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des Landes Oberösterreich
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VwSen-102043/3/Br/Bk

Linz, 11.10.1994

VwSen-102043/3/Br/Bk Linz, am 11. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 19. Mai 1994, AZ.

VerkR96/6602/1993/Bi/Hu, wegen Übertretung des Eisenbahngesetzes 1957, nach der am 27. September 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung am 11. Oktober 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, daß von der Verhängung einer Strafe abgesehen und gemäß § 21 Abs.1 VStG eine E r m a h n u n g erteilt wird.

Der Spruch hat nach der Wortfolge ...."von St.Pankraz betreten" zu lauten: 'obwohl an dieser Stelle ein Betreten der Eisenbahnanlage nur mit einer vom Eisenbahnunternehmen ausgestellten Erlaubniskarte gestattet war und Sie nicht im Besitze einer solchen Erlaubnis gewesen sind.' Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG, iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 21 Abs.1, 2. Satz, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr.

52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem Straferkenntnis vom 19. Mai 1994, AZ.

VerkR96/6602/1993/Bi/Hu, über die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 43 Abs.1 iVm § 54 Abs.1 Eisenbahngesetz eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie am 29. Oktober 1993 um 09.15 Uhr Eisenbahnanlagen der Pyhrnbahn, Bahnkilometer 65.618 im Gemeindegebiet von St. Pankraz betreten habe, obwohl das Betreten von Eisenbahnanlagen, mit Ausnahme der hiefür bestimmten Stellen und nur mit einer vom Eisenbahnunternehmen ausgestellten Erlaubniskarte gestattet ist.

1.1. Hiezu führte die Erstbehörde zur Sache begründend aus:

"Die Ihnen im Spruch zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist durch die dienstliche Wahrnehmung von Organen der Gendarmerie Kirchdorf/Krems als erwiesen anzusehen.

Im gegenständlichen Verfahren haben Sie den Ihnen zur Last gelegten Tatbestand bestritten und Sie rechtfertigten sich im wesentlichen dahingehend, daß Sie einerseits die Eisenbahnbrücke nicht betreten hätten, andererseits diese Brücke gleichzeitig als Weg diene, um von der Bundesstraße 138 zum gegenüberliegenden Waldweg zu gelangen. § 43 Abs.1 sehe daher auch vor, daß für jene Stellen, für die das Betreten der Eisenbahnanlage gestattet ist, keine Erlaubniskarte ausgestellt werden müsse.

Hierüber hat die Behörde nachstehendes erwogen:

Gemäß § 43 Abs.1 EBG. 1957 ist das Betreten von Eisenbahnanlagen, mit Ausnahme der hiefür bestimmten Stellen, nur mit einer von Eisenbahnunternehmen ausgestellten Erlaubniskarte gestattet.

§ 54 Abs.1 EBG. 1957 Wer den Bestimmungen der §§ 38 bis 44 oder den auf Grund der §§ 46 und 49 durch Verordnung erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt, begeht, sofern nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, unbeschadet der Bestimmungen der Abs.3 und 4, mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,-- oder mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

Für die erkennende Behörde gibt es keinerlei Veranlassung, die Angaben des Meldungslegers in Zweifel zu ziehen zumal dieser ein für den Straßen- und Sicherheitsdienst geschulter Gendarmeriebeamter ist und ihm daher zugemutet werden muß, relevante Sachverhalte und Tatsachen richtig und objektiv festzustellen und wiederzugeben. Hiezu zählt zweifellos die Feststellung, daß Sie gemeinsam mit anderen Personen auf der gegenständlichen Eisenbahnbrücke der Pyhrnbahn im Gemeindegebiet von St. Pankraz angetroffen worden sind.

Im übrigen ist festzustellen, daß die gegenständlichen Eisenbahnanlagen nur für den Eisenbahnverkehr bestimmt sind.

