Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102987/2/Bi/Fb

Linz, 19.07.1995

VwSen-102987/2/Bi/Fb Linz, am 19. Juli 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn C S in N, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. T, Dr. L und Dr. G in L, vom 30. Juni 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom 7. Juni 1995, VerkR96, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 80 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 20 Abs.2 zweiter Fall iVm 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft S hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 zweiter Fall iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 400 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden verhängt, weil er am 24. Mai 1993 gegen 16.30 Uhr den PKW der Marke Saab mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von St. M auf der A8 Innkreisautobahn in Fahrtrichtung Suben gelenkt habe, wobei er bei ABkm 70,1 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 12 km/h überschritten habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 40 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil der Sachverhalt aufgrund des von der Erstinstanz durchgeführten ausführlichen Ermittlungsverfahrens ausreichend geklärt ist und die Berufung im wesentlichen rechtliche Ausführungen enthält, jedoch keine mündliche Verhandlung beantragt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie zum einen den Lenker des Audi 80, der um 16.29.50 Uhr mit einer Geschwindigkeit von 148 km/h bei km 70,1 der A8 vom Radar gemessen wurde, einvernommen habe und zum anderen RI J, der nur das Vorhandensein seines, nicht aber des Fahrzeuges auf der Gegenfahrbahn bestätigt habe, nicht einvernommen habe.

Im übrigen sei die Strafbemessung unrichtig, zumal er keine verwaltungsrechtlichen Vormerkungen aufweise und auch die vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung allenfalls im unteren Bereich eines verwaltungsstrafrechtlich relevanten Verhaltens liege. Eine Überschreitung von lediglich 9 % der erlaubten Höchstgeschwindigkeit stelle keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer dar, weshalb die Folgen der Übertretung iSd § 21 VStG unbedeutend seien. Er beantrage daher die Einstellung des Verfahrens, in eventu Rückverweisung an die Erstinstanz, in eventu den Ausspruch einer Ermahnung bzw Strafmilderung oder Nachsicht.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und folgenden Sachverhalt für entscheidungswesentlich befunden:

Der PKW wurde am 24. Mai 1993 um 16.30 Uhr auf der Innkreisautobahn A8 bei km 70,01 in Fahrtrichtung Suben im Gemeindegebiet St. M mit einer Geschwindigkeit von 150 km/h mit einem Radargerät Multanova 6 FM durch den Meldungsleger RI J gemessen, wobei die erlaubte Höchstgeschwindigkeit in diesem Bereich 130 km/h beträgt. Der Meldungsleger hat unter Einhaltung der Verwendungsbestimmungen für das Radargerät die vorgesehenen Toleranzwerte abgezogen und eine Geschwindigkeit von 142 km/h der Anzeige zugrundegelegt. Bei der sofortigen Anhaltung wurde der Rechtsmittelwerber als Lenker ermittelt.

Da der Rechtsmittelwerber im Einspruch gegen die Strafverfügung geltend machte, es müsse sich um einen Meßfehler handeln, weil er bei der Messung von einem BMW mit der Aufschrift "A" im Rückfenster mit ca 10 bis 20 km/h Differenz überholt worden sei - dies habe auch der BMW-Fahrer bei der Amtshandlung dem Beamten gegenüber bestätigt -, wurden seitens der Erstinstanz die Radarfotos beider Fahrzeuge ausgewertet, wobei seitens des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Verkehrsabteilung - Außenstelle Ried, mitgeteilt wurde, daß um 16.30.10 Uhr nur das vom Rechtsmittelwerber gelenkte Fahrzeug mit 150 km/h gemessen wurde, während es sich bei dem vom Rechtsmittelwerber angeführten BMW um einen Audi 80 gehandelt habe, der um 16.29.50 Uhr, also 20 sec vorher, mit einer Geschwindigkeit von 148 km/h gemessen wurde.

