Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102673/14/Bi/Fb

Linz, 24.05.1995

VwSen-102673/14/Bi/Fb Linz, am 24. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn J S, U, B vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J und Partner, R, W, vom 13. März 1995 (Datum der Einbringung) gegen Punkt a) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 28. Februar 1995, VerkR3-5107-1993 EI/FR, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 17. Mai 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis im Punkt a) hinsichtlich des Schuldspruches mit der Maßgabe bestätigt wird, daß der Rechtsmittelwerber bei Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage (VLSA) nicht vor der Haltelinie angehalten hat; die Geldstrafe wird auf 700 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden herabgesetzt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 70 S. Im Rechtsmittelverfahren entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 19 VStG, §3 38 Abs.5 und 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Punkt a) des angeführten Straferkenntnisses über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 38 Abs.5 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag verhängt, weil er am 28. November 1993 um 5.04 Uhr den PKW in W auf der P in Richtung Süden gelenkt habe, wobei er das Rotlicht der VLSA bei der Kreuzung mit der R mißachtet habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 100 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 17. Mai 1995 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines Rechtsvertreters Rechtsanwalt Dr. J, des Vertreters der Erstinstanz Herrn E, des Zeugen GI A sowie des technischen Amtssachverständigen Ing. K durchgeführt. Der Zeuge Insp. A hat sich entschuldigt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe insofern unvollständig erhoben, als dem Verfahrensakt nicht zu entnehmen sei, wie weit die beiden Meldungsleger entfernt gewesen seien, als sie das Einbiegen festgestellt hätten. Der behauptete Abstand von 20 m sei nicht an Ort und Stelle überprüft worden, sodaß auch ein Irrtum möglich sei. Es sei auch möglich, daß der Beschuldigte bei noch blinkendem Grünlicht angefahren sei.

Auch stehe nicht fest, wie lange die Gelbphase am 28.

November 1993 gedauert habe.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsmittelwerber außerdem in Frage gestellt, ob an diesem Tag zu dieser Uhrzeit die VLSA überhaupt schon eingeschaltet war.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, der angeführte Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen, ein Ortsaugenschein an der in Rede stehenden Kreuzung durchgeführt und auf dieser Grundlage ein technisches Gutachten durch den Sachverständigen erstellt wurde.

4.1. Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 28. November 1993 gegen 5.04 Uhr den PKW, , in W auf der P vom K in Richtung Süden, blieb nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens vor der Kreuzung mit der R bei grünem Licht der VLSA stehen und fuhr, als die Ampel auf Gelb- und dann auf Rotlicht umgeschaltet hatte, in die Kreuzung ein, um diese nach rechts in die R einbiegend zu verlassen.

Zur gleichen Zeit fuhr der Meldungsleger zusammen mit Insp.

A in einem Polizeifahrzeug aus Richtung K in Fahrtrichtung des Rechtsmittelwerbers, wo bereits ab der Kreuzung K - P das Verhalten des Rechtsmittelwerbers beobachtet werden konnte. Eben aufgrund dieses Verhaltens beschlossen die beiden Polizeibeamten, den Lenker des beobachteten PKW anzuhalten, und stoppten diesen nach dem Rechtseinbiegen auf Höhe des Hauses R 37.

GI A gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, er habe den Eindruck gehabt, daß der Rechtsmittelwerber, weil er bei Grünlicht vor der Kreuzung stehengeblieben sei und erst, als die Ampel umgeschaltet habe und das Rotlicht schon ca 15 bis 20 sec aufgeleuchtet habe, weitergefahren sei, die VLSA überhaupt ignoriert, sondern sich nur nach dem Verkehr orientiert habe, weil er auch den Eindruck gehabt habe, daß der Rechtsmittelwerber beim Einfahren in die Kreuzung etwas gezögert habe. Verkehr habe um diese Zeit keiner geherrscht und es sei niemand behindert oder gefährdet worden. Im Rahmen der Anhaltung habe er den Rechtsmittelwerber nach dem Grund für sein Verhalten gefragt, den dieser nicht angeben konnte, allerdings hätte er erhebliche Alkoholisierungssymptome am Rechtsmittelwerber wahrgenommen.

Der Rechtsmittelwerber hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung sein Verhalten so geschildert, daß er beim Einbiegen nach rechts gelbes Licht gesehen habe. Er sei bei der Kreuzung stehengeblieben, habe geschaut, ob jemand von links oder rechts komme, und sei dann rechts eingebogen. Er habe nicht mitbekommen, daß das Fahrzeug hinter ihm die Polizei gewesen sei.

Nach Durchführung eines Ortsaugenscheines hat der technische Sachverständige ausgeführt, daß die in Rede stehende VLSA so situiert ist, daß die Wahrnehmbarkeit aus einer Entfernung von mindestens 75 m durchaus gegeben ist. Von der Kreuzung K - P besteht uneingeschränkte Sicht auf die Kreuzung P - R.

Die VLSA ist so angebracht, daß ein Signalgeber am rechten Fahrbahnrand und ein Signalgeber über der Kreuzungsmitte über Kopf situiert ist. Vor der Kreuzung befindet sich ein Schutzweg samt Haltelinie. Laut Phasenablaufplan beträgt die Gesamtumlaufzeit der Ampelanlage 60 sec, wobei die Grünphase 23 sec, die Gelbphase 3 sec, die Gelb-Rot-Phase 2 sec dauert und die restliche Zeit Rotphase ist.

