Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102937/9/Weg/Ri

Linz, 13.02.1996

VwSen-102937/9/Weg/Ri Linz, am 13. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des C... K..., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P... K..., vom 8. Juni 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 31. Mai 1995, VerkR..., nach der am 12. Februar 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs.1 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil dieser am 16. Februar 1995 um 12.50 Uhr den PKW, ..., Kennzeichen ..., in ..., ...straße Nr...

gelenkt hat, ohne die hiefür erforderliche Lenkerberechtigung der Gruppe B zu besitzen.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 100 S in Vorschreibung gebracht.

2. Auf Grund der widerspruchslosen Aussagen des Beschuldigten vor den erhebenden Polizeibeamten einerseits und im Verfahren vor der Erstbehörde sowie anläßlich der mündlichen Verhandlung vor der Berufungsbehörde andererseits steht nachstehender Sachverhalt fest:

Zum Tatzeitpunkt war der Beschuldigte Schüler, ca. 17,5 Jahre alt, ohne Lenkerberechtigung für die Gruppe B und mit der Handhabung eines PKW's (auch hinsichtlich der Pedalanordnung) noch in keiner Weise vertraut. Er fuhr am Tattag als Beifahrer mit seinem Schulfreund zur Tatörtlichkeit, einem Privatparkplatz der Firma ..., der sich als Straße mit öffentlichem Verkehr darstellt, und saß dabei auf dem Rücksitz des von seinem Freund gelenkten PKW's. Der Beifahrersitz war ausgebaut. Der Lenker wollte einige Einkäufe tätigen, während der Beschuldigte zuerst auf dem Rücksitz des PKW's sitzend im Auto verweilte. Nachdem die Einkaufstätigkeit seines Freundes länger andauerte, wollte der Beschuldigte das Radio des PKW's einschalten, was jedoch wegen der direkten Verbindung zur Zündung vorerst nicht gelang. Er begab sich daher vom Rücksitz auf den Lenkersitz, um die Zündung einzuschalten und damit das Radio aktivieren zu können. Durch ein zu weites Drehen des Zündschlüssels nach rechts betätigte der Beschuldigte jedoch den Starter, worauf der PKW von seinem Abstellort weghüpfte und sich in Richtung Auslage des von seinem Freund besuchten Geschäftes bewegte. Der Beschuldigte, der - wie erwähnt mit der Handhabung der Betätigungsvorrichtungen am PKW, insbesondere mit der Anordnung der Pedale nicht vertraut war, wollte in seinem Schreck die Fußbremse betätigen, trat jedoch versehentlich aufs Gaspedal, was zur Folge hatte, daß der PKW die Auslagenscheibe durchfuhr und erst durch die im Geschäft befindlichen Regale zum Stillstand kam.

Vor diesem Sachverhalt als Hintergrund ist zu prüfen, ob der Beschuldigte sowohl objektiv als auch subjektiv eine Verwaltungsübertretung dadurch begangen hat, daß er ein Kraftfahrzeug ohne entsprechende Lenkerberechtigung lenkte.

3. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Hinsichtlich der objektiven Tatseite schließt sich der unabhängige Verwaltungssenat den zutreffenden Ausführungen der Bezirkshauptmannschaft ... vollinhaltlich an.

Zur subjektiven Tatseite:

Der Beschuldigte hat - diesbezüglich wird den Ausführungen der Erstbehörde beigetreten - hinsichtlich der Betätigung des Zündschlüssels und der damit verbundenen Gefahr der Inbetriebnahme des PKW's (Ingangsetzen des Motors) nicht jenes Sorgfaltsausmaß angewendet, welches ihm als 17,5 Jahre alter Schüler zumutbar gewesen wäre. Eine fahrlässige Inbetriebnahme steht jedoch nicht unter der Strafsanktion des § 134 Abs.1 iVm § 64 Abs.1 KFG, weil nach diesen Gesetzesbestimmungen lediglich das Lenken erfaßt ist. Die Fahrlässigkeit auch auf das ungewollte Lenken auszudehnen, ist jedoch im gegenständlichen Fall - zumindest im Zweifel nicht anzunehmen. Es lag hinsichtlich der Fortbewegung des Fahrzeuges eine Verkettung unglücklicher Umstände vor, welche die Fahrlässigkeit des unbefugten Lenkens zwar nicht mit Sicherheit ausschließt, aber doch als zweifelhaft erscheinen läßt. Es war vor allem der eingelegte erste Gang, in Verbindung mit dem geringen Eigengewicht des Fahrzeuges Ursache für den Beginn der Bewegung des Fahrzeuges, worauf innerhalb von Sekundenbruchteilen aus der Sicht des Jugendlichen nur zwei Maßnahmen gesetzt hätten werden können, um das anschließende Durchfahren der Auslagenscheibe zu verhindern, nämlich entweder die Zündung zurückzunehmen oder die Bremse zu betätigen. In diesen Sekundenbruchteilen hat der mit der Handhabung eines Kraftfahrzeuges völlig unvertraute Schüler allerdings das Gaspedal getreten. Es wird darin gerade noch kein Verhalten gesehen, welchem hinsichtlich des Lenkens Fahrlässigkeit anhaftet.

Da somit trotz Vorliegen des objektiven Tatbildes die subjektive Tatseite nicht gegeben ist, lagen iSd § 45 Abs.1 Z2 VStG Umstände vor, die die Strafbarkeit dieses Verhaltens ausschließen, weshalb von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und dessen Einstellung zu verfügen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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