Aus der Tatsache, daß der Zugsverkehr durch die Demonstration nicht behindert wurde, kann nicht der Schluß gezogen werden, daß ein nebeneinander von Personen und Zugsverkehr auf der Eisenbahnbrücke zulässig ist und daß die Brücke auch dafür gedacht ist, daß Personen diese passieren dürfen.

Ihre Rechtfertigung, daß die Eisenbahnbrücke gleichzeitig als Weg diene, ist daher nicht stichhältig und als bloße Schutzbehauptung zu werten.

Die Behörde gelangte daher in freier Beweiswürdigung zu dem Schluß, daß Sie den Ihnen zur Last gelegten Tatbestand verwirklicht und als Verwaltungsübertretung zu verantworten haben.

Bei der Strafbemessung (§ 19 VStG.1991) wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, zu deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

Erschwerungsgründe lagen keine vor, als mildernd war Ihre Unbescholtenheit zu werten.

Weiters wurden Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis S 10.000,-- reichenden Strafsatz ist die Höhe der verhängten Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch. Ihrem Antrag, in eventie die Bestrafung in eine Ermahnung abzuändern, konnte nicht näher getreten werden, da Ihr Verschulden nicht als geringfügig einzustufen ist.

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen." 2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt die Berufungswerberin in der Sache aus:

"Der Einschreiter erstattet innerhalb offener Frist gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 19.5.1994, Zl.: VerkR96/6602/1993/Bi/Hu, zugestellt am 24.5.1994, das Rechtsmittel der BERUFUNG an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich. Das Straferkenntnis wird zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von wesentlichen Verfahrensverstößen angefochten.

1. Das Straferkenntnis legt dem Einschreiter zur Last, er habe am 29.10.1993 gegen 9.15 Uhr Eisenbahnanlagen der Pyhrnbahn, Bahnkilometer 65,618 im Gemeindegebiet von St.

Pankraz betreten, obwohl das Betreten von Eisenbahnanlagen, mit Ausnahme der hiefür bestimmten Stellen, nur mit einer vom Eisenbahnunternehmen ausgestellten Erlaubniskarte gestattet sei. Der Einschreiter habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 43 Abs. 1 in Verbindung mit § 54 Abs.

1 Eisenbahngesetz 1957 (EBG) verletzt.

In ihrer Begründung führt die erstinstanzliche Behörde aus, daß es keinerlei Veranlassung gebe, die Angaben des Meldungslegers in Zweifel zu ziehen und deshalb von der Feststellung auszugehen war, daß der Einschreiter gemeinsam mit anderen Personen auf der gegenständlichen Eisenbahnbrücke der Pyhrnbahn angetroffen worden ist.

Die gegenständliche Eisenbahnanlage sei darüber hinaus nur für den Eisenbahnverkehr bestimmt.

2. Der Einschreiter führte bereits in seinen Stellungnahmen vom 9.2.1994 sowie 11.5.1994 aus, daß gemäß § 43 Abs. 6 EBG der Bahnkörper, wenn er zugleich als Weg dient, bei Annäherung eines Eisenbahnfahrzeuges zu räumen ist. Da § 43 Abs. 1 vorsehe, daß für jene Stellen, für die das Betreten der Eisenbahnanlage gestattet ist, keine Erlaubniskarte ausgestellt werden muß und die angeführte Eisenbahnbrücke auch gleichzeitig als Weg dient, um von der Bundesstraße 138 zum gegenüber liegenden Waldweg zu gelangen, ist eine Erlaubniskarte nicht erforderlich. Somit kann der Einschreiter auch nicht gegen § 43 Abs. 1 EBG verstoßen haben.

In dem Straferkenntnis vom 19.5.1994 führt die erstinstanzliche Behörde aus, daß die gegenständlichen Eisenbahnanlagen nur für den Eisenbahnverkehr bestimmt seien. Die Behörde stützt sich dabei auf die Aussage des Fahrdienstleiters des Bahnhofes Steyrling sowie auf die Mitteilung des Gemeindeamtes St.Pankraz, in welchem angegeben wird, daß "nicht bekannt ist", daß die angeführte Eisenbahnbrücke auch als Weg diene.

