Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103235/15/Fra/Ka

Linz, 25.06.1996

VwSen-103235/15/Fra/Ka Linz, am 25. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des F D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ..

vom 28.9.1995, VerkR96-.., betreffend Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.3.1996, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) mit der Maßgabe Folge gegeben, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Sie haben am 7.4.1995 um 21.45 Uhr den PKW, Kz.: auf der B 138 im Gemeindegebiet von S., Richtung T.

gelenkt, wobei Sie zwischen Strkm.10,600 und 10,386 das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" mißachtet haben, da Sie die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 52 lit.a Z10a StVO 1960.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt." Hinsichtlich des Faktums 2 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) und 3 (§ 99 Abs.5 KFG 1967) wird der Berufung Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich dieser Übertretungen behoben und das Verfahren wegen Verfolgungsverjährung eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat hinsichtlich des Faktums 1 ( § 52 lit.a Z10a StVO 1960) zum Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Hinsichtlich des Verfahrens erster Instanz ermäßigt sich die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages auf 10 % der neu bemessenen Strafe, ds 200 S.

Der Berufungswerber hat zu den Verfahren hinsichtlich der Fakten 2 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) und 3 (§ 99 Abs.5 KFG 1967) weder zum Verfahren erster Instanz noch zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 44a, 45 Abs.1 Z3, 51 Abs.1 und 51i Abs.1 VStG.

zu II.: §§ 64, 65 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft .. hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretungen nach 1.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden), nach 2.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) und nach 3.) § 99 Abs.5 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 7.4.1995 um 21.45 Uhr den PKW, Kz.: auf der B 138 im Gemeindegebiet von S., Richtung T. gelenkt hat, wobei er 1.) zwischen Strkm.10,600 und 10,386 die Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" mißachtete, da er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 50 km/h überschritten hat, 2.) zwischen Strkm.10,386 und 9,200 die Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" mißachtete, weil er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um mindestens 30 km/h überschritten hat, 3.) wie auch bei der Anhaltung bei Strkm.7,600 festgestellt wurde, Nebelscheinwerfer verwendete, obwohl keine Sichtbehinderung durch Regen, Schneefall, Nebel oder dgl.

vorlag.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafen vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die fristgerecht durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft .. - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung in Verbindung mit einem Lokalaugenschein und Durchführung einer Nachfahrt folgendes erwogen:

I.3.1. Zu den Fakten 1 und 2 (jeweils § 52 lit.a Z10a StVO 1960) hinsichtlich des Sachverhaltes:

Der Bw räumt ein, daß allfällige geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitungen vorliegen, jedoch nicht die ihm zur Last gelegten Überschreitungen von 30 km/h bzw 50 km/h. Er meint, daß sich das Fahrzeug des erhebenden Gendarmeriebeamten nicht nur hinter ihm befunden habe, sondern überhaupt nicht hinten nachgefahren sei. Es sei ihm möglich gewesen, zu erkennen, daß an der rechten Seite das diesbezügliche Fahrzeug der Exekutive in Stillstandposition gewesen sei. Dieses Fahrzeug habe erst ausgeparkt werden müssen und habe jedenfalls erst geraume Zeit später hinter ihm aufgeschlossen. Der Bw bringt ua vor, daß, wenn es richtig wäre, der Meldungsleger schon seit der Kreuzung B 138/B 122 hinter ihm nachgefahren sei, es diesem ein Leichtes gewesen wäre, sein Fahrzeug schon viel früher anzuhalten. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, sondern habe sich das Fahrzeug des Insp. T aus der Sicht Sattledt Richtung Wels gesehen in einer Einfahrt auf der linken Seite stehend gegenüber dem Einkaufszentrum "N" in einer Stillstandsituation befunden. Der Bw hält fest, daß er die ihm zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht begangen habe, zumindestens nicht in dem ihm vorgeworfenen Ausmaß.

Dieser Verantwortung des Bw hielt der Meldungsleger - bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen entgegen, daß der Bw niemals an dem von ihm gelenkten Dienstkraftwagen vorbeigefahren sei. Er habe einen Kollegen zum Gendarmerieposten S. gebracht und sei dann auf der B 122 in Richtung B 138 gefahren. Bei der dort befindlichen Verkehrslichtsignalanlage, welche Rotlicht zeigte, mußte er anhalten. Direkt vor ihm stand das Fahrzeug des Bw. Bei der 50 km/h Beschränkung erhöhte der Bw permanent die Geschwindigkeit des von ihm gelenkten Fahrzeuges. Er (der Meldungsleger) sei immer direkt hinter ihm in einem Abstand von ca. 50 m, max. 60 m, nachgefahren, ohne daß sich ein anderes Fahrzeug zwischen ihnen befunden hätte. Ab Strkm.10,600 bis 10,386 fuhr der Bw permanent eine Geschwindigkeit von ca. 100 km/h. Diese Geschwindigkeit habe er von dem nicht geeichten Tachometer abgelesen. Er habe den Bw wegen Gegenverkehrs vorerst nicht überholen können, um ihn anzuhalten. Nach dem Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung bei km.9,200 sei von einer Seitenstraße ein Fahrzeug heraus und in Richtung W.

weitergefahren, sodaß sich der Abstand vergrößerte und er den Bw erst später überholen und bei Strkm.7,600 anhalten konnte.

Der O.ö. Verwaltungssenat konnte sich bei der Berufungsverhandlung einen persönlichen Eindruck vom Meldungsleger machen. Dieser wirkte korrekt und sachlich.

Seine Angaben standen unter Wahrheitspflicht und deckten sich im wesentlichen mit seinen bereits bei der Erstbehörde abgelegten Zeugenaussagen. Es wird daher die Verantwortung des Bw, daß ihm der Meldungsleger erst aus einer Stillstandposition am Fahrbahnrand stehend, nämlich von S. in Richtung W. gesehen in der Einfahrt auf der linken Seite gegenüber dem Einkaufszentrum ".." nachgefahren sei, nicht als glaubwürdig erachtet. Die Nachfahrt wurde bei der Berufungsverhandlung auch wiederholt und es konnten sich die bei der Berufungsverhandlung teilnehmenden Personen ein Bild davon machen, daß ein Nachfahren auf der hier relevanten Strecke in einem gleichbleibenden Abstand und gleichzeitigem Ablesen der Geschwindigkeit vom Tachometer des Dienstkraftfahrzeuges ohne weiteres möglich ist. Das Fahrzeug zwischen dem Fahrzeug des Meldungslegers und des Bw bog ca. bei Strkm.9,000 auf die B 138 - somit in einem hier nicht relevanten Bereich - ein, sodaß die dadurch bedingte Vergrößerung des Nachfahrabstandes für die gegenständliche Entscheidung belanglos ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in zahlreichen Erkenntnissen ausgesprochen, daß das Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug und das Ablesen des Tachometers (bei gleichbleibendem Abstand) ein taugliches Beweismittel für die Feststellung der eingehaltenen Geschwindigkeit darstellt, und zwar auch mit einem ungeeichten Tachometer, wenn die Geschwindigkeitsüberschreitungen 20 bis 40 km/h betragen, weil auch bei Einrechnung einer allgemein üblichen Toleranz für ungeeichte Tachometer dennoch Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gegeben sind (vgl. ua VwGH vom 28.3.1990, 89/03/0261, ÖJZ 1991, 212).

I.3.2. In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt:

Weil die Erstbehörde es verabsäumt hat, die Verordnung betreffend die gegenständlichen Geschwindigkeitsbeschränkungen beizuschaffen, legte der Meldungsleger bei der Berufungsverhandlung eine Ausfertigung der gegenständlich relevanten Geschwindigkeitsbeschränkungen vor. Aus dieser Verordnung geht hervor, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h auf der B 138, ..straße von km 11,117 bis km 10,270 verboten ist (vgl. Abschnitt B § 2). Nach Abschnitt B § 3 dieser Verordnung ist das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit von 70 km/h auf der B 138 ..straße von km 10,270 bis 9,200 verboten.

Laut angefochtenem Straferkenntnis wird dem Bw zur Last gelegt, 1.) zwischen Strkm.10,600 und 10,386 die Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" mißachtet zu haben, da er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 50 km/h überschritten hat, 2.) zwischen Strkm.10,386 und 9.200 die Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" mißchtet zu haben, weil er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um mindestens 30 km/h überschritten hat.

