Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102298/2/Bi/Fb

Linz, 07.03.1995

VwSen-102298/2/Bi/Fb Linz, am 7. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Franz H, vom 5. September 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 22. August 1994, VerkR96-2742-7-1993-Pi/Ri, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis in allen drei Punkten vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz Beträge von 1) 80 S, 2) 500 S und 3) 300 S, sohin insgesamt 880 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafen, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 7 Abs.1 erster Satz iVm 99 Abs.3a StVO 1960, 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 7 Abs.1 erster Satz iVm 99 Abs.3a StVO 1960, 2) §§ 4 Abs.1c iVm 99 Abs.2a StVO 1960 und 3) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 400 S, 2) 2.500 S und 3) 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 13, 2) 108 und 3) 50 Stunden verhängt, weil er am 26. Juli 1993 um 8.00 Uhr den LKW mit dem amtlichen Kennzeichen auf dem Güterweg Spraid beim Haus Spraid Nr. 3, Gemeinde Gunskirchen, 1) nicht so weit rechts gelenkt habe, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen sei (weil er rechts von der Fahrbahn abgekommen sei und Mais in einer Länge von 20 m niedergefahren habe), 2) habe er es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er die Unfallstelle verlassen und die Fahrt fortgesetzt habe, sodaß sein körperlicher und geistiger Zustand zum Tatzeitpunkt nicht mehr festgestellt werden habe können, 3) habe er es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten (Geschädigten) unterblieben sei.

Außerdem wurde ihm ein Verfahrenskostenersatz in Höhe von insgesamt 440 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil der Sachverhalt ausreichend geklärt scheint und im übrigen nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird bzw sich die Berufung gegen die Höhe der Strafe richtet, eine mündliche Verhandlung aber nicht beantragt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe keine Verwaltungsübertretung gemäß § 7 Abs.1 StVO begangen, da er die für den Fahrzeugverkehr zugelassene asphaltierte Fahrbahnfläche befahren habe, wobei diese unter dem Gewicht des LKW im Bereich des rechten Hinterrades nachgegeben habe. Der Sachschaden könne ihm deshalb nicht zur Last gelegt werden, weil er nur durch ein Abrutschen des für den Fahrzeugverkehr zugelassenen Fahrbahnteiles entstanden sei.

Eine Übertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO habe er deshalb nicht begangen, weil er seiner Verständigungspflicht iSd § 4 Abs.5 unter Einbindung einer dritten Person nachgekommen sei, sodaß keine weitere Verpflichtung mehr für ihn bestanden habe, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken. Ein weiteres Zuwarten wäre nicht möglich gewesen, weil sonst die transportierten Schweine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verendet wären. Die Erstinstanz habe den Rechtfertigungsgrund des Notstandes nicht geprüft. Im übrigen liege zwischen der Vorschrift des § 4 Abs.1 lit.c sowie der Norm des § 4 Abs.5 StVO ein Idealkonkurrenzverhältnis vor, weshalb die Anwendung der einen Norm jene der anderen Norm ausschließen würde.

Zum Vorwurf der Übertretung des § 4 Abs.5 StVO macht der Rechtsmittelwerber geltend, der Zeuge S habe sich aufgrund der besonderen Dringlichkeit des Schweinetransportes selbst angeboten, unverzüglich der Identitätsnachweisverpflichtung nachzukommen. Aus diesem Grund habe er dem Zeugen S seine persönlichen Daten und einen Lichtbildausweis überlassen. Weshalb der Zeuge S der zugesagten Verständigung nicht nachgekommen sei, liege nicht in der Sphäre des Berufungswerbers und könne ihm daher nicht vorgeworfen werden. Der Zeuge G habe ihm ebenfalls ausdrücklich und mehrmals zugesichert, sich persönlich mit dem geschädigten Landwirt bzw dem Gendarmerieposten in Verbindung zu setzen. Die Firma Gruber sei auch im Besitz eines Lichtbildausweises, sodaß er davon ausgehen konnte, daß, wenn der geschädigte Bauer nicht unverzüglich angetroffen werden hätte können, sich der Zeuge G mit dem Gendarmerieposten in Verbindung setzen würde. Weshalb der Zeuge Graf seiner Zusage nicht nachgekommen sei, entziehe sich seiner Kenntnis.

