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des Landes Oberösterreich
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VwSen-102731/9/Gu/Atz

Linz, 15.05.1995

VwSen-102731/9/Gu/Atz Linz, am 15. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des F. F., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E. W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 1.2.1995, Zl. VerkR96-1607-1994/Bi/Hu, wegen zweier Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach der am 9. Mai 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Die Berufung gegen die Höhe der Strafe der unter Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses beschriebenen Tat wird abgewiesen und die Strafhöhe wird somit bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 1.000 S binnen zwei Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung an den O.ö. Verwaltungssenat zu leisten.

Der Berufung zu Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß im Spruch die Anführung der Worte "unter besonders gefährlichen Verhältnissen" zu entfallen hat.

Die verletzte Rechtsvorschrift zu Faktum 2 besteht demnach in § 18 Abs.1 StVO 1960 iVm § 99 Abs.3 lit.a leg.cit.

Die Geldstrafe wird diesbezüglich auf 5.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Tage herabgesetzt.

Der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag ermäßigt sich auf 500 S.

Ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren zu diesem Faktum entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 16, § 19 VStG, § 65 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 16.4.1994 um 16.21 Uhr, den PKW, Kennzeichen ..., auf der Westautobahn A 1 aus Richtung Salzburg kommend in Richtung Wien gelenkt zu haben, wobei er 1. im Bereich von AKm. 211 bis 208 in den Gemeindegebieten von Laakirchen und Vorchdorf, die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um mindestens 60 km/h überschritten hat; 2. als Lenker des vorangeführten PKWs unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen die Vorschriften der StVO 1960 verstoßen zu haben, weil er im Bereich von Autobahnkilometer 206,5 im Gemeindegebiet von Vorchdorf keinen solchen Abstand vom nächst vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten habe, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen sei, da er bei einer Annäherungsgeschwindigkeit von mindestens 150 km/h bloß einen Sicherheitsabstand von 12 m eingehalten habe.

Wegen Verletzung des § 20 Abs.2 StVO iVm § 29 Abs.3 lit.a StVO 1960 einerseits und wegen Verletzung des § 18 Abs.1 leg.cit. iVm § 99 Abs.2 lit.c leg.cit. andererseits wurden ihm Geldstrafen von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage) und von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) und ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 % der ausgesprochenen Geldstrafen auferlegt.

In seiner rechtzeitig dagegen erhobenen Berufung ficht der Rechtsmittelwerber Faktum 1 nur hinsichtlich der Strafhöhe an und macht geltend, daß insbesonders seine persönlichen Verhältnisse und hier wiederum die Sorgepflicht für seine minderjährige Tochter M.-T. K. von 2.500 S und die monatliche Kreditrückzahlung von 2.500 S nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.

Hinsichtlich Faktum 2 bekämpft er im wesentlichen die von der ersten Instanz angenommenen besonders gefährlichen Verhältnisse bei der Annäherung (dem Aufschließen) zum vor ihm fahrenden Fahrzeug. Bei der zugleich erhobenen Rüge der Strafhöhe stützt er sich auf die zu Faktum 1 geltend gemachten Argumente.

Aufgrund der Berufung wurde am 9. Mai 1995 in Gegenwart des Rechtsmittelwerbers und seines Vertreters die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und in deren Rahmen dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten.

Darüber hinaus wurde eine Mitteilung der Autobahnmeisterei Vorchdorf zur Erörterung gestellt, wonach die Leitlinie bei Autobahnkilometer 206,5 auf der Wiener Richtungsfahrbahn 6 m und der Abstand zwischen den Leitlinien 12 m beträgt. Ferner wurde eine Auskunft des Verkehrsstrafamtes der BPD Steyr eingeholt, derzufolge der Beschuldigte aus dem Jahre 1992 eine Vormerkung wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 besitzt und wurde ihm auch hiezu Gelegenheit geboten, Stellung zu beziehen. Des weiteren wurde die von den meldungslegenden Gendarmeriebeamten angefertigte Videoaufnahme über das Fahrverhalten bezüglich der auch hinsichtlich der Schuld angefochtenen Tat vorgeführt.

Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

Auf der Autobahn herrschte am rechten Fahrstreifen ein aufgelockerter Kolonnenverkehr mit Distanzen der Fahrzeuge von 250 m bis 100 m. Zum Tatzeitpunkt war der linke Fahrstreifen der Autobahn bis zum Aufschließen an das von der Sachverhaltsumschreibung betroffene Fahrzeug frei. Das Aufschließen zu diesem Fahrzeug geschah auf einem leicht abfallenden Teil der Autobahn. Zuvor lag eine leichte Kuppe und eine leichte Linkskurve. Die Sicht auf das vor dem linken Fahrstreifen vor dem Beschuldigtenfahrzeug sich bewegende Kraftfahrzeug eröffnete sich etwa auf Höhe des Vorwegweisers Vorchdorf. Das voranfahrende Fahrzeug bewegte sich mit einer Geschwindigkeit mit über 120 km/h. Als das Gendarmeriefahrzeug auf der Höhe des zweiten Vorwegweisers Vorchdorf fuhr, leuchteten die Bremslichter des ca. 150 m vor ihm fahrenden Fahrzeuges des Beschuldigten auf. In dieser Situation fuhr auf der rechten Fahrbahn der Autobahn ein Campingfahrzeug und hatte eine Vordistanz von mehr als 30 m zum Fahrzeug des Beschuldigten. Auf der Höhe der tangentialen Anbindung der Ausfahrt bewegte sich das vor dem Beschuldigten fahrende Fahrzeug (auf der Überholspur) etwas nach rechts auf die Leitlinie zu, um etwa auf der Höhe des Brückenpfeilers bei der Ausfahrt Vorchdorf sich dann nach Überholen des Campingfahrzeuges auf den rechten Fahrstreifen der Autobahn einzuordnen. Das im Akt befindliche Lichtbild, welches der Videoentnahme entnommen und herauskopiert wurde, bildet offenbar den von der ersten Instanz umschriebenen Tatort und zeigt, daß das vor dem Fahrzeug des Beschuldigten sich bewegende Gefährt mit dem rechten Hinterrad noch auf der gelben Leitlinie fährt. Das Heck des Beschuldigtenfahrzeuges weist anhand des Schattenwurfes unter Berücksichtigung, daß es sich um eine Tatzeit 16.21 Uhr handelte und im Vergleich mit der Videoaufnahme und der Auflösung der Zeilen, welche systembedingt waagrecht verläuft, daß das Heck sich etwa auf der Höhe des letzten Drittels des Abstandes zwischen den Leitlinien wiedergegeben ist. Nach Abzug der Länge des BMW mit 4 m befand sich somit die Front des BMW des Beschuldigten ca. 12 m hinter dem Heck des voranfahrenden Fahrzeuges. Die Fahrbahn war trocken und es herrschten gute Sichtverhältnisse.

