Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103246/5/Bi/La

Linz, 11.06.1996

VwSen-103246/5/Bi/La Linz, am 11. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn H S, A, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H V, S, L, vom 3. Oktober 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 8. September 1995, VerkR96.., wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG, §§ 19 Abs.4 und Abs.7 und 99 Abs.3a StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft .. hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 19 Abs.7 iVm Abs.4 und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 800 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 9. Juli 1994 gegen 15.30 Uhr in A auf der I zur Kreuzung mit der I Landesstraße den Pkw Kennzeichen gelenkt und dabei trotz des Vorschriftszeichens "Vorrang geben" den Vorrang eines Fahrzeuges verletzt habe, weil dessen Lenker zu einem unvermitteltem Bremsen/Ablenken seines Fahrzeuges genötigt worden sei. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 80 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil bereits auf Grund der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber führt aus, zum Zeitpunkt seines Losfahrens sei der Unfallgegner noch nicht sichtbar gewesen, weil er im Vorfallsbereich wesentlich zu schnell unterwegs gewesen sei. Dessen Behauptung, er sei mit 40 bis 50 km/h unterwegs gewesen, sei durch die Bremsspur eindeutig widerlegt und die Angaben der Zeugen seien nicht geeignet, seine Darstellung zu widerlegen.

Im übrigen habe ihm ein von rechts kommender bevorrangter Fahrzeuglenker nach Anhalten des Fahrzeuges das Einfahren in die Kreuzung ermöglicht, indem er auf den Vorrang verzichtet und ihm ein Zeichen gegeben habe. Es sei nicht anzunehmen, daß dieser Lenker einen Grund gehabt habe, das gegenständliche Unfallsgeschehen heraufzubeschwören. Es sei daher klar und eindeutig zu schließen, daß er zu diesem Zeitpunkt in die Kreuzung eingefahren sei, als der Unfallgegner noch nicht erkennbar gewesen sei. Als er diesen wahrgenommen habe, habe er sofort angehalten und der Unfallgegner sei infolge der überhöhten Geschwindigkeit und seiner verspäteten Reaktion gegen sein stehendes Fahrzeug geprallt.

Er habe daher die ihm zur Last gelegte Übertretung nicht begangen, abgesehen davon, daß der Tatvorwurf verspätet erfolgt sei. Die Aufforderung zur Rechtfertigung habe keine Tatvorwürfe enthalten, wie sie nunmehr im Straferkenntnis festgehalten seien. Außerdem sei die Geldstrafe überhöht, zumal die Grundsätze des § 19 VStG nicht eingehalten worden seien.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und folgendes erwogen:

Gemäß § 19 Abs.7 StVO 1960 darf, wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige) durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

Gemäß Abs.4 leg.cit. haben, wenn vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" oder "Halt" angebracht ist, sowohl die von rechts als auch die von links kommenden Fahrzeuge den Vorrang.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach dieser Bestimmung ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu um schreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar fest steht. Dazu muß dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses die Tat insoweit in konkretisierter Weise zum Vorwurf gemacht werden, daß dieser in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen zu widerlegen, und der Spruch muß geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. ua. VwGH vom 14. Jänner 1987, 86/06/0017).

Bei der Übertretung des § 19 Abs.7 StVO ist zur Umschreibung der Tat iSd § 44a Z1 VStG anzuführen, durch welche der in den Absätzen 1 bis 6 angeführten Verhaltensweisen der Beschuldigte den Tatbestand des § 19 Abs.7 erfüllte. Es muß sich bereits aus der Tatumschreibung ergeben, worauf sich die Wartepflicht gründet, deren Verletzung einen Verstoß gegen § 19 Abs.7 StVO darstellt (vgl. ua. VwGH vom 23.

Oktober 1986, 86/02/0081).

Der in Rede stehende Vorfall ereignete sich laut Akteninhalt am 9. Juli 1994. Die Mitteilung des Bezirksanwalts beim Bezirksgericht E., daß das Strafverfahren gegen den Rechtsmittelwerber wegen § 88 Abs.1 StGB am 5. August 1994 gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt wurde, langte bei der Erstinstanz am 10. November 1994 ein.

Mit diesem Datum begann gemäß Art. IV Abs.2 VAPG die Verjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG zu laufen, die demnach am 10.

Mai 1995 endete. Innerhalb dieser Frist wurde dem Rechtsmittelwerber von der Erstinstanz bzw. der Bezirkshauptmannschaft .. als Rechtshilfebehörde eine zeitlich und örtlich und hinsichtlich des gelenkten Pkw konkretisierte Vorrangverletzung vorgeworfen, jedoch erstreckte sich der Tatvorwurf nicht auf die dieser Wartepflicht zugrundeliegende Bestimmung und auch aus den Protokollen der Zeugeneinvernahmen läßt sich ein ausreichend konkretisierter Tatvorwurf nicht ableiten. Die Anzeige wurde dem damals nicht rechtsfreundlich vertretenen Rechtsmittelwerber innerhalb dieser Frist nie zur Kenntnis gebracht. Akteneinsicht durch den rechtsfreundlichen Vertreter erfolgte erstmals am 7.

Juni 1995.

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Da im gegenständlichen Fall die als Grundlage für die Wartepflicht für die ausreichende Konkretisierung des Schuldspruches unentbehrliche Mißachtung der Querverkehrsregel nicht fristgerecht vorgeworfen wurde, dieser Umstand aber wegen bereits eingetretener Verfolgungsverjährung nicht nachholbar ist, war spruchgemäß zu entscheiden, sodaß auch keinerlei Verfahrenskostenbeiträge anfallen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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