Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102626/18/Weg/Km

Linz, 10.07.1995

VwSen-102626/18/Weg/Km Linz, am 10. Juli 1995

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich

hat durch seine 1. Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer,

Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Keinberger über

die Berufung des K, vertreten durch

Rechtsanwalt Dr. Johann Postlmayr, vom 14. Februar 1995,

gegen das Faktum 1 des Straferkenntnisses der Bezirkshaupt-

mannschaft Braunau am Inn vom 26. Jänner 1995,

VerkR96-3941-1994-Li, nach der am 26. Juni 1995 durchge-

führten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht

erkannt:

Der Berufunq wird Folqe qeqeben, das anqefocht

Straferkenntnis hinsichtlich des Faktums 1 behoben und

diesbezüqlich das Verfahren einqestellt.

Rechtsqrundlaqe:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.l ZI, § 51 Abs.l und § 51i

VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in

der Präambel zitierten Straferkenntnis unter Punkt 1 über

den Berufungsw~rber wegen der Verwaltungsübertretung nach

§ 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.l lit.b StVo 1960 eine Geldstrafe von

18.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine

Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen verhängt, weil sich

dieser nach vorangegangenem Lenken eines Kraftfahrzeuges auf

Straßen mit öffentlichem Verkehr am 26. Juni 1994, um 6.04

Uhr, am Gendameriepostenkommando Mattighofen gegenüber einem

besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten

Organ der Straßenaufsicht, einem Gendarmeriebeamten, gewei-

gert hat, seine Atemluft mittels Alkornat auf Alkohol

untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund von Alkoholisierungs-

merkmalen vermutet werden konnte, daß er sich bei der

angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten

Zustand befunden hat, zumal er in Folge unzureichender

Beatmung einen ungültigen Test durchführte. Außerdem wurde

hinsichtlich des Faktums l ein Kostenbeitrag zum

Strafverfahren in der Höhe von 1.800 S in Vorschreibung

gebracht. Diesem Straferkenntnis lag als erwiesen

angenommener Sachverhalt zugrunde, daß der Berufungswerber

den Alkornattest dadurch verweigerte, daß er bei zwei

Blasversuchen wegen unkorrekter Beblasung kein brauchbares

Ergebnis erzielte. Weitere Blasversuche haben nicht

stattgefunden. Die Behörde wertete dieses Verhalten als

einen Verstoß gegen § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVo 1960.

2. Der Berufungswerber wendet in seiner rechtzeitigen und

auch sonst zulässigen Berufung zum Faktum 1 sinngemäß ein,

daß er sehr wohl versucht habe den Alkornat ordnungsgemäß zu

beblasen, daß er aber aus medizinischen Gründen dazu nicht

in der Lage gewesen sei. Es treffe ihn daher kein Verschul-

den. Er habe beim zweiten Blasversuch einen gültigen Wert

nur äußerst knapp verfehlt, die Blaszeit wäre mit fünf

Sekunden mehr als ausreichend gewesen, das Blasvolumen sei

nur gerinfügig unter dem zulässigen Wert gewesen. Bei einer

lebensnahen Betrachtung dieses Umstandes hätte die Behörde

davon ausgehen müssen, daß er es keinesfalls darauf angelegt

habe, ein untau~liches Meßergebnis zustande zu bringen. Die

Ansicht der Gendarmeriebeamten, lediglich aufgrund des

Ausdruckes "Fehlversuch" am Meßprotokoll eine Weigerung des

Alkotests zu erblicken, sei -so die ergänzenden AusfÜh-

rungen in der Berufungsverhandlung insbesondere bei

lediglich zwei Versuchen rechtlich nicht haltbar. Der

Berufungswerber beantragt daher, das Straferkenntnis

hinsichtlich des Punktes 1 aufzuheben und diesbezüglich das

Verfahren einzustellen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen

durch Vernehmung des Beschuldigten, durch zeugenschaftliche

Befragung des den Alkotest durchgeführt habenden Gendarmerie-

beamten Insp. Pillinger sowie durch Beiziehung der

medizinischen Amtssachverständigen Dr. Susanne Hasenöhrl

anläßlich der mündlichen Verhandlung am 26. Juni 1995, zu

der ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschien.

