Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102407/5/Kei/Shn

Linz, 29.12.1995

VwSen-102407/5/Kei/Shn Linz, am 29. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des Christoph D, U, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Ulf G, B, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. November 1994, Zl.933-10-2782293-La, zu Recht:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II: Der Antrag auf Zuerkennung eines Kostenersatzes wird wegen Fehlens einer diesbezüglichen Rechtsgrundlage abgewiesen.

III: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) verhängt, weil er "am 29.5.1993 um 11.12 Uhr in L F das mehrspurige Kraftfahrzeug, Ford rot, mit dem polizeilichen Kennzeichen in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt" habe und "damit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen" sei. Dadurch habe er eine Übertretung der §§ 2 und 5 Abs.1 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 1989 betreffend die Einhebung einer Gemeindeabgabe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen iVm § 6 Abs.1 lit.a O.ö. Parkgebührengesetz begangen, weshalb er gemäß § 6 Abs.1 lit.a O.ö. Parkgebührengesetz zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 10. November 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 24. November 1994 der Post zur Beförderung übergeben und fristgerecht erhoben wurde.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 15. Dezember 1994, Zl.933-10-2782293-Ho, Einsicht genommen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs.1 O.ö. Parkgebührengesetz ist zur Entrichtung der Parkgebühr der Lenker verpflichtet.

Gemäß § 2 Abs.2 O.ö. Parkgebührengesetz ist der Zulassungsbesitzer und jeder, der einer dritten Person die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlassen hat, verpflichtet, darüber auf Verlangen der Behörde Auskunft zu erteilen, sofern dieses Fahrzeug ohne Entrichtung der erforderlichen Parkgebühr gebührenpflichtig abgestellt war. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen und muß den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

Gemäß § 6 Abs.1 O.ö. Parkgebührengesetz begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen, wer (lit.a) durch Handlungen oder Unterlassungen die Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt bzw zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht oder (lit.b) den Geboten des § 2 Abs.2 oder den Geboten oder Verboten der auf Grund dieses Landesgesetzes erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt.

Gemäß der Verfassungsbestimmung des Artikel II des Bundesgesetzes, BGBl.Nr.384/1986, treten, wenn die Länder bei der Regelung der Erhebung von Abgaben für das Abstellen von Fahrzeugen und Kraftfahrzeugen den (die) Zulassungsbesitzer und weiters jeden, der einer dritten Person die Verwendung eines Fahrzeuges oder das Lenken eines Kraftfahrzeuges überläßt, verpflichten, über Verlangen der Behörde darüber Auskunft zu geben, wem er (sie) das Fahrzeug oder Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen hat (haben), Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, zurück.

4.2. Der O.ö. Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß mit dem Schreiben vom 16. Mai 1994 das betreffend die Person des Berufungswerbers zuerst anhängig gewesene Verwaltungsstrafverfahren der Vorschrift des § 45 VStG entsprechend eingestellt worden ist. Es handelte sich um eine Einstellung nach § 45 Abs.1 Z1 zweite Alternative VStG (arg. "die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat ... keine Verwaltungsübertretung bildet"). In diesem Zusammenhang wird auf die im folgenden angeführten Ausführungen in Ringhofer ("Verwaltungsverfahrensgesetze II", Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 1992, S 405, E 14) hingewiesen:

"'Sache' des Verwaltungsstrafverfahrens ist die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung ... Ergeht in der Sache, dh über die Tat, eine rechtskräftige Entscheidung, wozu auch die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zählt, so ist es der Behörde verwehrt, in derselben Sache, dh über dieselbe Tat, eine weitere Entscheidung zu fällen." Indem dem Berufungswerber in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. Mai 1994 ein anderer Tatort vorgeworfen worden ist, liegt eine neue Sache (die dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegt) vor.

Aus den nachstehenden - beispielhaft angeführten - Gründen wird die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers vom 16. Mai 1994 als mangelhaft und nicht gesetzeskonform beurteilt:

Wenn in der Aufforderung "unter Hinweis auf § 2 Abs.2 der auf das Oberösterreichische Parkgebührengesetz, LGBl.Nr.28/1988, i.d.g.F., gestützten Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 1989, i.d.g.F., ...." ausgeführt wird, so wird festgehalten, daß diese angeführte Bestimmung nicht existiert (gemeint war vermutlich die Bestimmung des § 2 Abs.2 O.ö. Parkgebührengesetz oder des gleichlautenden § 3 Abs.2 der oben angeführten Verordnung). Für eine Einengung des Zulassungsbesitzers bzw des Auskunftspflichtigen dahingehend, daß die Auskunft (nur) auf einem vorgegebenen Formular (arg.

"mittels beiliegenden Formulares") zu erfolgen hätte, liegt eine gesetzliche Grundlage nicht vor. Das gegenständliche Auskunftsbegehren der belangten Behörde wird - aus den beispielhaft angeführten Gründen - als mangelhaft und nicht gesetzeskonform beurteilt. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Erkenntnisse des O.ö. Verwaltungssenates vom 30. September 1994, Zlen. (jeweils 2/Kei/Shn) - diese betrafen Entscheidungen derselben belangten Behörde wie im gegenständlichen Verfahren - hingewiesen.

4.3 Aus den angeführten Gründen war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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