Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523365/9/Fra/CG/AK

Linz, 30.05.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau x, x, x, vertreten durch die Rechtsanwälte x, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18.12.2012, GZ: 17/380887, betreffend Anordnung einer Nachschulung, Verlängerung der Probezeit und Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird  aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 4 Abs.3 und § 4 Abs.6 Z.2 lit.a FSG; § 66 Abs.4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.            Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid angeordnet, dass sich die Berufungswerberin (Bw) auf ihre Kosten innerhalb von 4 Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, einer Nachschulung bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen hat und festgestellt, dass sich mit der Anordnung dieser Nachschulung die Probezeit verlängert, bzw., wenn die Probezeit bereits abgelaufen ist, diese mit der Anordnung der Nachschulung für ein Jahr wieder neu zu laufen beginnt. Weiters wurde die Bw aufgefordert, ihren Führerschein der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Ausstellung eines neuen Führerscheines wegen Eintragung der Probezeitverlängerung vorzulegen.

Führerschein, ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 28.03.2011, GZ: 10/380887.

 

2. Über die rechtzeitig eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. April 2013 durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Die Bw befindet sich in der Probezeit. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Strafverfügung vom 21. September 2012, VerkR96-34049-2012, über die Bw wegen Übertretung des § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 70,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) verhängt, weil sie als Lenkerin des PKW´s, x, am 23.07.2012 um 18:50, in der Gemeinde G., x, in Fahrtrichtung stadtauswärts, sohin an einem Ort, welcher im Ortsgebiet liegt, die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h um 21 km/h überschritten hat, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu ihren Gunsten abgezogen wurde.

 

Diese Strafverfügung wurde nicht beeinsprucht und ist sohin in Rechtskraft erwachsen. Die Bw weist in ihrem Rechtsmittel darauf hin, dass sie das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Verstoßes nicht gelenkt habe. Ihr Vater x habe das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt gelenkt. Dieser bestätige auch ihre Angaben.

 

Dieser Argumentation der Bw ist in rechtlicher Hinsicht zu erwidern, dass, wenn jemand wegen einer Verwaltungsübertretung nach der StVO 1960 – mittels Strafverfügung, Straferkenntnis oder Berufungsentscheidung – rechtskräftig bestraft wird, in Angelegenheit der Lenkberechtigung eine Bindungswirkung an diesen Strafbescheid besteht. Bei Überschreitung der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit (§ 99 Abs.3 lit.a iVm § 20 Abs.2 oder § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 oder § 52 lit.a Z.11a StVO 1960) besteht an das im Strafbescheid angeführte Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung grundsätzlich keine Bindungswirkung. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Geschwindigkeitsmessung fehlerhaft war, ist diese Frage zu untersuchen. Lt. Anzeige der Stadtpolizei Gmunden vom 28.08.2012 erfolgte die Geschwindigkeitsmessung mittels Lasermessgerät Type Messgerät: PoliScan Speed.

Zusätzlicher Hinweis: Foto-ID: VELO-120723001-0006.

Ohne Berücksichtigung der Messtoleranz wurde eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 24 km/h, mit Berücksichtigung der Messtoleranz eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h festgestellt.

 

Der Amtssachverständige für Geschwindigkeitsmesstechnik Dipl.-HTL-Ing. T.OAR. x führte bei der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. April 2013 gutachtlich aus, dass im gegenständlichen Fall die Messung mittels eines stationären Lasermessgerätes (PoliScan) durchgeführt wurde. Aufgrund der ihm vorliegenden Fotos ist festzustellen, dass sich das hintere Kennzeichen möglicherweise gerade noch im Auswerterahmen befindet. Dazu wurden mehrere Lichtbilder vorgelegt. Eine Aufhellung der Fotos konnte keine eindeutige Klärung ergeben, sodass aus seiner Sicht (im Sinne der Bw) davon auszugehen ist, dass sich der Auswerterahmen nicht wie gefordert mit dem hinteren Kennzeichen überlappt. Dazu ist festzuhalten, dass sich im Auswerterahmen kein weiteres Fahrzeug befinden darf. Ob sich in Fahrtrichtung vor dem gegenständlichen PKW ein anderes Fahrzeug befunden hat, das durch den gegenständlichen P. möglicherweise verdeckt wurde, kann er aufgrund der Bildqualität nicht ausschließen. Die Messung erfolgte am 23.07.2012 um 18.50 Uhr, sodass dabei von einer Tageshelligkeit auszugehen ist. Aufgrund der sehr dunklen Fotos, die auch computertechnisch nicht aufgehellt werden konnten, kann mit der erforderlichen Sicherheit nicht ausgeschlossen werden, dass vor dem gemessenen Fahrzeuges ein anderes Fahrzeug gefahren ist, dass sich da möglicherweise auch im Auswerterahmen befindet. Da diese beide Kriterien jedoch notwendig sind, um die Messung sicher dem gegenständlichen Fahrzeug zuzuordnen, dies aufgrund der vorliegenden Bildqualität nicht eindeutig bejaht werden kann, könne aus technischer Sicht nicht mit erforderlicher Sicherheit festgestellt werden, dass das gegenständliche Fahrzeug die Lasermessung ausgelöst hat bzw. dass der Geschwindigkeitswert dem gegenständlichen Fahrzeug sicher zuzuordnen ist.

 

Der Oö. Verwaltungssenat stellt daher unter Zugrundelegung des oben angeführten schlüssigen Gutachtens fest, dass eine sichere Zuordnung des gemessenen Fahrzeuges betreffend die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht möglich ist.

 

Begeht der Besitzer einer Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs.6) oder verstößt er gegen die Bestimmung des Abs.7, so ist von der Behörde gemäß § 4 Abs.3 FSG unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung einer Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr und es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probzeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheines hat diesen bei der Behörde abzuliefern, die Behörde hat die Herstellung eines neuen Führerscheines gemäß § 13 Abs.6 in die Wege zu leiten. Gemäß § 4 Abs.6 Z.2 lit.a FSG gilt als schwerer Verstoß gemäß Abs.3 eine mit technischen Hilfsmitteln festgestellte Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ausmaß von mehr als 20 km/h im Ortsgebiet.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen steht aufgrund der Rechtskraft der oa. Strafverfügung zwar fest, dass die Bw das in Rede stehende Kraftfahrzeug am 23.07.2012 um 18.50 Uhr in G., x, in Fahrtrichtung stadtauswärts gelenkt hat, es steht jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass sie den in § 4 Abs.6 Z.2 lit.a FSG beschriebenen schweren Verstoß verwirklicht hat, weshalb der Berufung Folge zu geben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2.            Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

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