Demnach steht fest, daß die medizinischen Einwände des

Berufungswerbers nicht zu dem von ihm gewünschten Erfolg

führen, da nach Ansicht der medizinischen Amtssachver-

ständigen irn gegenständlichen Fall keine Anhaltspunkte für

eine gesundheitliche Beeinträchtigung, welche die Alkornat-

untersuchung negativ beeinflussen hätte können, vorliegen.

Die medizinische Amtssachverständige hat ihre gutächtliche

Äußerung ausführlich begründet, auf eine Wiedergabe dieser

Begründung wird -da irn gegenständlichen Fall unerheblich

aus verfahrensökonomischen Gründen verzichtet.

Es steht nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung irn

Einklang mit der Aktenlage fest, daß der Berufungswerber den

Alkornat lediglich zweimal beblasen hat. Ein weiterer

Blasversuch wurde nicht durchgeführt. Beim um 6.03 Uhr

durchgeführten ersten Blasversuch betrug das Blasvolumen 1,0

Liter und die Blaszeit zwei Sekunden. Hinsichtlich dieses

Versuches ist sowohl die Blaszeit zu kurz als auch das

Blasvolumen zu gering.

Bei dem um 6.04 Uhr durchgeführten zweiten Versuch erreichte

der Berufungswerber bei einer Blaszeit von fünf Sekunden

(Minimalblaszeit wäre drei Sekunden) ein Blasvolumen von 1,4

Liter (ein Blasvolumen von 1,5 Liter wäre ausreichend). Der

Berufungswerber hat also lediglich ca. 93% des Blasvolumens

erbracht.

Der Berufungswerber brachte -und dies ist im Hinblick auf

die Ausführungen des Gendarmeriebeamten Pillinger glaubhaft

vor, er hätte sich aus eigener Initiative um weitere

Blasversuche bemüht, dies sei ihm jedoch mit dem Bemerken,

daß zwei ungültige Blasversuche in jedem Fall einer Alkotest-

verweigerung gleichkämen, verwehrt worden. Der

Berufungswerber bringt weiters vor, er habe sich um einen

gültigen Blasversuch redlich bemüht, daß kein gültiges

Ergebnis zustande kam, habe er auf seine mangelnde

Lungenkapazität zurückgeführt.

Der Gendarmeriebeamte Pillinger führte aus, es läge ein

Erlaß oder eine Weisung vor, nach dem zweiten ungültigen

Versuch die Amtshandlung in jedem Fall abzubrechen, auch

wenn der Proband darum ersucht, nocheinmal einen Blasversuch

durchführen zu dürfen. Der Gendarmeriebeamte halte sich an

diese behördliche Vorgabe und beende in jedem Fall nach zwei

ungültigen Blasversuchen den Alkotest und erstatte Anzeige

wegen Verweigerung desselben.

Ob nun ein derartiger Erlaß oder eine derartige Weisung

von wem immer ausgesprochen -tatsächlich vorliegt konnte

insbesondere auch, weil ein Vertreter der belangten Behörde

nicht anwesend war -nicht geklärt werden. Aus weiter unten

ausgeführten Gründen besteht hiefür auch kein Klärungsbedarf.

Abschließend ist somit festzuhalten, daß zumindest im

Zweifel -der Berufungswerber keine mangelnde Kooperations-

bereitschaft zeigte und nach den ersten zwei ungültigen

Blasversuchen darum bat, den Alkomat nochmals beblasen zu

dürfen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.l lit.b StVO 1960, in der Fassung der 18.

StVO-Novelle, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich

bei Vorliegen der irn § 5 bezeichneten Voraussetzungen

weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu

lassen.

