Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102670/2/Bi/Fb

Linz, 10.04.1995

VwSen-102670/2/Bi/Fb Linz, am 10. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn G S, D, R, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr.

W M, H, M, vom 24. März 1995 gegen das Ausmaß der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 7. März 1995, VerkR96-5046-1994, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 verhängten Strafe zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafe vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren 1.800 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 9.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt und ihm einen Verfahrenskostenbeitrag von 900 S auferlegt.

2. Gegen die Strafhöhe hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und die Anberaumung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe beim Lenken des Motorfahrrades und insbesondere beim Sturz einen Unfallschock erlitten. Er habe sich, als er den Alkotest verweigert habe, nicht nur im Unfallschock befunden, sondern auch in einem Rechtsirrtum, weil er der Meinung gewesen sei, daß er mehr als eine Stunde nach seinem Sturz nicht mehr verpflichtet sei, einen Alkotest abzulegen.

Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen lägen zwei relevante Milderungsgründe vor, die im Straferkenntnis nicht berücksichtigt worden seien. Die Verhängung einer Geldstrafe von 9.000 S sei weder aus spezialpräventiven noch aus generalpräventiven Gründen erforderlich, wobei auch sein Einkommen von derzeit 12.000 S nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Er beantrage daher, die Geldstrafe erheblich herabzusetzen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und folgendes erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen, und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 reicht von 8.000 S bis 50.000 S Geldstrafe und von einer bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Der Rechtsmittelwerber hat anläßlich seiner Einvernahme vor der Erstinstanz im Jänner 1995 angegeben, er beziehe ein monatliches Einkommen von 12.000 S, habe kein Vermögen und keine Sorgepflichten.

Er weist keine einschlägigen Vormerkungen im Hinblick auf Alkoholübertretungen auf, jedoch kommt der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zum Tragen.

Als mildernd wurde seitens der Erstinstanz ein Geständnis des Rechtsmittelwerbers berücksichtigt, straferschwerend war kein Umstand.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich, daß der Rechtsmittelwerber gegen 20.45 Uhr des 21. Dezember 1994 als Lenker eines Motorfahrrades an einem Verkehrsunfall beteiligt war, bei dem er von einem PKW gestreift wurde und mit dem Motorfahrrad zu Sturz kam, dabei aber nicht verletzt wurde. Aus dem Akteninhalt ergibt sich auch, daß der Rechtsmittelwerber mit dem Motorfahrrad sofort nach Hause gefahren ist, wo aufgrund einer Verständigung des PKW-Lenkers zwei Beamte des Gendarmeriepostens S erschienen und ihn aufgrund seiner veränderten Aussprache, seiner deutlich geröteten Augenbindehäute und der Angaben, daß er etwas getrunken habe, um ca 21.30 Uhr des 21. Dezember 1994 zum Alkotest aufforderten, den der Rechtsmittelwerber trotz mehrmaliger Aufforderung und Belehrung über die Folgen einer Verweigerung verweigerte. Die Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung wurde, wie sich aus der Begründung des Straferkenntnisses ergibt, aufgrund der Unbedenklichkeit der Zeugenaussagen der beiden Gendarmeriebeamten sowie aufgrund des Geständnisses des Rechtsmittelwerbers als erwiesen angenommen.

Dazu ist von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates auszuführen, daß der Umstand, daß der Rechtsmittelwerber den zeugenschaftlichen Angaben der Gendarmeriebeamten nichts entgegenzusetzen vermocht hat, nicht als ein mildernd zu berücksichtigendes Geständnis anzusehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (so zB im Erkenntnis vom 25. April 1986, 85/18/0390, 0391) ausgesprochen, daß ein Geständnis keinen Milderungsgrund abgeben kann, wenn dem Täter im Hinblick auf sein Betretenwerden auf frischer Tat nichts anderes übrig geblieben ist, als die Übertretung zuzugeben.

Wenn der Rechtsmittelwerber ausführt, er habe sich zum Zeitpunkt der Alkotestverweigerung in einem Unfallschock befunden, so ist dieser Argumentation von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates aus dem Grund nichts abzugewinnen, weil von einem 26jährigen Lenker eines Motorfahrrades, der nach einer offensichtlich geringfügigen Streifung mit einem PKW zu Sturz kommt, dabei aber keinerlei Verletzungen erleidet, in der Lage ist, den kurzen Weg nach Hause zu fahren, und ca eine halbe Stunde später zum Alkotest aufgefordert wird, erwartet werden muß, daß er die Situation und sich selbst so weit beherrschen kann, daß ihm der wesentliche Zweck und Inhalt einer solchen Amtshandlung bewußt und er in der Lage ist, eine Aufforderung zum Alkotest als solche zu verstehen und auch die Tragweite seiner Reaktion darauf richtig einzuschätzen. Ein die Zurechnungsfähigkeit ausschließender Schockzustand im medizinischen Sinn wurde nie behauptet und ergibt sich dafür auch aus dem Akteninhalt kein Hinweis.

