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des Landes Oberösterreich
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VwSen-102269/5/Bi/Fb

Linz, 18.10.1994

VwSen-102269/5/Bi/Fb Linz, am 18. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Frau R H, vom 15.

September 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 27. Juli 1994, VerkR96/19489/1993/Ga+1, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt werden.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag für die Erstinstanz ermäßigt sich daher auf 100 S. Ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil sie vom Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges xx Herrn A H, der Behörde als jene Person namhaft gemacht worden sei, die Auskunft darüber erteilen könne, wer dieses Fahrzeug am 27. Oktober 1993 um 9.28 Uhr gelenkt habe. Mit h. (= der Erstinstanz) Schreiben vom 29.

Juli 1994, welches am 31. März 1994 nachweislich zugestellt worden sei, sei sie daher aufgefordert worden, der Behörde binnen 14 Tagen ab Zustellung den Namen und die genaue Anschrift jener Person, die das Fahrzeug am 27.

Oktober 1993 um 9.28 Uhr gelenkt habe, anher bekanntzugeben, zumal nunmehr sie die Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 getroffen hätte. Da sie eine diesbezügliche Auskunft nicht erteilt hätte, sei sie der gesetzlichen Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs.2 KFG nicht nachgekommen.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 200 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil auf grund des Akteninhalts der Sachverhalt ausreichend geklärt war, im Rechtsmittelvorbringen im wesentlichen nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, ihr Gatte sei Zulassungsbesitzer des betreffenden Fahrzeuges, das von vielen verschiedenen Personen benützt werde, und sie habe in seiner Abwesenheit die Fahrzeugschlüssel verwaltet. Herr O H sei für sie aufgrund eines Krankenhausaufenthaltes in Salzburg nicht erreichbar gewesen, und sie habe daher während der Frist für die Lenkererhebung nicht definitiv sagen können, ob nun er selbst gefahren sei oder nicht. Sie habe daher die Behörde gebeten, sich an Herrn O H zu wenden, um keine unrichtige Auskunft zu geben. Dies habe den Bescheid über 2.000 S zur Folge gehabt. Ihr Gatte habe versucht, in einem Telefonat mit Frau G die Angelegenheit zu klären, worauf diese gesagt habe, in so einem Fall hätte ein klärender Anruf genügt. Dies sei scheinbar nicht der Fall.

Auf ihre Frage, warum man Herrn O H, der die Übertretung gar nicht bestreite, nicht einfach einen Strafbescheid geschickt habe, hätte sie die Antwort bekommen, dies sei nicht möglich, weil mittlerweile Verjährung eingetreten sei. Sie meine daher, daß dieser Umstand der Grund dafür sei, daß ihr Einspruch abgelehnt worden sei. Immerhin seien aber 3 Monate und 4 Tage bis zur Zustellung der Strafverfügung an ihren Mann als Zulassungsbesitzer vergangen.

Sie ersuche, das Strafverfahren einzustellen, weil sie in dem Glauben sei, sich richtig und korrekt verhalten zu haben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

4.1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrundegelegt:

Der PKW dessen Zulassungsbesitzer Herr A H ist, wurde am 27. Oktober 1993 um 9.28 Uhr auf der Landesstraße 508 im Ortsgebiet von Mittererb bei km 1,352 mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h gemessen, obwohl dort nur eine Geschwindigkeit von 50 km/h erlaubt ist. Aufgrund dieser Anzeige vom 29. Oktober 1993 erging an Herrn A H die Strafverfügung vom 20. Jänner 1994. Dieser bestritt den Tatvorwurf mit der Begründung, er habe sich zu dieser Zeit mit einem anderen Fahrzeug nachweislich aus beruflichen Gründen auf dem Weg nach Würzburg befunden.

Im Rahmen der Lenkerauskunft teilte Herr A H mit, er könne die geforderte Auskunft nicht erteilen, weil er sich im Ausland aufgehalten habe. Jedoch könne Frau R H die erforderliche Auskunft erteilen.

Die Rechtsmittelwerberin wurde mit Schreiben der Erstinstanz vom 29. März 1994, deshalb, weil sie vom Zulassungsbesitzer des PKW als jene Person namhaft gemacht worden sei, die Auskunft darüber erteilen könne, wer das Fahrzeug am 27. Oktober 1993 um 9.28 Uhr gelenkt habe, aufgefordert, binnen 14 Tagen ab Zustellung des Schreibens Namen und Anschrift des Fahrzeuglenkers bekanntzugeben. Sie wurde auch darauf hingewiesen, daß bei Nichterteilung der geforderten Auskunft oder Erteilung einer unrichtigen oder unvollständigen Auskunft gegen sie ein Strafverfahren gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 eingeleitet werden müsse.