Bereits in seiner Stellungnahme führte der Einschreiter aus, daß allein aus der Tatsache, daß jemandem "nicht bekannt ist" es unzulässig ist den Schluß zu ziehen, daß dieser Weg in Wirklichkeit nicht besteht.

Gemäß § 43 Abs. 6 EBG ist, wenn der Bahnkörper zugleich als Weg dienst, dieser bei Annäherung eines Eisenbahnfahrzeuges zu räumen und eine vom Eisenbahnunternehmen ausgestellte Erlaubniskarte nicht erforderlich.

3. Der Begriff "Weg" wird im Eisenbahngesetz nicht näher erläutert. Das Eisenbahngesetz trifft jedoch keine Unterscheidung ob nun ein Weg nur dann als Weg nach dem EBG gilt, wenn er irgendjemandem bekannt ist. Es ist somit unzulässig, allein aus dem Umstand, daß dem Gemeindeamt und einem Fahrdienstleiter nicht bekannt war, daß die Eisenbahnbrücke auch als Weg dient, den Schluß zu ziehen, daß dieser auch keinesfalls einen solchen darstellt.

Zum Beweis dafür, daß die genannte Eisenbahnbrücke nicht gleichzeitig auch als Weg dient, legte das Gemeindeamt St.Pankraz einen Auszug aus der Katastermappe vor. Der Einschreiter führte jedoch bereits in seiner Stellungnahme aus, daß sich zur K1ärung dieser Frage daraus nichts ergibt.

Im DUDEN wird "Weg" bezeichnet als "oft nicht ausgebaute Strecke, die zum Gehen und Fahren dient".

Unzweifelhaft dient die Brücke zum Fahren von Eisenbahnfahrzeugen. In der Anzeige vom 29.10.1993 wird festgehalten, daß der Zugsverkehr durch die Demonstration nicht behindert wurde, somit ein Nebeneinander von Personen und Zugverkehr auf der Brücke möglich ist. Aus diesem Grund muß deshalb davon ausgegangen werden, daß die gegenständliche Eisenbahnbrücke so konstruiert worden ist, daß ein nebeneinander von Personen und Zugverkehr möglich ist und diese deshalb auch sehr wohl als Weg im vorher zitierten Begriffe dient.

Insbesondere weist der Einschreiter darauf hin, daß gerade im Hinblick auf die genannte Definition, daß ein Weg als eine "oft nicht ausgebaute Strecke" bezeichnet wird. Damit ist auch gleichzeitig eine Erklärung dafür gefunden, daß der zuständigen Stelle der Weg "nicht bekannt ist". Für die Qualifikation eines Weges nach dem EBG kommt es somit nicht auf dessen Ausbau, auch nicht auf dessen "Bekanntheit", sondern lediglich auf die tatsächliche Benutzung und Eignung als solcher an.

Die erstinstanzliche Behörde setzte sich mit dieser Frage nicht auseinander, sondern ging einfach davon aus, daß die Eisenbahnbrück nicht gleichzeitig auch als Weg dient.

4. Die erstinstanzliche Behörde führte in ihrem Straferkenntnis weiters aus, daß es keinerlei Veranlassung gegeben habe, die Angaben des Meldungslegers in Zweifel zu ziehen. Dazu führte der Einschreiter ebenfalls bereits in seiner Stellungnahme vom 4.5.1994 aus, daß vom Anzeigenleger festgehalten wurde, daß nur die Personalien von solchen Personen aufgenommen wurden, die sich auf der Eisenbahnbrücke befanden. Aus der Anzeige vom 29.10.1993 ergibt sich jedoch, daß der Einschreiter gemeinsam mit 21 anderen Personen vom Anzeigenleger angetroffen wurde.

Dazu führt der Anzeigenleger in seiner Stellungnahme vom 28.2.1994 aus, daß alle Personen, die sich auf der Eisenbahnbrücke befanden, zur Anzeige gelangten. Jedoch wurde nur gegen 18 Personen Anzeige erstattet, ohne daß der Anzeigenleger diese Diskrepanz begründete. Die Angaben des Anzeigenlegers erscheinen deshalb unglaubwürdig und widersprüchlich. Insbesondere erscheint dem Einschreiter unglaubwürdig, daß der Anzeigenleger nach beinahe einem halben Jahr sich noch genau erinnern kann, daß der Einschreiter sich auf der Eisenbahnbrücke befand, wenn er nicht einmal zum Zeitpunkt der Anzeigenlegung in der Lage war, die Größe der Gruppe, die sich angeblich auf der Eisenbahnbrücke befand, festzustellen.

Auch damit setzte sich die erstinstanzliche Behörde nicht auseinander sondern führte lediglich aus, daß es sich beim Anzeigenleger um ein für den Straßen- und Sicherheitsdienst geschulten Gendarmeriebeamten handle und diesem daher zugemutet werden muß, relevante Sachverhalte und Tatsachen richtig und objektiv festzustellen. Die erstinstanzliche Behörde läßt dabei außer Acht, daß auch Gendarmeriebeamten nur Menschen sind, denen auch trotz Schulung gelegentlich Irrtümer unterlaufen können.

5. Zur Strafbemessung wird ausgeführt, daß S 1.000,-- für Verstöße gegen dieses Gesetz nicht mit den Grundsätzen der Strafbemessung gemäß § 19 VStG vereinbar sind.

Die erstinstanzliche Behörde führt in ihrem Straferkenntnis vom 19.5.1994 zwar aus, daß bei der Strafbemessung gemäß § 19 VStG das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, zu deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt habe. Bei dieser Begründung handelt es sich jedoch lediglich um die Wiedergabe des Gesetzestextes.

Aus der Anzeige vom 29.10.1993 des Gendarmerieposten Kirchdorf an der Krems ist eindeutig festgehalten, daß der Zugsverkehr durch die Demonstation nicht behindert wurde.

Sinn und Zweck des § 43 EBG kann es nur sein, Gefährdungen und Behinderungen des Eisenbahnverkehres zu vermeiden.

Nachdem durch die gegenständliche Veranstaltung jedoch keinerlei Behinderung und Gefährdung des Eisenbahnverkehres eingetreten ist, ist die Strafe im Ausmaß von S 1.000,-keinesfalls angemessen. Auch die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Stunden ist überhöht und entspricht den Regeln des § 19 VStG ebenso wenig wie die Geldstrafe.

Überdies sind der Behörde die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Einschreiters bekannt, trotzdem hat die Behörde diese bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt.

Sollte die Berufungsbehörde zu dem Schluß kommen, daß das Verhalten des Einschreiters tatbestandsmäßig ist, ist doch aufgrund der Tatsache, daß keinerlei Behinderung des Eisenbahnverkehrs eingetreten ist, wohl nur mit einer Ermahnung vorzugehen.

6. Veranstaltungszweck:

Österreich hat sich im Jahre 1988 anläßlich der Konferenz von Toronto verpflichtet, die CO/2-Emissionen bis zum Jahr 2005 gegenüber dem Jahr 1988 um 20% zu senken. Das Land Oberösterrreich, 6 andere Bundesländer sowie Linz und insgesamt über 40 Gemeinden in Österreich, sind in den letzten 2 Jahren dem internationalen "Klimabündnis zum Schutz der Erdatmosphäre" beigetreten und haben sich damit zu einer Halbierung der CO/2-Emissionen bis zum Jahr 2010 und zu einer weiteren Reduktion danach verpflichtet.

