Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102119/15/Bi/Fb

Linz, 04.11.1994

VwSen-102119/15/Bi/Fb Linz, am 4. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Wilfried F. J, vom 30. Juni 1994, gegen die Punkte 1) und 2) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wels vom 16. Juni 1994, III-St-95/94/B, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 12. Oktober 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Die gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses gerichtete Berufung wird vollinhaltlich abgewiesen.

Im Punkt 2) wird das Straferkenntnis behoben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz im Punkt 1) 500 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenersatz zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Im Punkt 2) entfällt jeglicher Verfahrenskostenersatz.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 20 Abs.2, 7 Abs.1 und 99 Abs.3a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO).

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten unter anderem wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 2) §§ 7 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 2.500 S und 2) 300 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 84 und 2) 18 Stunden verhängt, weil er am 28.

Dezember 1993 um 10.20 Uhr im Gemeindegebiet von Wels auf der (Innkreis) Autobahn A8 von Richtung Suben kommend in Fahrtrichtung Linz von ABkm 16,0 und weiter auf der Linzer Autobahn (A25) von ABkm 19,5 bis 13,0 als Lenker des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen , 1) die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um mindestens 60 km/h überschritten habe und 2) sei er auf den im Punkt 1) genannten Straßenzügen nicht so weit rechts gefahren, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar gewesen wäre, weil er fortwährend den linken Fahrstreifen benützt habe, obwohl der rechte Fahrstreifen frei befahrbar gewesen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 280 S auferlegt.

2. Gegen die Punkte 1) und 2) des Straferkenntnisses hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Am 12. Oktober 1994 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der beiden Zeugen RI H P und RI L N sowie des technischen Amtssachverständigen Ing. Christian M durchgeführt. Ebenso wie die Vertreterin der Erstinstanz hat der Rechtsmittelwerber sein Nichterscheinen entschuldigt; seinem Antrag auf Verlegung der Verhandlung in die Weihnachtszeit konnte nicht entsprochen werden.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, richtig am dargestellten Sachverhalt sei nur, daß an seinem PKW kein Unterscheidungskennzeichen angebracht gewesen sei.

Die übrige Darstellung der Polizeibeamten sei falsch. Er habe bereits einen Zeugenbeweis angeboten, von dem bislang kein Gebrauch gemacht worden sei. Im übrigen sei noch nicht dargelegt, in welchem Abstand sich das Polizeifahrzeug zu welchem Zeitpunkt hinter seinem PKW befunden habe, wobei feststehe, daß das Polizeifahrzeug zu keinem Zeitpunkt unmittelbar hinter ihm gewesen sei. Es sei eine "Aufholjagd" veranstaltet und dann aus der gefahrenen Geschwindigkeit auf seine Geschwindigkeit geschlossen worden. Das sei unzulässig und rechtswidrig, wobei sich eine Schätzung ebenfalls verbiete.

Es sei ihm durchaus bewußt gewesen, daß sich irgendwo hinter ihm ein Polizeifahrzeug befinde, weil er es überholt habe.

Es widerspreche wohl jeder Logik, bei Wissen um ein nachfahrendes Polizeifahrzeug die Richtgeschwindigkeit in der ihm unterstellten Form zu überschreiten. Die Behauptung dreier Polizeibeamter könne nicht alleinige Grundlage sein.

Auch wenn das Nachfahren grundsätzlich als Beweismittel geeignet sein möge, sei es hier untauglich. Er habe in sehr großer Entfernung einen Polizeiwagen mit Blaulicht kommen sehen, als er schon seit langer Zeit mit ca 130 bis 140 km/h auf der rechten Fahrbahn gefahren sei. Der Polizeiwagen habe einige andere Fahrzeuge vor sich gehabt. Er schließe nicht aus, die Richtgeschwindigkeit kurzfristig, zB bei einem Überholvorgang, geringfügig überschritten zu haben, aber keinesfalls in der ihm unterstellten Höhe; dies glaube er auch seinen beiden Kindern, die ebenfalls im Wagen gesessen seien, schuldig zu sein.

Er beantrage daher, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die angeführten Beamten der Autobahngendarmerie Wels unter Miteinbeziehung der Parteienverantwortung zeugenschaftlich einvernommen wurden und auf dieser Grundlage ein technisches Sachverständigengutachten durch den Amtssachverständigen erstellt wurde.

