Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-103168/19/Bi/Fb

Linz, 22.03.1996

VwSen-103168/19/Bi/Fb Linz, am 22. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn A S, A, B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J M, S, P, vom 1. September 1995 gegen Punkt 3. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft G. vom 14.

August 1995, VerkR96.., wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 15. März 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und Punkt 3. des Straferkenntnisses vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 300 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG, §§ 103 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis unter anderem im Punkt 3. über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Stunden verhängt, weil er am 2. Dezember 1994 um 23.00 Uhr auf der E Bundesstraße Nr. aus Richtung P kommend in Richtung E bis Strkm , Ortschaftsbereich U, den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt habe, wo er rechts von der Fahrbahn abgekommen sei und es nach diesem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen habe, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken, indem er einen Nachtrunk getätigt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 150 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. März 1996 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines rechtsfreundlichen Vertreters Rechtsanwalt Dr. M, des Vertreters der Erstinstanz Mag. R und der Zeugen GI B, S und F W, R O und V L, sowie der medizinischen Amtssachverständigen Dr. H durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe übersehen, daß ein Fahrzeuglenker, dessen Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, dann nicht an der Feststellung des Sachverhalts mitwirkt, wenn er zur Verschleierung der Tatsache, daß er bereits zum Unfallzeitpunkt alkoholbeeinträchtigt war, unmittelbar nach dem Unfall wieder Alkohol zu sich nimmt, dies, um den Eindruck zu erwecken, die Alkoholbeeinträchtigung rühre erst vom Alkoholkonsum nach dem Unfall her. Zum einen sei er selbst jedoch zum Unfallzeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen, weshalb er auch eine Alkoholisierung nicht verschleiern konnte, und aus diesem Grund sei auch der getätigte Nachtrunk nicht rechtswidrig gewesen und liege auch kein Verstoß gegen die vorgeworfene Bestimmung vor. Andererseits habe aber keine Mitwirkungspflicht iSd § 4 Abs.1 lit.c StVO bestanden, weil er durch das Zurücklassen der Kennzeichentafel einen Identitätsnachweis erbracht habe.

Er beantragt daher die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Im Berufungsvorbringen vom 1. September 1995 hat der Rechtsmittelwerber auch Punkt 2. des Straferkenntnisses - dieser betraf den Vorwurf einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 31 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 - angefochten, hat diesbezüglich im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung aber die Berufung zurückgezogen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber ebenso wie der Parteien- und der Behördenvertreter gehört und die angeführten Zeugen einvernommen wurden.

Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Rechtsmittelwerber arbeitete am 2. Dezember 1994 bis 16.00 Uhr, fuhr dann heim und ging um 16.30 Uhr zu seinem Bruder ins Nachbarhaus, um diesem bei Umbauarbeiten zu helfen. Diese Arbeiten dauerten bis ca 21.30 Uhr. Er ging dann nachhause, zog sich um und trank, wie er im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstmals einräumte, "möglicherweise" 1 Seidel gespritzten Most. Kurz nach 22.00 Uhr fuhr er mit seinem PKW nach E, wo er sich auf einem Gasthausparkplatz einen Termin mit einer Bekannten ausgemacht hatte, die aber nicht erschien. Er wartete so lange im Auto und fuhr gegen 23.00 Uhr wieder nach P zurück, wo er im Bereich des km der B aus ihm nicht erklärbaren Gründen von der Fahrbahn abkam, eine Schneestange und einen Leitpflock niederfuhr und nach eigenen Angaben auch bemerkte, daß er die vordere Kennzeichentafel an der Unfallstelle verloren hatte. Ohne sich weiter zu kümmern, fuhr er nach B, wo er gegen 24.00 Uhr die Lokale "V" und "A", die von den Ehegatten W betrieben werden, besuchte und dort unbestrittenermaßen Alkohol in größeren Mengen konsumierte. Er schlief dann an der Bar sitzend ein und wurde von der Zeugin W um ca 4.15 Uhr geweckt, um mit dem kostenlosen Disko-Bus nachhause gebracht zu werden.

Um ca 9.00 Uhr des 3. Dezember 1994 erschien der Meldungsleger zuhause beim Rechtsmittelwerber, weil er von Beamten des Gendarmeriepostens E, die mit der Unfallaufnahme beschäftigt waren, um Ermittlungen beim Zulassungsbesitzer ersucht worden war. Aufgrund der bestehenden Alkoholisierungssymptome wurde beim Gendarmerieposten P eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt durchgeführt, die um 9.44 Uhr und 9.45 Uhr Werte von jeweils 0,90 mg/l Atemluftalkoholgehalt ergab.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht auf der Grundlage des durchgeführten Beweisverfahrens kein Zweifel, daß der Rechtsmittelwerber jedenfalls gegen 23.00 Uhr des 2.

