Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102346/15/Weg/<< Ri>>

Linz, 09.01.1995

VwSen 102346/15/Weg/<< Ri>> Linz, am 9. Jänner 1995

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des Karl-Heinz K vom 21. Oktober 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. Oktober 1994, VerkR96-12581- 1994/Hä, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach der am 3. Jänner 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 12.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil dieser am 11. Juli 1994 gegen 23.30 Uhr in Ennsdorf auf der B1 nächst Straßenkilometer 166,4 den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt hat, wobei er sich in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand und entgegen der von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan an ihn gerichteten Aufforderung am 12. Juli 1994 um 0.05 Uhr, in Enns, Kasernenstraße 7, eine Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigerte.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.200 S in Vorschreibung gebracht.

2. Der Berufungswerber macht dagegen im wesentlichen geltend, daß er auf Grund der beim Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen nicht in der Lage gewesen sei, den Alkotest mittels Alkomat durchzuführen.

3. Die Erstbehörde hat zum Beweisthema, ob auf Grund der behaupteten und als solche auch erwiesenen Verletzungen ein Alkotest mittels Alkomat möglich gewesen sei, ein amtsärztliches Gutauchten eingeholt. In diesem Gutachten vom 3. Oktober 1994 ist zusammenfassend ausgeführt, daß es bei Vorliegen der im Befund des Zahnarztes Dr. K vom 4. Juli 1994 attestierten Verletzungen unmöglich gewesen sei, die Atemluftuntersuchung mittels Alkomat durchzuführen.

Es ist weiters in diesem Gutachten ausgeführt, daß nicht beurteilt werden kann, ob diese Verletzungen vom Unfall herrühren. Die Erstbehörde ist offenbar bei ihrer Entscheidung davon ausgegangen, daß die Verletzungen im Mundbereich nicht von diesem Verkehrsunfall herrühren, zumal die Gendarmeriebeamten anläßlich der Amtshandlung nach dem Verkehrsunfall und anläßlich der Aufforderung zum Alkotest eine derartige Verletzung nicht bemerkt hätten.

4. Da die Rechtslage auf Grund ähnlicher Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend feststeht, daß eine aus medizinischen Gründen bestehende Unfähigkeit, die Atemluftprobe abzulegen, einen Mangel am Tatbestand des § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 darstellt, war im ergänzenden Beweisverfahren zu prüfen, ob diese Unfähigkeit zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest bestanden hat.

Dabei war gleichzeitig mitzuberücksichtigen, daß eine Verpflichtung des Betroffenen, dem einschreitenden Organ der Straßenaufsicht, welches zur Ablegung des Alkotestes aufforderte, sofort die Gründe darzulegen, warum er den Test nicht durchführen könne, aus den gesetzlichen Bestimmungen nicht abgeleitet werden kann. In diesem Zusammenhang wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1.

Februar 1984, 83/03/0223 und vom 5. November 1987, 87/18/0087, verwiesen. Obwohl diese Erkenntnisse vor Einführung des Alkomaten ergingen, sind sie wegen der Ähnlichkeit des Beblasungsvorganges, bezogen auf das ehemalige Teströhrchen und den Alkomaten, analog anzuwenden.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat zum Beweisthema, ob die durch den Zahnarzt Dr. K konstatierte und durch Lichtbilder ersichtlich gemachte Verletzung des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Aufforderung des Alkotestes vorliegend waren, eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Zu dieser erschienen neben dem Beschuldigten und seinem Rechtsfreund die Zeugen Rev.Insp. B, Gr.

Insp. P, die Gattin des Berufungswerbers Ingrid K, der Vater des Berufungswerbers Karl K und Franz B.

Die Gendarmeriebeamten führten aus, daß sie eine Verletzung nicht bemerkt hätten. Während Bez. Insp. B aussagte, der Beschuldigte sei nach Verletzungen befragt worden, gab Gr. Insp. P zu Protokoll, daß er sich an eine derartige Fragestellung nicht mehr erinnern könne.

