Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103139/11/Sch/<< Rd>> Linz, am 7. Dezember 1995 VwSen103139/11/Sch/<< Rd>>

Linz, 07.12.1995

VwSen 103139/11/Sch/<< Rd>> Linz, am 7. Dezember 1995
VwSen-103139/11/Sch/<< Rd>> Linz, am 7. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Ing. DH, vertreten durch RA, vom 29. August 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 14. August 1995, VerkR96-1174-1995/Wa, wegen mehrerer Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 4. Dezember 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesem Punkt behoben und das Verfahren eingestellt.

Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das oa Straferkenntnis bestätigt.

II. Hinsichtlich des stattgebenden Teils der Berufung entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Der Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren bezüglich der Fakten 2. und 3. wird mit 600 S (20 % der diesbezüglich verhängten Geldstrafen) bestimmt.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 45 Abs.1 Z1 bzw. 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Straferkenntnis vom 14. August 1995, VerkR96-1174-1995/Wa, über Herrn Ing. DH, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 18 Abs.1 StVO 1960, 2) § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 3) § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.000 S, 2) 1.500 S und 3) 1.500 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 36 Stunden, 2) 48 Stunden und 3) 48 Stunden verhängt, weil er am 12.

Jänner 1995 um ca. 6.17 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der B 138 im Gemeindegebiet von Klaus in Richtung Kirchdorf/Krems gelenkt habe, wobei er 1) im Bereich von Straßenkilometer 46,700 bis 46,450 beim Fahren hinter einem Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, 2) im Bereich von Straßenkilometer 45,800 bis 45,460 zwei Fahrzeuge überholt habe, wobei andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende gefährdet oder behindert hätten werden können, zumal für diesen Überholvorgang die erforderliche Überholsichtweite nicht gegeben gewesen sei und 3) nicht einwandfrei habe erkennen können, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen wird können, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern, zumal er zu Beginn seines Überholvorganges aufgrund des Tiefenabstandes der vor ihm fahrenden Fahrzeuge eine Behinderung oder Gefährdung der Lenker dieser Fahrzeuge nicht ausschließen habe können.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 400 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

a) Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 (Faktum 1.):

Diesbezüglich fällt am Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses auf, daß sich die Erstbehörde im wesentlichen mit der Wiedergabe des Gesetzestextes des § 18 Abs.1 StVO 1960 begnügt hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof allerdings im Hinblick auf die Bestimmung des § 44a Z1 VStG (wiederholt) ausgesprochen hat, reicht es nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern ist die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (VwGH 9.9.1981, Slg. 10521A). Die Berufungsbehörde vertritt die Ansicht, daß es sich bei der Bestimmung des § 18 Abs.1 StVO 1960 um ein solches Tatbild handelt, das entgegen etwa der Bestimmung des § 5 Abs.1 leg.cit. - eine nähere Konkretisierung des eingehaltenen Sicherheitsabstandes (zB durch eine ungefähre Meterangabe bzw. Anführung der im Rückspiegel nicht mehr wahrnehmbaren Fahrzeugteile) erfordert.

Abgesehen davon konnte der bei der Berufungsverhandlung beigezogene technische Amtssachverständige den Umstand nicht gutachtlich stützen, daß die vom Zeugen vorgenommene Abstandschätzung anhand der Intensität der Scheinwerfer des nachfahrenden Fahrzeuges durchgeführt wurde. In diesem Fall bestehen Unsicherheitsfaktoren, die eine zuverlässige Schätzung nicht ermöglichen.

Das Verwaltungsstrafverfahren war daher in diesem Punkt unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" einzustellen.

b) Zu den Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 16 Abs.1 lit.a und 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 (Fakten 2. und 3.):

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei diesen Delikten darauf an, ob zu Beginn des Überholmanövers für den Lenker des überholenden Fahrzeuges eine ausreichende Überholsichtweite gegeben war, um einerseits die Überholstrecke vollständig überblicken zu können und andererseits die Möglichkeit zum rechtzeitigen Einordnen gegeben war.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird in diesem Punkt auf die Ausführungen des technischen Amtssachverständigen im Rahmen der oa. Berufungsverhandlung verwiesen. Im Ergebnis steht aufgrund dieses Gutachtens jedenfalls fest, daß der Berufungswerber zu Beginn des Überholvorganges eine Überholsichtweite - immer bezogen auf den Überholvorgang von zwei Fahrzeugen, welche der Berufungswerber nach Lage der Dinge von Anfang an überholen wollte - von über 700 m benötigt hätte, wogegen eine tatsächliche Überholsichtweite von lediglich ca. 500 m gegeben war. Sohin konnte der Berufungswerber zu Beginn des Überholmanövers weder eine mögliche Behinderung bzw. Gefährdung des Gegenverkehrs ausschließen noch davon ausgehen, daß er sich nach dem Überholen der beiden Fahrzeuge wieder gefahrlos einordnen würde können.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, daß Überholdelikte zu den schwerwiegendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften gehören. Gerade dadurch kommt es immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen. Der Unrechtsgehalt solcher Übertretungen kann daher von vornherein nicht als geringfügig angesehen werden. Abgesehen davon bewegt sich die von der Erstbehörde für die beiden Delikte jeweils verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens (bis zu 10.000 S), sodaß sie auch aus diesem Grund nicht als überhöht angesehen werden kann.

Milderungsgründe lagen nicht vor, als erschwerend waren mehrere als einschlägig im Zusammenhang mit den gegenständlichen Delikten anzusehende Verwaltungsstrafvormerkungen zu werten.

Die obigen Ausführungen standen auch einer Anwendung des § 21 Abs.1 VStG entgegen, wobei - um Wiederholungen zu vermeiden - hierauf verwiesen wird.

Da der Berufungswerber seine persönlichen Verhältnisse nicht dargelegt hat, wird von einem monatlichen Mindesteinkommen von 15.000 S netto und dem Nichtvorliegen von ins Gewicht fallenden Sorgepflichten ausgegangen. Diese Umstände lassen die Bezahlung der verhängten Geldstrafen ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Lebensführung des Berufungswerbers erwarten.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

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