Wenn der Rechtsmittelwerber geltend macht, er habe sich in einem Rechtsirrtum befunden, weil er meinte, daß er mehr als eine Stunde nach dem Unfall nicht mehr zum Alkotest verpflichtet sei, so ist dem entgegenzuhalten, daß der Lenker eines Motorfahrrades zwar nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung sein muß und er damit auch keine entsprechende Ausbildung, wie sie für den Erwerb einer solchen erforderlich ist, absolviert hat; jedoch muß von einer Person, die mit einem Kraftfahrzeug am öffentlichen Verkehr teilnimmt, erwartet werden, daß sie sich über die für sie geltenden maßgeblichen Bestimmungen in Kenntnis setzt, wozu nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungs senates auch das Wissen um die Verpflichtung gehört, daß ein von einem Gendarmeriebeamten zur Ablegung eines Alkotests aufgeforderter Fahrzeuglenker dieser Aufforderung nachkommen muß. Aus der Anzeige ergibt sich, daß der Rechtsmittelwerber mehrmals aufgefordert wurde, und daß er auch auf die Folgen einer Verweigerung aufmerksam gemacht wurde; er hat die Durchführung eines Alkotests beim Gendarmerieposten M aber mit der Begründung verweigert, er habe etwas getrunken und brauche nicht mitzufahren, "da es sowieso zu viel sei". Die nunmehr geltend gemachten Zweifel dahingehend, ob er nach einer halben Stunde Aufenthalt zu Hause noch mitfahren müsse, hat der Rechtsmittelwerber im Rahmen der Amtshandlung offenbar nicht geäußert.

Nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist im gegenständlichen Fall schon das Vorliegen eines Rechtsirrtums ausgeschlossen, wenn der Rechtsmittelwerber, der davon ausgehen durfte, daß der ihn zum Alkotest auffordernde Meldungsleger über die Umstände des Unfalls und die seither verstrichene Zeitspanne genauestens informiert war, dezidiert mehrmals zum Alkotest aufgefordert und über die Folgen der Verweigerung belehrt wurde. Er hat im Rahmen der Amtshandlung keinerlei Zweifel an der Zulässigkeit der Aufforderung zum Alkotest geäußert. Er konnte aber davon ausgehen, daß der ihn auffordernde Gendarmeriebeamte im Hinblick auf die auch für den Rechtsmittelwerber geltenden Alkoholbestimmungen entsprechend geschult ist und die Aufforderung zum Alkotest den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Ein Rechtsirrtum im Sinne des Nichterkennens des Unrechts einer Tat ist unter diesen Umständen nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates jedenfalls auszuschließen. Der vom Rechtsmittelwerber eingewendete Milderungsgrund des § 34 Z12 StGB scheidet auf dieser Grundlage ebenso aus, wie die eingewendete Unfallschocksituation.

Der unabängige Verwaltungssenat vermag auch dem Argument des Rechtsmittelwerbers, die Verhängung einer Strafe von 9.000 S sei weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen erforderlich, nicht beizutreten. Die verhängte Strafe entspricht durchaus den Kriterien des § 19 VStG, wobei kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum überschritten hätte. Die verhängte Strafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens. Aufgrund des Nichtvorliegens von Milderungs- oder Erschwerungsgründen waren auch die Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung nicht gegeben. Der Rechtsmittelwerber hat ein Motorfahrrad, sohin ein Kraftfahrzeug, gelenkt, weshalb bei seiner Teilnahme am Straßenverkehr von einem erhöhten Gefahrenpotential gegenüber nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern auszugehen ist, und weshalb in der Folge ein höherer Unrechtshalt der in Rede stehenden Übertretung anzunehmen ist. Die Verhängung der Mindeststrafe von 8.000 S war aus diesem Grund nicht mehr gerechtfertigt.

Die verhängte Strafe soll den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Beachtung der auch für ihn geltenden Alkoholbestimmungen anhalten. Es besteht die Möglichkeit mit der Erstinstanz hinsichtlich der Bezahlung der Geldstrafe eine Ratenvereinbarung zu treffen.

Aufgrund all dieser Überlegungen war spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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