Der Einschreiter brachte durch seine Anwesenheit neben der Brücke seinen Unmut zum Ausdruck, daß durch die geplanten Verkehrsmaßnahmen in der Pyhrnregion, insbesondere durch den Weiterbau der A9 die CO/2-Belastung in der Region, und damit auch in Österreich zunehmen wird.

Österreich hat sich durch ein eigenes Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz vom 27.11.1984, BGBl 1984/491 zum umfassenden Umweltschutz, Bewahrung der natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen bekannt. Im Sinne dieses Bundesverfassungsgesetzes besteht der umfassende Umweltschutz insbesondere in Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft, des Wassers und des Bodens sowie zur Vermeidung von Störungen durch Lärm. Der Einschreiter hat somit jedenfalls im öffentlichen Interesse gehandelt und ist durch dieses Bundesverfassungsgesetz in seiner Handlung gerechtfertigt.

Beweis:

* Klimagutachten über die CO/2-Zunahme bedingt durch den Bau von neuen Autobahnstrecken * Lokalaugenschein über den Fußweg über die Eisenbahnbrücke * Einvernahme des Anzeigelegers * Einvernahme des Einschreiters Es ergeht sohin der A N T R A G das Strafverfahren aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu neue Beweise zu erheben und dem Einschreiter eine Stellungnahme dazu zu ermöglichen, in eventu die Bestrafung in eine Ermahnung abzuändern, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe auf das gesetzliche Mindestmaß." 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 10. Juni 1994, AZ. VerkR96/6602/1993/Bi/Hu, sowie durch Vernehmung des Bezirksgendarmeriekommandanten von Kirchdorf an der Krems, Obstlt. G und des RevInsp.Z als Zeugen anläßlich der am 27. September 1994 im Rahmen eines Ortsaugenscheines durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Am 29. Oktober 1993 gegen 09.15 Uhr wurde im Rahmen einer Demonstration der Umweltschutzorganisation "Greenpeace" unter der Leitung des W, von der Berufungswerberin gemeinsam mit 20 weiteren zur Anzeige gebrachten "Aktivisten" die Eisenbahnbrücke der Pyhrnbahn im Gemeindegebiet von St. Pankraz bei Bahnkilometer 65,618, betreten. Weder lag eine Bewilligung der österreichischen Bundesbahnen zum Betreten der Eisenbahnbrücke bzw. der Bahnanlage noch eine Bewilligung für die Abhaltung dieser Demonstration vor. Die Medien waren von dieser "Veranstaltung" vorinformiert. Vom ORF wurde in "Oberösterreich Aktuell" am Abend des 29. Oktober 1993 von dieser Veranstaltung ein Bildbericht gebracht.

An der Eisenbahnbrücke findet sich keine erkennbare bauliche Beschaffenheit dahingehend, welche auf eine Benützung für die Allgemeinheit, wobei überhaupt nur Fußgänger in Betracht kommen könnten, hindeutet. Befinden sich Personen auf der Brücke, müssen diese sich beim Vorbeifahren eines Zuges hart am Brückengeländer befinden, um nicht gefährdet zu werden.

Zwischen Geländer und Seitenwand eines Zuges verbleibt etwa ein Meter Freiraum. Etwa in Höhe des Brückenlagers verläuft vom Gleiskörper schräg zum Brückengeländer ein ca. 15 x 15 cm hoher Schacht - vermutlich Kabelschacht - welcher am Brückengeländer in Richtung des gegenüberliegenden Brückenkopfes geführt ist. Auch der Bahndamm läßt einen Fußweg nicht erkennen.