Dieser Vorwurf findet in der oa Verordnung wie folgt keine rechtliche Deckung:

Dem Bw wird im Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt, ab Strkm.10,386 eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h mißachtet zu haben, obwohl laut Verordnung der Bezirkshauptmannschaft ..

vom 13.2.1995, VerkR.., diese Beschränkung erst ab Strkm.10,270 besteht. Der Tatvorwurf laut Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses ist allerdings rechtens, weil diese Tatstrecke in der oa Verordnung umfaßt ist.

Dies hat zur Folge, daß Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben ist, weil eine Auswechslung der Tat, deren Identität ua auch hinsichtlich der Örtlichkeit unverwechselbar festzustehen hat, nicht zulässig ist. Dem Bw müßte nämlich vorgeworfen werden, daß er von km 10,386 bis km 10,270 die 50 km/h Beschränkung mißachtet und von km 10,270 bis 9,200 die 70 km/h Beschränkung mißachtet hat. Ein derartiger Tatvorwurf findet sich jedoch im erstbehördlichen Akt nicht, weil - wie oben erwähnt - die Erstbehörde die gegenständliche Verordnung nicht beigeschafft hat.

Da während der Verfolgungsverjährungsfrist eine diesbezügliche taugliche Verfolgungshandlung nicht gesetzt wurde, war hinsichtlich des Faktums 2 gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

Hinsichtlich des Faktums 1 erwies sich jedoch die Berufung in der Schuldfrage mit der Maßgabe der modifizierten Änderung hinsichtlich der Tatstrecke als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.

Ergänzend wird noch ausgeführt, daß das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung aus dem Schuldspruch eliminiert wurde, weil es kein Tatbestandsmerkmal des § 52 lit.a Z10a StVO 1960 darstellt. Es genügt, wenn im Spruch des Straferkenntnisses nur von einer Überschreitung der (ziffernmäßig bestimmten) zulässigen Höchstgeschwindigkeit gesprochen wird, dh ohne Angabe der tatsächlichen Fahrgeschwindigkeit (vgl. VwGH vom 7.10.1971, 23/71).

I.3.3. Zur Strafe wird ausgeführt:

Da die Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem nichtgeeichten Tachometer des Gendarmeriefahrzeuges festgestellt wurde und der Meldungsleger auf der Tatstrecke 100 km/h abgelesen hat, geht der O.ö. Verwaltungssenat nach Abzug einer ca. 10 %igen Toleranz unter Berücksichtigung einer allfälligen Voreilung des Tachometers davon aus, daß der Bw die zulässige Höchstgeschwindigkeit um ca. 40 km/h überschritten hat. Aus diesem Grunde war eine Herabsetzung der Strafe auf das nunmehrige Ausmaß vertretbar und geboten, wobei die aktenkundigen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bw zugrundegelegt wurden. Eine weitere Herabsetzung war aus spezialpräventiven Gründen nicht vertretbar. Daß durch die Wahl einer solchen Geschwindigkeit die Verkehrssicherheit erheblich reduziert wird, liegt auf der Hand und muß auch jedem Laien einsichtig sein. Der Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ist daher als gravierend zu bewerten.

Mildernde Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Der Bw ist auch verwaltungsstrafrechtlich nicht mehr unbescholten.

I.3.4. Zum Faktum 3 (§ 99 Abs.5 KFG 1967):

Nebelscheinwerfer dürfen verwendet werden bei Sichtbehinderung durch Regen, Schneefall und dgl. sowie auf engen oder kurvenreichen Straßen (vgl ua VwGH vom 19.10.1988, 88/02/0053, 0054; ZfVB 1990/2/633). Es handelt sich hier um (negative) Tatbestandsmerkmale. Dem Bw hätte somit nicht nur vorgeworfen werden müssen, daß er Nebelscheinwerfer verwendet hat, obwohl keine Sichtbehinderung durch Regen, Schneefall, Nebel oder dgl.

vorlag, sondern auch, daß es sich bei der gegenständlichen Straße um keine enge oder kurvenreiche handelt. Da während der Verfolgungsverjährungsfrist keine ausreichende, dem § 44a Z1 entsprechende Verfolgungshandlung gesetzt wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb es dem O.ö.

Verwaltungssenat verwehrt war, eine entsprechende Ergänzung nach Durchführung eines Beweisverfahrens allenfalls vorzunehmen.

II. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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