Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102007/19/Bi/Fb

Linz, 03.05.1995

VwSen-102007/19/Bi/Fb Linz, am 3. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn M, Deutschland, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P, vom 26. April 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 7. Dezember 1993, VerkR96/4996/1993/Wa/WP, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt wird, daß die Übertretung bei km 15,650 der A9 begangen wurde; die Geldstrafe wird jedoch auf 800 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt.

II. Der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren ermäßigt sich daher auf 80 S; Verfahrenskostenbeiträge im Rechtsmittelverfahren entfallen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO).

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt, weil er am 1. August 1993 um 14.45 Uhr den PKW, Kennzeichen , auf der Pyhrnautobahn A9 bei Strkm 15,660, Gemeinde Inzersdorf, Fahrtrichtung Kirchdorf/Krems, gelenkt und die Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" mißachtet habe, da er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 27 km/h überschritten habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 S auferlegt.

Das Straferkenntnis wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Rechtsmittelwerbers am 14. April 1994 zugestellt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Der Rechtsmittelwerber hat ebenso wie die Erstinstanz auf die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich verzichtet.

3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, die Erstinstanz habe das von ihm vorgelegte Beweismittel, nämlich die Videokassette - er habe im Fahrzeug eine Videokamera montiert gehabt und den ganzen gegenständlichen Vorfall sowie die Amtshandlung gefilmt -, negiert. Aus der Videoaufzeichnung ergebe sich eindeutig, daß die Geschwindigkeit ohne jedwede Zwischenabstufung direkt von 130 km/h auf 60 km/h herabgesetzt wurde und die Geschwindigkeitsmessung der Gendarmeriebeamten im Anfangsbereich dieser 60-km/h-Beschränkung durchgeführt worden sei. Zwischen dem Meßstrahl und der Fahrzeuglängsachse habe während des gesamten möglichen Meßvorganges ein Winkel zwischen 60 und 45 Grad bestanden. Wenn man davon ausgehe, daß eine ordnungsgemäße Messung mit einem Lasergerät durchgeführt worden sei, mußte während der Messung das Meßgerät dem Fahrzeug nachgeführt werden, wobei der Meßstrahl einen Sektor von ca 90 Grad bestrichen habe. Unter derartigen Verhältnissen sei aber eine korrekte Messung mit einem mobilen Lasergerät unmöglich. Die Erstinstanz habe im übrigen die Umstände der Messung in keiner Weise erörtert. Er beantrage daher die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Physik, wobei dem Sachverständigen die Videokassette mit dem Auftrag vorgelegt werden möge, festzustellen, ob unter derartigen Bedingungen eine korrekte Messung möglich sei. Im übrigen beantrage er die Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Weiters wurde die vom Rechtsmittelwerber vorgelegte Videokassette im Beisein des technischen Amtssachverständigen Ing. H L eingesehen, der auf dieser Grundlage ein technisches Sachverständigengutachten zur Frage der Nachvollziehbarkeit des Tatvorwurfs aus technischer Sicht erstellte. Weiters wurde in die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 27. Juni 1990 betreffend die Verkehrsregelung beim Autobahnende der A9, Außenstelle Inzersdorf, sowie in den Plan, auf dem die Positionen der einzelnen Verkehrszeichen in diesem Bereich ersichtlich sind, Einsicht genommen.

4.1. Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 1. August 1993 um 14.45 Uhr den PKW M-DN 8493 auf der Pyhrnautobahn A9 aus Richtung Sattledt kommend Richtung Kirchdorf/Krems. Bei km 15,660 wurde er im Bereich der 60 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung von AI Figoutz mittels Lasergerät gemessen und unter Abzug sämtlicher Toleranzwerte eine Geschwindigkeit von 87 km/h ermittelt und der Anzeige zugrundegelegt. Aus der Anzeige geht weiters hervor, daß der Rechtsmittelwerber dem die Anhaltung durchführenden Insp. T gegenüber zugegeben habe, eine Geschwindigkeit von 80 km/h gefahren zu sein. Die Bezahlung eines Organmandates habe er aber abgelehnt.

Das für die Geschwindigkeitsmessung verwendete Lasergerät LTI 20.20 TS/KM Nr. 4334 war laut Eichschein zum Zeitpunkt der Messung ordnungsgemäß geeicht.

