Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103093/11/Weg/Ri

Linz, 20.10.1995

VwSen-103093/11/Weg/Ri Linz, am 20. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des R.L. vom 7. August 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 7. Juni 1995, VerkR96..., nach der am 2. Oktober 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 340 S (20% der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51i und § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960, 2.) § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967, 3.) § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 und 4.) § 36 lit.e KFG 1967 Geldstrafen von 1.) 800 S, 2.) 200 S, 3.) 200 S und 4.) 500 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 36 Stunden, 2.) 12 Stunden, 3.) 12 Stunden und 4.) 24 Stunden verhängt, weil dieser am 14. Mai 1994 um 21.10 Uhr den PKW ... auf der B.. aus Richtung ... kommend in Richtung ... gelenkt hat und 1.) bei km ..., am sogenannten ..., im Bereich der deutlich sichtbar aufgestellten Vorschriftszeichen "Überholen verboten" einen PKW überholt hat. Anläßlich der folgenden Anhaltung auf Höhe des Hauses ...straße .. sei festgestellt worden, daß er 2.) seinen Führerschein und 3.) den Zulassungsschein nicht mitführte und die Dokumente über Verlangen des Gendarmeriebeamten daher nicht zur Überprüfung aushändigen konnte, sowie 4.) an dem von ihm gelenkten PKW keine gültige Begutachtungsplakette angebracht war.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 170 S in Vorschreibung gebracht.

2. Der Berufungswerber bringt dagegen in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß vor, daß der Überholvorgang nicht so stattgefunden habe, wie ihm das zum Vorwurf gemacht wurde, daß er ferner zwar weder Führerschein noch Zulassungsschein mitgeführt habe, jedoch Kopien zur Einsicht angeboten habe und daß die Begutachtungsplakette, die übrigens den Vorschriften entsprochen habe, am Armaturenbrett rechts hinter der Windschutzscheibe gelegen sei. Der Berufungswerber ersucht um Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der Fakten 1 und 4 und Zuerkennung der Rechtswohltat iSd § 21 Abs.1 VStG hinsichtlich der Fakten 2 und 3.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten, durch zeugenschaftliche Vernehmung der Gendarmeriebeamten Gr.Insp. ... und Bez.Insp.

... (letzterer ist seit 1. April 1995 im Ruhestand) anläßlich der mündlichen Verhandlung am 2. Oktober 1995.

Der Berufungswerber bringt vor, es sei richtig, daß er einen anderen PKW überholt habe, daß er diesen PKW jedoch bereits vor der Bergkuppe, wo sich ein gerade verlaufendes Straßenstück befindet, überholt habe und somit nicht im dort beschilderten Überholverbotsbereich. Dem stehen die Aussagen der Gendarmeriebeamten entgegen, welche von ihrem Standort (ein ca. 200 m bis 250 m von der Bergkuppe entfernter Parkplatz) erkennen konnten, daß der Beschuldigte sehrwohl im Überholverbotsbereich ein verbotenes Überholmanöver durchgeführt hat. Der Überholverbotsbereich, der durch Überholverbotszeichen deutlich sichtbar kundgemacht ist, beginnt vor der Fahrbahnkuppe des ... und endet am unteren Ende des sogenannten .... Den Beginn des Überholmanövers konnten die Meldungsleger nicht wahrnehmen, da das Beschuldigtenfahrzeug beim Ansichtigwerden auf der Bergkuppe (bis dorthin reichte die Sicht der Gendarmeriebeamten) auf gleicher Höhe (und zwar links), eines überholten PKW's gesichtet wurde. Der Überholvorgang wurde auf der dort abschüssigen Fahrbahn noch vor dem Standort des Patrouillenfahrzeuges der Gendarmeriebeamten durch Wiedereinordnen abgeschlossen. Jene Stelle, an der der Beschuldigte sich auf gleicher Höhe mit dem von ihm überholten PKW befand, liegt innerhalb des beschilderten Überholverbotsbereiches.

Nach Aussage der Gendarmeriebeamten fuhr dabei auch das überholte Fahrzeug nahe am erlaubten Geschwindigkeitslimit von 100 km/h, sodaß der Beschuldigte, was ihm letztlich nicht zur Last gelegt wurde, jedenfalls auch mit weit überhöhter Geschwindigkeit sein Überholmanöver durchführte.

Im Hinblick auf diese - so die Gendarmeriebeamten - äußerst gefährliche und risikoreiche Fahrweise wurde die Verfolgung mit dem Patrouillenfahrzeug aufgenommen. Der Motor des Patrouillenfahrzeuges war noch in Betrieb, sodaß - wenn auch nur mit größter Mühe - die Verfolgung letztlich von Erfolg gekrönt war. Der Berufungswerber lenkte dabei in äußerst rücksichtsloser Fahrweise seinen PKW um die Ortschaft .....

Infolge der geringeren Motorleistung des Patrouillenfahrzeuges konnte kein gleichbleibender Abstand hergestellt werden, sodaß das Verfahren wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet letztlich zur Einstellung gebracht wurde. Bei der Verfolgungsfahrt in der Ortschaft .... wurde auch das Blaulicht verwendet, welches letztlich den Berufungswerber veranlaßt haben dürfte, seine - so die Gendarmeriebeamten - äußerst rücksichtslose Raserei zu beenden und anzuhalten.