Wann nun eine Verweigerung des Alkotests vorliegt, ist in

diversen Publikationen, insbesondere auch in Erlässen

klarg~stellt. So liegt eine Testverweigerung vor, wenn sich

der Lenker weigert, in den Alkornat zu blasen. Diese

Weigerung wird irn Regelfall vom Lenker verbal vorgetragen

werden. Dabei ist es unerheblich, welche Worte der Proband

verwendet. Eine Testverweigerung liegt auch dann vor, wenn

der zweite Blasversuch verweigert wird. Die Testverweigerung

kann aber auch konkludent erfolgen; darunter ist ein

Verhalten zu verstehen, aus der die Absicht des Probanden

erkennbar ist, das Gerät unzureichend zu beatmen. Eine

derartige Weigerung wird in der Regel dann vorliegen, wenn

vier Beatmungsversuche erfolglos geblieben sind, wobei

andere Gründe für die unzureichende Beatmung, wie Krankheit

oder sonstiges Unvermögen, die naturgemäß einer Weigerung

nicht gleichzusetzen sind, jedenfalls Berücksichtigung

finden müssen. In jedem Fall sind die konkreten Umstände,

aus denen die Weigerung, sich der Untersuchung der Atemluft

zu unterziehen, zutage tritt (etwa der Wortlaut der

ausdrücklichen Weigerung oder das auf eine bewußte Weigerung

hinweisende Verhalten) in der Verwaltungsstrafanzeige klar

zum Ausdruck zu bringen, damit die Behörde eine rechtliche

Würdigung vornehmen kann. Die Verwaltungsstrafanzeige läßt

derartiges jedoch vermissen. Um es zusammenzufassen: Eine

konkludente Verweigerung des Alkotests (dies hat die

Erstbehörde offenbar angenommen) wird irn Regelfall dann als

vorliegend anzusehen sein, wenn ein viermaliger Blasversuch

ohne gültiges Ergebnis bei zwei Meßvorgängen bleibt,

allerdings auch nur, wenn dem mangelnde Koopera-

tionsbereitschaft des Probanden zugrundeliegt.

Werden von den berufenen Organen wenige Blasversuche

zugelassen, muß damit eine Verweigerung vorliegt, die

mangelnde Kooperationsbereitschaft ohne jeden Zweifel und

offensichtlich sein sowie exakt beschrieben werden. Eine

derartige Verhaltensweise kommt allerdings dann schon einer

ausdrücklichen Weigerung nahe.

Im gegenständlichen Fall ist weder eine mangelnde Koopera-

tionsbereitschaft erweisbar, noch wurden vier Blasversuche

durchgeführt, die als mögliches Indiz für eine konkludente

Verweigerung gelten könnten.

Die angeblich auf eine Dienstanweisung beruhende

Vorgangsweise des Gendarmeriebeamten Pillinger, nach zwei

ungültigen Versuchen in jedem Fall Alkotestverweigerung

anzunehmen, ist ebenso wie die Entscheidung der Erstbehörde

rechtswidrig und würde im Ergebnis bedeuten, daß die sonst

bei. den Erstbehörden Oberösterreichs auf Grund der

eindeutigen Erlässe praktizierte Vorgangsweise, nämlich eine

Alkotestverweigerung erst nach vier Fehlversuchen bei

mangelnder Kooperationsbereitschaft als vorliegend

anzusehen, überflüssig wäre. Eine derartige restriktive

Betrachtungsweise würde zu einer vom Gesetzgeber sicherlich

nicht beabsichtigten und in vielen Fällen auch unbilligen

Strafpraxis führen, wofür weder aus dem Gesetzestext, noch

aus den Materialien oder aus den begleitenden Erlässen ein

Ansatzpunkt erkennbar ist.

Da das Verhalt rn des Berufungswerbers sohin -zumindest im

Zweifel nicht als Weigerung anzusehen ist, somit die

angelastete Verwaltungsübertretung nicht erwiesen werden

konnte, war im Sinne des § 45 Abs.l Zl VStG spruchgemäß zu

entscheiden.

Rechtsmittelbelehrunq:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel

zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab

seiner Zustellung eine Beschwerde an den

Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof

erhoben werden; diese muß von gesetzlichen Ausnahmen

abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben

sein. .

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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