Er habe sich sohin nicht nur einer sondern sogar zweier Mittelspersonen bedient, wobei ihm weder eine ungenügende Überwachung dieser Mittelspersonen noch ein sonstiges fahrlässiges Verhalten zur Last gelegt werden könne.

Die Geldstrafen seien bei weitem überhöht, da die Folgen des Vorfalls vernachlässigbar gering seien, was sich darin zeige, daß der anzeigeerstattende Landwirt seine Anzeige zurückzuziehen beabsichtigte. Er beziehe ein Monatsnetto einkommen von 11.000 S und habe eine Sorgepflicht für seine nicht erwerbstätige Gattin. In Anbetracht des etwaig geringfügigen Verschuldens sowie der äußerst geringfügigen nachteiligen Folgen beantrage er die Einstellung des Verfahrens, in eventu eine Reduzierung der Geldstrafen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

4.1. Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 26. Juli 1993 um ca 8.00 Uhr den LKW der Firma S, auf dem Güterweg S aus Richtung Gunskirchen kommend in Richtung des Anwesens des Zeugen Josef S, und beabsichtigte, dort Schweine abzuholen. Ca 150 m vor dem Anwesen geriet er mit dem LKW nach rechts vom Güterweg ab in das angrenzende Maisfeld, wobei auf einer Länge von ca 20 m Maispflanzen niedergefahren wurden. Der Zeuge S zog den LKW mit seinem Traktor aus dem Maisfeld, das dem Zeugen Josef G Nr. 6, gehört, was er dem Rechtsmittelwerber auf seine Frage hin auch mitteilte. Der Zeuge S bot dem Rechtsmittelwerber an, den Schaden bei Herrn Josef G zu melden, was am selben Tag, Mittag, auch geschah.

Nach dem Vorfall luden der Rechtsmittelwerber und der Zeuge S die abzuholenden Schweine auf den LKW und der Rechtsmittelwerber fuhr zur Firma G nach Pichl.

Bei seiner Rückkehr zum Schlachthof verständigte der Rechtsmittelwerber den Betriebsleiter, den Zeugen Günter G, von dem Vorfall, wobei nach übereinstimmenden Aussagen des Zeugen G und des geschädigten Josef G vereinbart wurde, den entstandenen Schaden mit zwei Stangen Wurst abzugelten. Der geschädigte Josef G erstattete am 16.

August 1993 beim Gendarmerieposten Gunskirchen Anzeige, weil bis dahin keine Schadensgutmachung geleistet worden sei. Der Zeuge Graf teilte dazu mit, daß Angebot mit den zwei Stangen Wurst sei vom Zeugen G gekommen, wobei er leider irrtümlich angenommen habe, G würde sich die Würste selber abholen. Der Zeuge Josef G hat anläßlich seiner Einvernahme bei der Marktgemeinde Gunskirchen am 22. März 1994 mitgeteilt, daß der geringfügige Schaden von der Haftpflichtversicherung bezahlt worden sei und er daher seine Anzeige zurückziehe.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges soweit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

Wie bei einer Besichtigung am 23. Februar 1995 festgestellt wurde, ist der Güterweg Spraid im in Rede stehenden Abschnitt eine asphaltierte, leicht bergaufführende und für ein mehrspuriges Kraftfahrzeug eine ausreichende Breite aufweisende Straße mit öffentlichem Verkehr, deren geschlossene Asphaltdecke keinerlei Aufbrüche, Abbröckelungen oder sonstige Anzeichen für die Möglichkeit eines plötzlichen Nachgebens unter dem Gewicht eines unbeladenen LKW aufweist. Von schlechten Fahrbahnverhältnissen kann im Bereich dieses Güterweges nicht die Rede sein und aus der Asphaltdecke ist auch nicht ersichtlich, daß der Güterweg in der letzten Zeit neu asphaltiert oder ausgebessert worden wäre. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates kann von einem in der Berufung behaupteten Abrutschen des für den normalen Fahrzeugverkehr zugelassenen asphaltierten Fahrbahnteiles nicht die Rede sein, wobei auch für ein Nachgeben der Fahrbahn im Bereich des rechten Hinterrades eines LKW, bedingt durch dessen Gewicht, kein Anzeichen besteht.

