Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102607/4/Weg/Km

Linz, 21.03.1995

VwSen-102607/4/Weg/Km Linz, am 21. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des ... vom 12. Jänner 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 22. Dezember 1994, VerkR..., zu Recht erkannt:

I. Die Berufung hinsichtlich der Schuld wird abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Die Geldstrafe wird auf 800 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden reduziert.

III. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 80 S. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil dieser am 10. Februar 1994 um 9.07 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen ... auf der A, ...autobahn, in Fahrtrichtung ... gelenkt und im Gemeindegebiet von S... bei Kilometer ... die für Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 49 km/h überschritten hat. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 150 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Bezirkshauptmannschaft ... gründet ihren Schuldspruch auf die vom Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich vorgenommene Messung der Geschwindigkeit mit einem Radargerät. Es wird in der Begründung des Straferkenntnisses dem Berufungswerber zwar zugute gehalten, daß dieser anläßlich eines Überholmanövers von einem nachfolgenden Fahrzeug bedrängt wurde, was jedoch hinsichtlich der Schuldfrage die letztlich gesetzte Verwaltungsübertretung nicht rechtfertige, bei der Festsetzung der Geldstrafe aber berücksichtigt habe werden können.

3. Der Berufungswerber bringt in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß vor, daß er über die Geschwindigkeit zum Zeitpunkt der Messung keine Aussagen machen könne, da er nicht auf den Tacho geblickt habe. Es sei ihm von fachlicher Seite zugesichert worden, daß in solchen Fällen (gemeint ist offenbar eine Störung der Radarmessung durch das sehr knapp nachfahrende Fahrzeug) Meßfehler auftreten könnten. Der Berufungswerber will die Tatsache, daß es gerade überhöhte Geschwindigkeiten seien, die Ursache von schweren Verkehrsunfällen sind, nicht bestreiten. Es sei jedoch in seinem Fall so gewesen, daß er die Geschwindigkeit deswegen überschritten habe, weil sich hinter ihm unter Außerachtlassung des Sicherheitsabstandes ein ihm bedrängender PKW befunden habe, der für den Fall eines unvorhersehbaren Hindernisses auf der Fahrbahn mit Sicherheit nicht mehr hätte anhalten können. Er habe in dieser Situation keine andere Möglichkeit gehabt, als die Geschwindigkeit zu erhöhen, um nach dem Überholen des LKWS wieder den rechten Fahrstreifen aufsuchen zu können. Er bittet schließlich unter Hinweis auf seine Unbescholtenheit darum, die Entscheidung nochmals zu überdenken und möglicherweise eine Einstellung des Verfahrens in Betracht zu ziehen.

4. Über Ersuchen des Berufungswerbers hat ihm der O.ö.

Verwaltungssenat die Radarfotos übersendet und ihm gleichzeitig mitgeteilt, daß nach der gesicherten Rechtsprechung der Höchstgerichte öffentlichen Rechtes kein entschuldigender Notstand vorliege. Ihm wurde jedoch mitgeteilt, daß in seinem Verhalten eine schuldmindernde Komponente gesehen werde, welche zu einer nochmaligen Reduzierung der Geldstrafe führen würde. Die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme binnen zwei Wochen hat der Berufungswerber nicht in Anspruch genommen.

5. Es wird sohin als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber schon im Zuge des Überholmanövers die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit zumindest geringfügig überschritt, daß er sich aber von einem äußerst knapp hinter ihm fahrenden PKW bedroht fühlte und als adäquate Möglichkeit, dieser Gefahrensituation zu entrinnen, eine nochmalige Beschleunigung gesehen hat, um in der Folge den sicheren rechten Fahrstreifen aufsuchen zu können. Das auf dem Radarfoto ersichtliche nachfolgende Fahrzeug, das ebenfalls den linken Fahrstreifen benutzte, hielt den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht ein. Eine Fehlmessung ist infolge der Einhaltung der Verwendungsrichtlinien bei dieser Geschwindigkeitsmessung auszuschließen. Der Berufungswerber verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 9.000 S, hat kein nennenswertes Vermögen und für niemanden zu sorgen. Er ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

6. Der unabhängige Verwaltungsssenat hat erwogen:

Zur Schuld: Ein strafbefreiender Notstand liegt nicht vor.

Als Merkmal des Notstandes hat eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben zu gelten. Bloß mögliche oder vermutete nachteilige Folgen sind mangels Unmittelbarkeit einer drohenden Gefahr nicht geeignet, die Annahme eines Notstandes zu rechtfertigen. Es wird hinsichtlich der Schuldfrage unter Hinweis auf die zutreffenden Ausführungen der Erstbehörde die Berufung somit abgewiesen.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen beträgt gemäß § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 10.000 S.

Da (quantitativ) ein nicht unerheblicher Teil der Geschwindigkeitsüberschreitung durch ein äußerst knapp nachfahrendes Fahrzeug provoziert wurde und der Berufungswerber dieser vermuteten Gefahr entrinnen wollte, wird in dessen Verhalten ein schuldmindernder Umstand gesehen, welcher im Zusammenhalt mit der Unbescholtenheit und den nicht geradezu überragenden finanziellen Verhältnissen zu einer nochmaligen Reduzierung der Geldstrafe führen konnte.

7. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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