Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103109/2/Fra/Ka

Linz, 01.09.1995

VwSen-103109/2/Fra/Ka Linz, am 1. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des A B vertreten durch Rechtsanwälte Dr. W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F. vom 24.

Juli 1995, VerkR-96-.., betreffend Übertretung des § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960, zu Recht erkannt:

Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung der zur Last gelegten Tat ausschließen; der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z3 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft F. hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil er es nach dem Verkehrsunfall vom 24.4.1994 gegen 3.30 Uhr auf der G. Straße nächst dem km 4,370 im Ortschaftsbereich G., mit dem sein Verhalten als Lenker des PKW, Kz: , am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen hat, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er die Unfallstelle verlassen hat, obwohl es zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes zu kommen hatte. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft F. sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Akt ohne Erstattung einer Gegenschrift dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zur Frage der Verständigungspflicht:

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in seiner bisherigen Judikatur ausgesprochen, daß es auf die Höhe des Schadens regelmäßig nicht ankommt (vgl. ua VwGH 24.4.1986, 85/02/0283). Das Abschürfen der Rinde, das Verbiegen oder Schiefstellen von Bäumen sind jedenfalls Sachschäden, gleichgültig, ob sich diese Unfallfolgen im Laufe der Zeit durch Regenerierung oder durch menschlichen Zugriff wieder beheben lassen. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Beschuldigte oder der Geschädigte die Schäden aufgrund der Lichtverhältnisse oder der durch den Unfall eingetretenen Situation (dem Standort des Fahrzeuges) im einzelnen wahrnehmen. Entscheidend ist, ob Schäden eingetreten sind und der Beschuldigte zumindest mit ihrem Eintritt rechnen muß.

Geht man also im gegenständlichen Fall davon aus, daß der Beschuldigte als Unfallbeteiligter des in Rede stehenden Fahrzeuges den von der Erstbehörde angenommenen Sachschaden verursacht hat, war somit für ihn eine Verständigungspflicht gegeben, soferne ihm objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit Sachbeschädigung zu erkennen vermochte. Diese Feststellung ergibt sich aus der ständigen Judikatur des VwGH dahingehend, daß das Delikt nach § 4 Abs.5 auch in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen werden kann. Unfälle, die sich während der Nachtzeit ereignen, müssen gleichfalls ohne unnötigen Aufschub gemeldet werden.

Zur Mitwirkungspflicht hat der VwGH im Erkenntnis vom 23.2.1976, Zl.285/74, ausgesprochen, daß, wenn Verständigungspflicht nach § 4 Abs.5 StVO 1960 besteht, diese auch die Mitwirkungspflicht nach § 4 Abs.1 lit.c leg.cit.

nach sich zieht.

Vorausgesetzt, daß der von der Erstbehörde angenommene Sachschaden tatsächlich entstanden ist, ist der rechtliche Schluß der Erstbehörde zutreffend, wenn sie davon ausging, daß es zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes zu kommen hatte, denn zweifellos ist es mit der Geschädigten zu keinem Identitätsnachweis gekommen, woraus die Verständigungspflicht resultierte, welche wiederum - siehe oben - die Mitwirkungspflicht nach sich zog.

Eine Bestrafung des gegenständlichen Tatbestandes kann dennoch nicht erfolgen, weil - wie im näheren unten ausgeführt wird - Verfolgungsverjährung eingetreten ist:

Vorweg ist zu den Umschreibungserfordernissen eines Schuldspruches grundsätzlich festzustellen, daß die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, daß kein Zweifel bestehen kann, wofür der Beschuldigte bestraft worden ist, sodaß er im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anbieten kann, um eben diesen Vorwurf zu widerlegen.

Während der Verfolgungsverjährungsfrist ist eine einzige Verfolgungshandlung seitens der Erstbehörde gesetzt worden, nämlich die Strafverfügung vom 6.10.1994. Unter Berücksichtigung der oben zitierten Kriterien könnte diese Verfolgungshandlung als tauglich angesehen werden, wenn tatsächlich von einem Unfall mit Personenschaden auszugehen wäre. Zweifellos ist die Erstbehörde zum Zeitpunkt der Erlassung der Strafverfügung noch davon ausgegangen, daß der Beschuldigte beim gegenständlichen Verkehrsunfall einen Personenschaden verursachte. Das Sachverhaltselement des Sachschadens wurde erst außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist in Verfolgungshandlungen spezifiziert. Da die oben genannten Grundsätze für die Sprucherfordernisse im Sinne des § 44a VStG auch für Verfolgungshandlungen gelten, kann diese Strafverfügung nicht als tauglich im konkreten Fall qualifiziert werden, weil zu bedenken ist, daß die Mitwirkungspflicht nach § 4 Abs.1 lit.c StVO nach Unfällen mit Sachschäden aus anderen Gründen resultieren kann, als nach Unfällen mit Personenschäden und es hiezu der Feststellung der rechtserheblichen Sachverhaltsmerkmale in einer jeden Zweifel ausschließenden Form bedarf.

Aus den genannten Gründen kann es dahingestellt bleiben, ob tatsächlich der von der Erstbehörde angenommene Sachschaden durch den Beschuldigten beim gegenständlichen Verkehrsunfall verursacht wurde. Obwohl nicht entscheidungsrelevant, kann der O.ö. Verwaltungssenat jedoch an der Beweiswürdigung der Erstbehörde hinsichtlich der Annahme des Sachschadens keine Unschlüssigkeit erkennen. Die Annahme, daß die Tat in erheblichem Maße das Interesse jener Person, in deren Vermögen bei dem Verkehrsunfall Sachschaden entstanden ist schädigte, ist jedoch zu relativieren. Aufgrund der Aussage von Frau R.W., daß sie aufgrund der Geringfügigkeit des Schadens jedenfalls an den möglichen Verursacher keine Schadenersatzanforderungen gestellt hat, scheint nämlich der Zweck des § 4 Abs.5 StVO 1960 durch den konkreten Vorfall nicht nachteilig beeinträchtigt. Die Verständigungspflicht ist nämlich nur im Interesse des Geschädigten zur Ermöglichung der Durchsetzung allfälliger Schadenersatzansprüche festgelegt. Da Frau R.W. den Schaden tatsächlich als geringfügig bezeichnet und sie keinerlei Interesse an Schadenersatzforderungen hat, wäre somit im Hinblick auf den geringen Unrechtsgehalt im Falle der Aufrechterhaltung des Schuldspruches die Strafe herabzusetzen gewesen.

Die gegenständliche Entscheidung konnte gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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