4.1. Folgender Sachverhalt wird der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt:

Unbestritten ist, daß der Rechtsmittelwerber am 28. Dezember 1993 um ca 10.30 Uhr den PKW auf der Innkreisautobahn A8 und der Linzer Autobahn A25 aus Richtung Suben kommend in Fahrtrichtung Linz lenkte.

Das Beweisverfahren hat ergeben, daß sich die Zeugen RI P und RI N zusammen mit einem weiteren Kollegen auf Streifenfahrt befanden, wobei RI Nimmerfall das nach außen hin erkennbare Gendarmeriefahrzeug lenkte. Als die Beamten im Begriff waren, den Parkplatz Pichl/Wels anzufahren, und sich bereits auf dem Verzögerungsstreifen befanden, bewegte sich der oben angeführte PKW mit ihrer Einschätzung nach weit überhöhter Geschwindigkeit an ihnen vorbei, worauf sie beschlossen, diesem nachzufahren.

Laut übereinstimmender Schilderung beider Zeugen befand sich das Fahrzeug, ein BMW 525 mit deutschem Kennzeichen, auf dem linken Fahrstreifen, wo der Lenker im Bereich von Krenglbach bei km 19,0 im Zuge eines Überholmanövers aufgehalten wurde, sodaß es dem Gendarmeriefahrzeug gelang aufzuschließen. Im Zuge dieses Aufschließungsvorganges hätten sich Fahrzeuge zwischen dem deutschen PKW und dem Gendarmeriefahrzeug befunden, jedoch hätten sich diese sofort nach rechts eingeordnet, sodaß die Nachfahrt ab km 17,5 bzw 17,0 mit einem Sicherheitsabstand von schätzungsweise 200 m zumindest bis km 15,5 der A8 erfolgt sei. Die Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand habe eine Geschwindigkeit des deutschen PKW von 180 bis 190 km/h ergeben. Bis 1 km vor dem Knoten Wels sei der Lenker mit ca 180 km/h gefahren, habe dann aber wieder beschleunigt, wobei er sich bei der Abfahrt Wels-Nord merklich abgesetzt habe. Ab km 18,5 bis 19 bis Wels-Nord sei ihm das Gendarmeriefahrzeug mit einer kontinuierlichen Geschwindigkeit von 180 bis 190 km/h nachgefahren, danach habe er die Geschwindigkeit erhöht und sich auf der A25 ca einen halben Kilometer abgesetzt, wobei aber immer noch Sichtkontakt bestanden habe. Die Anhaltung sei mittels Blaulicht beim Parkplatz Marchtrenk-Süd erfolgt.

Bei der von RI P geführten Amtshandlung habe der Beschuldigte die Zulässigkeit der Geschwindigkeitsermittlung durch Nachfahrt bestritten und Beweise verlangt.

Der technische Sachverständige hat den Sachverhalt auf der Grundlage der Zeugeneinvernahmen wie folgt zusammengefaßt:

"Im Zuge der heutigen Verhandlung wurde von den Zeugen angegeben, daß zur Tatzeit die Fahrbahnoberfläche der A8 bzw der A25 trocken war, Tageslicht bei bedecktem Himmel (Hochnebel) herrschte und auf den beiden Autobahnabschnitten geringes Verkehrsaufkommen herrschte.

Nachdem der Berufungswerber von den Gendarmeriebeamten bemerkt wurde, konnten diese den Dienstkraftwagen ca ab dem ABkm 17,0 der A8 unmittelbar hinter das Fahrzeug des Berufungswerbers in Position bringen. Ca ab dieser Straßenstelle wurde der Berufungswerber dann mit einer Geschwindigkeit von ca 180 bis 190 km/h verfolgt, wobei sich keine Fahrzeuge zwischen dem Fahrzeug des Berufungswerbers und dem Gendarmeriefahrzeug befanden. Der Tiefenabstand zwischen diesen beiden Fahrzeugen betrug auf dem gegenständlichen Autobahnabschnitt ca 200 m. Diese Situation konnte dann etwa bis zum Strkm 16,0 beibehalten werden, und erst ab dieser Stelle beschleunigte der Berufungswerber sein Fahrzeug wieder. Diese Beschleunigungsphase endete ca auf Höhe des ABkm 19,5 bis 18,5 der A25, wobei ab diesem Zeitpunkt ca eine Geschwindigkeit von 190 bis 200 km/h von den beiden gegenständlichen Fahrzeugen gefahren wurde. Diese Geschwindigkeit wurde dann ca bis zum ABkm 17,0 bis 17,5 der A25 beibehalten, wobei der Tiefenabstand zwischen den beiden Fahrzeugen schätzungsweise mehr als 500 m betrug. Ab dieser Straßenstelle benutzten die Gendarmeriebeamten dann das Blaulicht des Dienstkraftwagens und leiteten in weiterer Folge die Anhaltung des Berufungswerbers ein.