In weiterer Folge wurde ein etwa 25 x 15 Meter großes Transparent mit der Aufschrift "Stop Klimakiller Pyhrn" von der Westseite der Brücke angebracht und an der Brücke mit Seilen fixiert. Um 10.12 Uhr traf der um ca. 09.15 Uhr von der "Gendarmerieverkehrsaußenstelle" Klaus hinsichtlich dieser Demonstration vorinformierte Bezirksgendarmeriekommandant, Obstlt. G, gemeinsam mit anderen Gendarmeriebeamten bei der Eisenbahnbrücke ein. Zu diesem Zeitpunkt haben sich die mit gelber Schutzkleidung bekleidete Aktivisten von "Greenpeace" nahe dem Brückengeländer aufgehalten. Eine Sicherung betreffend mit dem Eisenbahnverkehr verbundene Gefahren erfolgte durch mit Funkgeräten ausgestatteten Sicherungsposten, welche im Bereich des Brückenkopfes am Bahndamm postiert gewesen sind.

Die Vorgangsweise war derart professionell, daß weder eine Gefährdung der Aktivisten noch eine des Eisenbahnverkehrs gegeben gewesen ist. Während der Demonstration passierten sechs Züge die Strecke. Eine Beeinträchtigung des Eisenbahnverkehrs war nicht gegeben. Eine Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit der in der Regel mit 70 km/h diese Brücke passierenden Züge mußte seitens der ÖBB nicht angeordnet werden. Der Aufforderung des Gendarmerieeinsatzleiters, Zeuge Obstlt. G, die Demonstration zu beenden, wurde seitens des Verantwortlichen für die Demonstration, Herrn S, unverzüglich Folge geleistet. Sadik zeigte sich gegenüber der Gendarmerie kooperativ, sodaß keine Zwangsmaßnahmen erforderlich wurden.

Nach etwa 40 Minuten war das Transparent eingeholt. Eine Störung der Ordnung war mit dieser Veranstaltung nicht verbunden. Die Einholung der Personaldaten sämtlicher auf der Brücke anwesenden Beteiligten wurde durch mehrere Gendarmeriebeamte über Weisung des Einsatzleiters vorgenommen.

Der Veranstaltungszweck diente dem Hinweis auf die globale Problematik der CO2 - Emissionen, wobei dies in entsprechend medienwirksamer Weise zum Ausdruck kommen sollte. De(m)n Berufungswerber(n) war somit darin zu folgen, daß diese Veranstaltung von grundrechtlich geschützten Motiven getragen waren. Dafür wurde offenbar die Eisenbahnbrücke lediglich als Hilfsmittel "Transparentträger" zur mediengerechten visuellen Übermittlung einer politischen Botschaft verwendet.

5. Das entscheidungsrelevante Beweisergebnis stützt sich auf die Aussage des Gendarmerieeinsatzleiters, Herrn Bezirksgendarmeriekommandant Obstlt. G im Rahmen der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ebenso in den Angaben des zeugenschaftlich vernommenen Bahnhofsvorstandes des Bahnhofes Steyrling, Reinhard R und des BezInsp. S.

Die Aussagen der Zeugen waren in jeder Richtung hin ausgewogen und war an deren objektiven Richtigkeit nicht zu zweifeln. Für die Behauptung in der Berufung, daß ein Irrtum in der Anzeigelegung betreffend die namentliche Erfassung der Beteiligten unterlaufen sein könnte, lassen sich keinerlei schlüssige Anhaltspunkte finden, sodaß diese als Schutzbehauptung zu qualifizieren sind. Demnach steht einerseits wohl fest, daß entgegen der Verantwortung der (des) Beschuldigten von einem Weg über die Eisenbahnbrücke keine Rede sein kann, andererseits aber auch, daß mit dem hier zur Anzeige gelangten Vorfall keinerlei Gefährdung für Personen und keine Behinderung des Eisenbahnverkehrs gegeben gewesen ist.

5.1. Rechtlich hat er unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1.1. Nach § 43 Abs.1 Eisenbahngesetz ist das Betreten von Eisenbahnanlagen, mit Ausnahme der hiefür bestimmten Stellen, nur mit einer vom Eisenbahnunternehmen ausgestellten Erlaubniskarte gestattet. Eine Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung ist gemäß § 54 Abs.1 Eisenbahngesetz mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen.

