Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102231/16/Ki/Shn

Linz, 30.11.1994

VwSen-102231/16/Ki/Shn Linz, am 30. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Thomas W, vom 1. September 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 22. August 1994, Zl.VerkR96-1823-1994, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 15. November 1994 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 45 Abs.1 Z1 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 22. August 1994, VerkR96-1823-1994, über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 8.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) verhängt, weil er am 20.2.1994 um ca 13.30 Uhr seinen PKW vom Gasthaus "Wirt im Feld" auf der Thann Bezirksstraße bis zum Anwesen Thanstraße 28 gelenkt hat, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Strafe (800 S) verpflichtet.

I.2. Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht berufen und die Aufhebung des Straferkenntnisses bzw Einstellung des Verfahrens beantragt.

Er begründet dies im wesentlichen damit, daß es zwar richtig sei, daß er mit Mario A am 20.2.1994 bis ca 13.30 Uhr im Gasthaus "Wirt im Feld" Alkohol konsumiert habe. Er sei zwar mit seinem PKW zum Gasthaus gefahren, habe diesen aber dort stehen lassen und sei nicht in alkoholbeeinträchtigtem Zustand zu ihm nach Hause gefahren. Er sei per Autostop nach Hause gefahren und habe am nächsten Tag seinen PKW vom Parkplatz beim Gasthaus abgeholt I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Beweis wurde durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. November 1994 erhoben. Bei dieser Verhandlung wurden der Beschuldigte sowie als Zeuge Herr Mario Auer einvernommen.

Ein Vertreter der belangten Behörde hat an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen.

Weiters wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in einen Gerichtsakt des Landesgerichtes Steyr (13 EVr 78/94, 13 EHv 45/94) zum Beweis bezüglich der Frage des Erinnerungsvermögens des Zeugen Mario Auer in bezug auf seine Aussage am 25. Februar 1994.

I.5. Der Berufungswerber hat bei seiner Einvernahme im wesentlichen die vorgeworfene Tatsache, er wäre mit seinem eigenen Auto nach Hause gefahren, bestritten und ausdrücklich darauf hingewiesen, daß er bei der Aussage vor der BPD Steyr, kriminalpolizeiliche Abteilung (Niederschrift vom 3.3.1994), wonach er ausgesagt hätte, daß er direkt vom Gasthaus nach Hause gefahren sei, damit nicht gesagt habe, daß er mit dem Auto gefahren sei. Er sei diesbezüglich nie gefragt worden.

Der Zeuge Mario A hat bei seiner Einvernahme nach ausdrücklicher Belehrung über allfällige strafrechtliche Konsequenzen einer falschen Zeugenaussage ausgesagt, daß er sich nicht mehr erinnern könne, wie er vom Gasthaus weggekommen sei. Er habe damals bei einem Verkehrsunfall eine Kopfverletzung (schwere Gehirnerschütterung) erlitten und könne sich heute nicht mehr an die Vorfälle erinnern. Er könne sich nicht erinnern, daß er am 25. Februar 1994 die in der im Akt aufliegenden Niederschrift festgestellten Aussagen gemacht habe. Er sei aufgrund seiner Verletzung für ca ein Monat nicht in der Lage gewesen, entsprechende Aussagen zu machen. Belege über seinen Gesundheitszustand könne er nicht vorweisen, im Zuge einer Gerichtsverhandlung habe jedoch ein Arzt ein entsprechendes Sachverständigengutachten abgegeben. Grundsätzlich führe er aus, daß Herr Weißenbrunner nie fahre, wenn er alkoholisiert ist.

