Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109091/2/Ga/Ni

Linz, 30.06.2003

 

 

 

 VwSen-109091/2/Ga/Ni Linz, am 30. Juni 2003

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der Frau T. G. in L. gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 26. Mai 2003, Zl. S.9408/03 VP, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 26. Mai 2003 wurde der Berufungswerberin angelastet, sie sei schuldig, sie habe an angegebener Straßenörtlichkeit in
L. am 10. März 2003 zu bestimmter Tageszeit mit einem durch das Kennzeichen bestimmten Pkw als Wartepflichtige den Vorrang eines Fahrzeuges im fließenden Verkehr verletzt, weil der Vorrangberechtigte zum unvermittelten Bremsen/zum Ablenken seines Fahrzeuges genötigt worden sei; dadurch habe sie § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.6 StVO verletzt. Über die Berufungswerberin sei gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe von 100 Euro kostenpflichtig zu verhängen und eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen gewesen.
 
Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, die Tat bestreitende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Zur Begründung des Schuldspruches ist im angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine einzige erwägende Ausführung (§ 60 AVG) der belangten Behörde auffindbar:
"In der Sache selbst schenkt die erkennende Behörde den Angaben des Zeugen
I. L. mehr Glauben als den Angaben der Beschuldigten. Es besteht kein Anlass, an seinen Angaben anlässlich seiner zeugenschaftlichen Vernehmung zu zweifeln zumal diese Angaben klar widerspruchsfrei und nachvollziehbar sind. Die Beschuldigte kann sich dagegen ebenso verantworten, wie es ihr für den Ausgang des Verfahrens am günstigsten erscheint."
 

Diese Ausführung der belangten Behörde ist aktenwidrig. Das im Berufungsfall von der belangten Behörde anzuwenden gewesene Verfahrensrecht kennt als Beweismittel "Zeugenvernehmung" ausschließlich das in den §§ 48 bis 50 AVG (iVm § 24 VStG) geregelte Rechtsinstitut des förmlichen Zeugenbeweises (mit der zwingenden und strengen Vorschrift des § 50 AVG - Belehrungspflicht und Androhungspflicht der vernehmenden Behörde; Wahrheitspflicht des Zeugen). Ein dergestaltiger förmlicher Beweis mit I. L. als Zeuge ist im Berufungsfall nach der Aktenlage keineswegs geführt worden. Es hat nach der Aktenlage überhaupt keine behördliche Vernehmung des I. L. stattgefunden (abgesehen davon dass die schlichte Vernehmung im Sinne des § 51 AVG von der Anwendung im Verwaltungsstrafverfahren ausgeschlossen ist).
Im Akt liegt, ebenso wie hinsichtlich der Berufungswerberin, nur eine Niederschrift (vom 16.3.2003) über eine schlichte polizeiliche Einvernahme ein. Dabei allerdings unterlag Herr L. eben so wenig einer (strafgerichtlich sanktionierten) Wahrheitsverpflichtung wie die Berufungswerberin selbst.
 
Wenn daher die belangte Behörde ausführt, es habe hinsichtlich des Unfallgegners I. L. kein Anlass bestanden, an dessen Angaben anlässlich seiner "zeugenschaftlichen" Vernehmung zu zweifeln, zumal diese Angaben klar widerspruchsfrei und nachvollziehbar gewesen seien, so vermag der Unabhängige Verwaltungssenat aufgrund der ihm vorgelegten Aktenlage nicht zu erkennen, dass dieselbe Bewertung nicht in gleicher Weise und Qualität auf die Angaben der Beschuldigten (Niederschrift vom 12.3.2003) anzuwenden gewesen wäre.
 
Hat aber die belangte Behörde nach all dem unterlassen, die Angaben des I. L. einem förmlichen Zeugenbeweis zu unterziehen, dann liegt nichts vor, worauf die belangte Behörde ihre Annahme einer höheren Glaubwürdigkeit des I. L. hätte stützen dürfen.
Im Hinblick darauf also, dass sich die Angaben der beiden Unfallbeteiligten gleichwertig und aber widersprüchlich gegenüber stehen und die belangte Behörde diese Widersprüchlichkeit durch ihre Verfahrensführung nicht aufzulösen vermochte, das heißt die für einen Schuld- und Strafausspruch unverzichtbare Gewissheit über den objektiven Geschehensablauf nicht erzielen konnte, so war in dubio pro reo von einem schuldig sprechenden Verdikt abzusehen und wie im Spruch die Einstellung zu verfügen.
 
Dieses Verfahrensergebnis entlässt die Berufungswerberin auch aus ihrer Kostenpflicht.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

Mag. Gallnbrunner

 
 

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