Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102625/18/Weg/Ri

Linz, 24.05.1995

VwSen-102625/18/Weg/Ri Linz, am 24. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des C K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A , vom 2. März 1995 gegen das Faktum 5 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft ... vom 14. Februar 1995, VerkR..., nach der am 16. Mai 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung gegen das Faktum 5 des angefochtenen Straferkenntnisses wird hinsichtlich der Schuld abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufung gegen die Strafhöhe wird mit der Maßgabe stattgegeben, daß die Geldstrafe von 25.000 S auf 18.000 S reduziert wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe von 600 Stunden bleibt unverändert.

III. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 1.800 S. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis unter Punkt 5 über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 25.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 600 Stunden verhängt, weil dieser am 14. Mai 1994 um 4.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen ...

auf der ... Gemeindestraße, ..., im Gemeindegebiet ... bis zum Haus ... gelenkt und sich um 6.05 Uhr vor dem Haus ..., ..., geweigert hat, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht aufgefordert wurde, da wegen der bei ihm festgestellten Alkoholisierungsmerkmale, wie lallende Sprache, gerötete Augenbindehäute, starker Alkoholgeruch der Atemluft, Fahrverhalten, vermutet werden konnte, daß er den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

Außerdem wurde zum Faktum 5 ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 2.500 S in Vorschreibung gebracht.

2. Der Berufungswerber bestreitet die ihm zur Last gelegte Tat und führt aus, daß er nach dem Lenken des verfahrensgegenständlichen PKW's nach Hause gefahren sei und dort in der Folge mit zwei weiteren Personen eine Flasche Whiskey geleert habe. Zum Zeitpunkt des Lenkens sei er nicht alkoholbeeinträchtigt gewesen. Er habe im übrigen den Alkotest auch nicht verweigert, sondern diesem Folge leisten wollen. Er habe sich lediglich eine Jacke aus dem Haus holen wollen, um seine Kleidung zu komplettieren. Als er schließlich mit der Jacke bekleidet wieder zur Eingangstür gekommen sei, um zum Alkotest mitzufahren, seien die Gendarmeriebeamten schon im Patrouillenfahrzeug sitzend im Begriff gewesen das Anwesen ... zu verlassen. Er habe somit weder ausdrücklich noch konkludent den Alkotest verweigert, vielmehr hätten die Gendarmeriebeamten ihm die Möglichkeit hiezu nicht gegeben. Dies könne von ..., der sowohl beim erwähnten Konsum des Whiskeys als auch bei der Amtshandlung betreffend Verweigerung des Alkotests anwesend gewesen sei, bezeugt werden. Der Berufungswerber legt eine diesbezügliche eidesstattliche Erklärung des ... bei.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat, der wegen der 10.000 S übersteigenden Geldstrafe als dreigliedrige Kammer zu entscheiden hat, hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten, zeugenschaftliche Vernehmung der Gendarmeriebeamten Rev.Insp. ... und Bez.Insp. ... (dieser befindet sich bereits in Ruhestand) sowie durch zeugenschaftliche Vernehmung des von der Verteidigung namhaft gemachten .... Ein Vertreter der belangten Behörde ist ohne Angabe von Gründen nicht erschienen.

Auf Grund der oben angeführten Beweismittel wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Berufungswerber lenkte am 14. Mai 1994 um 4.30 Uhr den PKW, ..., Kennzeichen ..., auf Straßen mit öffentlichem Verkehr bis zu seinem Wohnhaus .... Er hat die Nacht zuerst mit dem Studium der lateinischen Sprache verbracht und ist um ca. 2.00 Uhr von seinem Wohnhaus mit dem PKW weggefahren, um noch zu schauen, "was los sei". Dabei wurden auch alkoholische Getränke konsumiert, nach Aussage des Beschuldigten allerdings lediglich 2 Seidel Bier. Beim Nachhauseweg um ca. 4.30 Uhr versuchte eine Sektorstreife der Gendarmerie den PKW des Berufungswerbers anzuhalten.

Dieser mißachtete jedoch das Anhaltesignal und flüchtete nach Hause. Im PKW saß der Beschuldigte, der Zeuge und spätere Zechkumpane ... sowie eine weitere angeblich nicht genannt werden wollende Person.

Nach der Ausforschung des Zulassungsbesitzers trafen zwei Gendarmeriebeamte (... und ...) um etwa 6.00 Uhr beim Wohnhaus des Beschuldigten, nämlich in ..., ein. Der Berufungswerber wurde durch ein Fenster erblickt und wurde ihm durch deutliche Zeichen zu verstehen gegeben, er solle "herauskommen". Der Berufungswerber befolgte diese Weisung und kam von der Küche in die Diele des Bauernhauses zur Eingangstür. Der Gendarmeriebeamte ... stand bei der Eingangstür, der nunmehr im Ruhestand befindliche Gendarmeriebeamte ... etwa 2 m entfernt beim Patrouillenfahrzeug. Der Berufungswerber wurde darüber befragt, ob er um 4.30 Uhr den verfahrensgegenständlichen PKW gelenkt habe, was von diesem auch eingestanden wurde.

Nachdem bei diesem Gespräch deutliche Alkoholisierungssymptome, und zwar deutlicher Geruch der Atemluft, lallende Aussprache und gerötete Bindehäute, offenkundig wurden, wurde er von Rev.Insp. ... zum Alkotest aufgefordert. Der Beschuldigte sollte entsprechend dieser Aufforderung zum Gendarmerieposten Gallneukirchen mitkommen.

Rev.Insp. ... ist zur Vornahme des Alkotests geschult und von der Behörde hiezu ermächtigt.

Der Berufungswerber hat über den nunmehr ins Spiel gebrachten Nachtrunk (Konsumation einer Flasche Whiskey mit ... und einer weiteren Person) keine Erwähnung gemacht. Der Beschuldigte reagierte auf die Aufforderung dergestalt, daß er darum ersuchte, die Kleidung zu komplettieren und sich eine Jacke holen zu dürfen. Dies wurde dem Berufungswerber von Rev. Insp. ... gestattet. Kurz darauf kam der Beschuldigte (mit der Jacke bekleidet) wieder in die Diele des Hauses, wobei er in Begleitung einer zweiten Person war.

Diese zweite Person (...), die ebenfalls deutliche Alkoholisierungssymptome aufwies, mengte sich in die Amtshandlung ein und brachte gegenüber den Gendarmeriebeamten sinngemäß zum Ausdruck: "Hallo, so geht's nicht!" ... wurde von Rev.Insp. ... angesprochen, sich nicht in die Amtshandlung einzumischen. Rev.Insp. ... befragte den Beschuldigten daraufhin noch einmal, ob er nun zum Alkotest mitfahre oder nicht, worauf ... zum Beschuldigten sinngemäß sagte: "Nein, Du brauchst nicht mitfahren". ... hat den Beschuldigten am Ärmel festgehalten, worauf der Beschuldigte in der Folge die Jacke auszog. Offenbar auf Grund des ständigen Einredens ... auf den Beschuldigten hat sich dieser letztlich bewegen lassen, den Alkotest ausdrücklich abzulehnen und zwar etwa mit den Worten: "Nein, ich brauche nicht mitkommen." Daraufhin wurde der Beschuldigte noch einmal darauf hingewiesen, daß er von ... nicht gut beraten sei. Der Beschuldigte hat aber noch einmal ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, daß er zum Alkotest nicht mitfahre und nicht bereit sei den Alkotest durchzuführen. Von einem Nachtrunk war keine Rede.