Der Geschwindigkeitsmesser (Tacho) des Dienstkraftwagens wird laut Aussage der beiden Zeugen regelmäßig auf seine Abweichung untersucht und es erfolgt, falls notwendig, eine Nachjustierung durch eine Ford-Werkstätte, sodaß die angezeigte Geschwindigkeit am Tachografen in etwa immer der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit entspricht. Die Kontrollen werden mittels Radar- oder Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmeßgeräten durchgeführt, die sich im Besitz der gegenständlichen Dienststelle befinden." Darauf basierend hat der Amtssachverständige folgendes Gutachten erstellt:

"Zur Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahrt kann prinzipiell festgestellt werden, daß die nachstehend angeführten Kriterien eingehalten werden müssen, um die Geschwindigkeit eines voranfahrenden Fahrzeuges durch Nachfahrt ermitteln zu können:

a) Annähernd gleichbleibender Tiefenabstand bei dauerndem Sichtkontakt zum verfolgten Fahrzeug b) Genaue Kenntnis der Geschwindigkeitsanzeige bzw deren Fehlergröße c) Längerzeitiges Nachfahren mit gleichbleibender Geschwindigkeit und d) ein mindestens zweimaliges Kontrollieren der Geschwindigkeit am Tachografen des Dienstkraftfahrzeuges.

Eine Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahrt kann aber um so genauer erfolgen, je länger die Meßstrecke ist.

Während der Beobachtung kann der gleichbleibende Tiefenabstand zwischen den Fahrzeugen nur durch die Fahrzeugbreite des Vorderfahrzeuges im Erscheinungsbild kontrolliert werden. Der Betrachtungswinkel im Erscheinungsbild vergrößert sich beim Verringern des Abstandes und verkleinert sich bei Vergrößerung des Abstandes. Es ergeben sich nur geringe Winkelveränderungen, und es ist nachgewiesen, daß eine Vergrößerung des Abstandes früher wahrgenommen wird als eine Verringerung. Auch darf sich zwischen dem verfolgten Fahrzeug und dem verfolgenden Fahrzeug kein anderes Fahrzeug befinden, da sonst eine ungestörte Tiefenabstandskontrolle stark behindert bzw sogar unmöglich wird. Zur Eichung eines Tachografen in einem PKW kann festgestellt werden, daß dies prinzipiell nicht möglich ist. Die Fehlergröße des Tachografen kann aber mit einer Überprüfung durch Lasergeräte oder Radargeräte erfolgen, und der Tachograf kann dann um den Fehlerwert nachjustiert werden. Die Größe dieses Anzeigefehlers muß dem Meldungsleger aber zumindestens bekannt sein und auch die Abweichung aufgrund unterschiedlicher Reifenabrollumfänge oder dergleichen.

Infolge biologischer Grenzen des menschlichen Sehsinns und des Gehirns erfordert eine bewußte Geschwindigkeitsfeststellung eine Zeit von mindestens 1,5 sec. Der Übergang der Tachometerbeobachtung vom Vorderfahrzeug erfordert einen Blicksprung; während diesem Blicksprung ist keine geordnete visuelle Wahrnehmung möglich. Ein Blicksprung - das ist die Zeit von einer konzentrierten visuellen Wahrnehmung bis zur nächsten folgenden - erfordert bei jungen Menschen (ca bis 50 Jahren) eine Zeit von ca 1,0 sec. Somit würde der Meldungsleger, nachdem er bereits seine Fahrgeschwindigkeit auf die des Vorderfahrzeuges eingeregelt hat und dann mit gleichbleibendem Tiefenabstand nachfährt, folgende Zeiten benötigen:

- 1,5 sec für eine Abstandskontrolle - 1,5 sec für einen Blicksprung auf den Tachografen - 1,5 sec für das Ablesen der Geschwindigkeit - 1,0 sec für einen Blicksprung zur Abstandskontrolle - 1,5 sec für die Abstandskontrolle selbst - 1,0 sec für den Blicksprung zum Ablesen des Tachografen und - 1,5 sec für das Ablesen des Tachografen.

