Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102854/10/Sch/<< Rd>> Linz, am 12. Juni 1995 VwSen102854/10/Sch/<< Rd>>

Linz, 12.06.1995

VwSen 102854/10/Sch/<< Rd>> Linz, am 12. Juni 1995
VwSen-102854/10/Sch/<< Rd>> Linz, am 12. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des JG, vertreten durch die RAe vom 28. April 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10. April 1995, VerkR96-4963-1994-OJ/GA, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 7. Juni 1995 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren wird mit 400 S (20 % der verhängten Geldstrafe) bestimmt.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 10. April 1995, VerkR96-4963-1994-OJ/GA, über Herrn JG, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er am 1. Juli 1994 um ca. 13.00 Uhr den LKW mit dem Kennzeichen im Ortsgebiet 4222 Langenstein auf der Hauptstraße in Richtung St. Georgen/G. nach links in die Spielbergstraße und wieder auf die Hauptstraße bis Nr. 50 gelenkt habe und es nach einem dadurch verursachten Verkehrsunfall, bei welchem der in Richtung St. Georgen/G.

fahrende VW-Bus mit dem Kennzeichen anhalten habe müssen und die nachfolgende Lenkerin des Motorfahrrades mit dem Kennzeichen auf diesen VW-Bus aufgefahren sei und sich verletzt habe, unterlassen habe, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 200 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, daß der entscheidungsrelevante Sachverhalt im großen und ganzen unbestritten ist. Sieht man davon ab, daß das Umkehrmanöver des Berufungswerbers von der einen Zeugin anders geschildert wurde als vom Berufungswerber selbst, bestehen keine Diskrepanzen über den Vorfall.

Diese Frage ist aber von völlig untergeordneter Bedeutung, zumal unbestritten ist, daß der Berufungswerber seinen LKW im Tatortbereich gewendet hat.

Anläßlich der abgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung kamen überdies keine Zweifel zutage, daß das Verhalten des Berufungswerbers allenfalls nicht kausal für den nachfolgenden Verkehrsunfall gewesen wäre. Der Berufungswerber hat seinen LKW gewendet, wodurch die nachfolgende Lenkerin eines Kleinbusses zum Anhalten ihres Fahrzeuges gezwungen war. In der Folge fuhr die Lenkerin eines Motorfahrrades von hinten auf den anhaltenden Kleinbus auf. Sie kam dadurch zu Sturz und zog sich Verletzungen zu, ua eine blutende Lippe.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Berufungswerber die Tatsache des Auffahrunfalles und der Verletzung der Mofafahrerin selbst bemerkt hat oder nicht. Tatsache ist jedenfalls, daß er von einem Anrainer, der den Verkehrsunfall beobachtet hat, auf diesen hingewiesen wurde, wobei ihm auch sinngemäß die Kausalität seines Verhaltens für den Verkehrsunfall vorgehalten wurde. Dennoch hat der Berufungswerber die Unfallstelle verlassen und auch keine Meldung des Verkehrsunfalles durchgeführt, zumal er sich am Zustandekommen des Unfalles unschuldig fühlte. Dem Berufungswerber ist allerdings entgegenzuhalten, daß es für die im § 4 StVO 1960 normierten Pflichten von Unfallbeteiligten nicht darauf ankommt, wen das Verschulden am Verkehrsunfall trifft.

Gerade die Frage des Verschuldens kann im Einzelfall eine durchaus kompliziert zu beantwortende sein, von der es aber nicht abhängen kann, ob die Pflichten nach einem Verkehrsunfall - hier die Meldepflicht - von einer bestimmten Person einzuhalten sind oder nicht.

Der im § 4 Abs.1 StVO 1960 genannte Personenkreis umfaßt alle jene Personen, deren Verhalten örtlich und zeitlich unmittelbare Bedingung (conditio sine qua non) für das Entstehen des Verkehrsunfalles ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ihr Tun oder Unterlassen rechtswidrig und schuldhaft ist (VwGH 24.3.1971, 1108/70). Auf das Verschulden am Verkehrsunfall kommt es nicht an (VwGH 21.9.1983, 83/03/0033).

Nach der vorliegenden Sachlage ist zweifelsfrei von der Kausalität des Verhaltens des Berufungswerbers im Zusammenhang mit dem folgenden Verkehrsunfall auszugehen. Hätte der Berufungswerber mit seinem LKW kein Umkehrmanöver durchgeführt, wäre die nachfolgende Lenkerin des Kleinbusses nicht zum Anhalten ihres Fahrzeuges genötigt gewesen. Selbst wenn man annimmt, daß diese Zeugin zu dem Zeitpunkt, als ihr die Mofafahrerin hinten auffuhr, noch eine ganz geringfügige Geschwindigkeit eingehalten hat, ändert dies ebenfalls nichts am Kausalitätszusammenhang. Auch das Abbremsen ihres Fahrzeuges und möglicherweise erst spätere gänzliche Anhalten war im Umkehrmanöver des Berufungswerbers begründet.

Nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich stellt im übrigen der Auffahrunfall keinen atypischen Erfolg dar. Ein Auffahrunfall im Zuge eines Umkehrmanövers eines Fahrzeuges bzw. eines dadurch anhaltenden Zweitfahrzeuges stellt keinen Erfolg dar, der nach der Erfahrung des Lebens ganz unwahrscheinlich ist.

Zu dem vom Berufungswerber zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juli 1963, 1005/62, ist zu bemerken, daß die dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachlage mit der verfahrensgegenständlichen nicht zu vergleichen ist. Hierin wird einzig ausgesagt, daß eine Zeichengebung eines Fahrzeuglenkers, die allgemein üblich ist, für sich noch keine Kausalität für einen Verkehrsunfall bewirken kann. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um eine Zeichengebung durch den Berufungswerber, sondern um ein konkretes Fahrmanöver, das letztlich Ursache für den Verkehrsunfall war, völlig unabhängig davon, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß den Berufungswerber auch ein Verschulden am Unfall trifft.

Es kann daher zusammenfassend festgestellt werden, daß der Berufungswerber spätestens zu dem Zeitpunkt, als er von einem Dritten über die Tatsache des Verkehrsunfalles informiert wurde, zur Meldung desselben bei der nächstgelegenen Gendarmeriedienststelle verpflichtet gewesen wäre. Eine solche Meldung durfte unter Hinweis auf die Ansicht, man sei am Unfall nicht schuld, nicht unterbleiben.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe im Ausmaß von 2.000 S kann angesichts des für solche Delikte vorgesehenen Strafrahmens von 500 S bis 30.000 S von vornherein nicht als überhöht angesehen werden. Übertretungen des § 4 StVO 1960 stellen nicht unbeträchtliche Vergehen dar. Der Schutzzweck dieser Bestimmung liegt ua darin, einem Unfallgeschädigten langwierige Ermittlungen im Hinblick auf den Schädiger zu ersparen, aber auch, die Unfallursachen - nicht zuletzt im Hinblick auf die Verkehrssicherheit - möglichst rasch und umfassend zu klären.

Erschwerungsgründe lagen nicht vor, der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde von der Erstbehörde berücksichtigt.

Schließlich ist die Geldstrafe auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers nicht als überhöht anzusehen (Einkommen monatlich ca. 20.000 S netto, Sorgepflichten für Gattin und zwei Kinder, kein Vermögen).

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

S c h ö n




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