Besonders gefährliche Verhältnisse scheinen weder in der Anzeige noch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses auf, noch konnten sie beim Abspielen der Videoaufnahme, bezogen auf den Tatort, vorgefunden werden. Wohl aber war der Sicherheitsabstand aufgrund der gefahrenen Geschwindigkeiten der beiden Fahrzeuge zu gering und hätte eine Fehlreaktion des voranfahrenden Fahrzeuges den Aufprall des Fahrzeuges des Beschuldigten auslösen können.

Festzuhalten gilt, daß das Aufleuchten der Bremsleuchten am Heck des Beschuldigten zweimal im Verlauf des gesamten geschilderten Vorganges, aber nur sekundenbruchteilhaft erfolgte, wodurch in der gesamten Phase von keinem gänzlichen Wegfall der Reaktionszeit die Rede sein konnte und eine Unterschreitung des Mindestabstandes zum voranfahrenden Fahrzeug auf jeden Fall gegeben war.

Insoweit war der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu Faktum 2 zu berichtigen und im übrigen der Schuldspruch wie auch vom Beschuldigten in der Berufung zugestanden insoweit zu bestätigen.

Hinsichtlich der Strafhöhe ist folgendes festzuhalten:

Gemäß § 16 VStG ist, wenn eine Geldstrafe verhängt wird, zugleich für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen für beide Übertretungen beträgt gemäß § 99 Abs.3 Einleitungssatz VStG 1960 in Geld bis zu 10.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen.

Aufgrund der großen Überschreitung der für die Autobahn zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist hinsichtlich Faktum 1 ein hoher Unrechtsgehalt zu veranschlagen. Des weiteren wurde die Übertretung, was die Schuldseite anlangt, vorsätzlich begangen (die massive Betätigung des Gaspedales ist nicht schwer verhinderbar).

Aufgrund der Auskunft der BPD Steyr liegt beim Beschuldigten nicht nur kein Milderungsgrund vor (anders die Annahme der ersten Instanz), sondern ein besonderer Erschwerungsgrund im Sinn des § 33 Z2 StGB, weil die Tat auf der gleichen schädlichen Neigung wie eine im Jahr 1992 begangene Tat beruhte.

Unter diesem Blickwinkel bzw. in dieser Zusammenschau erforderte es die Spezialprävention, daß die von der ersten Instanz ausgesprochene Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe auch bei dem vom Beschuldigten angegebenen geringen Monatseinkommen von 14.000 S und der hinzugetretenen Sorgepflicht für eine minderjährige Tochter bestätigt werden mußten.

Hinsichtlich Faktum 2 war auf der objektiven Tatseite ebenfalls ein bedeutsames Gewicht festzustellen, zumal neben der hohen Betriebsgefahr, der Beschuldigte hätte alternativ trotz der vorher gefahrenen hohen Geschwindigkeit viel früher und konstant anbremsen können und somit einen ausreichenden Sicherheitsabstand halten können, wodurch die Tat keinesfalls unter der Konkurrenz des Faktums 1 stand und daher der Unrechtsgehalt gesondert, und zwar schwer zu gewichten war und dabei auch in Anschlag zu bringen war, daß dadurch der Lenker des voranfahrenden Fahrzeuges offensichtlich stark irritiert wurde.

Auch auf der subjektiven Tatseite ist Vorsätzlichkeit gegeben gewesen.

Somit konnte das vom Beschuldigten angegebene monatliche Einkommen von 14.000 S und die Rücksichtnahme auf die Sorgepflicht für Ehegattin und eine minderjährige Tochter nur eine Herabsetzung der Strafe auf das im Spruch getroffene Ausmaß rechtfertigen.

In diesem Rahmen waren auch die erstinstanzlichen Verfahrenskosten zu kürzen.

Hinsichtlich der Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren war, da dieses zu Faktum 1 erfolglos blieb, ein 20-%iger Beitrag, gemessen an der bestätigten Geldstrafe, vorzuschreiben. Bezüglich Faktum 2 hatte der Rechtsmittelwerber einen Teilerfolg zu verbuchen und blieb er diesbezüglich im Hinblick auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 65 Abs.1 VStG ohne Kostenlast.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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