die aufhebende Wirkung ist mit 1. Oktober 1990 eingetreten) ergibt sich sohin die Rechtsfolge, daß Bodenmarkierungen, die Verkehrsver- bzw. Verkehrsgebote beinhalten, einer Verordnung der zuständigen Behörde bedürfen.

Das im § 38 Abs.1 lit.a StVO 1960 normierte Gebot, vor einer Haltelinie anzuhalten, kann nur dann als rechtswirksam angesehen werden, wenn die entsprechende Haltelinie auch verordnet ist.

Wenngleich es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH verst.Sen. 8.5.1987, 85/18/0257) nicht erfor derlich ist, im Spruch des Straferkenntnisses jene Stelle zu bezeichnen, an der der Fahrzeuglenker anzuhalten gehabt hätte, vermag dies am Ausgang des gegenständlichen Verfahrens nichts zu ändern. Die Behörde hat nämlich jene Stelle angeführt, an der ihrer Meinung nach anzuhalten gewesen wäre. Da diese Haltelinie aber nicht rechtsverbindlich ist, konnte auch keine entsprechende Verpflichtung für den Berufungswerber entstehen. Die Berufungsbehörde wäre nur dann zu einer Spruchänderung berechtigt gewesen, wenn innerhalb der Verfolgungsjährungsfrist der Tatvorwurf in etwa in der Weise ergänzend formuliert worden wäre, daß der Berufungswerber in die Kreuzung eingefahren sei bzw. diese durchfahren habe. Der Spruch des vorliegenden Straferkenntnisses ist jedoch gänzlich auf das Nichtanhalten vor der Haltelinie abgestellt, sodaß eine entsprechende Änderung als Auswechslung der Tat angesehen werden müßte.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hält es für zweckmäßig, bereits im erstbehördlichen Verfahren die Rechtmäßigkeit von Bodenmarkierungen zu überprüfen und dann die Verfolgungshandlungen entsprechend zu formulieren, dies also nicht der Berufungsbehörde zu überlassen, wobei im vorliegenden Fall, wie oben ausgeführt, eine Spruchänderung ohnedies nicht mehr in Frage kommen konnte.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n

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