Da der besagte Güterweg insgesamt nur einen Fahrstreifen aufweist, war das Befahren dieses einen Fahrstreifens für den Rechtsmittelwerber unter Einhaltung der Kriterien des § 7 Abs.1 jedenfalls zumutbar und möglich. Aus welchem Grund er nach rechts von der Fahrbahn abgekommen und in das Maisfeld gefahren ist, ist für den unabhängigen Verwaltungssenat nach der Schilderung des Rechtsmittelwerbers im Einspruch nicht erklärbar. Dies auch deshalb, weil der LKW zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit Schweinen beladen war und ein Nachgeben eines "lockeren Erdreiches" unter einem unbeladenen, bergauffahrenden LKW bei den dortigen örtlichen Verhältnissen nach der allgemeinen Lebenserfahrung auszuschließen ist.

Beim § 7 Abs.1 StVO 1960 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG, wobei es dem Rechtsmittelwerber nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

In diesem Zusammenhang sind die rechtlichen Argumente des Rechtsmittelwerbers zur Frage, wessen Schutz die in Rede stehende Bestimmung letztlich dient, irrelevant, zumal ein Vorhandensein anderer Verkehrsteilnehmer zum Unfallzeitpunkt - denen gegebenenfalls auszuweichen gewesen wäre, weil ein Aneinandervorbeifahren dort unmöglich ist - nicht behauptet wurde, und auch sonst kein plausibler Grund für ein Befahren des rechten Fahrbahnrandes vorhanden war.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zu den Punkten 2) und 3) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Gemäß § 4 Abs.5 leg.cit. haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Voraussetzung für die Anhalte-, Mitwirkungs- und Meldepflicht ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens.

Unbestritten ist im gegenständlichen Fall, daß bei dem Vorfall, an dem der Rechtsmittelwerber ursächlich beteiligt war, Maispflanzen auf eine Länge von 20 m im Bereich einer LKW-Breite niedergefahren wurden, sodaß vom Bestehen eines Sachschadens zweifellos auszugehen ist. Dabei ist irrelevant, ob dieser Sachschaden als so geringfügig angesehen werden kann, daß er mit zwei Stangen Wurst abgegolten ist. Da es sich bei beiden Tatbeständen nicht um Privatanklagedelikte handelt, ist der Wunsch des Zeugen Gruber, die Anzeige zurückzuziehen, ebenfalls irrelevant.

Schon aus der Formulierung des § 4 Abs.5 leg.cit. geht hervor, daß die Person, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand, und jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben müssen, um von einer Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle Abstand nehmen zu können. Der Rechtsmittelwerber selbst ist mit dem Geschädigten, dem Zeugen Josef G, selbst persönlich nie in Verbindung getreten, wobei in dieser Hinsicht eine Vertretung in der Form, daß einem unbeteiligten Dritten ein Lichtbildausweis, mit dem Auftrag überlassen wird, diesen dem Geschädigten zu zeigen, nicht als Identitätsnachweis iSd § 4 Abs.5 StVO anzusehen ist und daher nicht geeignet ist, den Rechtsmittelwerber von der Meldepflicht zu befreien. Zweck dieser Bestimmung ist nämlich nicht, einem Geschädigten ausrichten zu lassen, wer den Schaden verursacht hat, sondern dem Geschädigten muß es möglich sein, selbst auf gesicherte Weise festzustellen, mit wem er sich konkret hinsichtlich eines eventuellen Schadenersatzes auseinanderzusetzen haben wird.

