Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102189/2/Bi/Fb

Linz, 13.09.1994

VwSen-102189/2/Bi/Fb Linz, am 13. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Anna G, vom 27. Juli 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 4. Juli 1994, VerkR96-4729-1-1993, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG, §§ 11 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960, §§ 99 Abs.1 iVm 134 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1), 3) und 4) §§ 11 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 2) §§ 99 Abs.1 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1), 3) und 4) je 300 S und 2) 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1), 3) und 4) je 6 Stunden und 2) 1 Tag verhängt, weil sie am 9. März 1993 gegen 2.25 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen vom öffentlichen Parkplatz des Gasthauses Sin Fahrtrichtung St. Willibald gelenkt habe, wobei sie 1) beim Einbiegen von der Bubenberger Bezirksstraße nach links in den sogenannten Bäckersteig Richtung Ortsgebiet St. Willibald die Fahrtrichtungsänderung nicht durch Blinker angezeigt habe, sodaß sich andere Verkehrsteilnehmer auf diesen Vorgang nicht hätten einstellen können, 2) in der Folge auf dem Bäckersteig etwa auf Höhe des Hauses St. Willibald Nr. 67 habe sie trotz Dunkelheit die gesamte Beleuchtung am Fahrzeug ausgeschaltet und ohne Beleuchtung die Fahrt fortgesetzt, 3) habe sie in der Folge bei der Kreuzung Bäckersteig mit der Eferdinger Bundesstraße 129 beim Einbiegen nach links Richtung Enzenkirchen erneut die Fahrtrichtungsänderung nicht angezeigt und 4) sei sie von der Eferdinger Bundesstraße 129 auf Höhe des Gasthauses Wasner in St. Willibald nach links in die sogenannte Schulstraße eingebogen und habe erneut die Fahrtrichtungsänderung nicht angezeigt, sodaß sich jeweils andere Verkehrsteilnehmer auf diesen Vorgang nicht einstellen hätten können.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 190 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde.

Da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil für den unabhängigen Verwaltungssenat bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, der Vorwurf der mangelnden Fahrtrichtungsanzeige beim Einbiegen von der Bubenberger Bezirksstraße in den Bäckersteig sei den Aussagen der Gendarmeriebeamten nicht zu entnehmen.

Im übrigen könne das Verhalten eines Verkehrsteilnehmers nur gegen die Bestimmung des § 11 Abs.2 StVO verstoßen, wenn auch tatsächlich andere Straßenbenützer vorhanden sind, die sich auf den angezeigten Vorgang einstellen können müssen.

Im gegenständlichen Fall seien keine anderen Verkehrsteilnehmer vorhanden gewesen bzw wurden solche nicht gefährdet, sodaß ihr Handeln nicht rechtswidrig gewesen sei.

Im Punkt 2) werde ihr vorgeworfen, trotz Dunkelheit die gesamte Beleuchtung am Fahrzeug ausgeschaltet und die Fahrt ohne Beleuchtung fortgesetzt zu haben. Diese Feststellung sei ebenso unrichtig wie der Vorwurf, sie habe den Kombi trotz der schlechten Fahrbahnverhältnisse mit relativ hoher Geschwindigkeit gelenkt. Sie habe bereits deponiert, daß sie während der Fahrt versehentlich das Licht abgeschaltet habe, jedoch sei sie ohne Licht nur ein paar Meter gefahren. Diese Verantwortung habe nicht widerlegt werden können, wobei die Angaben der beiden Gendarmeriebeamten hinsichtlich der Länge der ohne Licht gefahrenen Strecke unterschiedlich seien. Der mit ihr mitfahrende Karl G habe sie während der Fahrt darauf aufmerksam gemacht, daß sie mit "schlechtem Licht fahre" und sie habe irrtümlich einen falschen Schalter betätigt, sodaß sie versehentlich kurze Zeit das Licht ganz ausgeschaltet habe. Das Fahrzeug sei ihr von verschiedenen Fahrten am Tag bekannt gewesen, jedoch sei hinsichtlich des Schalters, den ihr Enkel gemeint habe, ein Mißverständnis entstanden, sodaß ihr Verhalten straflos sei. Ein Fahren ohne Licht für eine längere Wegstrecke könne aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht angenommen werden, eventuell sei die verhängte Geldstrafe mit 300 S ausreichend.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und vertritt auf dieser Grundlage die Auffassung, daß im Ergebnis die Rechtsmittelwerberin nicht die Lenkerin des Kombi am 9. März 1993 gegen 2.25 Uhr im Ortsgebiet von St. Willibald war. Dies aus folgenden Gründen:

Die Rechtsmittelwerberin war am 9. März 1993 eine 75jährige Frau, die bis zu diesem Zeitpunkt keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aufgewiesen hat. Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist in keiner Weise nachvollziehbar, aus welchem Grund die Rechtsmittelwerberin das Kraftfahrzeug ihres Enkels unter den gegebenen Umständen überhaupt gelenkt haben soll, und wenn sie es gelenkt hat, aus welchem Grund sie die beschriebene Fahrtstrecke befahren haben soll, selbst wenn die Angaben ihres Enkels über den beabsichtigten Lokalwechsel richtig sein sollten.

Die Rechtsmittelwerberin hat auf die Aufforderung zur Rechtfertigung der Erstinstanz vom 8. Juli 1993 in der Weise reagiert, daß zweimal ein Antrag auf Fristerstreckung eingebracht wurde mit der Begründung, eine detaillierte Informationsaufnahme sei noch nicht möglich gewesen. Der Ladung vom 7. Juli 1993 ist erst am 17. September 1993 mit einem Schriftsatz und am 20. September 1993 mit einem persönlichen Erscheinen bei der Erstinstanz entsprochen worden, wobei sich die Rechtsmittelwerberin in beiden Fällen als Lenkerin des Kraftfahrzeuges zum maßgeblichen Zeitpunkt bezeichnet und dies mit einer Erklärung begründet hat, die weder der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht noch in Verbindung mit der Aussage des Karl Guschlbauer glaubwürdig ist.

Sollte die Rechtsmittelwerberin an diesem Tag tatsächlich auf die Kinder des Karl Guschlbauer aufgepaßt haben, und sollte es in dieser Familie tatsächlich üblich sein, die Großmutter um 2.30 Uhr in der Nacht zu wecken und mit dem eigenen Fahrzeug nach Hause zu schicken, ist die Version der Zeugin Waltraud G, sie habe die Großmutter ersucht, den irrtümlich mitgenommenen Schlüssel ihrem Gatten zu bringen, unglaubwürdig und wohl nur mit deren Naheverhältnis zu Karl G zu erklären.

Zum Berufungsvorbringen ist zu bemerken, daß der Umstand, daß sich die Rechtsmittelwerberin laut eigenen Angaben nicht an Einzelheiten, zB ob sie nicht doch geblinkt haben könnte, erinnern kann, wohl mehr auf nicht lückenlose Information als auf mangelndes Erinnerungsvermögen zurückzuführen ist.

So ist zum Beispiel nicht nachvollziehbar, daß der Rechtsmittelwerberin der hinter ihr fahrende Gendarmeriepatrouillenwagen nicht aufgefallen sein soll, obwohl dieser offensichtlich der Grund für die Erhöhung der Geschwindigkeit und das Abschalten der Beleuchtung war. Diesbezüglich wird am Wahrheitsgehalt der Angaben der Meldungsleger seitens des unabhängigen Verwaltungssenates nicht gezweifelt.

Aus der Sicht der Rechtsmittelwerberin ist die vom Lenker des Kombis eingehaltene Fahrweise schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil sie keinerlei Grund gehabt hätte, einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch die Gendarmerie auf diese Weise zu entgehen. Außerdem ist auf der Grundlage ihrer Verantwortung, ihr eigener PKW habe sich - aus ebenfalls nicht nachvollziehbaren Gründen - auf dem Parkplatz des Gasthauses Ortner befunden, nicht erklärbar, wie die Rechtsmittelwerberin innerhalb des kurzen ihr verbleibenden Zeitraumes (der PKW wurde um 2.25 Uhr von den Gendarmeriebeamten gesichtet und nach der sicherlich einige Minuten dauernden Verfolgungsfahrt um 2.35 Uhr ohne Lenker, aber in Anwesenheit eines sichtlich alkoholisierten Karl G, auf dem Parkplatz des Gasthauses Ortner gefunden) das Fahrzeug verlassen, in ihren eigenen PKW steigen und sofort die Heimfahrt nach Taufkirchen antreten konnte und sollte, wobei die kürzeste Verbindung zwischen St. Willibald und Taufkirchen/Pr. über die B129 führt, sodaß sie den Gendarmeriebeamten geradezu entgegenkommen hätte müssen.

Zusammenfassend gelangt der unabhängige Verwaltungssenat daher zu der Auffassung, daß die von der Rechtsmittelwerberin vorgebrachte Verantwortung insgesamt unglaubwürdig ist, sodaß es sich erübrigt, auf ihre Version des Vorfalles noch detaillierter einzugehen.

Darauf hinzuweisen ist außerdem, daß der im Straferkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates vom 9. Mai 1994, VwSen-101822/2/Fra/Ka, enthaltene Hinweis auf die Verfolgungshandlung der Erstinstanz betreffend die Rechtsmittelwerberin rein formell sicher zutreffend ist, jedoch war auf der Grundlage der freien Beweiswürdigung - nicht zuletzt aufgrund der mangelnden Erhebungen der Gendarmeriebeamten im Hinblick auf den tatsächlichen Lenker - das Verfahren gegen die Rechtsmittelwerberin nach dem Grundsatz in dubio pro reo einzustellen.

zu II.:

Der Entfall des Kostenbeitrages ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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