Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102333/10/Ki/Shn

Linz, 20.12.1994

VwSen-102333/10/Ki/Shn Linz, am 20. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Hermann Bleier, Beisitzer Dr. Manfred Leitgeb, Berichter Mag. Alfred Kisch) über die Berufung des Lothar M, vom 15. Oktober 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28. September 1994, Zl.VerkR-96/11394/1992/Hä, hinsichtlich Faktum 4 des Straferkenntnisses nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 13. Dezember 1994 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich Faktum 4 behoben und diesbezüglich das Strafverfahren eingestellt.

II: Hinsichtlich Faktum 4 des Straferkenntnisses entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 28. September 1994, VerkR96/11394/1992/Hä, über den Berufungswerber ua wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage) verhängt, weil er am 6.8.1992 vor 22.48 Uhr in Ansfelden aus Richtung Linz kommend in Fahrtrichtung Kremstal-Bundesstraße 139 auf der Traunufer-Landesstraße 563 den PKW Kz gelenkt, sich bei dieser Fahrt in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat und entgegen der von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan an ihn gerichteten Aufforderung am 7.8.1992 um 00.30 Uhr in Traun, Neubauerstraße 81, eine Untersuchung seiner Atemluft auf Alkohol verweigerte.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG hinsichtlich der gegenständlichen Bestrafung zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 1.200 S (10 % der Strafe) verpflichtet.

I.2. Der Berufungswerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 15. Oktober 1994 Berufung. Er bestreitet darin nicht, daß er zum Zeitpunkt der Amtshandlung alkoholisiert gewesen ist, rechtfertigt sein Verhalten aber sinngemäß dahingehend, daß er die Aufforderung zum Alkotest nicht mitbekommen habe.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte hinsichtlich Faktum 4 des Straferkenntnisses, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13. Dezember 1994 Beweis erhoben. Bei dieser Verhandlung wurden der Beschuldigte sowie als Zeugen AI Michael H, RI Wolfgang P sowie Sonja K einvernommen.

I.5. Der Berufungswerber hat bei seiner Einvernahme außer Streit gestellt, daß er zum Zeitpunkt der behaupteten Aufforderung zum Alkotest alkoholisiert gewesen ist. Zum Unfallzeitpunkt sei er noch nüchtern gewesen, ziemlich schockiert durch das Unfallereignis habe er die Unfallstelle verlassen und dann noch Alkohol zu sich genommen. Letztlich sei er mit dem Taxi nach Hause gefahren, von der Aufforderung zum Alkotest habe er dann absolut nichts mitbekommen. Er habe davon erst am nächsten Tag von Frau K erfahren.

AI H führte als Zeuge aus, daß er bei der Amtshandlung hinsichtlich Alkotest nicht anwesend gewesen sei. Er habe lediglich den Unfall festgestellt bzw das Tatfahrzeug an der bezeichneten Stelle aufgefunden und dann über den Zulassungsbesitzer den Lenker des Fahrzeuges ermittelt. Er habe daraufhin die Patrouille Traun 1 über Funk ersucht, in die Wohnung des Berufungswerbers zu fahren. RI P habe ihm in der Folge mitgeteilt, daß der Berufungswerber offensichtlich stark alkoholisiert und nicht ansprechbar gewesen sei.

RI P führte bei seiner Einvernahme aus, daß er damals Funkstreife hatte und vom Gendarmerieposten Ansfelden ersucht wurde, in die Wohnung des Berufungswerbers zu fahren. Dort angekommen habe ihnen eine Frau die Wohnung geöffnet. Sie hätten den Berufungswerber im Bett liegend angetroffen, er sei angezogen und seiner Meinung voll berauscht gewesen, geschlafen habe er nicht. Er sei der Auffassung, daß ihn der Berufungswerber als Gendarmeriebeamten in Uniform erkannt habe. Er habe dann versucht, den Berufungswerber aufzuwecken, dieser habe darauf jedoch nur mit "Grunzlauten" reagiert. Er habe versucht, den Berufungswerber wachzurütteln, dieser habe jedoch lediglich sein "Grunzen" verstärkt. In der Folge habe er den Berufungswerber höchstförmlich zum Alkotest aufgefordert und ihn auf die Folgen einer Verweigerung aufmerksam gemacht. Die Reaktion sei ebenfalls nur ein "Grunzen" gewesen. Die Amtshandlung selbst habe etwa fünf bis maximal zehn Minuten gedauert, ob der Berufungswerber die Augen geöffnet hatte oder nicht, könne er heute nicht angeben. Er glaube jedoch, daß der Berufungswerber die Amtshandlung mitbekommen habe.

