Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-102690/4/Weg/Ri

Linz, 24.07.1995

VwSen-102690/4/Weg/Ri Linz, am 24. Juli 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des H P K vom 20. März 1995 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ... vom 6. März 1995, VerkR..., womit ein Einspruch gegen das Strafausmaß der mit Strafverfügung vom 16. Jänner 1995 verhängten Geldstrafe abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und die Geldstrafe mit 300 S bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe mit 6 Stunden festgesetzt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 19, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid den gegen die Höhe der Strafe erhobenen Einspruch des Berufungswerbers vom 17. Jänner 1995 gegen die Strafverfügung vom 16. Jänner 1995, VerkR96..., abgewiesen und dies im wesentlichen damit begründet, daß für die Verwendung von Nebelscheinwerfern außerhalb des Ortsgebietes in der Anonymverfügungsverordnung eine Ahndung in der Höhe von 800 S vorgesehen ist und es sich aus diesem Grunde um ein relativ schwerwiegendes Delikt handle. Die Behörde fand auf Grund des Einspruches keinen Grund, die mit 800 S verhängte Geldstrafe zu mindern und führte dazu aus, daß straferschwerend bzw. strafmildernd kein Umstand zu werten gewesen sei und auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Rücksicht genommen worden sei.

Im Vorlageschreiben bringt die Bezirkshauptmannschaft ...

sinngemäß noch zum Ausdruck, daß mit der Verwendung von Nebelscheinwerfern eine Gefährdungssituation für andere Verkehrsteilnehmer einhergehe und die Höhe der Geldstrafe im Interesse der Verkehrssicherheit und in Rücksichtnahme auf ein geordnetes Strafrahmengefüge gerechtfertigt sei. Dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt wurden noch Fotos beigelegt, welche die Witterungs- und Sichtgegebenheiten etwa zur Tatzeit festhielten.

2. Der Berufungswerber wendet sich zuerst im Einspruch und nunmehr in der Berufung ausschließlich und ausdrücklich gegen die Höhe der Geldstrafe, sodaß der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist und eine Überprüfung des Tatvorwurfes iSd § 44a VStG (Konkretisierung der Tat) zu unterbleiben hatte.

Der Berufungswerber bringt vor, von einer mißbräuchlichen Verwendung der Nebelscheinwerfer könne auf keinen Fall gesprochen werden, da er von der Ortschaft ... in Richtung ... unterwegs gewesen und abschnittsweise sehr starker Nebel aufgetreten sei. Auch nach ..., in Höhe der Eisenbahnbrücke, sei wieder starker Nebel aufgetreten. Es könne von den Verkehrsteilnehmern nicht ein "ewiges Ein- und Ausschalten" der Nebelscheinwerfer verlangt werden. Daß an Tagen mit solcherart wechselnden Wetterbedingungen derartig strenge Kontrollmaßnahmen durchgeführt werden, sei nicht einsehbar.

Die wechselnden Wetterbedingungen belegt der Berufungswerber mit der Vorlage eines Wetterberichtes der Flugwetterwarte Linz, aus dem die wechselnden Sichtverhältnisse und insbesondere der Umstand, daß es nebelig gewesen sei, hervorgehe.

Diesen Unterlagen der Flugwetterwarte Linz hat die Bezirkshauptmannschaft ... nicht widersprochen, sodaß (ohne weitere Erhebungen) davon auszugehen ist, daß wechselnde Sichtverhältnisse und stellenweise Nebel herrschten. Aus den Lichtbildern ergibt sich jedoch, daß etwa zur Tatzeit und auf die Tatörtlichkeit bezogen einwandfreie Sichtverhältnisse vorlagen. Der Berufungswerber hätte also die Nebelscheinwerfer, die er vor dem Erreichen der Tatörtlichkeit noch zu Recht eingeschaltet hatte, im Beobachtungsbereich auszuschalten gehabt.

Der Berufungswerber bringt desweiteren vor, die Tat habe keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen und es seien die negativen Auswirkungen auf andere Verkehrsteilnehmer (wie Blendwirkung) durch den technischen Fortschritt bei der Herstellung von Nebelscheinwerfern nicht gegeben. Daß durch die kurzzeitige Blendung von Nebellicht ein dadurch bedingtes schnelleres Ermüden eintrete, stelle keine objektiv lebensnahe Begründung dar und könne nicht als entscheidender Erschwerungsgrund zur Festlegung einer derart hohen Strafe herangezogen werden.

Zu den letzten Ausführungen des Berufungswerbers hat der unabhängige Verwaltungssenat eine Stellungnahme eines Verkehrstechnikers eingeholt.

Der Amtssachverständige Ing. ... führt sinngemäß und zusammenfassend aus, daß bei richtiger Einstellung der Nebelscheinwerfer die Leuchtweite sehr gering sei. Das ausgestrahlte Licht beleuchte die gesamte Fahrbahnbreite und den Straßenrand. Die Blendung anderer Verkehrsteilnehmer bei ordnungsgemäß montierten Nebelscheinwerfern sei relativ gering, da sie zur Fahrbahn gerichtet seien und die Lichtaustrittsflächen dieser Scheinwerfer in ihrer Höhenlage sich wesentlich unter dem Auge eines PKW-Lenkers befänden.

Die Reflexion des ausgestrahlten Lichtes auf einer feuchten bzw. nassen Fahrbahn könne zu einer kurzzeitigen Blendung anderer Verkehrsteilnehmer führen. Ein dadurch bedingtes schnelleres Ermüden sei vernachlässigbar gering.

Aus dieser Stellungnahme ist in rechtlicher Hinsicht ableitbar, daß die Tat (zumal die Fahrbahn trocken war) keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat.

Zutreffenderweise hat die Erstbehörde keine Erschwerungsgründe angenommen. Unzutreffenderweise jedoch auch keine Milderungsgründe, obwohl - so zumindest die Aktenlage - justiz- und verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit vorliegt.

3. Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Mildungerungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Obwohl der Strafrahmen gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 30.000 S reicht, ist das Maß der Straffestsetzung objektiv durch die Anonymverfügungsverordnung der Bezirkshauptmannschaft ... vom 1. Juni 1993 mit 800 S festgelegt.

Diese Anonymverfügungsstrafhöhe ist unter Bedachtnahme auf § 19 Abs.1 VStG verordnet worden und beinhaltet naturgemäß die Tatbestandselemente des § 19 Abs.2 VStG ebensowenig, wie Sonderkonstellationen. Als Sonderkonstellation wird strafmindernd gewertet, daß tatsächlich wechselnde Sichtverhältnisse vorlagen und der Berufungswerber zumindest vor Erreichen der Tatörtlichkeit durch Nebel berechtigt war, die Nebelscheinwerfer einzuschalten. Als mildernd wird der Umstand der Unbescholtenheit gewertet.

Bei Gesamtwürdigung aller Tatbestandselemente des § 19 VStG erscheint die ausgesprochene Geldstrafe von 800 S überhöht und ergibt sich daraus die Verpflichtung, den durch die Anonymverfügungsverordnung vorgegebenen starren Strafrahmen zu verlassen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum