Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102786/17/Bi/Fb

Linz, 22.03.1996

VwSen-102786/17/Bi/Fb Linz, am 22. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender: Dr. Wegschaider, Berichterin: Mag. Bissenberger, Beisitzer: Dr. Weiß) über die Berufung des Herrn R S, nunmehr R, vom 9. April 1995 gegen Punkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6. März 1995, VerkR96-20164-1994, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 13. März 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als Punkt 1.

des Straferkenntnisses hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, die verhängte Geldstrafe jedoch auf 15.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Tage herabgesetzt wird.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 1.500 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG, §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960 idF BGBl.Nr. 518/1994.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Punkt 1.

des angefochtenen Straferkenntnisses über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 18.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 360 Stunden verhängt, weil er am 2. Dezember 1994 gegen 18.00 Uhr den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (zum Zeitpunkt der Messung um 22.20 Uhr sei noch ein Alkoholgehalt von 0,99 mg/l = 1,98 %o Blutalkoholkonzentration! festgestellt worden) auf der A Bundesstraße von A kommend in Richtung N gelenkt habe. Gleichzeitig wurden ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 1.800 S und die Kosten des Alkomatmundstücks gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 in Höhe von 10 S vorgeschrieben.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige, aus drei Mitgliedern bestehende 4. Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 13. März 1996 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, des Zeugen GI R T und der medizinischen Amtssachverständigen Dr. S H durchgeführt. Die ebenfalls geladene Zeugin W W hat sich im Gegensatz zu einem auch nicht erschienenen Vertreter der Erstinstanz - entschuldigt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, der im Spruch angeführte Blutalkoholgehalt könne sich nur auf den Stand nach dem Unfall beziehen. Zum Zeitpunkt des Unfalls sei er nicht alkoholisiert gewesen.

Zur Strafhöhe teilte der Rechtsmittelwerber mit, daß er ab 2. Mai 1995 wieder in Beschäftigung sein werde, jedoch nur den erlaubten Höchstbetrag an Pfändungen ausbezahlt bekomme.

Außerdem sei er für drei Kinder unterhaltspflichtig in Höhe von 5.400 S. Er ersuche um eine Prüfung der Sachverhalte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber gehört, der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen und auf dieser Grundlage ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt wurde.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 2. Dezember 1994 gegen 18.00 Uhr den angeführten PKW auf der A Bundesstraße aus Richtung A kommend in Richtung N. Im Bereich einer Baustelle bei km kam er nach rechts von der Fahrbahn ab und das Fahrzeug blieb total beschädigt im Straßengraben liegen.

Der Rechtsmittelwerber, der nach eigenen Angaben zum Mittagessen eine Halbe Bier und nach der Arbeit in einem Gasthaus eine Halbe Bier getrunken hatte, führte im Rahmen der mündlichen Verhandlung aus, er könne sich an den Unfall selber nicht mehr erinnern und wisse auch nicht mehr, wie er aus dem Auto herausgekommen sei. Er wisse noch, daß er nach dem Unfall herumgeirrt sei, in der Meinung, er gehe Richtung A. Tatsächlich ist der Rechtsmittelwerber Richtung N gegangen und hat dort im Gasthaus "Z" einen Nachtrunk in Form von mehreren Halben Bier konsumiert.

Der Meldungsleger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung die umfangreichen Ermittlungen anläßlich des Verkehrsunfalles geschildert. Fest steht, daß der Meldungsleger auf der Suche nach dem Lenker des verunfallten Fahrzeuges, von dem nur die Zulassungsbesitzerin mit nicht mehr aktueller Wohnanschrift bekannt war, den Rechtsmittelwerber zuhause schlafend vorfand, wobei dieser zwar eine Beule an der Stirn beklagte, ansonsten aber ansprechbar war. Die Aufforderung zum Alkotest hat der Meldungsleger mit dem starken Alkoholgeruch der Atemluft des Rechtsmittelwerbers und dessen "etwas labilen Bewegungen" begründet. Der Rechtsmittelwerber hat der Aufforderung Folge geleistet und ist zum Gendarmerieposten A mitgefahren. Der Alkotest wurde ohne Komplikationen durchgeführt und ergab um 22.20 Uhr einen günstigsten Wert von 0,99 mg/l Atemluftalkoholgehalt. Der Rechtsmittelwerber hat im Rahmen der Niederschrift den Unfallhergang geschildert und angegeben, er habe in N im Gasthaus W mehrere, nämlich bis zu 6 Halbe Bier - an die genaue Anzahl könne er sich nicht erinnern - konsumiert. Ein ihm an sich unbekannter Gast habe ihn dann nachhause gefahren.

Der Meldungsleger hat im Gasthaus "Z" bei der Wirtin W W erhoben, daß der Rechtsmittelwerber tatsächlich ins Gasthaus gekommen ist und dort Bier getrunken hat; allerdings konnte die Zeugin nur die 2 Halben Bier bestätigen, die sie ihm selber serviert habe. Sie räumte aber ein, daß der Rechts mittelwerber durchaus eine größere Menge Bier, nämlich auch 6 Halbe, getrunken haben könnte.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt in freier Beweiswürdigung zu der Auffassung, daß die vom Rechtsmittelwerber bereits bei der Gendarmerie angegebene Nachtrunkmenge von 6 Halben Bier auf der Grundlage der zeugenschaftlichen Aussage des Meldungslegers nicht widerlegt werden konnte, wobei auch durch eine neuerliche Ladung der Zeugin W, die bei der Befragung durch den Meldungsleger schon offengelassen hatte, daß der Rechtsmittelwerber die angegebene Biermenge durchaus getrunken haben könnte, keine wesentliche Aufklärung zu erwarten war. Auf dieser Grundlage ging der unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß der Rechtsmittelwerber im Gasthaus W einen Nachtrunk von 6 Halben Bier zwischen 19.00 Uhr und 21.00 Uhr des 2. Dezember 1994 konsumiert hat. Auf eine neuerliche Ladung der Zeugin W wird somit verzichtet.

