Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103035/7/Sch/<< Rd>> Linz, am 17. November 1995 VwSen103035/7/Sch/<< Rd>>

Linz, 17.11.1995

VwSen 103035/7/Sch/<< Rd>> Linz, am 17. November 1995
VwSen-103035/7/Sch/<< Rd>> Linz, am 17. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des BH, vertreten durch die RAe, vom 7. Juli 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 19. Juni 1995, VerkR96-272-1995, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit Straferkenntnis vom 19. Juni 1995, VerkR96-272-1995, über Herrn BH, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs.2 iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von neun Tagen verhängt, weil er am 16. Dezember 1994 um ca.

7.40 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Lahrndorfer Bezirksstraße in Richtung Ternberg gelenkt habe, wobei er im Ortsgebiet von Garsten sich unter besonders gefährlichen Verhältnissen dem Schutzweg bei Straßenkilometer 1,702 mit überhöhter Geschwindigkeit genähert habe, sodaß ihm ein rechtzeitiges Zum-Stillstand-Bringen vor dem Schutzweg nicht möglich gewesen sei, als zwei Kinder den Fußgängerübergang von links nach rechts gequert hätten und dadurch ein Kind erfaßt und zu Boden gestoßen worden sei, obwohl zu diesem Zeitpunkt mit dem Vorhandensein von Kindern im unmittelbaren Bereich zur Schule zu rechnen gewesen sei, auch der linke Fahrbahnrand in der Annäherung zu beachten sei, die Wahl einer Fahrgeschwindigkeit - eigenen Angaben zufolge - von ca. 40 km/h bis 45 km/h bei Annäherung an einen Schutzweg als besonders rücksichtslos, noch dazu, wo auch rechts eine Schülergruppe in Richtung Garsten gegangen sei, gelte, das Kind von links gekommen sei, also weder überraschend die Fahrbahn betrat, noch für ihn nicht erkennbar gewesen sei.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 300 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberöster reich hat folgendes erwogen:

Gemäß § 9 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einen Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, daß er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.

Nachdem von der Berufungsbehörde abgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahren (Einvernahme der Zeugin IG im Rechtshilfewege) ist - zumindest mangels des Beweises des Gegenteiles - von folgendem Sachverhaltsablauf auszugehen:

Der Schüler SA hat zum relevanten Zeitpunkt die Fahrbahn vom Gehsteig aus im Laufen und plötzlich betreten, ohne vorher stehengeblieben zu sein und in beide Fahrtrichtungen geblickt zu haben. Das Kind befand sich überdies vor der Kollision mit dem PKW des Berufungswerbers nicht auf dem Schutzweg. Weiters betrat das Kind die Fahrbahn etwa in der Mitte zwischen dem Aufgang und dem Zaun des Cafes "C" in Garsten.

Wesentlich ist der Umstand, daß die Zeugin angegeben hat, das Kind habe sich unmittelbar vor dem Zusammenstoß mit dem PKW des Berufungswerbers nicht auf dem Schutzweg befunden.

Damit fällt aber ein wesentliches Tatbestandselement iSd § 9 Abs.2 StVO 1960 weg, wodurch diese Norm auf den konkreten Sachverhalt nicht mehr anwendbar ist. Das zweite Tatbestandsmerkmal "... oder diesen erkennbar benützen will ..." ist nicht Inhalt des erstbehördlichen Bescheidspruches, sodaß sich ein Eingehen hierauf erübrigt.

Die Berufungsbehörde verkennt nicht, daß die Angaben der obgenannten Zeugin im Rahmen des erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens bzw. des Berufungsverfahrens nicht gänzlich übereinstimmend waren, was aber keinesfalls zu lasten des Berufungswerbers gehen kann. Es kann hintangestellt bleiben, ob dafür allenfalls das naturgemäß begrenzte Erinnerungsvermögen oder auch der Umstand verantwortlich ist, daß die Zeugin im gegenständlichen Verfahren immerhin insgesamt viermal (die Einvernahme durch die Gendarmerie miteingerechnet) für eine Aussage herangezogen wurde, was, wenn auch rechtlich unerheblich, Auswirkungen im emotionalen Bereich eines Zeugen haben kann.

Abgesehen von den obigen Erwägungen zur mangelnden Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers ist noch zu bemerken, daß aufgrund des zweiten Satzes des § 9 Abs.2 StVO 1960 zwar die Annäherungsgeschwindigkeit an einen Schutzweg so zu wählen ist, daß der Lenker sein Fahrzeug noch vor dem Schutzweg anhalten kann. Bei der Annäherung an einen Schutzweg muß aber zwangsläufig ein Punkt erreicht werden, ab welchem ein Anhalten davor nicht mehr möglich ist. Mit anderen Worten: Der Lenker muß sich - je nach Fahrgeschwindigkeit - früher oder später entscheiden, ob er den Schutzweg in einem passiert oder anhält. Im vorliegenden Fall konnte und kann wohl auch nicht geklärt werden, wann dieser Punkt erreicht war. Ist dies schon der Fall gewesen, als der Schüler Aigner noch gar nicht auf dem Schutzweg war, so kann dem Berufungswerber aus seinem Fahrverhalten kein Vorwurf im verwaltungsstrafrechtlichen Sinne gemacht werden.

Nach Lage der Dinge ist davon auszugehen, daß sich der Schüler A zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf dem Schutzweg befunden hat; wo genau er diesen betreten hat, konnte überdies auch nicht mit Sicherheit geklärt werden.

Die Berufungsbehörde ist daher zu der Ansicht gelangt, daß das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war, da eine Übertretung des § 9 Abs.2 StVO 1960 - um andere Bestimmungen, etwa § 29a Abs.1 leg.cit., ging es nicht nicht nachzuweisen war.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n


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