Das Argument des Rechtsmittelwerbers, er habe dem Zeugen S seinen Ausweis überlassen und könne im übrigen nichts dafür, wenn dieser erst Mittag beim Zeugen G vorbeigekommen sei, geht daher ins Leere.

Abgesehen davon ergibt sich aus der Bestimmung des § 4 Abs.5 zweifellos, daß die Meldung vom Verkehrsunfall mit Sachschaden im Fall des unterbliebenen Identitätsnachweises ohne unnötigen Aufschub zu geschehen hat, was einschließt, daß der Identitätsnachweis ebenfalls ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen hat. Wenn der Rechtsmittelwerber in Verbindung mit dem Zeugen S anführt, daß, wenn die abzuholenden Schweine nicht sofort wegtransportiert worden wären, die Gefahr bestanden hätte, daß ein Tier verendet, so ist dies in keiner Weise nachvollziehbar, weil der LKW erst nach dem Vorfall beladen wurde (die Schweine haben sich zu diesem Zeitpunkt noch im Anwesen des Zeugen Sturmair befunden) und das Anwesen L des Zeugen G nicht so weit entfernt war, daß ein Identitätsnachweis nicht unmittelbar hätte erfolgen können.

In seinem Erkenntnis vom 23. Jänner 1991, 90/02/0165, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß eine Mitwirkungspflicht iSd § 4 Abs.1 lit.c StVO immer dann besteht, wenn es zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat. Dies ist unter anderem der Fall, wenn ein Identitätsnachweis nicht erfolgte und eine Verständigungspflicht nach § 4 Abs.5 StVO gegeben ist. Von einem Identitätsnachweis iSd § 4 Abs.5 zweiter Satz StVO kann nur dann gesprochen werden, wenn dies durch Vorweisen eines amtlichen Lichtbildausweises erfolgt.

Der Rechtsmittelwerber konnte auch im Rahmen der von ihm geschilderten Situation aufgrund der Nichtdurchführung eines Identitätsnachweises keineswegs ausschließen, daß der Geschädigte, der Zeuge G, das Einschreiten behördlicher Organe aus irgendwelchen Gründen für notwendig halten könnte. Die Durchführung einer amtlichen Tatbestandsaufnahme war für den Rechtsmittelwerber nicht auszuschließen, sodaß diesbezüglich noch eine Mitwirkungspflicht iSd § 4 Abs.1 lit.c StVO bestand.

Die Mitwirkungspflicht an der Feststellung des Sachverhaltes umfaßt nämlich auch die Person des beteiligten Fahrzeuglenkers, so etwa, ob er zur Lenkung des am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuges berechtigt war, und ob er äußerlich den Anschein erweckte, daß er sich körperlich und geistig in einem zur Lenkung eines Kraftfahrzeuges geeigneten Zustand befinde (vgl VwGH vom 28. Juni 1976, 307/76 ua).

Erfolgt nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden kein Identitätsnachweis, so besteht die Verständigungspflicht nach § 4 Abs.5, die auch die Mitwirkungspflicht nach § 4 Abs.1 lit.c nach sich zieht (vgl VwGH vom 17. Juni 1987, 87/03/0050). Von einem Idealkonkurrenzverhältnis der beiden Normen kann daher nicht ausgegangen werden.

