Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102471/11/Bi/Fb

Linz, 27.03.1995

VwSen-102471/11/Bi/Fb Linz, am 27. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Erwin H, vom 11. Dezember 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6. Dezember 1994, VerkR96/6734/1993-SR/GA, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 15.

März 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 45 Abs.1 Z1 VStG, §§ 38 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.3a iVm 38 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 700 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt, weil er am 25. Oktober 1993 um 16.25 Uhr den PKW, Kennzeichen in Linz, Dauphinestraße in Richtung stadteinwärts gelenkt und dabei bei der Kreuzung mit der Wiener Straße bei gelbem nichtblinkendem Licht der Verkehrslichtsignalanlage (VLSA) nicht vor der Haltelinie angehalten habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 70 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. März 1995 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, des Meldungslegers Insp. Andreas S und des technischen Amtssachverständigen Ing. Christoph L an Ort und Stelle durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, vom Standort des Meldungslegers, den dieser in der Skizze eingezeichnet habe, sei es unmöglich, das Umschalten der Ampel auf Gelblicht und gleichzeitig den Abstand seines PKW zur Haltelinie zu beobachten. Der Zeitpunkt 16.25 Uhr liege laut Phasenablaufplan in der Mitte einer Rotphase. Selbst eine bestens geschulte Person könne von vorne und gegen die Sonne keine korrekte Schätzung einer Entfernung oder einer Geschwindigkeit durchführen. Er habe aus 20 m Entfernung den Beginn des blinkenden Grünlichts erkannt und sei mit ca 50 km/h auf die Kreuzung zugefahren. Bei dieser Geschwindigkeit lege ein Fahrzeug 13,88 m/sec zurück. Nach der zweiten Grünblinkphase habe er daher bereits die Haltelinie passiert und sei somit ordnungsgemäß in die Kreuzung eingefahren. Der Meldungsleger spreche auch von mehreren Fahrzeugen, sodaß eine Verwechslung oder Irritierung des Meldungslegers möglich sei. Er habe die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen und bitte, in seinem Sinn zu entscheiden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber gehört, der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen und auf der Grundlage des durchgeführten Ortsaugenscheins ein technisches Sachverständigengutachten durch den Amtssachverständigen erstellt wurde.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 25. Oktober 1993 um 16.25 Uhr den PKW in Linz auf der Dauphinestraße und bog bei der Kreuzung mit der Wiener Straße Richtung stadteinwärts nach links in diese ein. Die in Rede stehende Kreuzung ist durch eine VLSA geregelt, wobei weiters in der Mitte der Kreuzung eine Hängeampel angebracht ist.

Der Standort des Meldungslegers, der zum damaligen Zeitpunkt in Zivil Verkehrsüberwachungsdienst durchführte, befand sich in Fahrtrichtung des Rechtsmittelwerbers gesehen links im Bereich des Einmündungstrichters auf dem dortigen Gehsteig.

Unbestritten ist, daß von dort aus uneingeschränkte Sicht auf die Hängeampel besteht und daß sich im dortigen Kurvenbereich der Schaltkasten für die VLSA befindet, wobei jedoch der Schaltvorgang selbst nicht akustisch wahrzunehmen ist.

Der Meldungsleger konnte sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung konkret nicht mehr daran erinnern, ob der von ihm angezeigte PKW-Lenker in einer Kolonne gefahren sei, er bezeichnete es aber als "fast ausgeschlossen", daß er sich beim Notieren des Kennzeichens geirrt habe.

Der Amtssachverständige hat zur Frage der Nachvollziehbarkeit des Tatvorwurfs aus technischer Sicht ausgeführt, daß die Umlaufzeit laut Phasenplan zum damaligen Zeitpunkt ca 70 sec betragen habe, nunmehr jedoch ca 60 sec beträgt. Er hat außerdem angeführt, daß für den Blicksprung von der Ampel zum PKW inklusive Augenbewegung, Kopfbewegung, Fixation und Akkomodation eine Zeit von ca 1,5 sec benötigt wird.

Der Amtssachverständige hat seine gutachtlichen Ausführungen auf zwei mögliche Varianten bezogen. Als erste Variante wurde dabei angenommen, daß der Meldungsleger zunächst auf die VLSA blickte, als diese auf Gelb umschaltete und dann auf das Fahrzeug des Beschuldigten. Bei einer Entfernung des PKW ca 20 m vor der Haltelinie mußte der PKW aufgrund des Zeitverlustes durch den Blicksprung bei einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h sich entweder 37 m oder 41 m vor der Haltelinie befunden haben, als der Meldungsleger seinen Blick noch auf die Ampel gerichtet hatte. In diesem Fall wäre dem Beschuldigten ein gefahrloses Anhalten bei einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h ohne weiteres möglich gewesen.

Als zweite Variante wurde angenommen, daß der Meldungsleger zuerst auf den PKW und dann auf die Ampel geblickt hat, wobei der PKW zu dem Zeitpunkt, als er beobachtet wurde, eine Entfernung zur Haltelinie von 20 m inne hatte. Unter Zugrundelegung der angegebenen Geschwindigkeit konnte der PKW, nachdem der Beamte die Ampel fixiert hatte, nur mehr ca 3 m von der Haltelinie entfernt gewesen sein, und aufgrund dieses geringen Abstandes sei es dem Beschuldigten nicht mehr möglich gewesen, sein Fahrzeug zum Stillstand zu bringen.

Der Meldungsleger konnte im Rahmen der mündlichen Verhandlung keine dezidierte Aussage dazu machen, ob er im gegenständlichen Fall zunächst auf die Ampel und dann auf die ankommenden Fahrzeuge geblickt habe, oder umgekehrt.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 51i VStG, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen ist, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Im gegenständlichen Fall konnte der Meldungsleger keine dezidierte Aussage darüber machen, ob er zunächst auf den PKW und dann auf die umschaltende VLSA geblickt habe oder zuerst auf die VLSA und dann auf den ankommenden PKW. Da gerade die Klärung dieser Frage entscheidungswesentlich gewesen wäre, um in der Folge klären zu können, ob dem Rechtsmittelwerber ein gefahrloses Anhalten vor der Haltelinie überhaupt möglich gewesen wäre, war im Zweifel spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zu lässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

 

 

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