Hiebei handelt es sich um mindestens erforderliche Zeiten bei optimalen Verhältnissen, welche sich durch Störeinflüsse (Dämmerung, Finsternis, künstliche Beleuchtung, Nebel, starkes Verkehrsaufkommen und dgl) durchaus verlängern können. Es wird somit als Summe der oben angeführten Teilzeiten eine Zeit von mindestens 9,0 sec benötigt, um eine solche Geschwindigkeitsfeststellung durchführen zu können. Einregelvorgänge (durch Beschleunigen oder Verzögern) auf die Geschwindigkeit des Vorderfahrzeuges sind in dieser nicht eingerechnet. Diese Einregelvorgänge haben bereits vor der Geschwindigkeitsfeststellung zu erfolgen.

Bei diesem Einregelvorgang muß auch die Trägheit des Tachografen berücksichtigt werden, welche beim Verzögern eine größere Auswirkung hat, als beim Beschleunigen.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet das, daß bei einer festgestellten Geschwindigkeit von 180 km/h der Meldungsleger mindestens eine Strecke von 450 m benötigte, um eine einwandfreie Feststellung der Geschwindigkeit durch Nachfahrt durchführen zu können. Bei einer Geschwindigkeit von 190 km/h wären das 475 m und bei einer Geschwindigkeit von 200 km/h 500 m. Sind somit diese Konstantnachfahrstrecken vorhanden, kann davon ausgegangen werden, daß eine Geschwindigkeitsschätzung durch Nachfahren unter der Beachtung der oben angeführten Kriterien durchführbar gewesen wäre.

Aufgrund des obigen wäre somit eine derartige Geschwindigkeitsfeststellung im Bereich der A8 in Fahrtrichtung Linz zwischen den ABkm 17,5 und 16,5 möglich gewesen. Zur zweiten Nachfahrstrecke zwischen ABkm 19,0 bis 17,5 kann festgestellt werden, daß hier der Tiefenabstand zwischen den beiden gegenständlichen Fahrzeugen von mehr als 500 m allerdings zu groß war, um das Gleichbleiben des Tiefenabstandes mit der erforderlichen Genauigkeit durchführen zu können, da das menschliche Auge auf derartige Entfernungen, Änderungen von Tiefenabständen nur noch sehr schwer erkennen kann, bzw die Tiefenabstandsänderung schon mehr als 20 m betragen müßte, daß sie der im nachfahrenden Fahrzeug Befindliche wahrnehmen könnte.

Da aber die Meldungsleger weiters angeben, daß sich der Beschuldigte trotz einer von ihnen eingehaltenen Geschwindigkeit von ca 180 bis 190 km/h noch weiter von ihnen entfernt hatte, da er sein Fahrzeug stark beschleunigte, kann davon ausgegangen werden, daß dieser zumindestens ebenfalls mit einer derartigen Geschwindigkeit unterwegs war.

Außerdem ist es einem Straßenaufsichtsorgan zuzumuten, daß er Geschwindigkeitsüberschreitungen, welche im Bereich der Hälfte der höchstzulässigen Geschwindigkeit liegen, erkennt, da die Geschwindigkeitsüberschreitung bzw die Differenz zwischen gefahrener Geschwindigkeit und höchstzulässiger Geschwindigkeit dann so groß wird, daß sie für das Straßenaufsichtsorgan feststellbar wird. Eine ziffernmäßig genaue Höhe der Überschreitung kann aber dann nicht mehr getroffen werden." Das Stadtgebiet Wels reicht von km 16,601 der A8 bis km 12,828 auf der A25.