Am 11. April 1994 teilte die Rechtsmittelwerberin der Erstinstanz mit, sie habe während der beruflichen Abwesenheit ihres Gatten die Aufsicht über das Fahrzeug gehabt, habe sich jedoch zum in Rede stehenden Zeitpunkt nicht selbst zuhause befunden. Das Fahrzeug werde von vielen verschiedenen Personen benützt und oft ausgeliehen, sodaß die Schlüssel und die Fahrzeugpapiere dem Bruder des Zulassungsbesitzers, Herrn O H, in Salzburg übergeben worden seien. Dieser verfüge über entsprechende Aufzeichnungen, wer das Fahrzeug zum angegebenen Zeitpunkt gelenkt bzw benützt habe und sie ersuche die Erstinstanz, das Auskunftsersuchen an Herrn O H, zu richten, der die gewünschte Auskunft gerne erteilen werde.

Daraufhin erging seitens der Erstinstanz die Strafverfügung vom 21. April 1994.

Die Erstinstanz hat bestätigt, daß zwischen Herrn AH und der Sachbearbeiterin bei der Erstinstanz, Frau G, ein Telefongespräch stattgefunden habe, jedoch sei dieses erst erfolgt, nachdem die Strafverfügung an die Berufungswerberin zugestellt worden sei. Eine Aussage, wonach "ein klärender Anruf genügt hätte", sei zu keinem Zeitpunkt gemacht worden.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat, bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Fall von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht... Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Seitens des unabhängigen Verwaltungssenates ist auszuführen, daß die Vorgangsweise der Erstinstanz mit den oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen in Einklang steht. Der Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges hat seine Gattin, die Rechtsmittelwerberin, als die Person angegeben, die die verlangte Auskunft erteilen könne, sodaß die Rechtsmittelwerberin letztlich die Auskunftspflicht traf.

Diese hätte sich daher entsprechend bemühen müssen, die erforderliche Person zu eruieren, um ihrer Verpflichtung ausreichend und rechtzeitig nachkommen zu können.

Die oben zitierte gesetzliche Bestimmung eröffnet nur dem Zulassungsbesitzer die Möglichkeit, die Behörde an eine weitere Person zu verweisen, die die Auskunft erteilen kann; die genannte Person trifft jedoch dann die Auskunftspflicht.

Es war daher der Rechtsmittelwerberin nicht möglich, eine weitere Person zu benennen, die der Behörde die verlangte Auskunft erteilen könnte. Aus diesem Grund war es auch nicht möglich, Herrn O H gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zur Lenkerauskunft aufzufordern. Dies wäre nur dann möglich gewesen, wenn der Zulassungsbesitzer, Herr A H, die Behörde nicht an seine Gattin, sondern sofort an seinen Bruder weiterverwiesen hätte.

Die von der Rechtsmittelwerberin erteilte Auskunft entsprach daher nicht dem an sie gerichteten Auskunftsverlangen der Erstinstanz auf Bekanntgabe eines konkreten Lenkers des Fahrzeuges am 27. Oktober 1993 um 9.28 Uhr. Das Auskunftsbegehren der Erstinstanz vom 29. März 1994 war jedoch eindeutig formuliert und enthielt den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend auch nicht die Möglichkeit, eine weitere Person zu benennen, die schließlich in der Lage wäre, die gewünschte Auskunft zu erteilen. Dies mußte der Rechtsmittelwerberin aber beim Lesen des Schriftstückes auffallen, ohne daß von ihr weitreichende juristische Kenntnisse hiefür zu verlangen wären. Entgegen ihrem Berufungsvorbringen enthält ihre Auskunft keine konkreten Angaben zur Person des damaligen Lenkers, sondern nur die vage Möglichkeit, daß die angegebene Person den tatsächlichen Lenker bekanntgeben würde können.

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die aufgrund einer behördlichen Anfrage nach § 103 Abs.2 erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein (VwGH vom 18. November 1992, 91/03/0294).

Auf dieser Grundlage gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß die Rechtsmittelwerberin den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 134 Abs. KFG 1967 reicht bis 30.000 S Geldstrafe bzw sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Die Erstinstanz hat bei der Strafbemessung zwar berücksichtigt, daß die Rechtsmittelwerberin als Hausfrau kein Einkommen bezieht, ist jedoch davon ausgegangen, daß sie einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Ehegatten hat und für drei Kinder sorgepflichtig ist. Aus dem Verfahrensakt ergibt sich nicht, daß die Rechtsmittelwerberin irgend eine Vormerkung aufweisen würde, sodaß im Zweifel von ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen ist, die als Milderungsgrund berücksichtigt werden muß. Schon aus diesem Grund war die verhängte Strafe herabzusetzen, wobei auch zu berücksichtigen ist, daß das Verschulden der Rechtsmittelwerberin als eher geringfügig anzusehen ist, insbesondere weil es einer Mutter von drei Kindern nicht ohne weiteres möglich ist, nach Salzburg zu fahren, um Einsicht in etwaige Aufzeichnungen zu nehmen. Der Ausspruch einer Ermahnung war aber nicht zulässig, weil Voraussetzungen dafür nicht nur das geringfügige Verschulden des Beschuldigten ist, sondern auch die Folgen der Übertretung unbedeutend sein müssen. Dies ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben, weil aufgrund der mangelhaften Auskunft der Rechtsmittelwerberin der Lenker nicht eruiert und daher auch nicht belangt werden konnte.

In Anbetracht ihrer finanziellen Situation steht es der Rechtsmittelwerberin frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Geldstrafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

 

 

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