Dezember 1994 an einem Verkehrsunfall ursächlich beteiligt war und zwischen Mitternacht und 4.15 Uhr des 3. Dezember 1994 Alkohol in Form eines Nachtrunks konsumiert hat.

Die Beschuldigtenverantwortung, er habe bis zum Unfall keinen Tropfen Alkohol getrunken, und der nach Mitternacht getrunkene Alkohol sei daher nicht geeignet gewesen, eine eventuelle Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt zu verschleiern, weil damals noch keine Alkoholisierung bestanden habe, hat sich im Rahmen des Beweisverfahrens schon deshalb relativiert, weil der Rechtsmittelwerber erstmals zugestanden hat, nach seinen Arbeiten bei seinem Bruder zuhause möglicherweise 1 Seidel gespritzten Most getrunken zu haben - Most hätte er immer zu Hause, weil seine Eltern einen Mostkeller hätten.

In rechtlicher Hinsicht ist festzustellen, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Mitwirkungspflicht iSd § 4 Abs.1 lit.c StVO immer dann besteht, wenn es zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat. Dies ist unter anderem der Fall, wenn ein Identitätsnachweis nicht erfolgte und eine Verständigungspflicht nach § 4 Abs.5 StVO gegeben ist. Von einem Identitätsnachweis kann nur gesprochen werden, wenn er durch Vorweisen eines amtlichen Lichtbildausweises erfolgt ist.

Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhalts gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO schließt grundsätzlich auch das Verbot mit ein, nach dem Unfall Alkohol zu trinken, wenn dadurch die Feststellung, ob im Zeitpunkt des Unfalls ein durch Alkohol beeinträchtigter Zustand gegeben war, erschwert werden kann, und zwar unabhängig davon, ob vor dem Unfall Alkohol konsumiert wurde oder nicht; das Verbot besteht so lange, als mit einer amtlichen Tatbestandsaufnahme, zu der auch die Feststellung eines allfälligen alkoholbeeinträchtigten Zustandes des Lenkers im Unfallzeitpunkt gehört, gerechnet werden muß (vgl Erkenntnis vom 23. Jänner 1991, 90/02/0165 ua).

Daß im gegenständlichen Fall durch das bloße Zurücklassen der vorderen Kennzeichentafel kein Identitätsnachweis als erbracht anzusehen war, ergibt sich ebenfalls aus der ständigen Judikatur und wurde schließlich auch vom Rechtsmittelwerber, der zunächst - zweifellos unglaubwürdig beteuert hatte, er habe die Kennzeichentafel absichtlich an der Unfallstelle zurückgelassen, "damit die Gendarmerie weiß, wer das getan hat", insofern zur Kenntnis genommen, als er die Berufung gegen Punkt 2. des Straferkenntnisses zurückzog.

Im gegenständlichen Fall war der Rechtsmittelwerber um 23.00 Uhr an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden an Verkehrsleiteinrichtungen ursächlich beteiligt und hat weder dem Straßenerhalter Name oder Anschrift nachgewiesen noch bei der nächsten Gendarmeriedienststelle den Unfall gemeldet, sodaß er zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhalts verpflichtet war. Er hat jedoch, ohne sich in irgendeiner Weise um den Schaden zu kümmern, eine Gaststätte aufgesucht und ab 24.00 Uhr größere Mengen Alkohol getrunken. Daß dadurch die Feststellung seines Zustandes zum Zeitpunkt des Unfalls erschwert wurde, steht für den unabhängigen Verwaltungssenat außer Zweifel. Da in einem solchen Fall jede Form von "Nachtrunk", dh auch der Konsum geringfügiger Alkoholmengen, als Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken anzusehen ist, hat der Rechtsmittelwerber zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die von der Erstinstanz verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entspricht, als auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen ist (der Annahme der Erstinstanz von 11.000 S netto monatlich, dem Nichtbestehen von Vermögen und der Sorgepflicht für die Gattin und zwei Kinder ist der Rechtsmittelwerber nicht entgegengetreten, weshalb auch der unabhängige Verwaltungssenat von diesen Daten ausgeht). Milderungs- oder Erschwerungsgründe waren nicht zu finden.

Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.2 StVO sieht Geldstrafen von 500 S bis 30.000 S und Ersatzfreiheitsstrafen von 24 Stunden bis sechs Wochen vor) und ist geeignet, den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Beachtung der straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen anzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum