Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102196/14/Ki/Shn

Linz, 11.10.1994

VwSen-102196/14/Ki/Shn Linz, am 11. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Alexander W, vom 8. August 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 20. Juli 1994, Zl.VerkR96-167-11-1994-Pi/Hs, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 5. Oktober 1994 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 20. Juli 1994, VerkR96-167-11-1994-Pi/Hs, dem Berufungswerber vorgeworfen, daß er am 26.11.1993 um ca 18.40 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen in Eferding in der Ludlgasse vom Hause Ludlgasse 1 (Unfallstelle) bis zum Parkplatz des städtischen Kindergartens gelenkt und dadurch 1. seinem Vater, Otto W, dessen Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall stand, insofern die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert hat, indem er seinen Vater vom Unfallort wegbrachte (mit dem oa PKW bis zum Parkplatz des städtischen Kindergartens), sodaß eine Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes im Hinblick auf die Überprüfung des körperlichen und geistigen Zustandes seines Vaters zum Unfallzeitpunkt verhindert worden ist; 2. seinem Vater, Otto W, dessen Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall stand, insofern vorsätzliche Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung geleistet hat, als er den PKW vom Unfallort weggefahren hat (zum Parkplatz des städtischen Kindergartens), sodaß sein Vater der Mitwirkungspflicht insofern nicht nachgekommen ist, als die Feststellung des genauen Sachverhaltes dadurch unmöglich geworden ist; 3. am 26.11.1993 um ca 18.40 Uhr seinen Vater, Otto W, mit dem unfallbeteiligten PKW von der Unfallstelle weggebracht hat, indem er den PKW bis zum Parkplatz des städtischen Kindergartens lenkte, obwohl sein Vater verpflichtet war, sofort die nächste Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall zu verständigen, nachdem der Radfahrer, Herr K, verletzt war und die Verletzung seinem Vater und ihm bekannt war. Dadurch habe er seinem Vater vorsätzlich Beihilfe bei der Begehung (Unterlassung der Meldepflicht) dieser Verwaltungsübertretung geleistet.

Er habe dadurch § 4 Abs.1 lit.c und § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 iVm § 7 VStG (zweimal) bzw § 4 Abs.2 zweiter Satz und § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 iVm § 7 VStG verletzt. Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 wurden Geldstrafen in Höhe von jeweils 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen je 101 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er mit dem angefochtenen Straferkenntnis gemäß § 64 VStG insgesamt zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens von 900 S (jeweils 10 % der verhängten Strafen) verpflichtet.

I.2. Der Berufungswerber erhebt gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 8. August 1994 rechtzeitig Berufung und bemängelt eine unrichtige/fehlende Beweiswürdigung und mangelnde Sachverhaltsfeststellung bzw unrichtige rechtliche Beurteilung. Er habe es nach Lage der Dinge am 26.11.1993 für keinen Moment für möglich gehalten bzw in Kauf genommen, daß durch sein Verhalten jemand anderer eine strafbare Handlung begehe und hätte sich auch nicht damit abgefunden.

Er habe alles seiner Ansicht nach notwendige unternommen und damit den gesetzlichen Verpflichtungen zur Gänze entsprochen.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, weil weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung Beweis erhoben. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden sowohl der Berufungswerber als auch dessen Vater, Herr Otto W sowie die Zeugen BI Franz H, Christine A, Patricia S und Johann K einvernommen.

Vertreter des Rechtsfreundes des Berufungswerbers sowie der belangten Behörde haben an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen.

I.5. In Anbetracht des Verfahrensergebnisses erscheint eine detaillierte Wiedergabe der einzelnen Aussagen für nicht erforderlich, es wird diesbezüglich auf das Verfahren VwSen-102198 (Otto W) hingewiesen.

Im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen ist lediglich zu erwähnen, daß Herrn Otto W die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen gemäß § 4 Abs.1 lit.c bzw § 4 Abs.2 StVO 1960 tatsächlich begangen hat und daß der Berufungswerber zum Zeitpunkt, als er seinen Vater vom Ort des Unfallgeschehens weggebracht hat sowohl von den Verletzungen des Unfallbeteiligten als auch von dem Umstand, daß die Gendarmerie noch nicht verständigt war, Kenntnis hatte.

I.6. Nach Durchführung des Berufungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich rechtlich erwogen:

Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt gemäß § 7 VStG der auf dieser Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

Im gegenständlichen Falle ist erwiesen, daß der Vater des Berufungswerbers, Otto W, diversen Verpflichtungen nach § 4 StVO 1960 nicht nachgekommen ist.

Wenn nun der Berufungswerber vermeint, er habe diesbezüglich nicht vorsätzlich gehandelt, so befindet er sich in einem Irrtum. Dadurch, daß sein Vater nach dem Verkehrsunfall mit Personenschaden nicht sofort den Gendarmerieposten Eferding verständigt hat bzw daß er sich in der Folge vom Ort des Unfallgeschehens entfernt hat, hat dieser die jeweiligen gesetzlichen Tatbestände erfüllt. Dies wurde ihm dadurch erleichtert, daß er vom Berufungswerber vom Ort des Geschehens weggebracht wurde. Durch dieses Verhalten sind im gegenständlichen Falle sämtliche Tatbilder, sowohl der der Bestrafung zugrundeliegenden Vorschriften als auch des § 7 VStG erfüllt. Der Berufungswerber hat in Kenntnis sämtlicher relevanter Tatumstände seinen Vater vom Unfallort weggebracht und er wollte dies auch tun. Ein den Tatvorsatz ausschließender Tatbildirrtum, welcher dann vorliegen würde, wenn der Täter nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklicht, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, ist daher auszuschließen.

Allenfalls könnte in Betracht gezogen werden, daß der Berufungswerber nicht wußte, daß er seinem Vater die Verwaltungsübertretungen erleichtert bzw daß diese Beihilfe ebenfalls verwaltungsstrafrechtlich zu belangen ist.

Diesbezüglich wäre der Berufungswerber einen Verbotsirrtum unterlegen, welcher aber nur dann entschuldigt, wenn dieser erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (§ 5 Abs.2 VStG).

Ein Verbotsirrtum wäre sohin nur dann relevant, wenn diesbezüglich jegliche Fahrlässigkeit auszuschließen wäre.

Dies ist im vorliegenden Verfahren nicht der Fall.

Aufgrund der dargelegten Rechtslage ist daher davon auszugehen, daß der Berufungswerber jedenfalls dem Grunde nach rechtswidrig gehandelt hat, indem seinem Vater die Unterlassung der im § 4 StVO 1960 normierten Pflichten zumindest bedingt vorsätzlich erleichtert hat.

Dennoch war der Berufung Folge zu geben, zumal im vorliegenden Falle Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen (§ 45 Abs.1 Z3 VStG).

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

Die Verjährungsfrist beträgt in Anwendung des § 31 Abs.2 leg.cit. ua bei Verwaltungsübertretungen nach der StVO 1960 sechs Monate.

Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs.2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Wesentlich ist, daß sich eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.

Ein wesentliches Tatbestandselement des § 7 VStG ist, daß die Veranlassung bzw Erleichterung hinsichtlich Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erfolgt. Dieser Vorsatz wurde dem Berufungswerber jedoch erstmals im angefochtenen Straferkenntnis nach Ablauf der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen. Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist wurde gegen den Berufungswerber als Beschuldigten hinsichtlich des Vorsatzes keine Verfolgungshandlung vorgenommen.

Aufgrund der dargelegten Umstände ist somit infolge eingetretener Verfolgungsverjährung die Strafverfolgung wegen vorsätzlicher Beihilfe gegen den Beschuldigten ausgeschlossen. Es war somit der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z3 AVG).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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