Frau K gab bei ihrer Einvernahme an, daß sie zum Vorfallszeitpunkt in der Wohnung anwesend gewesen sei. Die Gendarmeriebeamten hätten geläutet und sie habe ihnen geöffnet. Der Berufungswerber sei sehr stark betrunken nach Hause gekommen und sofort in das Schlafzimmer gegangen.

Nachdem sie den Gendarmeriebeamten die Wohnungstür geöffnet habe, seien diese ins Schlafzimmer gegangen, sie selbst sei im Wohnzimmer geblieben, habe aber gehört, daß versucht wurde, den Berufungswerber zu wecken. Sie habe mitbekommen, daß die Beamten versucht haben, den Berufungswerber aufzuwecken, er habe daraufhin nicht reagiert.

Auf eine ausdrückliche Befragung, ob eine verbale Äußerung durch den Berufungswerber während der Amtshandlung erfolgte, hat die Zeugin ausgeführt, daß sich dieser nicht klar artikulieren konnte. Sie glaube nicht, daß der Berufungswerber die Beamten erkannt habe und es habe bestimmt kein Gespräch im eigentlichen Sinne zwischen dem Berufungswerber und den Beamten stattgefunden. Am nächsten Morgen habe sie den Berufungswerber von dem Vorfall informiert, dieser habe sich aber nicht erinnern können.

I.6. Unter Zugrundelegung der im Berufungsverfahren gewonnenen Ermittlungsergebnisse hat der O.ö.

Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Wer sich bei Vorliegen der im § 5 StVO (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich einem Arzt vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht, begeht gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Verwaltungsübertretung.

Generell ist dazu festzustellen, daß ein bestimmtes Verhalten einer Person nur dann (verwaltungs-)strafrechtlich relevant ist, wenn dieses auch von deren Willen getragen ist. Im allgemeinen ist menschliches Verhalten vom Willen beherrschbar und erfüllt grundsätzlich den strafrechtlichen Handlungsbegriff. Einer schlafenden Person aber fehlt die Möglichkeit der Beherrschung des Verhaltens durch den Willen und es scheidet eine Bestrafung der betreffenden Person naturgemäß schon deshalb aus, weil deren Verhalten dann außerhalb des Begriffes der (verwaltungs-)strafrechtlichen Handlung liegt.

Nach freier Würdigung der in der mündlichen Berufungsverhandlung hervorgekommenen Beweisergebnisse gelangt nun der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Auffassung, daß sich der Berufungswerber zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt in einem derart intensiven Schlafzustand befunden hat, daß sein Verhalten, nämlich die Nichtbefolgung der Aufforderung des Gendarmeriebeamten, den strafrechtlich relevanten Handlungsbegriff nicht mehr erfüllt. Unabhängig davon, daß die Zeugin K unter Wahrheitspflicht die Angaben des Berufungswerbers schlüssig vollinhaltlich bestätigt hat, ist auch aus der Aussage des Gendarmeriebeamten, welcher die Amtshandlung vorgenommen hat, abzuleiten, daß es diesem nicht gelungen ist, den Berufungswerber in einen Zustand zu versetzen, daß dieser zu einer von seinem Willen getragenen Handlung fähig gewesen wäre.

Hat aber der Täter nicht einmal den strafrechtlichen Handlungsbegriff erfüllt, so liegt bereits aus objektiver Sicht kein verwaltungsstrafrechtlich relevantes Handeln vor.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß der Berufungswerber nicht in verwaltungsstrafrechtlicher Weise gehandelt und er somit die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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