Der technische Amtssachverständige Ing. L hat nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt und den Videofilm folgenden Befund erstellt:

"Die Position des messenden Beamten befand sich auf der derzeit noch nicht verwendeten Fahrbahn der A9 am rechten Fahrbahnrand neben einer Notrufsäule. Diese Notrufsäule ist nach der Abfahrt der A9 in Inzersdorf situiert und von dieser Position aus wird in einen Meßbereich Einblick geboten, welcher mit den Vorschriften für die Verwendung von Verkehrsgeschwindigkeitsmessern der Type LTI 20.20 TS/KM übereinstimmt. Am Videofilm ist aufgrund der schlechten Qualität der Meßbeamte nur schwer zu erkennen. Die Messung erfolgte vom Ende der A9 in Inzersdorf. Dem Ende der A9 ist bei der derzeitigen Ausfahrt aufgrund der starken Rechtskurve ein Geschwindigkeitstrichter von 100/80/60 km/h vorgesetzt. Dem Sachverständigen wurde ein gültiger Eichschein für das Gerät vorgelegt und die vom Bundesministerium für Inneres festgelegten Verkehrsfehlergrenzen des Lasergerätes von 3 km/h wurden abgezogen. Die tatsächlich am Gerät aufgezeigte Geschwindigkeit betrug 90 km/h. Aufgrund des Videofilmes kann festgestellt werden, daß im angegebenen Bereich der Übertretung eine Messung vom Ende der Autobahnfahrbahn für den Meldungsleger leicht möglich ist und die Verwendungsbestimmungen ohne weiteres eingehalten werden konnten.

Gutachten: Zur Frage, ob eine gültige Messung bei km 15,650 möglich ist und ob diese im Rahmen der Verwendungsbestimmungen für das verwendete Lasergerät durchgeführt werden kann, kann festgestellt werden, daß die Messung so erfolgt ist, daß das Fahrzeug des Beschuldigten ziemlich genau frontal von vorne gemessen werden konnte, und die Messung, nicht wie der Beschuldigte meinte, im Kurvenbereich stattgefunden hat. Weiters wurde mittels eines speziellen Videorekorders der Film, der von Herrn Manfred H eingebracht wurde, analysiert. Es wurde daraus festgestellt, daß sämtliche Verkehrszeichen richtig aufgestellt waren und auch vorhanden waren (Herr H behauptet, daß die Geschwindigkeit von 130 km/h übergangslos auf 60 km/h eingeschränkt wurde). Weiters wurde die Strecke gemessen, welche vom Anfang der Beschränkung auf 60 km/h bei km 15,425 liegt, bis zu einem Richtungspfeil 'vorgeschriebene Fahrtrichtung rechts', welcher sich bei km 15,665 befindet, also ca 15 m nach der Stelle, wo das Fahrzeug gemessen wurde. Bei der Analyse des Filmes wurde festgestellt, daß für die 240 m vom Beginn der Geschwindigkeitsbegrenzung 60 km/h bis zum besagten Richtungspfeil 140 m liegen. Für diese Strecke wurde eine Zeit von 6 sec gebraucht. Um einen etwaigen Ablesefehler auszuschließen, wird diese Zeit mit einer Toleranz von 1 sec versehen, wodurch sich ergibt, daß die 240 m in 7 sec zurückgelegt wurden. Das bedeutet, daß diese Strecke mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 34 m/sec zurückgelegt wurde, was eine Geschwindigkeit von 122 km/h ergibt.

Die gemessene Geschwindigkeit von 87 km/h kann aus technischer Sicht ohne weiteres unterstützt werden, da aufgrund des Videofilmes festgestellt wurde, daß über die gesamte Strecke in der 60-km/h-Beschränkung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit stark überhöhter Geschwindigkeit gefahren wurde, und die Messung am Ende dieses Streckenabschnittes durchgeführt wurde, wobei die Geschwindigkeit aufgrund der herannahenden Ausfahrt, welche in eine starke Rechtskurve übergeht, gedrosselt werden mußte.

Abschließend kann festgestellt werden, daß aus technischer Sicht keine Bedenken gegen diese Messung bestehen und die Einwände des Beschuldigten nicht unterstützt werden können." Dem rechtsfreundlichen Vertreter des Rechtsmittelwerbers wurde sowohl das Gutachten des technischen Amtssachverständigen als auch die oben angeführte Verordnung samt dem Verkehrszeichenplan zur Kenntnis gebracht und ihm eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Diese Frist wurde auf Antrag des Rechtsmittelwerbers bis 13. März 1995 verlängert, weil dieser in Aussicht stellte, ein Gutachten durch einen Sachverständigen des ADAC beizubringen. Der rechtsfreundliche Vertreter des Rechtsmittelwerbers wurde mit Schreiben vom 1. Februar 1995, mit dem ihm die Fristverlängerung mitgeteilt wurde, aufmerksam gemacht, daß der unabhängige Verwaltungssenat, sollte keine Stellungnahme innerhalb dieser Frist einlangen, berechtigt ist, aufgrund des Akteninhalts zu entscheiden. Das Schreiben wurde am 6.