Auf dem den PKW des Rechtsmittelwerbers zeigenden Radarfoto ist auf der Richtungsfahrbahn Suben im Bereich des PKW kein weiteres Fahrzeug, also auch kein überholendes, erkennbar; jedoch ergibt sich aus dem Foto, daß auf der Gegenfahrbahn offensichtlich ein PKW mit Wohnwagenanhänger fuhr.

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, daß das bei der Messung verwendete Radargerät Multanova 6 FM mit der Fertigungsnummer 511 zum Meßzeitpunkt ordnungsgemäß geeicht war.

In seinem Gutachten vom 16. März 1995, BauME-010000/1744-94/Mau/Ba, hat der kraftfahrtechnische Amtssachverständige Ing. Maurer im wesentlichen ausgeführt, daß das verwendete Radargerät mehrere interne, während der Messung automatisch ablaufende Selbstkontrollfunktionen aufweist, die eventuell auftretende Störungen als solche erkennen, sodaß es dann zu keiner Geschwindigkeitsmessung, sondern zu einer Fehleranzeige komme. Da das Gerät im Zuge des Meßablaufes die Fahrtrichtung des in den Radarstrahl eintretenden Fahrzeuges erkenne und nach dieser Feststellung automatisch sämtliche Doppler-Signale ausschalte, die von Fahrzeugen aus der Gegenrichtung stammten, konnte im gegenständlichen Fall, bei dem die Messung des abfließenden Verkehrs stattfand, was auch auf dem Radarfoto ersichtlich sei, davon ausgegangen werden, daß das auf der entgegengesetzten Richtungsfahrbahn abgebildete Fahrzeug die gegen ständliche Messung nicht beeinflußt haben konnte. Dieses habe sich außerdem weit außerhalb der 22-gradigen Ausstrahlrichtung der Radarstrahlkeule befunden. Der Sachverständige hat in der Kopie des Radarfotos den Auswertbereich des in Rede stehenden Radarmeßvorganges eingezeichnet, der im abfließenden Verkehr nur den PKW zeigt.

Der Sachverständige hat, obwohl auf dem Radarfoto - entgegen der Behauptung des Rechtsmittelwerbers - tatsächlich keine Schallschutzmauer erkennbar ist, auch zu möglichen Auswirkungen einer theoretisch sich am gegenüberliegenden Straßenrand befindlichen Schallschutzmauer Stellung genommen und ist zu dem Schluß gelangt, daß auch eine solche sowie der Mitteltrenngrünstreifen der Autobahn aufgrund der Sträucher die Messung nicht beeinflussen könne.

Der Sachverständige setzt sich anschließend mit der Einhaltung der Verwendungsbestimmungen bzw der Gerätezulassung auseinander und kommt im wesentlichen zu dem Ergebnis, daß im gegenständlichen Fall die Radargeschwindigkeitsmessung eindeutig durch das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug ausgelöst wurde, da sich kein anderes Fahrzeug am Radarfoto befindet, das geeignet wäre, die Messung negativ zu beeinflussen, wobei auch die Einspruchsgründe eine Negativbeeinflussung nicht darzutun vermögen.

Auf dieser Grundlage hat die Erstinstanz das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen, zumal vom Rechtsmittelwerber bzw seinem rechtsfreundlichen Vertreter die angekündigte abschließende Stellungnahme ausblieb.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß, obwohl der Rechtsmittelwerber bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens die zeugenschaftliche Einvernahme sowohl des Lenkers des gemessenen Audi 80 als auch des Meldungslegers beantragt hat, diese Einvernahmen nicht durchgeführt wurden und sich die Beweggründe dafür aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht ersehen lassen.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt aber zu der Auffassung, daß beide Zeugenaussagen nicht geeignet gewesen wären, das Verfahrensergebnis zugunsten des Rechtsmittelwerbers zu beeinflussen, weil sich aus dem kraftfahrtechnischen Gutachten in Verbindung mit dem Radarfoto einwandfrei ergibt, daß um 16.30.10 Uhr des 24. Mai 1993 lediglich die Geschwindigkeit des vom Rechtsmittelwerber gelenkten Fahrzeuges ohne jede andere Negativbeeinflussung gemessen wurde.