Die medizinische Amtssachverständige hat auf der Grundlage des um 22.20 Uhr festgestellten Atemalkoholgehalts von 0,99 mg/l, des damaligen Körpergewichtes des Rechtsmittelwerbers von 94 kg und des angeführten Nachtrunks ein medizinisches Gutachten erstellt, wobei der Blutalkoholgehalt auf die Unfallzeit 18.00 Uhr rückgerechnet wurde. Unter Berücksichtigung eines Resorptionsdefizits von 15 % und einer minimalen stündlichen Elimination von 0,1 %o hat die Sachverständige eine Blutalkoholkonzentration um 18.00 Uhr von minimal 0,86 %o errechnet und ausgeführt, daß dieser Rechenwert den theoretischen Minimalwert darstellt, wobei der tatsächliche Blutalkoholgehalt sicherlich höher gelegen sei.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht kein Anhalts punkt für Zweifel irgendwelcher Art an der Aussage des Meldungslegers, wobei auch die Beschuldigtenverantwortung als Grundlage zur Beurteilung des Sachverhalts herangezogen wurde.

Das medizinische Sachverständigengutachten wurde unter für den Rechtsmittelwerber günstigsten Annahmen erstellt, wobei die herangezogene Nachtrunkmenge nicht in der Lage war, die Blutalkoholkonzentration zur Unfallzeit unter 0,8 %o zu senken.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen darf. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 %o oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Im gegenständlichen Fall fand die Atemalkoholuntersuchung 4 Std und 20 min nach dem in Rede stehenden Verkehrsunfall statt und wurde von einem besonders geschulten und behördlich ermächtigten Gendarmeriebeamten mit einem geeichten und funktionstüchtigen Untersuchungsgerät vorgenommen.

Der sich aus dem Sachverständigengutachten für die Unfallzeit ergebende Blutalkoholwert von 0,86 %o stellt einen unter günstigsten Voraussetzungen errechneten Minimalwert dar, der als Grundlage für den Tatvorwurf herangezogen wird.

Zusammenfassend gelangt der unabhängige Verwaltungssenat daher zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand im Sinne eines Lenkens eines Fahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Rechtsmittelwerber eine einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1993 damals wurde über ihn eine Geldstrafe von 15.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen verhängt - aufweist, die im gegenständlichen Fall seitens der Erstinstanz zutreffend als erschwerend gewertet wurde.

In der Begründung des Straferkenntnisses ist ausgeführt, daß die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers nicht berücksichtigt werden hätten können, weil er dazu keine Angaben gemacht habe.

Dazu ist von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates festzuhalten, daß gemäß § 19 Abs.2 VStG die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen sind. Wenn daher der Rechtsmittelwerber im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens keine Angaben dazu gemacht hat - bereits aus der Anzeige geht hervor, daß er zum Unfallzeitpunkt als Betriebsschlosser bei der Firma S in A gearbeitet hat und verheiratet war, sodaß Rückschlüsse auf seine finanziellen Verhältnisse (z.B. durch Heranziehung des bei solcherart beschäftigten Personen üblicherweise zu erwartenden Durchschnittseinkommens und die Annahme der Sorgepflicht jedenfalls für die Gattin) gezogen werden hätten können -, hätte die Erstinstanz die als Grundlage für die Strafbemessung herangezogenen finanziellen Verhältnisse zumindest einschätzen und zwecks Nachvollziehbarkeit in der Begründung des Straferkenntnisses anführen müssen. Da jedoch daraus in keiner Weise hervorgeht, welche Grundlagen für die Strafbe messung die Erstinstanz angenommen hat, wurde die Strafe durch den unabhängigen Verwaltungssenat neu festgesetzt.

Der Rechtsmittelwerber hat sein nunmehriges Monatsnettoeinkommen mit 17.000 S angegeben, wobei ihm insgesamt 7.100 S für Alimente abgezogen werden. Er ist außerdem sorgepflichtig für seine Ehegattin, die zur Zeit lediglich Arbeitslosenunterstützung erhält.

Die Herabsetzung der verhängten Strafe erfolgte zum einen aufgrund der nunmehrigen finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers, zum anderen aus der Überlegung heraus, daß der Rechtsmittelwerber unter Berücksichtigung des von ihm angegebenen und nicht zu widerlegenden Nachtrunks zur Unfallzeit einen Blutalkoholgehalt von 0,86 %o aufgewiesen hat, der sich doch wesentlich unter dem von der Erstinstanz offenbar zugrundegelegten Wert (diese hat ohne konkrete Berechnungen den um 22.20 Uhr festgestellten Atemalkoholwert von 0,99 mg/l herangezogen und einen Nachtrunk von 2 Halben Bier angenommen) bewegt.

Die nunmehr verhängte Strafe liegt noch im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.1 StVO 1960 sieht Geldstrafen von 8.000 S bis 50.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen von einer bis sechs Wochen vor) und soll den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Einhaltung der Alkoholbestimmungen im Straßenverkehr anhalten.

Es steht ihm aufgrund seiner finanziellen Situation frei, mit der Erstinstanz eine Ratenvereinbarung zu treffen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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