Bei der anschließenden Lenker- und Fahrzeugkontrolle konnte der Beschuldigte weder Führerschein noch Zulassungsschein vorweisen. Der diesbezüglich geständige Berufungswerber führte dazu aus, er habe die Fahrzeugpapiere im abgestellten LKW (er ist Berufskraftfahrer) vergessen. Es sei aus seiner Sicht "kleinlich", dies zu bestrafen, zumal er am Vortag schon eine Kontrolle gehabt habe und das dabei amtshandelnde Gendarmerieorgan den Umstand der nicht mitgeführten Fahrzeugpapiere nicht einmal mandatierte. Aus diesem Umstand ist zu erkennen, daß der Berufungswerber die gegenständliche Fahrt wissentlich und vorsätzlich ohne Fahrzeugpapiere durchführte. Ein Abholen der vergessenen Fahrzeugpapiere nach der Amtshandlung am Vortag wäre in Anbetracht des nicht allzusehr entfernt abgestellt gewesenen LKW's durchaus zumutbar gewesen.

Hinsichtlich der Begutachtungsplakette verantwortet sich der Berufungswerber damit, daß er diese wegen eines Sprunges in der Windschutzscheibe am Armaturenbrett liegen gehabt bzw.

mit dem Fortsatz auf dieser Begutachtungsplakette sichtbar angeklebt gehabt hätte. Der Gendarmeriebeamte dagegen führt aus, der Berufungswerber hätte die Begutachtungsplakette aus dem Handschuhfach genommen und vorgewiesen. Dieser Widerspruch ist unerheblich, da zumindest feststeht, daß die Plakette nicht an der gemäß § 28a Abs.4 lit.a KDV vorgesehenen Stelle (nämlich im rechten Bereich der Windschutzscheibe) angebracht war. Unter "Anbringen" ist nicht zu verstehen, daß die Begutachtungsplakette innerhalb des Fahrzeuges am Armaturenbrett so befestigt ist, daß sie wieder abgenommen und möglicherweise sogar an einem anderen Fahrzeug angebracht wird. Unter "Anbringen" ist eine Befestigung in einer Form zu verstehen, daß eine mißbräuchliche Verwendung ausgeschlossen ist.

Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der zum Teil divergierenden Aussagen des Beschuldigten einerseits und der Gendarmeriebeamten andererseits ist festzuhalten, daß beide Gendarmeriebeamte, getrennt vernommen, übereinstimmend, schlüssig und lebensnahe vorbrachten, daß beim ersten Ansichtigwerden des Beschuldigten-PKW's dieser auf gleicher Höhe mit dem von ihm überholten PKW war. Es ist kein Grund ersichtlich, den Aussagen der Gendarmeriebeamten die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Die Verantwortung des Berufungswerbers, er habe das Überholmanöver vorher durchgeführt, muß als Schutzbehauptung gewertet werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hinsichtlich der verletzten Gesetzesstellen auf die in der Begründung des Straferkenntnisses angeführten Rechtsgrundlagen verwiesen.

Zu § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960:

Nachdem der Berufungswerber innerhalb des beschilderten Überholverbotsbereiches auf gleicher Höhe mit einem von ihm links überholten PKW gesichtet wurde und es sich dabei nicht ausschließlich um ein Wiedereinordnen nach dem seitlichen Vorbeibewegen handelte, hat der Berufungswerber das Tatbild des § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 sowohl objektiv als auch (in Ermangelung von Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgründen) subjektiv erfüllt und ist dieses Verhalten als eine gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 zu qualifizierende Verwaltungsübertretung anzusehen.

Hinsichtlich der Verwaltungsübertretungen nach § 102 Abs.5 lit.a und lit.b KFG 1967 ist der Berufungswerber an sich geständig, vermeint jedoch, daß mit der Rechtswohltat iSd § 21 Abs.1 VStG das Auslangen hätte gefunden werden können.

Dieser Argumentation schließt sich die Berufungsbehörde nicht an, weil das Verschulden in Anbetracht um das Wissen der nicht mitgeführten Fahrzeugpapiere nicht als geringfügig angesehen wird. Nur bei einem geringfügigen Verschulden jedoch ist eine Entscheidung iSd § 21 Abs.1 VStG zulässig.

Hinsichtlich des Nichtanbringens der Begutachtungsplakette wird auf die obigen Ausführungen, die bereits eine rechtliche Würdigung enthalten, verwiesen und zusammenfassend festgehalten, daß der Berufungswerber die Begutachtungsplakette (die zwar den Vorschriften entsprach) nicht am Fahrzeug angebracht hat, weil unter "Anbringen" iSd § 36 lit.e KFG 1967 nur eine dauerhafte und jeden Mißbrauch ausschließende Befestigung verstanden werden kann.

Zur Strafhöhe wird noch bemerkt, daß - auch wenn die diesbezügliche Begründung des Straferkenntnisses auf den Milderungsumstand der Unbescholtenheit keine Rücksicht nimmt - im Endergebnis die Strafe richtig bemessen wurde. Im Gegenteil, das äußerst risikoreiche Überholmanöver hätte im Hinblick auf § 19 Abs.1 VStG (erhebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit) mit einer höheren Strafe geahndet werden müssen. Durch das Verbot der reformatio in peius ist es jedoch der Berufungsbehörde verwehrt, die Strafe hinaufzusetzen.

Hinsichtlich der Übertretungen nach dem KFG 1967 wird zur Strafhöhe ausgeführt, daß in Anbetracht des Strafrahmens bis zu 30.000 S pro Verwaltungsübertretung die ausgesprochenen Geldstrafen von 2 x 200 S und 1 x 500 S keinen Ermessensmißbrauch darstellen und aus diesem Grund trotz des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit auch diesbezüglich die Strafhöhe zu bestätigen war.

5. Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge des § 64 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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