Seitens des unabhängigen Verwaltungssenates besteht kein Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen der beiden Zeugen, wobei sich RI N als damaliger Lenker des Gendarmeriefahrzeuges im Rahmen der mündlichen Verhandlung zwar grundsätzlich an das Fahrverhalten des Rechtsmittelwerbers, jedoch naturgemäß nicht mehr an konkrete Kilometerangaben erinnern konnte. Die Amtshandlung hat der als Beifahrer fungierende BI P geführt, der im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Einvernahme den Vorfall durchaus nachvollziehbar und glaubwürdig geschildert hat.

Zur Verantwortung des Rechtsmittelwerbers ist auszuführen, daß, hätte dieser tatsächlich die von ihm zugestandene Geschwindigkeit von 140 km/h bzw 145 km/h eingehalten, eine solche Nachfahrt mit Sicherheit nicht durchgeführt worden wäre und auch kein Grund für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren bestanden hätte. Die pauschale Bestreitung der Tatvorwürfe durch den Rechtsmittelwerber ist nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen in Zweifel zu ziehen. Dem Beweisantrag des Rechtsmittelwerbers konnte nicht entsprochen werden, weil dieser trotz ständiger Ankündigung nicht bereit war, den von ihm angeführten Zeugen namentlich zu benennen.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

4.2.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Dabei handelt es sich nicht, wie vom Rechtsmittelwerber irrtümlich ausgeführt, um eine "Richtgeschwindigkeit", sondern um eine unter bestmöglichen Bedingungen im Hinblick auf die Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnisse und die Verkehrssicherheit erlaubte Höchstgeschwindigkeit.

Auf der Grundlage des kraftfahrtechnischen Sachverständigengutachtens gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß das Verhalten des Rechtsmittelwerbers zweifelsohne unter den vorgeworfenen gesetzlichen Tatbestand zu subsumieren ist, wobei sowohl das Ausmaß der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit als auch der örtliche Bereich der Übertretung in den Ergebnissen des Beweisverfahrens Deckung findet.

Der örtliche Bereich des Tatvorwurfs umfaßt den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeidirektion Wels sowohl auf der A8 (Innkreisautobahn) als auch der A25 (Linzer Autobahn).

Aus dem technischen Sachverständigengutachten geht zweifelsfrei hervor, daß im Bereich vor ABkm 16,0 der A8 eine ausreichend lange und daher zur Geschwindigkeitsfeststellung geeignete Nachfahrtstrecke unter Einhaltung eines annähernd gleichbleibenden Nachfahrabstandes vorhanden war, um eine Geschwindigkeit von 180 bis 190 km/h unter Einhaltung der vom Sachverständigen angeführten Kriterien mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit feststellen zu können. Eine Beschleunigung des Rechtsmittelwerbers ab km 15,5 mußte den beiden Gendarmeriebeamten daher auffallen, wobei die tatsächlich vom Rechtsmittelwerber eingehaltene Geschwindigkeit jedenfalls über der vom Gendarmeriefahrzeug gefahrenen Geschwindigkeit liegen mußte, da sich der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen durch das Verhalten des Rechtsmittelwerbers vergrößerte. Der technische Sachverständige hat zwar bei einem Tiefenabstand von mehr als 500 m die Möglichkeit, einen gleichbleibenden Tiefenabstand mit der erforderlichen Genauigkeit festzustellen, in Zweifel gezogen bzw ausgeschlossen, jedoch ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates einem im Hinblick auf die Wahrnehmung von Verkehrssituationen auf der Autobahn geschulten Beamten der Autobahngendarmerie eine Beurteilung der Geschwindigkeitsüberschreitung unter diesen Umständen insofern möglich, als er bei gleichbleibender Geschwindigkeit des Gendarmeriefahrzeuges eine Beschleunigung des davor befindlichen PKW im Sinne einer noch größeren Geschwindigkeitsüberschreitung zweifelsfrei erkennen kann.

Wenn daher das Gendarmeriefahrzeug eine Geschwindigkeit von 180 km/h einhielt, ist davon auszugehen, daß die Geschwindigkeitsüberschreitung des Rechtsmittelwerbers zu diesem Zeitpunkt jedenfalls mehr als 50 km/h betragen haben muß. Welche Geschwindigkeit der Rechtsmittelwerber genau eingehalten hat, ist in diesem Zusammenhang und in dieser Größenordnung irrelevant.

