Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102141/11/Weg/Ri

Linz, 10.10.1994

VwSen-102141/11/Weg/Ri Linz, am 10. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die eingebrachte Berufung des Markus L vom 15. Juli 1994 gegen das Faktum 2 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 7. Juli 1994, VerkR 96/1096/1993/Bi/Hu, nach der am 5. Oktober 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird F o l g e gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Faktums 2 behoben und diesbezüglich das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis unter Punkt 2 über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 97 Abs.5 iVm § 99 Abs. 4 lit.i StVO 1960 eine Geldstrafe von 900 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil dieser am 10. März 1993, um 14.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Wartberger Bezirksstraße und Pimmingshoferstraße nächst dem Zugang zur Wartberger Reisebörse (Weingartner) im Ortsgebiet von Wartberg a.d.

Krems in Richtung Strienzing gelenkt hat und das Anhaltezeichen eines Straßenaufsichtsorganes nicht befolgte.

Außerdem wurde hinsichtlich dieses Faktums ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 90 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde begründet ihren Schuldspruch im wesentlichen damit, daß auf Grund der Zeugenaussage des Gendarmeriegruppeninspektors M, der bei der Anhaltung seinen linken Arm waagrecht zur Fahrbahn ausgestreckt gehabt hätte und außerdem mit dem rechten Arm zusätzliche Zeichen zum Zufahren zum Fahrbahnrand gegeben habe, erwiesen sei.

3. Der Berufungswerber wendet dagegen im wesentlichen ein, daß das vom Gendarmeriebeamten gegebene Zeichen nicht als Anhaltezeichen zu erkennen gewesen sei, er habe dieses Zeichen als Aufforderung verstanden, wegen der Schneeräumungsarbeiten langsamer zu fahren.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten sowie durch Vernehmung der Zeugen Gr.Insp. M und des beim Beschuldigten mitgefahrenen Landwirtes Josef S anläßlich der am 5.

Oktober 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der auch ein Lokalaugenschein stattfand.

Beweisthema war, ob der Beschuldigte das Haltezeichen des Gendarmerieorganes als ein deutlich sichtbares Zeichen zum Anhalten wahrgenommen hat. Unstrittig ist, daß der Berufungswerber den Gendarmeriebeamten wahrgenommen hat und auch deutliche Hand- bzw. Armzeichen erkennen konnte, die er jedoch - wie schon erwähnt - als Aufforderung zum Langsamerfahren und nicht als Aufforderung zum Anhalten verstanden hat.

Dazu sei bemerkt, daß es nach der Rechtsprechung nicht unbedingt notwendig ist, einen Arm senkrecht in die Höhe zu halten, sondern es genügt jedes andere deutlich sichtbare Zeichen, das als Aufforderung zum Anhalten verstanden werden muß.

Nun hat der Meldungsleger ausgeführt, den linken Arm waagrecht gehalten zu haben, und gleichzeitig den rechten Arm auf- und abbewegt zu haben, wobei dieser rechte Arm zur Innenseite des Körpers zeigte. Der Meldungsleger sei mit seiner Brustseite zur Frontseite des herannahenden PKW's gewandt gewesen. Der Beschuldigte hätte etwa eine Geschwindigkeit von 50 km/h innegehabt, das Herabtreten vom Gehsteig auf den Fahrbahnrand unter gleichzeitiger Gebung der schon erwähnten Armzeichen sei zu jenem Zeitpunkt erfolgt, als der Berufungswerber an der dort befindlichen Schutzinsel vorbeifuhr.

Der Lokalaugenschein hat ergeben, daß die Entfernung des Berufungswerbers zum Zeitpunkt der Zeichengebung etwa 15 m (zum Gendarmeriebeamten) betrug. Der Meldungsleger wollte und dies war auf Grund des erforderlichen Anhalteweges auch nicht anders möglich - den herannahenden Fahrzeuglenker zum Anhalten an einer Stelle auffordern, welche nach dem Aufstellungsort des Meldungslegers gelegen ist. Bei der Tatörtlichkeit handelt es sich um eine ungeregelte Kreuzung, in deren Mitte eine Schutzinsel angebracht ist, der Berufungswerber wollte der Wartberger Bezirksstraße, die dort einen Verlauf nach links nimmt, folgen.