Im oben erwähnten Gerichtsakt des Landesgerichtes Steyr befindet sich ein Sachverständigengutachten des Dr. Rainer Hainböck. Dieser hat am 25. April 1994 nach Erinnerung an den abgelegten Sachverständigeneid bezüglich Erinnerungsvermögen des Mario Auer vom Verlassen des Gasthauses bis zum ersten Unfall mit seinem eigenen PKW und dann bis zur unbefugten Inanspruchnahme des anderen PKW und dem Unfall festgestellt, daß dies aus medizinischer Sicht weitgehend erklärt werden könne. Auer habe eine schwere Gehirnerschütterung erlitten, dh, daß die Aufnahmsdiagnose sogar auf Gehirnquetschung gelautet habe. Er sei deshalb auch von der chirurgischen Intensivabteilung aufgenommen worden, nachdem eine computertomographische Untersuchung des Gehirnschädels durchgeführt wurde. Bei einer schweren Gehirnerschütterung, ja sogar einer Gehirnquetschung mit einer mehrstündigen Bewußtlosigkeit gebe es sehr häufig eine sogenannte retrograde Amnesie, wobei die einige Stunden nach bestehe, die das Erinnerungsvermögen einige Stunden vor Eintritt des Unfallgeschehnisses auslösche und es sei häufig dann jetzt so, daß die Beschuldigten durch Gehörtes und von außen her Zugetragenes dann glauben, sich wieder an gewisse Sachen erinnern zu können, doch sei dies eindeutig in der Medizin bekannt, daß bei schweren Schädel-Hirnverletzungen, und in diesem Fall sei eine solche doch vorliegend, das Erinnerungsvermögen durch einige Stunden vor Eintritt des Unfallzeitpunktes ausgelöscht ist.

I.6. Im Rahmen der freier Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die Aussage des Zeugen Mario Auer im Hinblick auf sein Erinnerungsvermögen der Tatsache entspricht, dies wird erhärtet durch die gutächtlichen Äußerungen des Dr. H. Dieses Gutachen erscheint schlüssig und steht nicht im Gegensatz zu den Denkgesetzen und den Erfahrungen des Lebens.

I.7. Aufgrund der oben dargelegten Umstände hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich rechtlich erwogen:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder Lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Dazu ist festzustellen, daß die in der Straßenverkehrsordnung 1960 festgelegten "Alkoholdelikte" zu den gröbsten Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung zählen, weil sie in besonderem Maße geeignet sind, die durch die Strafdrohung geschützten Interessen der Verkehrssicherheit zu schädigen. Wie gerade das den Tatvorwurf auslösende Geschehen bestätigt, werden durch alkoholisierte Fahrzeuglenker immer wieder Verkehrsunfälle mit schwerwiegenden Folgen verursacht und ist daher eine strengste Bestrafung für das Lenken von Fahrzeugen in alkoholisiertem Zustand geboten. Der erhebliche Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung spiegelt sich im Strafrahmen von 8.000 S bis 50.000 S wieder.

Auf den konkreten Fall bezogen ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht auszuschließen, daß der Berufungswerber tatsächlich in alkoholisiertem Zustand seinen PKW nach Hause gelenkt haben könnte. Er kann keinen Zeugen vorweisen, der bestätigen könnte, daß er seinen PKW tatsächlich am Parkplatz des Gasthauses stehen gelassen bzw diesen am nächsten Tag abgeholt hat. Darüber hinaus könnte man auch davon ausgehen, daß er bei seiner Einvernahme, wenn er tatsächlich per Autostop nach Hause gefahren ist, dies auch ohne extra befragt zu werden erwähnt hätte.

Für die Berufungsentscheidung war jedoch maßgebend, daß im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist, wonach das für den Beschuldigten günstigste Verfahrensergebnis der Entscheidung zugrundezulegen ist. Wenn sohin nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, so hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

Im vorliegenden Falle ist nun wohl, wie oben bereits dargelegt wurde, nicht auszuschließen, daß der Berufungswerber tatsächlich seinen PKW in einem von Alkohol beeinträchtigten Zustand entsprechend dem Tatvorwurf gelenkt hat. Der Umstand aber, daß der Beschuldigte sich bei seinen Einvernahmen des Ausdruckes "fuhr" bediente, reicht aber entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht aus, um sämtliche Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten auszuschließen.

Verbliebe letztlich mangels sonstiger Nachweise (Alkotest udgl) die Aussage des Zeugen Mario A, welche er am 25. Februar 1994 bei der kriminalpolizeilichen Abteilung der BPD Steyr gemacht hat (".... mein Freund fuhr mit seinem PKW nach Hause .....") als einzig tauglicher Beweis dafür, daß der Berufungswerber die Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen hat. Diese Aussage des Mario A ist jedoch insoferne ein untaugliches Beweismittel, als dieser, wie im oben angeführten Sachverständigengutachten dargelegt wurde, sich an den Vorfall aufgrund seiner Verletzungen nicht mehr erinnern konnte.

Es steht sohin nicht mit der zur Bestrafung erforderlichen Sicherheit fest, daß der Beschuldigte die vorgeworfene Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen hat. Die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat kann somit nicht erwiesen werden, es war daher der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z1 AVG).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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