Wenn der Rechtsmittelwerber bemängelt, er habe bereits wiederholt die Einvernahme eines Zeugen angeboten, bei dem es sich nicht um ein Familienmitglied handle, und er sei bis jetzt nicht aufgefordert worden, den Zeugen bekanntzugeben, so ist dem entgegenzuhalten, daß es sich bei der Übertretung gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG handelt.

Gemäß dieser Bestimmung genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes ohne weiteres dann anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Im gegenständlichen Fall bedeutet dies, daß jede Überschreitung der auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Verwaltungsübertretung ohne Rücksicht darauf darstellt, ob durch die Geschwindigkeitsüberschreitung eine konkrete Gefahr (für einen anderen Verkehrsteilnehmer) oder gar ein Schaden eingetreten ist.

Fahrlässiges Verhalten ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates schon deshalb anzunehmen, weil der Rechtsmittelwerber durch den Vergleich mit der Geschwindigkeit der anderen Verkehrsteilnehmer ebenso wie durch die Tachometeranzeige seines PKW die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit jedenfalls bemerken hätte müssen. Der Rechtsmittelwerber hat zwar pauschal bestritten, den Tatbestand überhaupt erfüllt zu haben, hat aber nicht glaubhaft gemacht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden getroffen hätte. Der Hinweis auf einen Zeugen, ohne dessen Name und Anschrift bekanntzugeben, reicht in diesem Zusammenhang nicht aus, wobei es auch nicht Sache des unabhängigen Verwaltungssenates ist, unbekannte Zeugen auszuforschen, die noch dazu nicht Familienmitglieder des Rechtsmittelwerbers sind.

Zusammenfassend gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber den ihm im Punkt 1) des Straferkenntnisses zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Der Rechtsmittelwerber ist in Österreich unbescholten, was die Erstinstanz zutreffenderweise als Milderungsgrund berücksichtigt hat.

Erschwerend ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungs senates allerdings die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h, was auf ein eher sorgloses Verhalten des Rechtsmittelwerbers - noch dazu, wenn sich Kinder im Fahrzeug befunden haben - hinweist.

Die von der Erstinstanz der Strafbemessung zugrundegelegten Einkommensverhältnisse wurden nicht bestritten, wobei nicht anzunehmen ist, daß die Bezahlung der Geldstrafe bei einem monatlichen Einkommen als Rechtsanwalt den Unterhalt der Kinder bzw der Gattin des Rechtsmittelwerbers zu gefährden vermag.

Grundsätzlich ist von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates zu betonen, daß es nicht Sinn und Zweck der Straßenverkehrsordnung ist, deutsche Urlauber in Österreich zu schikanieren, sondern diese dazu zu bewegen, die Geschwindigkeitsbeschränkungen im Interesse der Verkehrssicherheit einzuhalten.

4.2.2. Im Hinblick auf den Vorwurf des Verstoßes gegen das Rechtsfahrgebot hat das Beweisverfahren eindeutig und zweifelsfrei ergeben, daß sich der PKW des Rechtsmittelwerbers zwar während der gesamten Nachfahrt auf dem linken Fahrstreifen befunden hat, jedoch geht aus den Aussagen der beiden Zeugen auch hervor, daß der Rechtsmittelwerber des öfteren Fahrzeuge überholt hat, sodaß ein Einordnen auf dem rechten Fahrstreifen in diesen Fällen nicht möglich gewesen wäre. Aufgrund der wechselnden Verkehrssituation und dem unterschiedlichen Verkehrsaufkommen kann von einer einheitlichen Tatbegehung auf den im Spruch angegebenen Strecken auf der A8 und der A25 nicht ausgegangen werden, zumal jede neue Möglichkeit, den rechten Fahrstreifen zu benützen, den angeführten Tatbestand erneut verwirklicht. Eine örtliche Eingrenzung war aus den Zeugenaussagen nicht abzuleiten, sodaß hinsichtlich Punkt 2) des Straferkenntnisses mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen war.

4.2.3. Aufgrund des Berufungsvorbringens betreffend das Fehlen des Unterscheidungskennzeichens ist Punkt 3) des Straferkenntnisses hinsichtlich Schuld und Strafe in Rechtskraft erwachsen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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