Für die Gendarmeriebeamten sei es klar gewesen, daß der Beschuldigte, den Alkotest, ohne, daß medizinische Gründe vorgelegen seien oder vorgebracht worden seien, verweigerte.

Das Alkoholisierungssymptom des Geruches der Atemluft nach Alkohol, sei von beiden Gendarmeriebeamten bemerkt worden.

Hinsichtlich des Vorliegens geröteter Bindehäute waren die Aussagen different. Aus der Sicht der Gendarmeriebeamten erfolgte die Aufforderung zum Alkotest somit rechtmäßig.

Daß der Berufungswerber - so seine eigenen Ausführungen auf den Umstand hinwies, er könne den Alkotest wegen Schmerzen nicht durchführen, wird im Hinblick auf die klaren entgegenstehenden Aussagen der Gendarmeriebeamten nicht als erwiesen angenommen.

Ob nun die letztlich vom Zahnarzt Dr. K konstatierte und laut amtsärztlichem Gutachten zur Beblasung unfähig gemacht habende Verletzung des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Aufforderung bereits vorlag, wird dagegen als erwiesen angenommen. Es war vor allem der Vater des Berufungswerbers, der detailliert schilderte, was sich in dieser Nacht zugetragen hat und der sofort nach dem Unfall den beschädigten PKW des Beschuldigten in Augenschein nahm und dabei im Passagierraum einen Zahn (den der Beschuldigte verloren hat) fand, aber auch Blutspuren entdeckte. Sowohl der Vater als auch die Gattin des Berufungswerbers haben in der fraglichen Nacht und unmittelbar nach dem Verkehrsunfall den Beschuldigten und dessen Zustand (Fehlen von vier Zähnen und Rißquetschwunde im Inneren des Mundbereiches) eindeutig gesehen und dies bezeugt. Der Vorfall wurde sowohl von den verwandten Zeugen als auch vom Beschuldigten lebensnah und diesbezüglich glaubwürdig vorgebracht. Auch der als Zeuge vernommene Arbeitskollege B konnte bestätigen, daß dem Beschuldigten bei Dienstbeginn (6.00 Uhr des 12. Juli 1994) im Unterkiefer mehrere Schneidezähne fehlten und der Berufungswerber diesen Umstand auf einen in dieser Nacht stattgehabten Verkehrsunfall zurückführte.

Warum nun der Berufungswerber trotz dieser Verletzungen anläßlich des Alkotestes nicht auf diesen Umstand der Verletzung und somit der Unmöglichkeit zum Beblasen hinwies, konnte nicht geklärt werden. Es wird aber angenommen, daß der Berufungswerber den Umstand seiner Verletzung verschweigen wollte, möglicherweise deshalb, weil er in der (im übrigen unrichtigen) Annahme war, daß eine Eigenverletzung strengere (und im übrigen nicht beachtete) Verpflichtungen nach dem Verkehrsunfall nach sich zieht.

Zusammenfassend wird als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber Alkoholgeruch von sich gebend zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest im Mundbereich bereits so verletzt war, daß es ihm objektiv unmöglich war, die Beblasung des Alkomaten, zu der er rechtmäßig aufgefordert wurde, durchzuführen.

Im Hinblick auf die schon oben zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes bestand für den Beschuldigten keine Verpflichtung, sofort die Gründe darzulegen, warum er den Test nicht durchführen könne. Andererseits stellt eine bestehende objektive Unfähigkeit, die Atemluftprobe abzulegen, einen Tatbildmangel dar.

Das bedeutet im Ergebnis, daß die dem Berufungswerber zur Last gelegte Übertretung der § 99 Abs.1 lit.b und § 5 Abs.2 StVO 1960 iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG keine tatbildmäßige Verwaltungsübertretung bildet, weshalb iSd zuletzt zitierten Gesetzesnorm spruchgemäß zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer

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