Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102669/8/Ki/Shn

Linz, 15.05.1995

VwSen-102669/8/Ki/Shn Linz, am 15. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung Berufung des Franz Z, vom 9. März 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 27. Februar 1995, Zl.VerkR96-743-1994, aufgrund des Ergebnisses der am 9. Mai 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung hinsichtlich der Fakten 1, 2 und 3 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird hinsichtlich Fakten 2 und 3 stattgegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Hinsichtlich Faktum 1 wird der Berufung dahingehend stattgegeben, daß die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt wird. Im übrigen wird hinsichtlich Faktum 1 die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis nach der Maßgabe bestätigt, daß der Vorwurf, daß bei dieser Fahrt der Zulassungsschein nicht mitgeführt wurde, zu entfallen hat.

II: Hinsichtlich der Fakten 2 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Hinsichtlich Faktum 1 ist für das Berufungsverfahren kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG zu II: §§ 65 und 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 27. Februar 1995, VerkR96-743-1994, über den Berufungswerber ua wegen Verwaltungsübertretungen nach § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 (Faktum 1), § 102 Abs.10 KFG 1967 (Faktum 2) bzw § 102 Abs.1 KFG 1967 (Faktum 3) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen bzw Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von 200 S bzw 24 Stunden (Faktum 1), 400 S bzw 24 Stunden (Faktum 2) sowie 500 S bzw 24 Stunden (Faktum 3) verhängt, weil er am 10. Februar 1994 bis 00.35 den PKW Kennzeichen im Gemeindegebiet von B auf dem Güterweg 2 bis Höhe des Hauses 27 gelenkt hat und er 1) bei dieser Fahrt den Zulassungsschein nicht mitgeführt bzw dem Organ der Straßenaufsicht nicht ausgehändigt hat, 2) bei dieser Fahrt kein zur Wundversorgung geeignetes Verbandzeug und keine Warneinrichtung mitgeführt hat bzw 3) der Anhänger sich bei dieser Fahrt in einem vorschriftswidrigen Zustand befunden hat, da die Schlußleuchten und die Kennzeichenbeleuchtung nicht funktionierten.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG hinsichtlich der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens von insgesamt 110 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Der Berufungswerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 9. März 1995 Berufung und begründet diese im wesentlichen damit, daß er von den einschreitenden Organen nicht zur Vorweisung der Zulassungspapiere, des Pannendreiecks und des Verbandszeuges aufgefordert worden sei. Der Beschuldigte sei auch zum Vorweis der geforderten Urkunden bzw Gegenstände nicht verpflichtet gewesen, da er, sofern er überhaupt das Fahrzeug gelenkt hat, die Fahrt bereits beendet hatte.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da hinsichtlich der gegenständlichen Bestrafungen weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 9. Mai 1995 Beweis erhoben. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurden RI Reinhold S und RI Johann B als Zeugen einvernommen. Der Berufungswerber war bei der mündlichen Verhandlung rechtsfreundlich vertreten, die belangte Behörde hat sich telefonisch für die Nichtteilnahme an der Verhandlung entschuldigt.

I.5. Beide Gendarmeriebeamte haben bei ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme übereinstimmend zum Ausdruck gebracht, daß es sich bei dem Lenker des tatgegenständlichen Fahrzeuggespannes einerseits und jener Person, gegen die in der Folge die tatgegenständliche Amtshandlung durchgeführt wurde, anderseits um ein und dieselbe Person gehandelt hat.

Beide Beamte haben ausgesagt, daß der Berufungswerber von RI B im Rahmen der Amtshandlung im Hof des elterlichen Anwesens des Berufungswerbers aufgefordert wurde, die Fahrzeugpapiere vorzuweisen.

I.6. In freier Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß den Aussagen der Zeugen Glauben zu schenken ist. Die Aussagen wurden unter Wahrheitspflicht getätigt und sind in sich schlüssig und den Denkgesetzen nachvollziehbar. Der Beschuldigte konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin für den Berufungswerber belastend gewertet werden, im konkreten Falle aber wirkten jedoch bei einer Gesamtbetrachtung die Angaben der Zeugen glaubwürdiger.

I.7. Nach Würdigung der erhobenen Beweise hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

I.7.1. Gemäß § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 hat der Lenker auf Fahrten den Zulassungsschein oder Heereszulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug und einen mit diesem gezogenen Anhänger mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Das Ermittlungsverfahren hat eindeutig ergeben, daß der Berufungswerber von RI B aufgefordert wurde, die Fahrzeugpapiere vorzuweisen und er dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist. Der gegenständliche verwaltungsstrafrechtliche Tatbestand ist somit objektiv erfüllt und es sind im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, daß der Rechtsmittelwerber subjektiv nicht in der Lage gewesen wäre, die Aufforderung zu verstehen bzw der Aufforderung nachzukommen. Er hat daher sein Verhalten auch in subjektiver Hinsicht verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten.