Auf dieser Grundlage kommt der technische Sachverständige zu dem Schluß, daß für die Polizeibeamten die Einsehbarkeit auf den PKW des Rechtsmittelwerbers und dessen Fahrverhalten einwandfrei gegeben war, sodaß die Zeugenaussage des Meldungslegers in technischer Sicht zweifellos nachvollziehbar ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen auf der Grundlage des Ortsaugenscheines vollinhaltlich an, wobei nicht auszuschließen ist, daß der Rechtsmittelwerber tatsächlich (auch) gelbes Licht wahrgenommen hat. Seine Schilderung im Rahmen der mündlichen Verhandlung, er sei eben in die Kreuzung eingefahren und habe auf den Verkehr geachtet und, als niemand gekommen sei, sei er nach rechts eingebogen, deuten keineswegs auf ein Unrechtsbewußtsein hin. Seine Schilderungen lassen vielmehr den Eindruck entstehen, daß dieses Verhalten für ihn ganz normal war, zumal ja auch sonst niemand behindert oder gefährdet wurde.

Die vom Rechtsmittelwerber behaupteten Widersprüche zwischen der Aussage des Meldungslegers und seiner Darstellung vermag der unabhängige Verwaltungssenat nicht zu erkennen, wobei die Version des Rechtsmittelwerbers über seine Antwort bei der Anhaltung bezüglich des Grundes für sein Verhalten für die Beurteilung der Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes irrelevant ist. Ebenso irrelevant ist, wie weit der Rechtsmittelwerber in die Kreuzung eingefahren ist und wo genau er bei Grünlicht vor der Haltelinie stehengeblieben ist.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 38 Abs.5 StVO 1960 gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Licht haben die Lenker von Fahrzeugen ..... an den im Abs.1 bezeichneten Stellen anzuhalten; gemäß Abs.1 lit.a leg.cit., wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht kein Zweifel, daß sich das Verhalten des Rechtsmittelwerbers unter den ihm vorgeworfenen gesetzlichen Tatbestand subsumieren läßt, wobei in der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen ist, daß die Bestimmung des § 38 Abs.5 leg.cit. um 5.00 Uhr früh beim Nichtvorhandensein anderer Verkehrsteilnehmer nicht gelten würde. Abgesehen davon hat sich hinter dem PKW des Rechtsmittelwerbers das Polizeifahrzeug befunden, sodaß nicht vom Fehlen jeglicher sonstiger Verkehrsteilnehmer auszugehen ist.

Der Beschuldigtenvertreter hat geltend gemacht, es sei in anderen Ländern durchaus üblich, daß man bei Rotlicht nach rechts einbiegen dürfe und auch in Österreich sei dies einmal erwogen, dann aber eine solche Bestimmung nicht eingeführt worden. Dazu ist von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates auszuführen, daß diese Überlegungen wohl nicht Grundlage dafür sein können, in Österreich bestehende gesetzliche Bestimmungen zu ignorieren, wenn dem Rechtsmittelwerber auch zugute zu halten ist, daß er sich offen sichtlich überzeugt hat, ob er einen eventuellen Querverkehr beeinträchtigen könnte. Von einem fehlenden Unrechtsgehalt kann daher nicht gesprochen werden; auch ein geringfügiges Verschulden vermag der unabhängige Verwaltungssenat in der Nichtbeachtung des weithin sichtbaren Rotlichtes nicht zu erkennen.

Abgesehen davon handelt es sich bei der Bestimmung des § 38 Abs.5 StVO 1960 um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG, wobei es dem Rechtsmittelwerber nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. In diesem Zusammenhang ist die vom Meldungsleger geäußerte Vermutung über den Grund des Verhaltens, nämlich die beim Rechtsmittelwerber wahrgenommenen Alkoholisierungssymptome, nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Daß bei dem Vorfall niemand gefährdet wurde, kann wohl nicht als Leistung des Rechtsmittelwerbers zu betrachten sein.

Auf dieser Grundlage gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß dieser den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Die Spruchergänzung erfolgte auf der Grundlage des § 44a Z1 VStG im Zusammenhang mit der Zeugeneinvernahme der Meldungsleger innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.3 bis zu einer Geldstrafe von 10.000 S bzw einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen reicht.

Der Rechtsmittelwerber weist eine nicht einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1991 auf, sodaß ihm der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugutekommt. Daß bei dem Vorfall niemand gefährdet wurde, ist nicht als Milderungsgrund anzusehen, wohl aber, daß sich der Rechtsmittelwerber offensichtlich vor dem Einbiegen überzeugt hat, ob er eventuell andere Verkehrsteilnehmer behindern oder gefährden könnte.

Die Erstinstanz ist bei der Strafbemessung von einem Nettomonatseinkommen von ca 12.000 S ausgegangen, wobei der Rechtsmittelwerber im Rahmen der mündlichen Verhandlung behauptet hat, seit 14. April 1995 arbeitslos zu sein und eine Arbeitslosenunterstützung basierend auf diesen Einkünften zu beziehen. Auf dieser Grundlage gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß eine geringfügige Herabsetzung der verhängten Strafe gerechtfertigt ist.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht sowohl dem Unrechtsund Schuldgehalt der Übertretung, als auch ist sie den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen, der außerdem noch sorgepflichtig für die Gattin und ein Kind ist. Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und soll den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Einhaltung der straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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