Es galt nun zu prüfen, ob das gegebene Zeichen als ein deutlich sichtbares Zeichen zum Anhalten erkennbar war. Der Beschuldigte hat es -so seine Beteuerung - nicht als solches erkannt. Der beim Beschuldigten mitfahrende Landwirt Striegl hat das wahrgenommene Zeichen ebenfalls nicht als ein Zeichen zum Anhalten erkannt, sondern als eine Aufforderung zum Langsamerfahren wegen der dort stattfindenen Schneeräumungsarbeiten.

Auch die Berufungsbehörde ist bei der Gegenüberstellung der Aussagen einerseits und nach Besichtigung des Tatortes andererseits zur Ansicht gelangt, daß das gegebene Zeichen möglicherweise mißverständlich war. Diese Mißverständlichkeit ergibt sich aus dem Aufstellungsort, aus dem Fahrbahnverlauf nach links und aus der Zeichengebung mit der rechten Hand, die tatsächlich auch als eine Aufforderung zum Langsamerfahren verstanden werden kann. Der linke Arm ist waagrecht ausgestreckt gewesen und mußte nach Ansicht der Berufungsbehörde in Anbetracht der Situierung des Meldungslegers nicht unbedingt als ein Anhaltezeichen verstanden werden. Die waagrechte Ausstreckung des rechten Armes wäre deutlicher gewesen. Zumindest wird im Zweifel für den Beschuldigten angenommen, daß die Zeichengebung für ihn nicht so eindeutig war, daß man von einer iSd § 97 Abs.5 StVO 1960 deutlichen Zeichengebung sprechen könnte.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare Zeichen Fahrzeuglenker ..... zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.

Ein wesentiches Tatbestandsmerkmal des § 97 Abs.5 StVO 1960 ist, daß die Aufforderung durch deutlich sichtbare Zeichen erfolgt, weshalb es nach ständiger Judikatur zur Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat im Straferkenntnis erforderlich gewesen wäre, zu umschreiben, welches Zeichen des Straßenaufsichtsorganes vom Berufungswerber nicht befolgt wurde.

Die Umschreibung, welches Zeichen des Straßenaufsichtsorganes nicht befolgt wurde, ist im Spruch des Straferkenntnisses nicht enthalten. Es wäre allerdings im Hinblick auf die erfolgte Akteneinsicht, die als eine rechtzeitige Verfolgungshandlung dann anzusehen ist, wenn etwa in der Anzeige die Tatbestandselemente enthalten sind, eine Ergänzung des Spruchs durch die Berufungsbehörde möglich gewesen.

Da im gegenständlichen Fall auf Grund der oben dargestellten Beweiswürdigung zumindest im Zweifel für den Beschuldigten die gegebenen Zeichen nicht eindeutig als eine Aufforderung zum Anhalten verstanden werden mußten, war jedoch iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG und somit dem Grundsatz in dubio pro reo folgend von einer Fortführung des Strafverfahrens und einer Bestrafung des Beschuldigten abzusehen.

Dem Beschuldigten wird jedoch in Anbetracht der anläßlich der Verhandlung zutagegetretenen Animositäten zwischen ihm und der Gendarmerie gleichzeitig in Mitteilung gebracht, daß die verfügte Einstellung des Verfahrens nicht etwa deswegen erfolgt ist, weil den Aussagen des Gendarmerieorganes kein Glauben geschenkt wurde, sondern weil es im Strafverfahren den schon erwähnten Zweifelsgrundsatz gibt und - auf den konkreten Fall bezogen - eben Zweifel dergestalt auftraten, daß die gegebenen Armzeichen einwandfrei und deutlich als Aufforderung zum Anhalten zu verstehen gewesen sein mußten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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