Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102534/4/Bi/Fb

Linz, 27.03.1995

VwSen-102534/4/Bi/Fb Linz, am 27. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Frau H S, S, H, vom 12. Jänner 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7.

Dezember 1994, VerkR96-15238-1994-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG, §§ 52a Z6a und 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z6a iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil sie am 8. Juli 1994 um 17.15 Uhr im Ortsgebiet von B auf der S bzw auf der S den PKW gelenkt und dabei das Verbotszeichen "Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge außer einspurigen Motorrädern" mit der Zusatztafel "ausgenommen Anliegeverkehr" mißachtet habe. Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 50 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde.

Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, sie habe nach dem Weg zum H und nach dem Weg zu Frau T H einen ortskundigen Passanten befragt, und dieser habe ihr diesen Weg gewiesen. Nach dieser Auskunft habe sie annehmen können, daß beide erfragten Wege sich im Bereich "Anliegeverkehr" befanden. Sie empfinde es als Irreführung, wenn einerseits eine Tafel "Zum H" angebracht sei und eine zweite Tafel besage, daß der Anliegeverkehr ausgenommen sei, da sich die Frage stelle, wie man als Ortsunkundiger wissen solle, ob der H nun im Anliegebereich liege oder nicht.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Außerdem wurde von der Erstinstanz ein Plan des Ortsgebietes B, aus dem sich die Wege zum H ergeben, sowie eine Lichtbildbeilage vorgelegt, aus der die Lage des in Rede stehenden Verbotszeichens sowie der Hinweistafeln zum H ersichtlich sind.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat stellt sich die Situation so dar, daß ein Kraftfahrzeuglenker, der vom Ortszentrum B kommend auf dem kürzesten Weg zum H fahren möchte, zwar bei der Kreuzung S - D (der dortige Bereich befindet sich noch nicht im angesprochenen Fahrverbot) am Hinweiszeichen "Sackgasse" vorbeikommt, neben dem auf der Rückseite des für den Querverkehr geltenden Vorrangzeichens mehrere kleine Hinweiszeichen angebracht sind, von denen eines zum H in Richtung zur Sackgasse weist.

Nach Passieren dieser Kreuzung überfährt man die Brücke über den Mühlbach und kommt zu einer weiteren Kreuzung, bei der das angesprochene Fahrverbot mit der Zufahrtstafel "ausgenommen Anliegeverkehr" angebracht ist. Ein Hinweis dahingehend, in welcher Richtung nun der H zu suchen ist, findet sich nirgends.

Wenn daher die ortsunkundige Rechtsmittelwerberin einen ortskundigen Passanten nach dem Weg gefragt hat, so ist durchaus nachvollziehbar, daß dieser in Richtung Fahrverbot gezeigt hat, wobei sich aus dem Ortsplan auch ergibt, daß der kürzeste Weg zum H in dieser Richtung liegt.

Daß es sich dabei um einen "Fußweg" zum H handelt, wie aus der Stellungnahme des Gendarmeriepostens B hervorgeht, der mit dem wesentlich größeren (allerdings am anderen Ortsende angebrachten) Wegweiser für den Fahrzeugverkehr nichts zu tun hat, ist nirgends ersichtlich.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß unter dem Begriff "Anliegeverkehr" nicht nur zu verstehen ist, daß nur Eigentümer und Besitzer von Liegenschaften, die an der gekennzeichneten Wegstrecke liegen, vom Fahrverbot ausgenommen sind, sondern darunter sind auch Gäste von Liegenschaftseigentümern, Mietern usw zu verstehen (vgl VwGH vom 19.

November 1982, 02/2695/80, VwGH vom 3. Oktober 1984, 84/03/0079 ua), wobei für den unabhängigen Verwaltungssenat die Begriffe Anlieger und Anrainer ident sind.

Aus dieser Sicht war es der Rechtsmittelwerberin daher unbenommen, als Besucherin eines Gastes im Erholungsheim H den Ausnahmebegriff "Anliegeverkehr" auf sich zu beziehen. Daß der H nicht im Bereich dieses Fahrverbots liegt sondern, wie sich aus dem vorliegenden Ortsplan ergibt, in der H - eine Querstraße zur S in die nach rechts nach der S bzw dem Ende des Fahrverbotes einzubiegen ist, konnte für die ortsunkundige Rechtsmittelwerberin allein aus den ihr zur Verfügung stehenden Wegweisern und der Auskunft des Passanten nicht bekannt sein.

Richtig ist, daß das bei der Kreuzung S - D befindliche Hinweiszeichen "H" lediglich eine kleine grüne Tafel in Form eines Pfeiles darstellt, wobei laut Auskunft des Gendarmeriepostenkommandos B dieses Hinweiszeichen als Kennzeichnung des Fußweges zum Erholungsheim zu verstehen ist. Er stellt aber dennoch eine Orientierungshilfe dar, was auch durch die von den Anzeigern vorgelegte Liste, laut der an drei Tagen im Juli 1994 immerhin 26 PKW-Kennzeichen notiert wurden, obwohl nicht anzunehmen ist, daß die Privatanzeiger das Fahrverbot lückenlos "überwacht" haben, hinreichend dokumentiert ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt auf der Grundlage der oben dargestellten Überlegungen die Auffassung, daß der Rechtsmittelwerberin kein Vorwurf einer Verwaltungsübertretung gemacht werden kann, wenn die ihr als Ortsunkundige angebotenen Orientierungshilfen nicht ausreichen. Insbesondere ihrem Argument in der Berufung, ein Ortsunkundiger könne nicht wissen, ob der H im Anliegebereich liege oder nicht, ist von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates nichts entgegenzusetzen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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