Mit der Argumentation, der Berufungswerber habe zum Zeitpunkt der Aufforderung seine Fahrt bereits beendet, ist nichts zu gewinnen, zumal laut Judikatur des VwGH auch derjenige, der ein Kfz zum Parken abgestellt hat, als Lenker anzusehen und daher auch verpflichtet ist, bei einer späteren Beanstandung im Zusammenhang mit dem Fahrzeug auf Verlangen eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes Führer- und Zulassungsschein auszuhändigen (vgl VwGH 13.5.1981, ZfVB 1982/4/1301). Wesentlich ist ausschließlich, daß zwischen dem Lenken und der Verpflichtung zur Vorweisung ein gewisser zeitlicher und räumlicher Zusammenhang liegt.

Dies ist im vorliegenden Fall aus den zeugenschaftlichen Aussagen der beiden Gendarmeriebeamten in klarer Weise abzuleiten.

Die Spruchänderung war im gegenständlichen Fall zur Konkretisierung des Tatvorwurfes erforderlich, zumal letztlich nicht nachgewiesen wurde, daß der Berufungswerber bei seiner Fahrt den Zulassungsschein tatsächlich nicht mitgeführt hat. Es genügt jedoch für die Bestrafung, daß er die Papiere dem Organ der Straßenaufsicht auf Aufforderung hin nicht ausgehändigt hat.

I.7.2. Gemäß § 102 Abs.10 KFG hat der Lenker auf Fahrten Verbandszeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt ist, sowie bei mehrspurigen Kraftfahrzeugen eine geeignete Warneinrichtung mitzuführen.

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

Die Verjährungsfrist beträgt in Anwendung des § 31 Abs.2 leg.cit. ua bei Verwaltungsübertretungen nach dem KFG 1967 sechs Monate.

Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs.2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Wesentlich ist, daß sich eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.

Was nun die vorgeworfene Verwaltungsübertretung laut Faktum 2 (§ 102 Abs.10 KFG 1967) anbelangt, so wird festgestellt, daß der Lenker zwar verpflichtet ist, auf Fahrten die bezeichneten Gegenstände mitzuführen, er ist jedoch nicht verpflichtet, diese Gegenstände dem einschreitenden Organ auszuhändigen. Es besteht hier lediglich eine Verpflichtung des Zugänglichmachens nach § 102 Abs.11 KFG 1967. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift wurde dem Berufungswerber nicht vorgeworfen. In diesem Sinne kann der unter Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses festgestellte Tatvorwurf nicht nachgewiesen und daher auch nicht aufrecht erhalten werden.

Bezüglich Faktum 3 des angefochtenen Straferkenntnisses wird festgestellt, daß hinsichtlich § 102 Abs.1 KFG 1967 ein wesentliches Tatbestandsmerkmal bildet, daß es dem Kraftfahrzeuglenker zumutbar ist, sich vom Zustand des von ihm zu lenkenden Kraftfahrzeuges (bzw Anhängers) zu überzeugen. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber lediglich angelastet, daß sich der Anhänger in einem vorschriftswidrigen Zustand befand, da die Schlußleuchten und die Kennzeichenbeleuchtung nicht funktionierten. Diesbezüglich wurden weder der verfahrensgegenständliche Anhänger im Spruch des Straferkenntnisses angeführt noch wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, daß er sich vom vorschriftgemäßen Zustand der von ihm gelenkten Fahrzeuge nicht überzeugt hat, obwohl ihm dies zumutbar gewesen wäre.

Es fehlen sohin bei den Fakten 2 und 3 wesentliche Tatbestandselemente und es hat die belangte Behörde hinsichtlich dieser Tatbestandselemente keinerlei taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG vorgenommen. Nach Judikatur des VwGH ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde verwehrt, nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs.2 VStG erstmals im Spruch des Berufungsbescheides den Tatvorwurf entsprechend zu ergänzen (vgl VwGH vom 21.12.1988, 85/18/0120).

Aufgrund der dargelegten Umstände ist somit hinsichtlich der Fakten 2 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses infolge eingetretener Verfolgungsverjährung die Strafverfolgung ausgeschlossen und war somit diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z3 AVG).

I.7.3. Zur ohnehin nicht angefochtenen Strafbemessung ist festzustellen, da bei Zuwiderhandeln gegen das KFG 1967 Geldstrafen bis zu 30.000 S vorgesehen sind. Unter diesem Aspekt hat die belangte Behörde, was Faktum 1 anbelangt, im konkreten Falle offensichtlich bei der Verhängung der äußerst gering bemessenen Geldstrafe (200 S) lediglich die Ordnungswidrigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers und nicht die tatsächliche Schädigung der zu schützenden Interessen geahndet. Eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe wäre sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen nicht vertretbar. Lediglich was die Ersatzfreiheitsstrafe anbelangt, vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß im Hinblick auf die Tat- und Schuldangemessenheit eine Herabsetzung auf das nunmehr festgelegte Ausmaß geboten war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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