Februar 1995 der Kanzlei zugestellt, jedoch ist bislang weder das angekündigte Privatgutachten noch eine sonstige Stellungnahme eingelangt, sodaß der unabhängige Verwaltungssenat gemäß seiner Ankündigung berechtigt ist, ohne weitere Anhörung des Rechtsmittelwerbers zu entscheiden.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt auf der Grundlage des durchgeführten Beweisverfahrens zu der Auffassung, daß der vorgelegte Videofilm kein Beweismittel zugunsten des Rechtsmittelwerbers darstellt. Der die Messung durchführende AI Figoutz ist auf dem Videofilm bei entsprechender Aufmerksamkeit zu erkennen, könnte aber aufgrund der hellen Kleidung möglicherweise vom Rechtsmittelwerber beim Befahren der Ausfahrt Inzersdorf übersehen worden sein. Zu erkennen ist einwandfrei die beginnende Amtshandlung mit Insp.

T am Ende der Rechtskurve, wobei der Rechtsmittelwerber möglicherweise irrtümlich vermeint hat, dieser habe die Messung durchgeführt.

Auf dieser Grundlage schließt sich der unabhängige Verwaltungssenat den gutachtlichen Ausführungen des Amtssachverständigen vollinhaltlich an, wobei außerdem zu bemerken ist, daß der Rechtsmittelweber, wie aus dem Videofilm einwandfrei hervorgeht, sämtliche den Geschwindigkeitstrichter betreffende Verkehrszeichen passiert hat, jedoch offenbar ohne diese bewußt zu registrieren, weil er seine Geschwindigkeit kaum verändert hat. Auf dieser Grundlage war den Einwänden und Vorfallsschilderungen des Rechtsmittelwerbers nichts abzugewinnen.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß die in Rede stehende Gechwindigkeitsbeschränkung ordnungsgemäß verordnet und kundgemacht ist und für jeden in Fahrtrichtung Kirchdorf fahrenden Fahrzeuglenker einwandfrei ersichtlich ist. Auf der Grundlage der Ausführungen des Amtssachverständigen, der die Einhaltung der Verwendungsbestimmungen für das verwendete Lasermeßgerät insbesondere anhand des Videofilms bestätigt hat, gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand verwirklicht und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Die Spruchberichtigung erfolgte auf der Grundlage der Anzeige, wobei als erste Verfolgungshandlung die richtige Kilometerangabe in der Strafverfügung vom 23. September 1993 enthalten war, die dem Rechtsmittelwerber innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist zugestellt wurde.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die von der Erstinstanz verhängte Strafe insofern überhöht war, als aus dem Verfahrensakt nicht hervorgeht, daß der Rechtsmittelwerber bei der Erstinstanz irgendwelche Verwaltungsvormerkungen aufweisen würde, sodaß im Zweifel von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen ist, die einen wesentlichen bei der Strafbemessung zu berücksichtigenden Milderungsgrund darstellt. Außerdem wurde dem Rechtsmittelwerber in der Strafverfügung eine Geschwindigkeit von 90 km/h vorgeworfen, die unter Berücksichtigung der Toleranzabzüge auf 87 km/h abgeändert wurde, ohne daß dies in der Strafbemessung einen Niederschlag gefunden hätte.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, als auch ist sie den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen (Die Erstinstanz ist schätzungshalber davon ausgegangen, daß der Rechtsmittelwerber als Bauingenieur DM 4.000,-- netto monatlich verdient und weder Sorgepflichten noch Vermögen hat. Die Berufung wurde hinsichtlich der Strafhöhe konkret nicht angefochten und der Rechtsmittelwerber hat auch nichts Gegenteiliges behauptet, sodaß diese Schätzung auch der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt wird.) Mildernd waren die oben beschriebenen Umstände, erschwerend nichts zu werten.

Die verhängte Strafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.3 StVO 1960 sieht Geldstrafen bis 10.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen bis zwei Wochen vor) und soll den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Einhaltung der in Österreich geltenden Geschwindigkeitsbestimmungen anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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