Zum Vorwurf des § 4 Abs.5 StVO ist auszuführen, daß, wenn der Rechtsmittelwerber sich zu diesem Zeitpunkt schon entschlossen hat, dem Geschädigten gegenüber seine Identität nicht persönlich nachzuweisen, er jedenfalls die nächste Gendarmeriedienststelle, das war im gegenständlichen Fall der Gendarmerieposten Gunskirchen, ohne unnötigen Aufschub vom Verkehrsunfall mit Sachschaden zu verständigen gehabt hätte. Abgesehen davon, daß er auf dem Weg vom Ortsteil Lucken nach Pichl über Gunskirchen zu fahren gehabt hätte, und ihm daher sogar ein persönliches Erscheinen beim Gendarmerieposten zumutbar gewesen wäre, wäre eine telefonische Verständigung vom Anwesen des Zeugen S aus ebenfalls möglich gewesen. Das Argument des Notstandes wegen der zu transportierenden Schweine geht auch in dieser Hinsicht ins Leere, weil eine Unfallmeldung unter Hinterlassung der perönlichen Daten nicht so lange Zeit in Anspruch nimmt und sicher auch diesbezüglich mit dem Entgegenkommen des die Meldung entgegennehmenden Gendarmeriebeamten zu rechnen gewesen wäre. Eine Gesundheitsschädigung der transportierten Schweine durch die steigenden Temperaturen am Vormittag war somit nicht zu erwarten.

Außerdem ist ein Notstand dann nicht gegeben, wenn damit nur eine wirtschaftliche Not oder die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung abgewendet werden soll (vgl VwGH vom 10. November 1988, 88/08/0056 ua).

Der Rechtsmittelwerber hat nach dem Verladen die Schweine nach Pichl gebracht, dort dem Zeugen G von dem Vorfall erzählt und ihn möglicherweise um entsprechende Meldung des Verkehrsunfalles ersucht. In diesem Zusammenhang wäre die Durchführung der Verständigung durch einen Boten durchaus zulässig gewesen, dessen Verhalten der Rechtsmittelwerber aber dann entsprechend zu kontrollieren gehabt hätte. Jedoch kann in diesem Zusammenhang nicht mehr von einer Verständigung ohne unnötigen Aufschub gesprochen werden, weil es bereits vor dem Eintreffen des Rechtsmittelwerbers in Pichl, wie bereits oben erwähnt, genügend Möglichkeiten gegeben hätte, die Meldung beim Gendarmerieposten durchzuführen.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff "ohne unnötigen Aufschub" gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 eng auszulegen, sodaß jegliches Verhalten des Rechtsmittelwerbers in Pichl nicht mehr unter diesen Begriff zu subsumieren ist.

Es steht dem Rechtsmittelwerber auch nicht frei, auszuwählen, ob er sich zu einem Identitätsnachweis oder zu einer Meldung beim Gendarmerieposten entschließt, sondern er hat seiner Meldepflicht bei der nächsten Sicherheitsdienstelle ohne unnötigen Aufschub nachzukommen, wenn ein Identitätsnachweis - wie im gegenständlichen Fall - nicht erfolgt ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht im gegenständlichen Fall davon aus, daß der Rechtsmittelwerber einen Verkehrsunfall mit Sachschaden an fremdem Vermögen verursacht hat, jedoch keiner der beiden ihm auferlegten Verpflichtungen nachgekommen ist, sondern sich nur auf die - allerdings später erfolgte - Schadenersatzvereinbarung zwischen seinem Arbeitgeber und dem Geschädigten verlassen hat. Er hat daher beide ihm zur Last gelegten Tatbestände erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, der des § 99 Abs.2 leg.cit. von 500 S bis 30.000 S Geldstrafe bzw 24 Stunden bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Der unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, daß die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte.

Der Rechtsmittelwerber weist eine nicht einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1991 auf, weshalb nicht mehr von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen ist.

Der von der Erstinstanz angenommene Milderungsgrund der "relativen Unbescholtenheit" liegt daher nicht vor. Das Monatsnettoeinkommen von 11.000 S und die Sorgepflicht für die Gattin wurde bereits von der Erstinstanz berücksichtigt, sodaß eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafen unter diesem Gesichtspunkt nicht gerechtfertigt gewesen wäre.

Der Erstinstanz ist auch zuzustimmen, wenn sie die verhängten Strafen aus general- sowie vor allem spezialpräventiven Gründen für angemessen hält.

Es steht dem Rechtsmittelwerber frei, mit der Erstinstanz hinsichtlich der Bezahlung der Geldstrafen eine Ratenvereinbarung zu treffen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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