Der § 5 Abs.1 VStG besagt, daß, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit (bloß) fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Hier kann schon begrifflich von einer bloß fahrlässigen Begehung nicht ausgegangen werden, sodaß sich gemäß Abs.2 leg.cit. noch die Frage der entschuldigenden Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift stellt. Abgesehen davon, daß ein derartiges Vorbringen nicht erhoben wurde, entschuldigt die Unkenntnis einer Vorschrift nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Angesichts der großangelegten und professionell durchgeführten Veranstaltung, war davon auszugehen, daß die Übertretung des Eisenbahngesetzes durch sämtliche Teilnehmer (und somit auch die Berufungswerberin) zumindest in Kauf genommen wurde.

Jedermann muß jedenfalls naheliegend erscheinen, daß man sich angesichts einer derartigen Veranstaltung zumindest mit dem Eisenbahnunternehmen in Verbindung setzt und sich damit auch über allfällige rechtliche Vorschriften informiert.

Dies ist hier offenbar weder durch die Organisatoren noch die sonstigen Teilnehmer geschehen.

5.1.2. Nach § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, von der Verhängung einer Strafe absehen.

Sie kann unter diesen Voraussetzungen den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um die Beschuldigte von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nach h. Ansicht liegen im gegenständlichen Fall beide Voraussetzungen vor. Es ist somit mit einer Ermahnung vorzugehen (VwGH 16.3.1987, 87/10/0024, sowie VwGH 28.10.1980, 263 u. 264/80). Das Verschulden wird insbesondere deshalb als geringfügig erachtet, weil das tatbestandsmäßige Verhalten in der Ausübung eines Grundrechtes (Artikel X MRK) geschehen ist. Die Veranstaltung einer Demonstration rechtfertigt wohl nicht die Verletzung anderer Rechtsvorschriften, erfordert aber, dies im Rahmen der Verschuldensprüfung zu berücksichtigen.

Eine Bestrafung nach dem Eisenbahngesetz stellt andererseits keine unzulässige Beschränkung des Versammlungs- oder Demonstrationsrechtes dar (VfGH 1.3.1983, B57/80). Das Vorgehen mit einer Ermahnung erschien angesichts des hier zu beurteilenden Sachverhaltes - die Begehung dieser Verwaltungsübertretung erfolgte aus achtenswerten Gründen als das angemessenste Mittel. Einerseits wird damit nicht übersehen, daß Kundgebungen zu einem globalen Thema, insbesondere der Einbindung des Mediums Fernsehen bedürfen, damit diese überhaupt ihre Wirkung erzielen; diese daher einer "entsprechenden Aufmachung" bedürfen. Andererseits dürfen dadurch nicht gesetzliche Vorschriften mißachtet werden. Dem in diesen Zusammenhang deutlich werdenden unlösbaren Interessenswiderstreit wird in dieser Entscheidung ausgewogen Rechnung getragen.

5.2. Die Korrektur des Spruches war zur Erfassung sämtlicher Tatbestandselemente notwendig. Aus dem Spruch des Straferkenntnisses läßt sich nicht unmittelbar entnehmen, daß die Berufungswerberin nicht im Besitz einer Erlaubniskarte gewesen ist. Aus der Anzeige, welche dem Berufungswerbervertreter im Zuge des Rechtshilfeersuchens vom 17. Dezember 1993 zur Kenntnis gelangt ist, ergibt sich jedoch eine dem § 44a VStG gerechtwerdende Verfolgungshandlung.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden. Unter Bedachtnahme auf den zusätzlichen Milderungsgrund der gänzlichen Unbescholtenheit konnte daher mit einer bloßen Ermahnung das Auslangen gefunden werden. Diese Bestrafung scheint geeignet die Berufungswerberin in geeigneter Weise auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens aufmerksam zu machen und ihn dadurch von weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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