Der unabhängige Verwaltungssenat bezweifelt nicht, daß der Rechtsmittelwerber fast zum selben Zeitpunkt, an dem die Radarmessung stattfand, von einem Audi 80 überholt wurde, jedoch ergibt sich aus dem Radarfoto zweifelsfrei, daß das Überholmanöver jedenfalls nicht zum Meßzeitpunkt stattgefunden haben kann, weil sich sonst die alleinige Anwesenheit des PKW des Rechtsmittelwerbers im abfließenden Verkehr nicht erklären läßt.

Die Tatsache, daß auf der Gegenfahrbahn der A8 offensichtlich zum Meßzeitpunkt ein Fahrzeug fuhr, ist im gegenständlichen Fall irrelevant, weil das Radargerät augenscheinlich auf abfließenden Verkehr eingestellt war.

Auch eine zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers hätte an der durch das Radarfoto eindeutig dokumentierten Situation nichts zu ändern vermocht und insbesondere das Verfahrensergebnis nicht abändern können, sodaß in der Unterlassung der Einvernahme durch die Erstinstanz kein wesentlicher Verfahrensfehler zu erblicken ist.

Zusammenfassend gelangt der unabhängige Verwaltungssenat auf der Grundlage des Verfahrensaktes zu der Auffassung, daß die in Rede stehende Radarmessung technisch einwandfrei erfolgt ist, einzig und allein das Fahrzeug des Rechtsmittelwerbers betraf und das Radarfoto einwandfrei die vom Rechtsmittelwerber eingehaltene Geschwindigkeit dokumentiert, die unter Berücksichtigung der Toleranzabzüge mit 142 km/h dem Verfahren zugrundegelegt wird. Da auf österreichischen Autobahnen eine generelle Höchstgeschwindigkeit von nur 130 km/h erlaubt ist, hat der Rechtsmittelwerber zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Der Ausspruch einer Ermahnung war im gegenständlichen Fall nicht gerechtfertigt, zumal zwar die Übertretung keine Folgen nach sich zog, jedoch nicht von einem geringfügigen Verschulden auszugehen ist, weil der Rechtsmittelwerber schon aufgrund der Tachoanzeige jederzeit in der Lage ist, die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit zu kontrollieren, um eventuellen Überschreitungen rechtzeitig entgegenwirken zu können. Eine tatsächliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer wurde dem Rechtsmittelwerber nie vorgeworfen, ist für die Verwirklichung des Tatbestandes aber auch nicht erforderlich.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die Erstinstanz die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als wesentlichen Milderungsgrund bereits berücksichtigt hat, wobei auch die Einkommensschätzung von DM 2.000,-- netto monatlich und die Sorgepflicht für die Gattin sowie das Nichtvorhandensein von Vermögen vom Rechtsmittelwerber nicht angefochten wurde, sodaß diese geschätzten finanziellen Verhältnisse auch der Rechtsmittelentscheidung zugrundezulegen sind.

Erschwerend war kein Umstand zu berücksichtigen, wobei aufgrund der an sich als geringfügig anzusehenden Geschwindigkeitsüberschreitung auch die Geldstrafe niedrig bemessen wurde.

Die von der Erstinstanz verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung als auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers und ist geeignet, diesen in Hinkunft zur genauesten Beachtung der in Österreich geltenden Geschwindigkeitsbeschränkungen anzuhalten.

Welche weiteren Erschwerungs- bzw Milderungsgründe vorliegen könnten, hat nicht einmal der Rechtsmittelwerber dargelegt und vermag auch der unabhängige Verwaltungssenat solche nicht zu finden.

Der Antrag auf Strafmilderung oder Strafnachsicht ist seit Inkrafttreten des VStG 1991 nicht mehr vorgesehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Ersatz der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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