Die eben angeführten Sachverhaltselemente wurden von Rev.Insp. ... bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ausgesagt. Die Ausführungen des genannten Gendarmerieorganes sind - auch wenn sie hinsichtlich kleinerer Details nicht deckungsgleich mit den Aussagen vor der Erstbehörde sind (dort führte er aus, geläutet zu haben, während sich bei der mündlichen Verhandlung herausstellte, daß er nicht geläutet hat, weil im übrigen überhaupt keine Glocke vorhanden ist) glaubwürdig. Nicht glaubwürdig dagegen sind die Aussagen des Beschuldigten und des Zeugen ... in der Kernfrage, ob der Alkotest verweigert wurde oder nicht. Sowohl der Beschuldigte als auch ... waren nach eigenen Aussagen erheblich alkoholisiert, was nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bewirkt, gewisse Sachverhaltselemente anders aufzunehmen als sie sich zugetragen haben bzw. mit dem übermäßigen Genuß von Alkohol auch die Wirkung verbunden ist, daß das Erinnerungsvermögen stark getrübt wird.

Die Zeugenaussage des in den Ruhestand getretenen Bez.Insp.

... war nur teilweise verwertbar, weil sich dieser an den Vorfall nicht mehr ausreichend erinnern konnte. Er führte hiezu entschuldigend an, daß er, nachdem er im Dezember 1994 auf Grund eines Dienstunfalles in den Ruhestand getreten war, den Gendarmeriedienst und die sich dabei abgespielt habenden Handlungen aus seinem Bewußtsein verdrängt habe.

Immerhin brachte ... aber zum Ausdruck, daß auch für ihn klar war, daß eindeutig eine Verweigerung des Alkotests vorlag.

Es steht sohin mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit fest, daß der Beschuldigte, nachdem er um 4.30 Uhr einen PKW auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt hat, um 6.05 Uhr trotz deutlicher Aufforderung eines geschulten und ermächtigten Organs der Straßenaufsicht den Alkotest ausdrücklich verweigerte, obwohl auf Grund der oben geschilderten Symptome vermutet werden konnte, daß er sich zum Zeitpunkt des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

Als erwiesen wird noch angenommen, daß der Berufungswerber als Student lediglich über ein Einkommen von 5.400 S (Stipendium) verfügt, daß er vermögenslos ist und für niemanden zu sorgen hat. Auf Grund der diesbezüglich vorgetragenen Aktenlage war auch als erwiesen anzunehmen, daß der Berufungswerber zweimal einschlägig vorgemerkt ist, wobei die Übertretungen des § 5 StVO 1960 aus den Jahren 1991 und 1992 datieren.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Es war zuerst zu prüfen, ob im Hinblick auf § 1 Abs.2 VStG, wonach sich die Rechtslage nach dem Tatzeitpunkt bestimmt, wenn nicht zum Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Bescheides eine günstigere Rechtslage vorherrscht, die Rechtslage vor oder nach der 19. StVO Novelle anzuwenden ist.

Ein Vergleich der Vorschriften hat ergeben, daß die Rechtslage nicht günstiger wurde, sodaß die StVO 1960 idF BGBl.Nr. 522/1993 anzuwenden war.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Nach der diesbezüglich ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht die Verpflichtung zur Durchführung des Alkotests auch dann, wenn zwischen Lenkzeitpunkt und Aufforderung zum Alkotest 1 1/2 Stunden vergangen sind und damit noch ein verwertbares Ergebnis zu erwarten ist, somit feststeht - wie im konkreten Fall - daß die Lenkeigenschaft gegeben war.

Der oben angeführte und als erwiesen angenommene Sachverhalt enthält alle Tatbestandselemente iSd § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960, sodaß sowohl die objektive als auch (in Ermangelung von Schuldausschließungsgründen) subjektive Verwirklichung des Tatbildes gegeben ist.

Zur Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf den Strafrahmen und im Hinblick auf die einschlägigen Vormerkungen liegt zwar bei der Strafbemessung seitens der Erstbehörde kein Ermessensmißbrauch vor, doch war im Hinblick auf das nunmehr als erwiesen anzunehmende Mindereinkommen diesem Umstand durch eine Reduzierung der Geldstrafe Rechnung zu tragen. Spezialpräventive Gründe verbieten es jedoch, die Geldstrafe noch tiefer anzusetzen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe war, weil sich finanzielle Verhältnisse lediglich auf die Höhe der Geldstrafe beziehen, unverändert zu belassen.

5. Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge der §§ 64 und 65 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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